Autor Thema: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug  (Gelesen 18752 mal)

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Humpty Dumpty

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #25 am: 16.09.2011 | 10:17 »
@Tafkakb
Ja ich kenne diese ambitionierte Ansätze nicht, aber woher denn? Die ambitionierten Ansätze sind doch auch nichts wert, wenn ich sie mir erst erschließen muss, indem ich mich durch tausende Postings wühle. Momentan ist das ganze Feld nebulös und einer "Elite" an Irren vorbehalten, die sich das antun, bzw. derer, die da von Anfang an dabei waren. Zugänglichkeit wäre aber der Schlüssel zur Akzeptanz einer Disziplin. Und als besonders zugänglich empfinde ich die RPG-Theorie nun wirklich nicht.
Die Beschäftigung mit Rollenspieltheorie kann und wird in amitionierter Form nicht in Foren stattfinden. Dafür braucht es systematischere Ansätze. Die werden aber ja gerade aufgebaut. International Journal of Roleplaying, Knutepunkt, Journals mit Querbezügen (Game Studies oder Cyberpsychology etwa), Dissertationen (gibts diverse, eine - dem Anschein nach recht schwache - aus Deutschland wurde hier im Forum kürzlich erst ausgebuddelt) und diverse Artikel in weiteren Journals, die immer mal wieder auftauchen. Das sollten die Plattformen zur theoretischen Beschäftigung mit Rollenspielen sein. In Foren kann man dann versuchen, ein paar Erkenntnisse zu diskutieren. Ambitionierte Wissensgenerierung ist dort jedoch kaum möglich. Die Forge hat da einen wirklich beeindruckenden Job gemacht, den Flohzirkus so zu bändigen, dass was in irgendeiner Form Greifbares herauskommt. Aber letztendlich ist das alles unbrauchbar und sogar kontraproduktiv, wenn man einen systematischeren, haltbareren Ansatz verfolgt, dessen Erkenntnisse in die Breite getragen werden sollen.

Offline Lord Verminaard

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #26 am: 16.09.2011 | 10:36 »
Na gut, jetzt schreibe ich doch was dazu. Ich weiß nicht genau, lieber Florian, warum du gerade jetzt und gerade hier diesen Text veröffentlichst. (Jetzt? Ich denke, du rollenspielforscht nach deinem Selbstverständnis schon mindestens seit 2009? – Hier? Über „Rollenspielforschung“ im Tanelorn zu reden, ist das nach deinem Dafürhalten nicht wie über Politikwissenschaft am Stammtisch in der Fußballkneipe zu reden?)

Auch wenn der Fußball- und Schachvergleich ziemlich hinkt, ist es ja nicht so, dass ich dir in deiner Sachverhaltsdarstellung nicht zustimmen würde. Die Frage, die ich bereits bei früherer Gelegenheit dazu gestellt habe, lautet weiterhin, ob die Bedeutung des P&P-Rollenspiels (wirtschaftlich, gesellschaftlich, künstlerisch) den Aufwand einer wissenschaftlichen Erforschung rechtfertigt. Die Antwort ist nein. Wirtschaftlich, gesellschaftlich, künstlerisch ist dieser Aufwand nicht gerechtfertigt. D.h. es ist reine Liebhaberei, du machst das, weil es dir Spaß macht und weil du meinst, es zu können.

Die sogenannten „Theoretiker“ haben seinerzeit etwas anderes gemacht, mit einem anderen Anspruch und einem anderen Ziel, aber aus dem gleichen Grund: Weil es uns Spaß gemacht hat und wir meinten, es zu können. Das magst du bedauern, weil du dir Gesprächspartner im deutschen Sprachraum gewünscht hättest, die irgendwie Interesse an dem Ding hätten, das du machst bzw. machen möchtest. Also nicht nur Interesse im Sinne von: „Mach mal, ich schau mir dann an, was dabei rauskommt“, sondern Interesse im Sinne von: „Oh ja, da will ich mitmachen!“ Klar, dass die nicht vorhandene Resonanz dich nervt. Vielleicht wäre es anders gelaufen, wenn du 2005 gekommen wärest, wer weiß. Kann keiner mehr ändern.

Dementsprechend bleibt uns hier nur, dir einen guten Weg und viel Erfolg zu wünschen. Was ich allerdings klarstellen möchte, ist folgendes: Wir „Theoretiker“, jedenfalls hier im Tanelorn, haben nie vorgegeben, etwas anderes zu sein als wir waren. Es ist nicht unser Versäumnis, dass wir nie „Rollenspielforschung“ in deinem Sinne betrieben haben. Uns ging es lediglich um informierten Diskurs, nicht mehr, nicht weniger, und den haben wir geführt. Kein Grund, die virtuelle Nase über uns zu rümpfen.
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Offline Oberkampf

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #27 am: 16.09.2011 | 11:00 »
"Rollenspieltheorie" als Hilfestellung zur Durchdringung der rollenspielerischen Praxis mit einigermaßen verständlichen, handhabbaren und gruppenübergreifenden (konsensuell akzeptierten) Begriffen zur Optimierung dieser Praxis ist, glaube ich, noch nicht tot. Da gibt es noch ausreichend dunkle Flecken, über die man noch nicht begrifflich halbwegs abgesichert kommunizieren kann. Die Unterscheidung zwischen taktischem und erzählerischem Spiel, auf die im Aufsatz verwiesen wird, auch wenn ich sie an einigen Stellen nicht teile, ist ein gutes Beispiel, was eine Rollenspieltheorie an Praxishilfe leisten kann.

