Autor Thema: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise  (Gelesen 10603 mal)

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Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #25 am: 1.11.2010 | 22:49 »
Nein, Du unterliegst da nach meiner Ansicht einem ganz fundamentalen Fehlurteil. Sobald Du im Sinne der Rule of Cool einschreitest, überschreibst Du die Ergebnisoffenheit gemäß einer dramaturgischen Vorgabe. Das ist eine unnatürliche Einengung des Ereignishorizontes und damit eine Einschränkung von Entscheidungsfreiheit. Das ist zwar von außen in letzter Konsequenz nicht beobachtbar, jedoch für das Spiel ganz grundlegend prägend. Eben genau deshalb haben die ganzen ARSler ja immer so auf die Ethik, Sittlichkeit und Geisteshaltung insbesondere des SL hingewiesen: darum gehts bei deren Unterscheidung des rassisch reinen Normalrollenspiels von den entarteten Erzählvarianten! Und obgleich ich ich mich durch die Ironisierung ganz offensichtlich von der Quatschkampfrhetorik der Eiferer distanziere, so stimme ich denen doch beim Punkte der Geisteshaltung zu. Wenn Du das ignorierst/adaptierst und daraus dann auf einmal Ergebnisoffenheit strickst, betreibst Du eine enorme Begriffsverwirrung aus meiner Sicht weitgehend ohne zusätzlichen Nährwert.

Versteh mich nicht falsch: die Art zu spielen, die Du da beschreibst, ist mir sehr sympathisch und ich mag das genauso. Aber um ein ergebnisoffenes Spiel im engeren Sinne handelt es sich dabei gerade NICHT. Klar: Du verstehst unter Ergebnisoffenheit, dass am Anfang des Abends unklar ist, was am Ende des Abends herauskommt. Das entspricht aber nicht dem bislang in den bisherigen Diskussionen etablierten Bedeutungsrahmen.
« Letzte Änderung: 1.11.2010 | 23:42 von TAFKAKB »

Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #26 am: 1.11.2010 | 23:36 »
Andererseits: die Vorstellung, dass man am Anfang des Abends noch nicht weiß, was am Ende passiert, kommt der eigentlichen semantischen Information des Wortes "ergebnisoffen" fraglos ziemlich nahe. Insofern mag das bisher zusammenkonstruierte Wortungetüm auch mal ausgedient haben und durch ein sinnvolleres Gebilde ersetzt werden. Willkommen! Und dann ergibt der Thread für mich auch gleich deutlich mehr Sinn.
« Letzte Änderung: 1.11.2010 | 23:42 von TAFKAKB »

El God

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #27 am: 1.11.2010 | 23:45 »
TAFKAKB, ich schätze, du verwechselst schlicht den Simulations-Anspruch der ARSianer mit dem Ergebnisoffenheitsanspruch. Das tolle ist doch, dass wir gar kein ARS betreiben wollen, weil dazu tatsächlich im Sinne der Simulation und "Plausibilität" die Rule of Cool ausgeschaltet wird. Die Rule of Cool bringt doch aber gerade das Element "Cool" ins Spiel - also benutzen wir es, um unsere Story aufzupeppen. Mit den Aktionen der Spieler hat das erstmal gar nichts zu tun (weswegen ich immer noch nicht sooo ganz verstehe, warum sich eine gemeinsame Planung von Szenarien auf Ergebnisoffenheit auswirkt - für Haukrinn mag das gelten, allgemeingültig sehe ich das noch lange nicht).

Beispiel 1:
SL legt fest, dass ein NSC etwas macht, was eigentlich nicht "geplant" im Sinne von im Charakter verankert war. Der plötzliche Sinneswandel, ein Geständnis, Verrat, was auch immer.
Nun gibt es nach meinem Verständnis grob zwei Motivationen dafür: Der SL will damit eine Aktion der Spieler unterbinden bzw. seinen Plot retten oder den NSC vor dem Tode bewahren, weil er ihn noch "braucht" --> hier greift er in die Ergebnisoffenheit ein, weil er direkt Entscheidungen der Spieler zunichte machen kann.
Oder der SL spielt mit der Aktion die Spieler an und hofft, dass sich daraus eine coole Dynamik für die Geschichte ergibt. Voraussetzung ist aber, dass die Bedingungen für Motivation 1 nicht erfüllt werden! Das Ganze ist ein wenig Haarspalterei bei NSC-Aktionen, deswegen kommt noch ein eindeutigeres Beispiel, dass auch schön die Abgrenzung zum ARS zeigt:

Beispiel 2:
Der SL legt fest, dass sich in dem Wald, den die SCs durchqueren, Schergen ihrer Gegner verbergen und einen Hinterhalt legen.
Motiv 1: Der SL will die Spieler besiegen, den Wald unpassierbar machen, die SCs ausrauben etc.  --> Bruch der Ergebnisoffenheit und der Simulation (v.a. wenn nicht vorher festgelegt wurde, dass sich in dem Wald Gegner befinden)
Motiv 2: Der SL erhofft sich einen coolen Kampf und nutzt die Gelegenheit, über besiegte Gegner ein paar Gerüchte zu streuen. Er geht aber auch die Gefahr ein, dass die SCs bei der Aktion draufgehen. --> Bruch der Simulation (vorher war kein Gegner da)

ARSianer stemmen sich nun sogar gegen Motiv 2, obwohl das auf den Verlauf der Geschichte keinen Einfluss nehmen soll. Meinem Verständnis nach wäre das nur ok, wenn die Würfel sagen, dass sich in dem Wald Gegner befinden (sofern eine entsprechende Tabelle vorher existiert... schnell eine Tabelle zusammenzustellen, die nur Gegner auftauchen lässt, wäre Heuchelei).

Edit: Zur Klarifizierung - das "wir" oben schließt natürlich nur die Leute ein, die mit der Rule of Cool kein Problem haben.
« Letzte Änderung: 1.11.2010 | 23:50 von Dolge »

Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #28 am: 1.11.2010 | 23:57 »
Ja genau, das verstehe ich. Übrigens handelt es sich dabei um die Brücke zum Parallelfaden. Wenn man nämlich Erzählspiel beschreiben und von der Alternative des Taktikspiels abgrenzen möchte, dann geschieht das zunächst erst einmal über die pure Existenz einer dramaturgisch begründeten Integration der Rule of Cool und fächert sich dann gemäß von Motivation und Heftigkeit der dramaturgischen Eingriffe weiter auf. So langsam verstehen wir uns nach meinem Eindruck besser. Dauert ja virtuell immer etwas. Bei nem Bierchen klappt das innerhalb weniger Minuten.

Offline Joerg.D

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #29 am: 2.11.2010 | 00:05 »
@ TAFKAKB:

Wo schreibt Haukrinn, dass er die Rule of Cool anwendet? Ich sehe diesen Ansatz nur bei Grimmir und Dir.

Haukrinn stellt in der Erweiterungen und besonders in dem neuen verlinkten Blogeintrag ganz klar dar, was seine 3 prägenden Elemente sind und hebt im ersten Absatz die Transparenz hervor, auch wenn er von Materialien schreibt. Er setzt also auf Ideen durch seine Spieler und den Vorteil durch das geteilte Wissen. Wenn ihm als SL etwas entfallen ist, wird sich aufgrund der allen offenen Informationsgrundlage einer der Spieler an etwas erinnern, was wichtig ist. (Hofft er oder nimmt er als sehr wahrscheinlich an)

Als zweites hebt er die Regeln hervor die weder gebogen noch gebrochen werden dürfen, aber weitreichende Gestaltungsrechte beinhalten. Sie müsen von allen befolgt werden, damit alle das selbe Spiel spielen und der gemeinsame Vorstellungsraum über die Regeln dort abgeglichen werden kann, wo es das Material nicht hergibt.

Sprich, wenn es keine valide Info gibt geben die Regeln Sicherheit beim Interpretieren von Information oder bewerten von Sachen.

Als nächstes spricht er das Setting an, welches Informationen transportiert und von allen gut gekannt werden muss. Da schlägt der Bogen seiner Ansicht IMHO wieder zu den Materialien, die schon angesprochen werden oder ich kann den ganzen Kram kurz zusammenfassen.

Haukrinn will durch die gemeinsame Erschaffung der Welt mit den SLC, der Einhaltung der Regeln und den ganzen anderen Kram eigentlich nur eine sehr gute Synconisation des gemeinsamen Vorstellungsraumes erreichen.

