Ich sortiere mal nach Autoren, der Übersicht halber.
KriegsklingeJa, Rollenspieltheorie ist echt ziemlich 2007. Da hilft jetzt auch kein Ruf nach Verwissenschaftlichung mehr. [...] Aber im echten Leben braucht das keine Sau mehr.
In deiner Welt. Und nebenbei, was ist dann angewandte Wissenschaft? "Falsches Leben"?
Warum das alles schlecht sein soll, nur, weil es auf einer in den USA beheimateten Website beredet wurde [...].
Das steht da nicht. Lies es nochmal.
asriDa ich die Literatur nicht kenne, weiß ich nicht, ob Florians Urteil vielleicht berechtigt ist - aus seiner Argumentation heraus kann ich das aber nicht abschätzen, weil bei mir der Eindruck entsteht, dass er an der existierenden Forschung vorbei argumentiert.
Wenn du die Literatur nicht kennst, welche existierende Forschung meinst du dann? [keine Ironie]
RumspielstilzielOhne das wäre es ein interessanter Beitrag, so eher ärgerlich und jedenfalls alles andere als "wissenschaftlich".
Wo erhebe ich für den Text einen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit?
Denkst du nicht, dass ich einen wissenschaftlichen Text eher an angemessener Stelle - und nicht hier - publiziert hätte?
Weil ich im Eingangsposting tatsächlich kein gutes Argument dafür finde, den Forge-Kram zu vergessen, um jetzt mal "richtige Forschung" zu betreiben, dafür aber das schlechte, man solle doch mal "was Eigenes" machen, anstatt "US-Importe" zu schlucken.
Irgendwie ziehst du dich sehr an diesem "was Eigenes statt Forge" hoch, was du in meinem Text zu finden glaubst. Dabei geht es darum überhaupt nicht. Ich will nicht auf Gedeih und Verderb irgendwas "Eigenes" positionieren. Was ich will, was ich brauche, ist eine wissenschaftliche Analyse, Betrachtung, Durchdringung von Pen&Paper-Rollenspiel. Das leisten die Texte aus der Forge nicht: sie greifen nicht zurück auf etablierte Forschung, sie zitieren nicht, sie entwickeln nichts Bestehendes weiter. Ihre Konstruktionen gründen nicht auf sauberer Methodik. Und keiner der originalen Texte ist meines Wissens zitierfähig wissenschaftlich peer-reviewed publiziert.
Wenn das für dich keine guten Argumente sind, das Ganze mal auf eine fundiertere Grundlage zu stellen, dann können wir zwei an dieser Stelle abbrechen.
So sauber lässt sich das, was in der Forge und in der Folge an Theorie gemacht worden ist, doch überhaupt nicht von der angestrebten Forschung trennen, dass es sinnvoll wäre, "Tabula Rasa" zu machen. Das ist ja etwa so, als hätte Marx gesagt, man solle den Hegel doch jetzt einfach mal aus dem Spiel lassen.
Oh doch, lässt es sich, finde ich. Siehe oben. Und der Vergleich Ron Edwards - Hegel... naja.
korknadelWas die Forge macht, ist sicher Theorie, und darauf kann man sich beziehen. Aber zumindest nach meinem Verständnis ist Wissenschaft etwas anderes. Eine Erkenntnis wie "System matters" ist zumindest nicht das, was ich als Wissenschaft bezeichnen würde. Und wenn ich die "reine Wissenschaft" will, kann oder brauche ich mich tatsächlich nicht auf die Forge beziehen.
Genau. Da bin ich aber froh, dass jemand meine Ansicht teilt.
Im Eingangspost wird, glaube ich, nicht erkannt, dass Wissenschaft woanders stattfinden muss als die Theorie-Diskussionen der Rollenspieler und Rollenspielexperten.
Doch, am Ende:
[Schluss] mit dem Rückzug in Webforen und hinter Pseudonyme. Und deshalb findet das Follow-up auch nicht hier statt.
Die Forge und die ganzen Theorie-Fuzzis sind in meinen Augen eher so etwas wie die Donaueschinger Musiktage in den 50ern: Da werden Theorien und Konzepte entwickelt und gleichzeitig auch umgesetzt (in diesem Fall in Form von manifestartigen Kompositionen), aber das läuft trotz aller Informiertheit der Teilnehmer außerhalb der Musikwissenschaft ab.
Ein großartiger Vergleich. Merci.
Erik EriksonMir entgeht auch wirklich die relevanz von P&P-Forschung. Wenn es um was wichtiges ginge, das auch Umsatz macht, wie Computer-RPGs, dann ok.
Ich erforsche Computer-RPGs und brauche dafür P&P-Forschung. Und jetzt?
Der NarrIn der Religionswissenschaft haben wir auch das Problem einer Definition von Religion. Bis heute gibt es keine allgemein anerkannte Definition und es gibt unzählige Ansätze und Versuche, sie zu definieren. Aktuell sind wohl am ehesten kombinierte Begriffe verbreitet, die auf Kommunikationstheorie auf der einen und Pragmatische Modelle auf der anderen Seite zurückgreifen. Und alle Jahre wieder versucht es jemand inhaltlich oder funktionalistisch. Aber je nachdem, aus welcher Perspektive man sich Religion nähert, kann sich der Wert einer Definition verschieben. Naja, irgendwie klappt es trotzdem ganz gut.