"Rollenspieltheorie" als "Rollenspielwissenschaft" erscheint mir auf den ersten Blick sehr fragwürdig. Problematisch ist dabei in meinen Augen auch der Aspekt, dass "Rollenspieltheorie" in der Regel von Praktikern im Vollzug entwickelt wird (zu deutsch: anhand der Beobachtungen am eigenen Spielverhalten). Ohne übergeordnete Beobachter erscheint mir das nicht sonderlich theoriefördernd zu sein.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #28 am: 16.09.2011 | 11:29 »
Aber man braucht eigentlich keine Liste. Es reicht, wenn man sich fragt, was Rollenspiel eigentlich ist, allein das öffnet die Büchse der Pandora.
Ich sehe das eben ganz anders. Was du machst, ist sehr abgehobene Fragen aufwerfen, über die man allenfalls auf sehr abstraktem Niveau diskutieren kann. Vielleicht bin ich da zu sehr empirischer Sozialwissenschaftler, aber mir gibt das überhaupt nichts. Aus meiner Sicht bräuchte es eine Liste von beobachtbaren und angemessen beschreibbaren Phänomenen, die man dann erklären kann und möchte.

So ist damals die "Theorie" im Rollenspielbereich entstanden: eine Menge Leute waren mit ihrem Spiel unzufrieden und sind immer wieder (z.B. mit "Story") in ihrer Runde gegen die Wand gefahren. Alle waren unzufrieden und keiner wusste so genau warum. Dieses Phänomen hat GNS (und dann das Big Model) aufgenommen und (aus meiner Sicht befriedigend) erklärt.

Wo sind jetzt ähnliche Phänomene, die für eine ausreichende Zahl von Personen eine hohe Relevanz besitzen? Nur so könnte man aus meiner Sicht eine ähnliche produktive Diskussion in Gang bringen wie damals. Und das meinte ich mit der Tatsache, dass es anscheinend keine Phänomene mehr gibt, die es sich zu erklären lohnt: keiner kann/will mal einige davon zusammenstellen. Es scheint mir wie Jörg es sagt: 98% sind erforscht und die 2% interessieren keinen.
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Zitat von: 1of3
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Humpty Dumpty

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #29 am: 16.09.2011 | 12:56 »
Klar kann man sich hinstellen und sagen:

Zitat
Wir haben neulich im Forum darüber diskutiert, dass man zwischen Benzin-, Gas- und Elektroautos unterscheiden kann. Die Wahl des Antriebs hat verschiedene Auswirkungen auf die Umwelt, haben wir uns gedacht. Benzin ist pfui und Gas geht so. Nur Elektro ist cool und man kann außerdem dazu tanzen. Das reicht. Damit halte ich jegliche weitere theoretische Beschäftigung mit dem Thema Autoantrieb für überflüssig, denn es bleiben nur so abgehobene Fragen übrig und wir haben schließlich das empirisch beobachtbare Phänomen geklärt. Wir wissen hinreichend, worüber wir sprechen, wir können das Auto nutzen und wir kennen die Konsequenzen dieser Nutzung. Ist doch toll. Mehr braucht man nicht. Sollte jemand noch mehr wissen wollen, dann soll er mal hier ins Forum kommen und Fragen stellen. Bei uns im Forum gibts nämlich ganz viele begeisterte Autofahrer und wir können in Diskussionen bestimmt viele Ideen für neuartige Antriebe entwickeln.

Wie sinnvoll das ist, steht auf einem anderen Blatt.
« Letzte Änderung: 16.09.2011 | 12:58 von TAFKAKB »

Offline Fredi der Elch

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #30 am: 16.09.2011 | 13:03 »
Den Post habe ich jetzt gar nicht verstanden.  wtf? Kann mir da jemand helfen?
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Zitat von: 1of3
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Offline Oberkampf

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #31 am: 16.09.2011 | 13:21 »
Alles verstehe ich davon auch nicht. TAFKAKB will, glaube ich (kann mich aber täuschen) wohl unter anderem darauf hinaus, dass Meinungen bzw. Geschmacksurteile rein subjektiv sind und deswegen nicht diskutiert werden können (sondern bestenfalls zur Kenntnis genommen werden können  ;) )
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Offline asri

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #32 am: 21.09.2011 | 08:38 »
Ein bisschen hab ich das Gefühl, dass Florians Beitrag in erster Linie die Situation in den (vor allem deutschen?) Foren betrachtet. Das ist aber natürlich, wie andere schon gesagt haben, gar nicht der Ort, wo Rollenspielforschung stattfindet. In Anbetracht der Tatsache, dass Game Studies/ Spielforschung allgemein noch eine sehr junge Disziplin ist, scheint mir die Situation ganz passabel. Es gibt immer mal wieder akademische Arbeiten, Tagungen, Zeitschriften. Ich verstehe nicht, wieso man die Situation so dramatisch zeichnen sollte. Forschung braucht Zeit; erst recht, wenn eine Disziplin gerade erst entsteht. Ein pauschales Urteil über Rollenspielforschung, ohne irgendwelche der jüngeren (und meinethalben älteren) Literatur zu erwähnen, würde ich mir gar nicht zutrauen. Da ich die Literatur nicht kenne, weiß ich nicht, ob Florians Urteil vielleicht berechtigt ist - aus seiner Argumentation heraus kann ich das aber nicht abschätzen, weil bei mir der Eindruck entsteht, dass er an der existierenden Forschung vorbei argumentiert.


