Ein paar Metadiskussionssachen:
1. Zu behaupten ein Wort sei Wertmässig (z.B. negativ) belegt und deshalb nicht zu verwenden ist unbrauchbare Scheiße. Jedes Wort kann / wird wertmässig belegt, so funktioniert das menschliche Gehirn.
2. Man kann Unterschiedliche Definitionen des gleichen Begriffs verwenden und solange man klar kommuniziert auf welche Definition dieses Begriffs man sich bei einer Verwendung bezieht, kann klar und produktiv kommuniziert werden. Wenn ihr also Definitionstechnisch überladene Begriffe wie "Railroading" verwendet, macht einfach klar, welche Definition davon ihr euch bezieht.
Ich habe hier selber grad ein Problem, im zusammenhang mit dem Definitionswirrwarr um Railroading und
Trailblazing.
Trailblazing bezieht sich ja darauf, dass der SL keine Meta-Macht einsetzt muss um die SCs auf "Kurs" zu halten weil sie das magischerweise(!) von selbst tun. Insofern würden die meisten Trailblazing als nicht-Railroading (per Forge definition z.B.) bezeichnen, sofern sich die Leute darüber im klaren sind (Social Contract blabla)
Aaaaber. Andere Definitionen von Railroading zeichnen sich dadurch aus, dass es schwer ist, die Geleise die der SL aufbaut, zu verlassen. Trailblazing verhindert nicht dass die Geleise verlassen werden, aber es ist nach wie vor nicht ergebnisoffenes Spiel - denn es ist möglich, das AB zu derailen. (Frage: Kann man ergebnisoffenes Spiel derailen?)
Derailen beim Trailblazing ist nicht schwer. Trailblazing besteht aus linear angeordneten Situationen, die Spieler müssen Situation A meistern um zu Situation B zu gelangen usw. Aber ich kann mir problemlos vorstellen wie selbst die Trailblazing-spieler sich in eine Situation gebracht haben, wo sie nicht mehr ohne SL-Metagaming weiterkommen können. Das Trailblazing-AB ist derailet und der SC muss zu Illusionismus oder Participationism wechseln, wenn nicht rebootet oder abgebrochen werden soll.
Also, untersuchen wir mal eine möglichkeit, Railroading über die Fähigkeit des ABs zum Derailen zu definieren: Wenn man das AB derailen kann, ist das AB eine Railroad. Der SL bedient sich der Technik des Railroadings, um entweder das AB vor dem Derailen zu bewahren (Ihr könnt das nicht, weil *handwedeln*) oder ein Derailtes AB wieder auf die Schienen zu bringen (Illusionismus, der BigBad den ihr grad mit schierem Würfelglück gekillt habt, war in Wirklichkeit nur die gedankenkontrollierte Drohne des RICHTIGEN BigBads - oder Participationism: Leute, das AB hat nicht vorgesehen dass ihr den Kampagnengegner bei der ersten Begegnung umnietet, sagen wir einfach er entkommt irgendwie, ok?)
Und jetzt kommt die fette Feststellung: auf diese Art derailen kann man grundsätzlich jedes lineare AB. Jedes lineare AB lässt sich derailen und damit ist jedes lineare AB eine Railroad welche Railroading nötig macht.
D.h. ich habe hier eine separate, neue(?) Definition von "Railroad-AB" welche identisch ist mit "Lineares AB". Und der SL des Linearen ABs muss sich des Railroadings bedienen um mit Derailing umzugehen. Umgekehrt kann ich mir aber kein nichtlineares AB vorstellen, in dem Railroading bzw. Derailing Sinn machen würde. D.h. die Äquivalenz der beiden hält der Überprüfung anhand des Derailing/Railroading-Tests stand.
Lineares AB = Railroad-AB, welches Railroading erforderlich macht.
Trailblazing = Illusionism = Participationism = Lineares AB = Railroad-AB = Railroading-lastig.
Das ist keineswegs ein Vorschlag für eine allgemeingültige Definition. Das ist nur eine Beobachtung meinerseits bzgl. dem Zusammenhang von Linearen ABs und der Technik des Railroadings, (Im sinne von Anti-Derailing) bzw. mit der Hypothese dass "Trailblazing" grundsätzlich genauso Railroadinglastig (da Lineares AB) ist wie Illusionism, es also keinen für das auftreten der Railroading-Technik relevanten Unterschied gibt.
Behauptung: Es gibt also nur zwei echte Unterschiedliche Spielstile: Lineare ABs und Ergebnisoffene. Der ganze Rest (nach Joseph Young) ist Apologetik, Augenwischerei. Bei einer Untersuchung über Railroading interessiert es niemanden, inwiefern sich die Spieler und der SL darüber informiert haben, inwiefern sie railroaden oder den Plot verfolgen. Das interessiert natürlich die Teilnehmer der Runde untereinander die eine Funktionale Gruppe haben wollen.
Deswegen mag ich die Forge-Definition von Railroading nicht. Sie impliziert dass Railroading automatisch dysfunktionales Spiel ist. Aber wenn laut meiner definition Railroading notwendiger Teil eines Linearen ABs ist, und empirische Beobachtung zeigt dass lineare ABs durchaus befriedigend und funktionierende Gruppen produzieren können, dann ist Railroading (nach meiner Definition) per se nicht dysfunktional. Natürlich würden die meisten Spieler Ergebnisoffenheit bevorzugen - aber es kann deutlich schwerer sein, in Ergebnisoffenheit die spannenden Situationen zu erzeugen die für lineare ABs so typisch sind.