Oder

Alle sollen das selbe Spiel spielen.

Damit weicht er von meiner Sicht, dass die SIM wichtig ist und der es im Sinne der SIM einen Plot geben muss, weil es einfach logisch ist ab. Er verlässt sich völlig auf den gemeinsamen Vorstellungsraum und die Spieler, die mittels der Stances dafür sorgen, dass etwas vernünftiges passiert. Da ist IMHO nix mit der Rule of cool, weil alles im Plot von den Spielern getrieben und auf jeden Fall mit den Regeln im Einklang ist. Wenn alle das selbe Spiel spielen und verantwortlich für den Plot handeln, dann braucht es nach Haukrinns Auffassung keine Rule of Cool. Es soll sich organisch weiter entwickeln. Onkel Plausie ist kein Problem, wenn alle das selbe Spiel nach den selben Regeln spielen, die für alle verbindlich sind.

@ Haukrinn: Trifft es das in etwa?

Dadurch erhält er als SL die Möglichkeit, dass die Spieler machen können, was sie wollen und er trotzdem immer eine logische und in sich geschlossene Entwicklung des Abenteuers hat, die er nur noch leicht steuernd (durch seine SLC, aber im Rahmen der Regeln) beeinflussen kann. Was für mich wichtig ist, ist die Tatsache das eine Steuerung im dramatischen Sinne möglich ist, wenn die Welt gut erschaffen wurde. Die SLC dienen als Werkzeug um mit dem C-Web eine Steuerungsfunktion des SL zu ermöglichen.

Mein Problem dabei ist, das Ergebnisoffenheit für mich nichts mit Plausibilität oder SIM oder den anderen Kram zu tun hat. Meine Dramatik Runden sind auch immer Ergebnisoffen, obwohl ich einen sehr starken Grundplot habe, der sich auf dem gemeinsamen Interpretieren der Tarotkarten gründet. Haukrinn beschreibt einfach einen guten Weg, wie er für Abenteuer sorgt die unter anderen Ergebnisoffen sind und was für Mittel er als Werkzeuge benutzt um den gewünschten Spielstil zu erreichen.

Es ist also für mich keine andere Sichtweise des ergebnisoffenen Spieles, sondern eine besondere Art der Umsetzung, die einen bestimmten Spielstil der auch das Element "Ergebnis ist offen", beinhaltet.

Dem Ziel kann ich etwas abgewinnen.

Ich gehe beim City System (oder wie auch immer es heißen wird) ja soweit, das die Spieler nicht nur die Welt zusammen bauen, die Statisten und Charaktere erstellen und eine grobe Story vorlegen, sondern auch auf die Regeln und Optional Regeln bieten. Das gemeinsame Erstellen soll eine maximale Synchronisation des gemeinsamen Vorstellungsraumes bieten und die Spieler genau das Spiel spielen lassen, was sie schon immer wollten. Der Gruppenvertrag wird also über die Versteigerung festgelegt.

Aber zum Schluss noch mal die Frage an Haukrinn: Die Rule of Cool sollte bei Dir doch nicht vorkommen, oder?
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
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Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #30 am: 2.11.2010 | 00:11 »
@ Jörg: Also einer von uns beiden hat wirklich GEWALTIG was nicht verstanden. Sollte Haukrinn tatsächlich keine wie auch immer geartete Rule of Cool meinen mit Sätzen wie...
Zitat
Ergebnisoffenheit fußt im kollaborativen Geschichten erzählen. Alle Mitspieler am Tisch müssen sich gleichsam daran beteiligen, ein (wiederum) für alle möglichst schönes Gesamtergebnis im Spiel zu produzieren.
...dann bin ich in dieser Diskussion und vermutlich in der kompletten Rollenspieltheoriedebatte schlicht falsch.

El God

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #31 am: 2.11.2010 | 00:12 »
Eigentlich widerstrebt es mir, aber ich glaube fast, wir müssen mal klären, was die Rule of Cool eigentlich ist.

Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #32 am: 2.11.2010 | 00:20 »
Google ist Dein Freund. Da findest Du auch Dutzende Diskussionen über dieses Thema - auf der einen Seite irgendwelche OldSchoolTypen, die über hohles Vergnügen sowie den Untergang des Abendlandes wettern, auf der anderen Seite die Proponenten, die den Gegnern einen Stock im Arsch andichten. The truth is out there.