Achamanian

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #33 am: 21.09.2011 | 09:49 »
Wie so oft sind Lord Verminaard und Kriegsklinge meine Helden. Auch mir erschließt sich der Sinn des Forge-Rants nicht und schon gar nicht, was das mit "Deutschen" und "Amis" zu tun haben soll. Ohne das wäre es ein interessanter Beitrag, so eher ärgerlich und jedenfalls alles andere als "wissenschaftlich".

ErikErikson

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #34 am: 21.09.2011 | 09:55 »
Mir entgeht auch wirklich die relevanz von P&P-Forschung. Wenn es um was wichtiges ginge, das auch Umsatz macht, wie Computer-RPGs, dann ok.

Aber wenn ich mir die ewige lamentiererei anhöre, dass man mit Kloputzen mehr verdienen kann als mit RPGs, dann würde ja die Forschung drüber mehr Umsatz machen als die "RPG-Industrie" an sich, und das kanns ja auch nicht sein.

Offline asri

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #35 am: 21.09.2011 | 10:08 »
Nur kurz: Das (Tisch-)Rollenspiel gesellschaftlich eher ein marginales Phänomen ist, heißt nicht, dass es nicht erforschenswert ist. Babylonische Orakeltexte, mittelalterliche Kleidermoden, sorbische Grammatik, Ashtar-Channelings oder Zwölftonmusik haben jetzt auch nicht gerade großen sozialen Impact, trotzdem gibt es dafür Forschungsgelder und -interessen. Also nix gegen Rollenspielforschung.

Offline Beral

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #36 am: 21.09.2011 | 10:11 »
Wie so oft sind Lord Verminaard und Kriegsklinge meine Helden. Auch mir erschließt sich der Sinn des Forge-Rants nicht und schon gar nicht, was das mit "Deutschen" und "Amis" zu tun haben soll. Ohne das wäre es ein interessanter Beitrag, so eher ärgerlich und jedenfalls alles andere als "wissenschaftlich".
Es erschließt sich folgendermaßen: In den letzten Jahren wurden von "alten Forge-Hasen" immer wieder Theoriediskussionen gestört, mit ungefähr folgenden "Argumenten":
  • Hey Nubs, das ist doch längst alles geklärt. Lest euch hier 170 Seiten GNS-Diskussionen auf englisch durch, statt neu drüber zu labern.
  • Es gibt grundsätzlich keinen Bedarf mehr an theoretischer Auseinandersetzung mit Rollenspiel, weil ich schon alle meine offenen Fragen geklärt habe.

Abgesehen davon, dass die Argumente dümmlicher nicht sein könnten, sind sie auch deshalb ein Ärgernis, weil es für diejenigen, die keine Fragen mehr haben, eigentlich keinen Grund gibt, sich in Diskussionen einzumischen, die für sie nicht mehr interessant sein sollten. Es gibt jedenfalls keinen sachlichen Grund. Aus welchem Grund mischen sich einige Leute trotzdem destruktiv ein? Mir scheint, es geht dabei um Machtspielchen, um Reputation. Wer ist der Oberchecker in Sachen Rollenspieltheorie? Wer hat die Deutungshoheit? Darum geht es im Kern, wenn gegen Forge oder gegen neue Ansätze in Rollenspieltheorie gestänkert wird.

Es gibt keine gesellschaftliche Relevanz für den Aufbau einer systematischen Rollenspieltheorie. Das ist aber kein Argument, weil niemand gefordert hat, Geld aus der medizinischen Forschung für Rollenspielforschung abzuzweigen oder sowas ähnliches. Rollenspielforschung bewegt sich im Hobby-Bereich. In diesem Bereich spielt gesellschaftliche Relevanz keine Rolle, es zählt einzig das persönliche Interesse. Gegen hobbymäßig erforschte Rollenspieltheorie anzustänkern ist so intelligent wie gegen Briefmarkensammeln oder Modellbau zu argumentieren.
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Achamanian

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #37 am: 21.09.2011 | 10:18 »
Abgesehen davon, dass die Argumente dümmlicher nicht sein könnten, sind sie auch deshalb ein Ärgernis, weil es für diejenigen, die keine Fragen mehr haben, eigentlich keinen Grund gibt, sich in Diskussionen einzumischen, die für sie nicht mehr interessant sein sollten. Es gibt jedenfalls keinen sachlichen Grund. Aus welchem Grund mischen sich einige Leute trotzdem destruktiv ein? Mir scheint, es geht dabei um Machtspielchen, um Reputation. Wer ist der Oberchecker in Sachen Rollenspieltheorie? Wer hat die Deutungshoheit? Darum geht es im Kern, wenn gegen Forge oder gegen neue Ansätze in Rollenspieltheorie gestänkert wird.
 

Das ist allerdings kein Problem der Forge und der von dort kommenden Ansätze, sondern ein Problem schlechter Diskussionskultur. Wenn man Forge-Freunde als "Mitläufer" denunziert, geht das doch an dem Problem nervigen Distinktionsstrebens vorbei.
Ich fühle mich da ehrlich gesagt nur negativ an die entgegengesetzte Distinktionsstrategie erinnert, die mindestens ebenso nervt, von wegen: "Ihr arroganten Theoriewichser redet doch nur Müll, das versteht eh keiner. Ich habe kraft meine markigen Bodenständigkeit auf jeden Fall recht und es gar nicht nötig, zu argumentieren."
Da sind mir ein paar Forge-Klugscheißer, die sich zumindest Gedanken gemacht haben, allemal lieber. Für mich ist "System does matter" jedenfalls eine bleibende Bereicherung meines Horizonts und meiner Rollenspielpraxis und keine Zumutung von irgendeinem Theorieheini, der sich einbildet, es besser zu wissen als ich.

