Es macht so eine Freude über dieses Thema zu blubbern und sich zu empören! Da schlägt mein deutsches Herz durch mein poliertes Selbstbild eine Delle nach Außen! Jammern, bis der Arzt kommt, Ansprüche stellen und von anderen fordern, etwas zu machen...ach, die Politik soll es per gesetz erzwingen. So geht das doch!? nagut weiter im Geblubber:
Stockhausen als extremer Vertreter der Seriellen Musik ist für ein paar sehr drollige (vermeintliche) Paradoxa verantwortlich. So hören sich für den Hörer ohne Notenblatt und Textmarker und Klarsichtfolie mit andersfarbigen Folienstiften und einem Hang zum dechiffrieren, die Stücke doch recht nach John Cage an.
Ab einer gewissen Komplexität kann der Mensch einfach nicht mehr folgen.
Ich habe gerade im Focus einen kurzen Artikel gelesen, in dem Howard Shore (HdR-Score) verneint, dass Filmmusik die neue Klassik sei. Es hörte sich so an, als würde er sie irgendwo zwischen ernster Musik und Unterhaltungsmusik einordnen.
(Über diese Trennung könnte ich mich auch aufregen...Musik, die nicht unterhält halt ihren Sinn verfehlt. Musik soll einen begeistern können und berühren. Sei es die Faszination des Konzepts, der rEiz des Fremdartigen oder die Freude am "Einfachen/leicht genießbaren" wie im RocknRoll, Grieg, ACDC. Wenn mehrere Ebenen aufeinandertreffen, umso besser.)
Er freut sich darüber, dass so ganze Familien ihre Scheu vor dem großen Orchester verlieren und geht soweit an Hand der Lieblingsstücke auf alte Komponisten zu verweisen, die das Stück stark beeinflusst haben (hier Anton Bruckner,
der übrigens von einem engagierten Dirigenten auf eigene Faust in den USA eingeführt und bespielt, quasi beworben wurde, was genau das ist, was ich mir wünsche. Szenearbeit und Neues! So schön Mahlers Fragment der 10. auch ist, ist es schon alt.
). Er will Verständnis säen und Begeisterung nähren.
Das ist Publikumsarbeit! Ohren öffnen mit Hilfe moderner Themen (HdR als Film ist das Thema, das interessiert und die Bilder sind die Unterstützung).
Manchmal müssen die abgefahrenen Komponisten ihre Hörerschaft abholen... Das Credo, dass ernste Musik nicht genießbar sein darf, ist mMn falsch. Zu Bachs Zeiten wurde Musik erklärt und die elitären Zuhörer waren Kenner und das wurde geschätzt. Aber Bach war nicht nur kompliziert, er hat sich ins Kniegeschossen, sein Ohr an den Ellenbogen genagelt (Fuge) und trotzdem noch ganz hübsch getanzt...
Stockhausen hat sich von diesem Anspruch befreit und auf rein intellektuelle "Schönheit" durch reine Form gesetzt. Das ist aber leider keine musik für Menschen mehr...zumindest ist es eine Musik, die sehr schwer zu erarbeiten ist.
Es scheint mir fast, als würden schneller immer neue Konzepte gesucht und auch schnell wieder abgelöst werden. Dahinter steckt ein interessantes Fortschrittsdenken, dass "neuheit" einen eigenen Wert zumisst. ungeschickt und holprige Originalität zählt hier mehr als ein Meister des Alten.
Der Vergleich zwischen den Musikrichtungen findet nicht mehr wie früher über die Beliebtheit beim Publikum statt sondern abgelöst davon.
mMn liegt das einerseits am fehlenden, fähigen Publikum und andererseits an einer recht punkigen Einstellung der Komponisten, in anderen Worten Angst vor alten Konzepten.
Oder Positiv ausgedrückt: Experimentierfreude vs. Publikumsmusik
Seit den zwnaziger Jahren des letzten Jhd. hat sich der Malkasten der klassischen Musik um eine Unzahl an Farben erweitert. z.B. Cluster, Klangfarbenmelodien, Mikrointervalle, 12Ton, Serielle Musik, Eventmusik(Improanweisungen wie in der ALeatorik), systematische Komposition mit Hilfe von Algorithmen, neue Instrumente (Der gestimmte Motor aus den 20ern), zeitliche und sogar räumliche Neugestaltung (gestimmte Stufen in einem Einkaufszentrum und Computer, die das Konzert der Passanten begleiten...)...
Langsam könnte der Umschwung kommen; die Phase der Horizonterweiterung und Entdeckungen sollte von einer der Allgemeinbildung abgelöst werden. Nach Sturm und Drang eine neue Klassik, nach kleinem Rebellentum eine neue Revolution.
@King Crimson
Jepp ein Vokabular um eine Musik recht direkt beschreiben zu können hilft ungemein. Die Sprüche und Slogans wie " Porno Postpop" sind dann schon wieder so pralle, dass sie eher zum künstlerischen GEsamtkonzept der Band gehören und in den Stildiskussionen getrost ignoriert werden sollten. (Schade um die Alliteration, aber das Leben ist halt kein ponyhof.
)