El God

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #33 am: 2.11.2010 | 00:22 »
Deswegen würde ich gern eine Diskussion unter Storynutten führen und die OldSchool außen vor lassen. Dass dort die Rule of Cool nicht passt, wurde ja ausführlichst dargelegt.

Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #34 am: 2.11.2010 | 00:26 »
Okay, here we go: Die Rule of Cool bezeichnet einen dramaturgisch motivierten Eingriff, welcher bis zu einem gewissen Grad auch die Grenzen der Wahrscheinlichkeit und Plausibilität eines Settings dehnen darf.

Offline Joerg.D

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #35 am: 2.11.2010 | 00:28 »
Bei der Rule of Cool werden Regelbrüche (also das ignorieren der Spielwelt Realität) ignoriert, solange das Ergebnis cool/aufregend ist.

Haukrinn bricht bei seinem Spielstil keine Regeln, (macht etwas was nicht der Realität entspricht) das Befolgen der Regeln ist einer seiner Grundpfeiler.

Also keine Rule of Cool.
« Letzte Änderung: 2.11.2010 | 00:32 von Der Schlachter »
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Offline scrandy

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #36 am: 2.11.2010 | 00:33 »
Die Rule of Cool bezeichnet einen dramaturgisch motivierten Eingriff, welcher bis zu einem gewissen Grad auch die Grenzen der Wahrscheinlichkeit und Plausibilität eines Settings dehnen darf.
Ich denke ein Problem daran ist, dass man es wirklich als "Eingriff" sieht. Das bedeutet, dass man grundsätzlich das Spiel als Simulationsmaschine aus Würfel und Regeln sieht. In Wirklichkeit hat man beim Storytelling aber vor allem eine Gruppe von Menschen, die durch ihre kreativen Entscheidungen auf Basis gemeinsamer Vorstellungen und der zugrunde liegenden Plausibilität die Welt und dessen Charaktere gestalten. Um gewisse Dinge unvorhersehbar zu haben benutzt man unter anderem auch noch Würfel und Regeln zur Entscheidungsfindung.

Der Dramaturgische Eingriff findet also nicht statt sondern vielmehr der Eingriff der Regel und Würfel. Denn jede Entscheidung eines Charakters, jede NSC-Handlung, jede Gestaltung des Szenarios, der Konflikte usw. ist doch irgendwie Rule of Cool. Die Simulation kommt doch nur Optional hinzu.

Die Sache immer noch als "Eingriff" zu sehen hat mit Sicherheit historische Gründe und hat mit Sicherheit auch etwas damit zu tun, dass man sich als Storyteller irgendwie immer rechtfertigen muss - Warum auch immer?
« Letzte Änderung: 2.11.2010 | 00:42 von scrandy »
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Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #37 am: 2.11.2010 | 00:43 »
Bei der Rule of Cool werden Regelbrüche (also das ignorieren der Spielwelt Realität) ignoriert, solange das Ergebnis cool/aufregend ist.

Haukrinn bricht bei seinem Spielstil keine Regeln, (macht etwas was nicht der Realität entspricht) das Befolgen der Regeln ist einer seiner Grundpfeiler.

Also keine Rule of Cool.
Du hast die Rule of Cool nach meiner Ansicht nicht verstanden. Da muss rein gar nix ein Regelbruch sein. Die Rule of Cool kann auch der SL sein, der gerade eine Zufallstabelle nutzen will, aber eins der Ergebnisse so cool findet, dass er auf den Wurf scheißt und das Ergebnis ohne Wurf nimmt. Oder ein Spieler, der seinen Charakter in einem dramaturgisch günstigen Moment das Passende sagen lässt, weils gerade cool ist. Nix mit Regelbruch.

Und um die Diskussion ein bisschen vorzuspulen, noch mal mein Eingangspost, der das schon thematisierte:
Für mich ist das in weiten Teilen eine Definition von Erzählspielen. Insbesondere das kollaborative Erzählen einer Geschichte: womit soll das denn kollidieren? Genau: mit Entscheidungsfreiheit, Plausibilität und Simulation. Wenn also einer der Beteiligten die Rule of Cool in einer bestimmten Situation höher priorisiert als die genannten Kategorien. Und damit isses dann nicht mehr ergebnisoffen, sondern ergebniseingeschränkt, nämlich unter den Bedingungen der Rule of Cool. Ich finde das vollkommen offensichtlich. Bin ich blind oder der Rest?