Offline Der Nârr

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #38 am: 21.09.2011 | 10:27 »
  • Bezogen auf einen grundsätzlichen Spielbegriff: Was ist Rollenspiel eigentlich? Wie funktioniert es? Welche dem "Spiel" zugehörigen Prozesse sind beim Rollenspiel wie ausgeprägt?
[...]
Aber man braucht eigentlich keine Liste. Es reicht, wenn man sich fragt, was Rollenspiel eigentlich ist, allein das öffnet die Büchse der Pandora.
Ach, ich weiß nicht. Weißt du, ich studiere Religionswissenschaft. In der Religionswissenschaft haben wir auch das Problem einer Definition von Religion. Bis heute gibt es keine allgemein anerkannte Definition und es gibt unzählige Ansätze und Versuche, sie zu definieren. Aktuell sind wohl am ehesten kombinierte Begriffe verbreitet, die auf Kommunikationstheorie auf der einen und Pragmatische Modelle auf der anderen Seite zurückgreifen. Und alle Jahre wieder versucht es jemand inhaltlich oder funktionalistisch. Aber je nachdem, aus welcher Perspektive man sich Religion nähert, kann sich der Wert einer Definition verschieben. Naja, irgendwie klappt es trotzdem ganz gut. Meiner bescheidenen Meinung nach können wir Rollenspiel im wesentlichen nur diskurstheoretisch verstehen. Und dann ist eine exakte Definition auf einmal gar nicht so wichtig, weil sich Rollenspiel selbst definiert. Die Büchse der Pandora sollte also am besten gar nicht erst geöffnet werden.
Der Versuch, etwas wie Rollenspiel oder Religion zu definieren, ist für mich schon selbst eine (intellektuelle) Spielerei. Ein Rätsel, das niemals gelöst werden kann.

Gegen hobbymäßig erforschte Rollenspieltheorie anzustänkern ist so intelligent wie gegen Briefmarkensammeln oder Modellbau zu argumentieren.
  :d.
« Letzte Änderung: 21.09.2011 | 10:31 von Der Narr »
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Offline Beral

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #39 am: 21.09.2011 | 10:40 »
Das ist allerdings kein Problem der Forge und der von dort kommenden Ansätze, sondern ein Problem schlechter Diskussionskultur.
Zum Teil ja. Und zwar von allen Seiten. Die destruktiven Einmischungen der Theoriefeinde findest du in jeder Theoriediskussion. Und als Reaktion darauf Gegenbashing. Es ist schwer herauszufinden, wer angefangen hat und wer in Eigenverteidigung reagiert. Es ist ein ständiges Hin und Her. Übergeordnet betrachtet beobachten wir die Emanzipation der neuen Theorieanhänger, die sich von der Last der Forge befreien wollen. Mit dieser Last sind aber nicht die Sachbeiträge der Forge gemeint, sondern die permanente Einmischung ewiger Nörgler, die mit Verweis auf Forge meinen, es gäbe nichts mehr zu diskutieren.

Die schlechte Diskussionskultur ist nur ein Symptom. Dir Ursache dahinter ist - ich bleibe dabei - Machtspiele. Die einen wollen neu denken. Die anderen wollen das Neudenken verbieten. Ist doch klar, dass in so einer Konstellation die Fetzen fliegen.
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Achamanian

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #40 am: 21.09.2011 | 10:52 »
bergeordnet betrachtet beobachten wir die Emanzipation der neuen Theorieanhänger, die sich von der Last der Forge befreien wollen. Mit dieser Last sind aber nicht die Sachbeiträge der Forge gemeint, sondern die permanente Einmischung ewiger Nörgler, die mit Verweis auf Forge meinen, es gäbe nichts mehr zu diskutieren.

Ja, das ist wirklich ärgerlich. Ich erlebe das hier allerdings kaum. Deshalb finde ich den Aufruf, selbst zu denken als nur der Forge nachzulaufen, in der Form etwas abgeschmackt. Als ginge es darum, jetzt mal einen Schlusstrich unter den Forge-Kram zu ziehen und etwas neues, eigenes zu starten - anstatt einfach die schon geführten Diskussionen aufzugreifen und weiterzuentwickeln oder explizit bestehende Ansätze zu kritisieren. Das ist doch genau so dumm, wie die Behauptung, es sei schon alles geklärt. Beide Behauptungen ("Es ist eh schon alles geklärt" und "wir müssen etwas ganz neues anfange") zeugen doch von einem statischen Verständnis von Theorie, als bestünde Theorie darin, Begriffe zu definieren, den Gegenstand immer weiter einzugrenzen und irgendwann die gemäß dem jeweiligen Modell letztgültige und objektive Erkenntnis über ihn zu haben.
Dass man bei der theoretischen Entwicklung üblicherweise Begriffe aufnimmt, infrage stellt, umdefiniert, wird dabei völlig vergessen. Stattdessen wird "die Forge-Theorie" von beiden Seiten als erstarrtes Artefakt angesehen.

Offline Beral

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #41 am: 21.09.2011 | 11:18 »
Ja, das ist wirklich ärgerlich. Ich erlebe das hier allerdings kaum.
Ich erlebe das in jeder Diskussion. Viele Theoriediskussionen beschäftigen sich gar nicht mehr mit der Sache an sich, sondern mit der Frage, ob man überhaupt diskutieren soll oder nicht. Es ist sauschwer, diesen Aspekt abzuwehren und bei der eigentlichen Sache zu bleiben. Für mich übrigens einer der Gründe, warum hier immer weniger in der Sache diskutiert wird. Dafür sind die Theoriethemen ins Allgemeine Board gewandert. Dort werden sie offenbar gar nicht als Theorie erkannt und können eher in der Sache diskutiert werden als hier.