EDIT:
@ Scrandy: Wenn man Rollenspiel als strenge Simulation auffasst, dann ist eine dramaturgisch motivierte Aktivität eines Beteiligten in der Tat ein Eingriff, der erst einmal unerwünscht ist. Begründet wird das bei Rollenspielen mit der Abenteuerlichkeit der Handlung. Und nun gehen die Kritiker hin und meinen, dass Abenteuerlichkeit doch eben erst durch die Unvorhersehbarkeit der Handlung entsteht. Der Eingreifer entgegnet daraufhin, dass die Unvorhersehbarkeit ja auch fast durchgängig und bei Eingriffen zudem auch noch für alle bis auf einen gilt,  obendrauf aber auch noch viel coolere Begebenheiten entstehen. Daraufhin meinen dann die Kritiker, dass aber durch einen einzigen Eingriff alles bereits entwertet wird, da sich damit bereits die korrekte Geisteshaltung, Ethik und Sittlichkeit verflüchtige, der sich alle Beteiligten doch verpflichtet fühlen müssten. Und spätestens da muss man möglichst schnell das Weite suchen.
« Letzte Änderung: 2.11.2010 | 00:51 von TAFKAKB »

Offline scrandy

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #38 am: 2.11.2010 | 01:01 »
@ Scrandy: Wenn man Rollenspiel als strenge Simulation auffasst,
Muss man denn Rollenspiel als strenge Simulation auffassen. Ich würde sagen nein - jedenfalls nicht zwangsläufig.

Ergebnisoffenheit heißt doch eigentlich nur, dass der Abend als ganzes oder im kleinen auch einzelne Teile des Abends unvorhergesehen sind bzw. die Spieler innerhalb des Inhaltlichen Rahmens (Spielwelt, Plausibilität) Handlungsfreiheit besitzen.

Das hat aber doch prinzipiell weder etwas mit Rule of Cool noch etwas mit Simulation noch etwas mit Taktik, Gamismus, Oldschool oder sonstwas zu tun.

Man kann auch völlig ohne Simulation und Taktik und Oldschool ergebnisoffen spielen. (Man nehme eine Western City - Runde ohne Fähigkeitsproben (als Hausregel) sondern nur mit Erzählrechtecoins, da weiß man auch nicht wie jede Szene endet und erst recht nicht wohin alles als ganzes führen wird, trotzdem hat es weder Simulation noch Oldschool und ist trotzdem Rollenspiel)

Hier geht es ja im Grunde nur um eine mögliche Art etwas Ergebnisoffenes zu machen (die zugegebenermaßen Simulation nutzt - aber das muss ja nicht immer so sein).
« Letzte Änderung: 2.11.2010 | 01:03 von scrandy »
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Offline Bad Horse

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #39 am: 2.11.2010 | 01:02 »
Ich bin bei der Rule-of-Cool-Definition bei TAFKAKB. Für mich hat das auch nicht mit Regel- oder Plausibilitätsbruch zu tun, sondern damit, dass man sich aus X möglichen (nach Plausibilität und Regeln) Konsequenzen diejenige heraussucht, die am coolsten ist, und nicht diejenige, die am offensichtlichsten oder am wahrscheinlichsten ist.
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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #40 am: 2.11.2010 | 01:06 »
Muss man denn Rollenspiel als strenge Simulation auffassen.
Aus der Kritikerbrille mit Hintergrund im Wargaming: na klar. Aus allen anderen Perspektiven: natürlich nicht. Allerdings argumentiert Jörg aus ebendieser Tradition des Simulationismus (unverständlich) offensiv. Daher mein etwas weiteres Ausholen.