Deshalb finde ich den Aufruf, selbst zu denken als nur der Forge nachzulaufen, in der Form etwas abgeschmackt. Als ginge es darum, jetzt mal einen Schlusstrich unter den Forge-Kram zu ziehen und etwas neues, eigenes zu starten - anstatt einfach die schon geführten Diskussionen aufzugreifen und weiterzuentwickeln oder explizit bestehende Ansätze zu kritisieren.
Darum geht es aber der neuen Theorierichtung gar nicht. Niemand verlangt einen Schlussstrich unter der Forge. Es interessieren einfach andere Dinge. Deshalb ist der dauernde Verweis auf die Forge so nervig. Du machst es gerade auch: knüpf doch an die Forge an und entwickel das weiter.  ::)
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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #42 am: 21.09.2011 | 11:32 »
Niemand verlangt einen Schlussstrich unter der Forge. Es interessieren einfach andere Dinge. Deshalb ist der dauernde Verweis auf die Forge so nervig. Du machst es gerade auch: knüpf doch an die Forge an und entwickel das weiter.  ::)

Weil ich im Eingangsposting tatsächlich kein gutes Argument dafür finde, den Forge-Kram zu vergessen, um jetzt mal "richtige Forschung" zu betreiben, dafür aber das schlechte, man solle doch mal "was Eigenes" machen, anstatt "US-Importe" zu schlucken. Versteh ich beim besten Willen nicht. So sauber lässt sich das, was in der Forge und in der Folge an Theorie gemacht worden ist, doch überhaupt nicht von der angestrebten Forschung trennen, dass es sinnvoll wäre, "Tabula Rasa" zu machen. Das ist ja etwa so, als hätte Marx gesagt, man solle den Hegel doch jetzt einfach mal aus dem Spiel lassen.
Ich kann da keinen sinnvollen Ansatz erkennen, nur den Distinktionswunsch, "was Eigenes" zu haben, was unabhängig von der Forge ist. Man muss sich ja nicht positiv auf die Forge beziehen, aber einfach zu behaupten, das würde für die angestrebte ernsthafte Auseinandersetzung nun alles gar keine Rolle mehr spielen und sei bestenfalls eine nette kleine Spielwiese, ist wirklich Unsinn.
Wobei ich nichts gegen Spielwiesen habe ...

Offline Beral

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #43 am: 21.09.2011 | 12:41 »
Weil ich im Eingangsposting tatsächlich kein gutes Argument dafür finde, den Forge-Kram zu vergessen, um jetzt mal "richtige Forschung" zu betreiben, dafür aber das schlechte, man solle doch mal "was Eigenes" machen, anstatt "US-Importe" zu schlucken. Versteh ich beim besten Willen nicht.
Also nochmal: Das ist ein Machtkampf, keine Sachdiskussion. Verstehst du jetzt, warum die "Argumente" beiderseits überzogen und sachlich daneben sind?
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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #44 am: 21.09.2011 | 12:48 »
Ich glaube, dass da einfach Ansprüche durcheinandergeworfen werden. Was die Forge macht, ist sicher Theorie, und darauf kann man sich beziehen. Aber zumindest nach meinem Verständnis ist Wissenschaft etwas anderes. Eine Erkenntnis wie "System matters" ist zumindest nicht das, was ich als Wissenschaft bezeichnen würde. Und wenn ich die "reine Wissenschaft" will, kann oder brauche ich mich tatsächlich nicht auf die Forge beziehen. Wenn ich als Rollenspieler theoretisieren möchte, ist die Forge natürlich immer noch ein Bezugspunkt. Oder sollte/könnte einer sein. Im Eingangspost wird, glaube ich, nicht erkannt, dass Wissenschaft woanders stattfinden muss als die Theorie-Diskussionen der Rollenspieler und Rollenspielexperten.

Die Forge und die ganzen Theorie-Fuzzis sind in meinen Augen eher so etwas wie die Donaueschinger Musiktage in den 50ern: Da werden Theorien und Konzepte entwickelt und gleichzeitig auch umgesetzt (in diesem Fall in Form von manifestartigen Kompositionen), aber das läuft trotz aller Informiertheit der Teilnehmer außerhalb der Musikwissenschaft ab. Wie ich schon weiter oben schrieb: Die einen wollen Theorien, um damit was anzufangen. Die anderen brauchen Theorien lediglich, um den Forschungsgegenstand zu beschreiben und zu erfassen.  