Offline Haukrinn

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #41 am: 2.11.2010 | 06:35 »
Da haben wir's mal wieder. Ich bemühe mich hier um eine klare Definition, und ihr kommt mir mit so Spongebob-Begriffen wie Rule of Cool um die Ecke, unter denen mal wieder jeder etwas anderes versteht. ;)

@Dolge: Um nochmal auf Dein Unverständnis bzgl. der gemeinsamen Planung zurück zu kommen. Das ist eine Technik, die Ergebnisoffenheit unterstützt und absichert. Natürlich brauche ich das nicht, ich kann auch darauf verzichten. Aber wenn ich Ergebnisoffeneheit habe, dann brauche ich mein Rettungsseil, dass an die Stelle des vorbereiteten Plots tritt. Und dieses Rettungsseil ist die gemeinsame Planung, die Tatsache, dass alle Bescheid wissen, so wie Jörg das auch noch einmal reflektiert hat.

@TAFKAKB: Ich wollte hier ja ganz bewusst den klassischen Bedeutungsrahmen sprengen, da die ursprüngliche Bedeutung ja meiner Meinung nach eben nicht so viel mit dem Wortsinne zu tun hat. Im Sinne der Deinigen Definition der Rule of Cool bin ich natürlich bei Dir, Entscheidungen sollen natürlich unter dramaturgischen, nicht unter simulationistischen Gesichtspunkten getroffen werden. Insofern spielt die Rule of Cool bei mir eine Rolle.

An ihre Stelle könnte aber auch etwas anderes treten, ohne dass das Gesamtkonzept an sich ausgehebelt wird. Letztendlich wird hier ja nur die Entscheidungsbasis angepackt. nichts weiter. Wenn ich sage, trefft eure Entscheidungen auf Basis eines Münzwurfs, dann liefe das im Prinzip immer noch - wäre halt nur nicht mehr cool, sondern ARS oder SCHNURZ oder PIEPS oder was weiß ich.

Auch möchte ich Dir widersprechen, dass Jörg aus der SIM-Ecke heraus argumentiert. Er sagt ja nur dass Entscheidungen durch den Regelkern, der für alle gilt, verifiziert werden müssen, bevor sie im SIS landen, und da bin ich auch voll bei ihm.
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Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #42 am: 2.11.2010 | 06:51 »
Hm, macht Ihr mal, wird schon okay sein. Ich muss das ja nicht nachvollziehen oder Sinn darin entdecken können.

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #43 am: 2.11.2010 | 07:10 »
Gut, Haukrinn, danke für die Klarstellung.

TAFKAKB, spätestens jetzt verstehe ich dich wirklich nicht mehr. Gesetzt dem Fall, Joerg sieht den dramaturgischen (nicht regelbrechenden) Aspekt der RoC als nicht verwerflich an, sitzen wir soweit ich es überblicke, wirklich alle im selben Boot.

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #44 am: 2.11.2010 | 08:15 »
Zur Klarstellung der Rule of Cool: ihr Ziel ist es nicht, das Brechen von Regeln zu erlauben, sondern, coole, aber unplausible Optionen in den Kontext der Regeln zu stellen, also explizit nach Regeln zu ermöglichen. Und je cooler ein Aspekt ist, umso unplausibler darf er sein, um immer noch ins Regelwerk aufgenommen werden zu können. Die Geschmäcker sind dabei individuell.
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Offline Wolfmoon

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #45 am: 2.11.2010 | 08:52 »
Zur Klarstellung der Rule of Cool: ihr Ziel ist es nicht, das Brechen von Regeln zu erlauben, sondern, coole, aber unplausible Optionen in den Kontext der Regeln zu stellen, also explizit nach Regeln zu ermöglichen.

Sorry, aber wo ist da der Unterschied? Und wozu braucht man die? Wenn ich das alles hier richtig verstanden habe (zugegebenermaßen eher unwahrscheinlich  ~;D ), geht es darum, dass der SL die Regeln brechen darf. Und das wurde von den meisten Leuten doch eh schon immer so gehandhabt. Ich habe auch noch nie einen Spielleiter gesehen, der sich tatsächlich hinsetzt und den nächsten Gegner der Gruppe wirklich auswürfelt - bestenfalls sucht er aus einer Reihe von Möglichkeiten aus.

Ich verstehe ergebnisoffenes Spiel ohnehin nicht - ich habe noch nie eine Gruppe gehabt, in der so etwas auch nur ansatzweise hätte funktionieren können.
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Humpty Dumpty

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #46 am: 2.11.2010 | 10:08 »
TAFKAKB, spätestens jetzt verstehe ich dich wirklich nicht mehr. Gesetzt dem Fall, Joerg sieht den dramaturgischen (nicht regelbrechenden) Aspekt der RoC als nicht verwerflich an, sitzen wir soweit ich es überblicke, wirklich alle im selben Boot.
Ja genau, inklusive Jörg. Der Dissens liegt nur im Verständnis von Kleinigkeiten. Entsprechend wenig Sinn ergibt eine Diskussion wie die von Jörg/Haukrinn/Deal, wenn nicht parallel über die Ursachen gesprochen wird. WARUM schränken sich Gruppen freiwillig ein und unterwerfen sich einer Rule of Cool. WIE OFT geschieht das in einer Gruppe? Und: WIE HEFTIG sind die Eingriffe im Mittel? Wenn diese Fragen ergründet werden, kann man sich dem Erzählspiel in sinnvoller Weise nähern, denn auch nach meinem Eindruck, da stimme ich Wolfmoon absolut zu, sind die Erzählspieler gegenüber den Taktikspielern in der großen Mehrheit. Umso drückender ist die Frage, wieso das der Fall ist, wenn doch für die Rule of Cool ein Stückchen Freiheit aufgegeben werden muss.

Offline Haukrinn

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #47 am: 2.11.2010 | 10:14 »
Ich poste hier mal ein Doppel-Häh?

Zur Klarstellung der Rule of Cool: ihr Ziel ist es nicht, das Brechen von Regeln zu erlauben, sondern, coole, aber unplausible Optionen in den Kontext der Regeln zu stellen, also explizit nach Regeln zu ermöglichen. Und je cooler ein Aspekt ist, umso unplausibler darf er sein, um immer noch ins Regelwerk aufgenommen werden zu können. Die Geschmäcker sind dabei individuell.

Wenn ich ein System nach dramaturgischen Gesichtspunkten aufbaue, dann sind dramaturgische Entscheidungen plausibel. Oder geht es jetzt rein um die Coolness - dann wiederum würde ich bezüglich meiner Person doch Jörgs ursprünglicher Aussage zustimmen und sagen "Der Haukrinn der hat und will keine Rule of Cool".

Umso drückender ist die Frage, wieso das der Fall ist, wenn doch für die Rule of Cool ein Stückchen Freiheit aufgegeben werden muss.

Das rall ich nicht. Echt nicht. Kannst Du mir mal bitte erläutern warum die Rule of Cool (nach Deiner Definition) die Spieler eines Stückchens Freiheit beraubt?
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Offline Joerg.D

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #48 am: 2.11.2010 | 10:40 »
Auch möchte ich Dir widersprechen, dass Jörg aus der SIM-Ecke heraus argumentiert. Er sagt ja nur dass Entscheidungen durch den Regelkern, der für alle gilt, verifiziert werden müssen, bevor sie im SIS landen, und da bin ich auch voll bei ihm.

Genau! Danke fürs Verstehen und verdeutlichen für die Anderen.


Ich denke du handelst eher nach Prinzipien wie Drama First und Coolnes First:

 Wenn sich die Situation durch Regeln abbilden lässt und die Regeln mehrere mögliche Lösungen zulassen wählst Du die Coolste oder Dramatischte.

Allerdings IMMER innerhalb des Regelkerns.
« Letzte Änderung: 2.11.2010 | 11:14 von Der Schlachter »
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Offline Crimson King

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Re: Ergebnisoffenes Spiel - eine etwas andere Sichtweise
« Antwort #49 am: 2.11.2010 | 10:46 »
Wenn ich ein System nach dramaturgischen Gesichtspunkten aufbaue, dann sind dramaturgische Entscheidungen plausibel.

Da steckt dann eher eine Rule of Drama drin.

Wenn du ein System nach Gesichtspunkten der Coolness aufbaust, erlaubst du den Spielern, besonders coole Dinge zu tun, egal wie unrealistisch die eigentlich sind. Cinematische Systeme verwenden quasi durchgehend die RoC.

Die Definition, die Jörg in seinem bescheidenerweise geschlossenen Thread verlinkt hat, passt da perfekt drauf. Man muss sich nur im Klaren darüber sein, dass das Brechen von Regeln sich auf die Realität bezieht, nicht auf das verwendete System.

Ich persönlich gehe allerdings davon aus, dass einige in den beiden Threads Coolness und Drama gleichgestellt haben.
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