Aber ich mag natürlich wie mit so vielem auch hier falsch liegen  ~;D.
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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #45 am: 21.09.2011 | 12:51 »
Naja. Ergiebiger hätte ich es gefunden, wenn die Rollenspieltheorie sich von der Rollenspielforschung distanziert hätte anstatt umgekehrt. Häufig stößt man doch auch auf die bekannten Vorurteile (Wozu brauche ich Theorie, mach aus dem Spiel doch keine Wissenschaft) - die aber vom Begriff Rollenspieltheorie aus darauf schließen, dass es sich um einen wissenschaftlichen Ansatz handelt. Den braucht der Spieler erstmal ja wirklich nicht! Aber Rollenspieltheorie im Sinne von best practice ist ja durchaus nützlich und wird ja häufig auch von ihren Gegnern betrieben. In dem Sinne sind Minmaxer oder Leute, die ganz gewöhnliche "Meistertipps" austauschen, auch Rollenspieltheorie. In DSA-Kreisen ist das bekannte graue Heft aus MSZ immer noch manchmal ein Referenzpunkt, der sog. "gutes Rollenspiel" erläutert - Rollenspieltheorie! Rollenspieltheorie wird also oftmals genau da akzeptiert, wo sie sich nicht als solche bezeichnet. Insofern hätte ich mir tatsächlich gewünscht, wenn die Rollenspieltheorie im Sinne der Forge, aber auch anderer Ansätze sich von diesem Begriff gelöst hätte. Bevor Rückfragen kommen: Nein, ich kenne auch keinen besseren Begriff. Man muss herumprobieren und sich an Alternativen versuchen. Vielleicht kann man dann einem Rollenspieler, der sich damit noch nicht auseinandergesetzt hat, ein wenig Rollenspieltheorie nahebringen, ohne erst erklären zu müssen, wofür man die benutzen kann (was eigentlich die bessere Frage ist, als wofür man sie braucht).
Was ich sagen möchte: Sowohl von Seiten der Rollenspieltheorie als auch von Seiten der Rollenspielforschung ist eine deutliche Trennung der beiden Ansätze vorteilhaft und gewinnbringend. Die Rollenspieltheorie könnte so zu einem neuen Eigenbewusststein und Selbstverständnis bringen, das sie vielleicht auch weiterbringen kann.
Ob die Rollenspielforschung dem Spieler dereinst etwas nützen kann, bleibt abzuwarten. Große Ergebnisse gibt es ja noch keine. Aber die Plattformen, entsprechende Ergebnisse den Spielern näher zu bringen, bestehen ja. Insofern bin ich gespannt, was die Rollenspielforschung uns in 20 Jahren darüber erzählen kann, was wir eigentlich so treiben :).
« Letzte Änderung: 21.09.2011 | 12:54 von Der Narr »
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Achamanian

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #46 am: 21.09.2011 | 14:38 »
Also nochmal: Das ist ein Machtkampf, keine Sachdiskussion. Verstehst du jetzt, warum die "Argumente" beiderseits überzogen und sachlich daneben sind?

Ich verstehe es aber nicht so, dass nebelland sich bewusst auf diesen Machtkampf einlassen will. Oder doch? Ist die Logik dahinter jetzt nur "Ihr doofen Forge-Fans schrottet uns immer die Diskussionen, deshalb stecken wir uns jetzt die Finger in die Ohren, singen die Titelmelodie der Schlümpfe und stellen uns vor, dass es euch nicht mehr gibt"?
Sorry, dass mich das so aufregt, aber ich kann diese "XY ist tot!"-Verkündungen echt nicht mehr sehen, egal in welchem Bereich. Nur, weil man selber feststellt, dass man aus einem bestimmten Bereich, z.B. dem Forge-Kram, für sich selbst nichts mehr herausholen kann, heißt das nicht, dass alles daraus jetzt tot, Falsch und überholt ist. Muss der König denn immer gleich tot sein? Kann man nicht auf einfach sagen: "Netter König, für den hab ich auch mal gearbeitet, aber seine Außenpolitik fand ich dann doch doof, ich mach hier jetzt mal ein paar Nachbarkönigreich, das Steuerrecht hab ich mir von meinem alten Arbeitgeber abgekupfert, der Rest ist ziemlich neu."

Offline Beral

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #47 am: 21.09.2011 | 14:58 »
Machtkämpfe müssen nicht bewusst sein. Das trifft für Deutschland ganz besonders zu, weil das Machtmotiv unbewusst sehr stark ist, während es bewusst nicht eingestanden wird. Ob wir es nun merken oder nicht, wir tun es.

Kennzeichnend für Machtkämpfe ist unter anderem, dass die Qualität in der Sache geopfert wird, um den Machtkampf zu gewinnen. Es geht nicht mehr un sachliche Richtigkeit, sondern um die Deutungshoheit. Natürlich kann man einfach sagen, dass man jetzt Lust hat, etwas Neues abseits der Forge zu probieren. Tut man auch. Aber es kommt auch dann ein Besserwisser, der das Vorhaben wegreden will. Und schon beginnt der Streit. Dann geht es darum, wer lauter und ausdauernder schreien kann. Dann wird die Forge totgeredet, obwohl man das in einer Sachdiskussion so nie behaupten würde. Auf der anderen Seite würden die Forge-Hasen und Gegner neuer Überlegungen in einer ruhigen Atmosphäre nicht behaupten, dass es blöd ist, sich mit einer gesellschaftlichen unbedeutenden, aber für einen selbst interessanten Sache zu befassen. Soetwas als Rollenspieler zu behaupten, geht bei klarem Verstand sowieso nur mit gespaltener Persönlichkeit.
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Offline nebelland

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Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #48 am: 22.09.2011 | 09:18 »
Ich sortiere mal nach Autoren, der Übersicht halber.

Kriegsklinge

Ja, Rollenspieltheorie ist echt ziemlich 2007. Da hilft jetzt auch kein Ruf nach Verwissenschaftlichung mehr. [...] Aber im echten Leben braucht das keine Sau mehr.

In deiner Welt. Und nebenbei, was ist dann angewandte Wissenschaft? "Falsches Leben"? wtf?

Warum das alles schlecht sein soll, nur, weil es auf einer in den USA beheimateten Website beredet wurde [...].

Das steht da nicht. Lies es nochmal.

asri

Da ich die Literatur nicht kenne, weiß ich nicht, ob Florians Urteil vielleicht berechtigt ist - aus seiner Argumentation heraus kann ich das aber nicht abschätzen, weil bei mir der Eindruck entsteht, dass er an der existierenden Forschung vorbei argumentiert.

Wenn du die Literatur nicht kennst, welche existierende Forschung meinst du dann? [keine Ironie]

Rumspielstilziel

Ohne das wäre es ein interessanter Beitrag, so eher ärgerlich und jedenfalls alles andere als "wissenschaftlich".

Wo erhebe ich für den Text einen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit?

Denkst du nicht, dass ich einen wissenschaftlichen Text eher an angemessener Stelle - und nicht hier - publiziert hätte?

Weil ich im Eingangsposting tatsächlich kein gutes Argument dafür finde, den Forge-Kram zu vergessen, um jetzt mal "richtige Forschung" zu betreiben, dafür aber das schlechte, man solle doch mal "was Eigenes" machen, anstatt "US-Importe" zu schlucken.

Irgendwie ziehst du dich sehr an diesem "was Eigenes statt Forge" hoch, was du in meinem Text zu finden glaubst. Dabei geht es darum überhaupt nicht. Ich will nicht auf Gedeih und Verderb irgendwas "Eigenes" positionieren. Was ich will, was ich brauche, ist eine wissenschaftliche Analyse, Betrachtung, Durchdringung von Pen&Paper-Rollenspiel. Das leisten die Texte aus der Forge nicht: sie greifen nicht zurück auf etablierte Forschung, sie zitieren nicht, sie entwickeln nichts Bestehendes weiter. Ihre Konstruktionen gründen nicht auf sauberer Methodik. Und keiner der originalen Texte ist meines Wissens zitierfähig wissenschaftlich peer-reviewed publiziert.

Wenn das für dich keine guten Argumente sind, das Ganze mal auf eine fundiertere Grundlage zu stellen, dann können wir zwei an dieser Stelle abbrechen.

So sauber lässt sich das, was in der Forge und in der Folge an Theorie gemacht worden ist, doch überhaupt nicht von der angestrebten Forschung trennen, dass es sinnvoll wäre, "Tabula Rasa" zu machen. Das ist ja etwa so, als hätte Marx gesagt, man solle den Hegel doch jetzt einfach mal aus dem Spiel lassen.

Oh doch, lässt es sich, finde ich. Siehe oben. Und der Vergleich Ron Edwards - Hegel... naja.

korknadel

Was die Forge macht, ist sicher Theorie, und darauf kann man sich beziehen. Aber zumindest nach meinem Verständnis ist Wissenschaft etwas anderes. Eine Erkenntnis wie "System matters" ist zumindest nicht das, was ich als Wissenschaft bezeichnen würde. Und wenn ich die "reine Wissenschaft" will, kann oder brauche ich mich tatsächlich nicht auf die Forge beziehen.

Genau. Da bin ich aber froh, dass jemand meine Ansicht teilt.

Im Eingangspost wird, glaube ich, nicht erkannt, dass Wissenschaft woanders stattfinden muss als die Theorie-Diskussionen der Rollenspieler und Rollenspielexperten.

Doch, am Ende: [Schluss] mit dem Rückzug in Webforen und hinter Pseudonyme. Und deshalb findet das Follow-up auch nicht hier statt.

Die Forge und die ganzen Theorie-Fuzzis sind in meinen Augen eher so etwas wie die Donaueschinger Musiktage in den 50ern: Da werden Theorien und Konzepte entwickelt und gleichzeitig auch umgesetzt (in diesem Fall in Form von manifestartigen Kompositionen), aber das läuft trotz aller Informiertheit der Teilnehmer außerhalb der Musikwissenschaft ab.

Ein großartiger Vergleich. Merci.

Erik Erikson

Mir entgeht auch wirklich die relevanz von P&P-Forschung. Wenn es um was wichtiges ginge, das auch Umsatz macht, wie Computer-RPGs, dann ok.

Ich erforsche Computer-RPGs und brauche dafür P&P-Forschung. Und jetzt?

Der Narr

In der Religionswissenschaft haben wir auch das Problem einer Definition von Religion. Bis heute gibt es keine allgemein anerkannte Definition und es gibt unzählige Ansätze und Versuche, sie zu definieren. Aktuell sind wohl am ehesten kombinierte Begriffe verbreitet, die auf Kommunikationstheorie auf der einen und Pragmatische Modelle auf der anderen Seite zurückgreifen. Und alle Jahre wieder versucht es jemand inhaltlich oder funktionalistisch. Aber je nachdem, aus welcher Perspektive man sich Religion nähert, kann sich der Wert einer Definition verschieben. Naja, irgendwie klappt es trotzdem ganz gut.

Auch ein guter Vergleich, und mindestens auf diese Ebene will ich mit der Rollenspielforschung. Spätestens anhand dessen sollten übrigens alle Forge-Apologeten fein still schweigen. [Hint: Methodik und Form des Diskurses in der Religionswissenschaft.]

Meiner bescheidenen Meinung nach können wir Rollenspiel im wesentlichen nur diskurstheoretisch verstehen. Und dann ist eine exakte Definition auf einmal gar nicht so wichtig, weil sich Rollenspiel selbst definiert. Die Büchse der Pandora sollte also am besten gar nicht erst geöffnet werden.

Das ist meines Erachtens die beste Replik des gesamten Threads. Vielen Dank.

Lord Verminaard

Jetzt? Ich denke, du rollenspielforscht nach deinem Selbstverständnis schon mindestens seit 2009?

Ich mache in der Hauptsache keine Rollenspielforschung. Ich erforsche digitale Spiele und hätte dazu gerne Rollenspielforschung zur Hand. Gibt es aber zu wenig.

Zum Zeitpunkt: ich plane seit längerem, die deutsche Rollenspielforschung anzuschieben (wenn auch nicht notwendigerweise durch meine eigenen Veröffentlichungen, es gibt andere Mittel und Wege). Und das beginnt - jetzt.

Hier? Über „Rollenspielforschung“ im Tanelorn zu reden, ist das nach deinem Dafürhalten nicht wie über Politikwissenschaft am Stammtisch in der Fußballkneipe zu reden?

Doch, absolut. Aber was hast du gegen Stammtische in Fußballkneipen? Ist doch lustig hier, und zum Teil sogar hilfreich.

Die Frage, die ich bereits bei früherer Gelegenheit dazu gestellt habe, lautet weiterhin, ob die Bedeutung des P&P-Rollenspiels (wirtschaftlich, gesellschaftlich, künstlerisch) den Aufwand einer wissenschaftlichen Erforschung rechtfertigt. Die Antwort ist nein. Wirtschaftlich, gesellschaftlich, künstlerisch ist dieser Aufwand nicht gerechtfertigt. D.h. es ist reine Liebhaberei, du machst das, weil es dir Spaß macht und weil du meinst, es zu können.

Du lässt ziemlich geschickt "wissenschaftlich" in deiner Liste aus. ;) Und damit ist es keine Liebhaberei. Zum wiederholten Mal: ein zitierfähiger Körper fundierter Rollenspielforschung würde mir aktuell und in den nächsten Jahren bei meiner Arbeit sehr weiterhelfen. Gibt es aber nicht. Bumm!

Und ich meine übrigens nur, "es" innerhalb meiner Grenzen zu können.

Wir „Theoretiker“, jedenfalls hier im Tanelorn, haben nie vorgegeben, etwas anderes zu sein als wir waren. Es ist nicht unser Versäumnis, dass wir nie „Rollenspielforschung“ in deinem Sinne betrieben haben. Uns ging es lediglich um informierten Diskurs, nicht mehr, nicht weniger, und den haben wir geführt. Kein Grund, die virtuelle Nase über uns zu rümpfen.

Ich habe auch nicht gesagt, dass ihr euch als etwas ausgegeben habt, was ihr nicht wart. Und ein Versäumnis in dieser Richtung werfe ich euch auch nicht vor - ich weiß nicht, wo du diese Sachen rausliest.

Wenn ich überhaupt einen Vorwurf erhebe, dann den, das spätestens ab dem "Big Model" überhaupt nicht mehr über den Tellerrand geschaut wurde. Dass nicht mehr thematisiert wurde, was mit diesen Konstrukten alles nicht erklärt werden konnte. Und diesen Schuh müsst "ihr" (wer immer das ist) euch meiner Meinung nach anziehen, ob es euch gefällt oder nicht.

Fredi der Elch

Was du machst, ist sehr abgehobene Fragen aufwerfen, über die man allenfalls auf sehr abstraktem Niveau diskutieren kann.

Naja - "Theorie" halt. Oder?

Ich störe mich an dem "abgehoben", auch wenn es dir natürlich unbenommen ist, das so zu sehen. Aber warum unterteilen in "bodenständig" (also: handfest, brauchbar) und "abgehoben"? Warum ziehst du eine Linie und willst mit mir sehr wohl über, was weiß ich, "bass playing" diskutieren, aber plötzlich nicht über Rollenspiel als strukturierten Kommunikationsprozess? Das verstehe jetzt wiederum ich nicht.

Vielleicht bin ich da zu sehr empirischer Sozialwissenschaftler, aber mir gibt das überhaupt nichts.

Gerade dann solltest du doch in der Auseinandersetzung mit "abgehobenen Fragen" geübt sein. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass euch die Pamphlete der theoretischen Soziologen erspart bleiben.

Wo sind jetzt ähnliche Phänomene, die für eine ausreichende Zahl von Personen eine hohe Relevanz besitzen?

Relevanzargument. Hatten wir schon oben.

Nur so könnte man aus meiner Sicht eine ähnliche produktive Diskussion in Gang bringen wie damals.

Das steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich bin sehr unsicher, ob das gelingen wird; diesmal müssen wir eine ganz andere Zielgruppe aktivieren als damals.

TAFKAKB + Fredi der Elch

Klar kann man sich hinstellen und sagen:

Zitat
Wir haben neulich im Forum darüber diskutiert, dass man zwischen Benzin-, Gas- und Elektroautos unterscheiden kann. Die Wahl des Antriebs hat verschiedene Auswirkungen auf die Umwelt, haben wir uns gedacht. Benzin ist pfui und Gas geht so. Nur Elektro ist cool und man kann außerdem dazu tanzen. Das reicht. Damit halte ich jegliche weitere theoretische Beschäftigung mit dem Thema Autoantrieb für überflüssig, denn es bleiben nur so abgehobene Fragen übrig und wir haben schließlich das empirisch beobachtbare Phänomen geklärt. [...]

Den Post habe ich jetzt gar nicht verstanden.  wtf? Kann mir da jemand helfen?

Großartige Analogie. Und Fredis Replik made my day. :D

Florian
Methodische Spielleitung - www.spielleiterbuch.de

To escape criticism - do nothing, say nothing, be nothing.
Elbert Hubbard

ErikErikson

  • Gast
Re: Ade, Rollenspieltheorie! Ein Streifzug
« Antwort #49 am: 22.09.2011 | 09:21 »
Ade, Rollenspieltheorie, Ade! fahre wohl! Es war eine schöne Zeit.