Auch ein guter Vergleich, und mindestens auf diese Ebene will ich mit der Rollenspielforschung. Spätestens anhand dessen sollten übrigens alle Forge-Apologeten fein still schweigen. [Hint: Methodik und Form des Diskurses in der Religionswissenschaft.]
Meiner bescheidenen Meinung nach können wir Rollenspiel im wesentlichen nur diskurstheoretisch verstehen. Und dann ist eine exakte Definition auf einmal gar nicht so wichtig, weil sich Rollenspiel selbst definiert. Die Büchse der Pandora sollte also am besten gar nicht erst geöffnet werden.
Das ist meines Erachtens die beste Replik des gesamten Threads. Vielen Dank.
Lord VerminaardJetzt? Ich denke, du rollenspielforscht nach deinem Selbstverständnis schon mindestens seit 2009?
Ich mache in der Hauptsache keine Rollenspielforschung. Ich erforsche digitale Spiele und
hätte dazu gerne Rollenspielforschung zur Hand. Gibt es aber zu wenig.
Zum Zeitpunkt: ich
plane seit längerem, die deutsche Rollenspielforschung anzuschieben (wenn auch nicht notwendigerweise durch meine eigenen Veröffentlichungen, es gibt andere Mittel und Wege). Und das beginnt - jetzt.
Hier? Über „Rollenspielforschung“ im Tanelorn zu reden, ist das nach deinem Dafürhalten nicht wie über Politikwissenschaft am Stammtisch in der Fußballkneipe zu reden?
Doch, absolut. Aber was hast du gegen Stammtische in Fußballkneipen? Ist doch lustig hier, und zum Teil sogar hilfreich.
Die Frage, die ich bereits bei früherer Gelegenheit dazu gestellt habe, lautet weiterhin, ob die Bedeutung des P&P-Rollenspiels (wirtschaftlich, gesellschaftlich, künstlerisch) den Aufwand einer wissenschaftlichen Erforschung rechtfertigt. Die Antwort ist nein. Wirtschaftlich, gesellschaftlich, künstlerisch ist dieser Aufwand nicht gerechtfertigt. D.h. es ist reine Liebhaberei, du machst das, weil es dir Spaß macht und weil du meinst, es zu können.
Du lässt ziemlich geschickt "wissenschaftlich" in deiner Liste aus.
Und damit ist es keine Liebhaberei. Zum wiederholten Mal: ein zitierfähiger Körper fundierter Rollenspielforschung würde mir aktuell und in den nächsten Jahren bei meiner
Arbeit sehr weiterhelfen. Gibt es aber nicht. Bumm!
Und ich meine übrigens nur, "es" innerhalb meiner Grenzen zu können.
Wir „Theoretiker“, jedenfalls hier im Tanelorn, haben nie vorgegeben, etwas anderes zu sein als wir waren. Es ist nicht unser Versäumnis, dass wir nie „Rollenspielforschung“ in deinem Sinne betrieben haben. Uns ging es lediglich um informierten Diskurs, nicht mehr, nicht weniger, und den haben wir geführt. Kein Grund, die virtuelle Nase über uns zu rümpfen.
Ich habe auch nicht gesagt, dass ihr euch als etwas ausgegeben habt, was ihr nicht wart. Und ein Versäumnis in dieser Richtung werfe ich euch auch nicht vor - ich weiß nicht, wo du diese Sachen rausliest.
Wenn ich überhaupt einen Vorwurf erhebe, dann den, das spätestens ab dem "Big Model" überhaupt nicht mehr über den Tellerrand geschaut wurde. Dass nicht mehr thematisiert wurde, was mit diesen Konstrukten alles
nicht erklärt werden konnte. Und diesen Schuh müsst "ihr" (wer immer das ist) euch meiner Meinung nach anziehen, ob es euch gefällt oder nicht.
Fredi der ElchWas du machst, ist sehr abgehobene Fragen aufwerfen, über die man allenfalls auf sehr abstraktem Niveau diskutieren kann.
Naja - "Theorie" halt. Oder?
Ich störe mich an dem "abgehoben", auch wenn es dir natürlich unbenommen ist, das so zu sehen. Aber warum unterteilen in "bodenständig" (also: handfest, brauchbar) und "abgehoben"? Warum ziehst du eine Linie und willst mit mir sehr wohl über, was weiß ich, "bass playing" diskutieren, aber plötzlich nicht über Rollenspiel als strukturierten Kommunikationsprozess? Das verstehe jetzt wiederum ich nicht.
Vielleicht bin ich da zu sehr empirischer Sozialwissenschaftler, aber mir gibt das überhaupt nichts.
Gerade dann solltest du doch in der Auseinandersetzung mit "abgehobenen Fragen" geübt sein. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass euch die Pamphlete der theoretischen Soziologen erspart bleiben.
Wo sind jetzt ähnliche Phänomene, die für eine ausreichende Zahl von Personen eine hohe Relevanz besitzen?
Relevanzargument. Hatten wir schon oben.
Nur so könnte man aus meiner Sicht eine ähnliche produktive Diskussion in Gang bringen wie damals.
Das steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich bin sehr unsicher, ob das gelingen wird; diesmal müssen wir eine ganz andere Zielgruppe aktivieren als damals.
TAFKAKB + Fredi der ElchKlar kann man sich hinstellen und sagen:
Wir haben neulich im Forum darüber diskutiert, dass man zwischen Benzin-, Gas- und Elektroautos unterscheiden kann. Die Wahl des Antriebs hat verschiedene Auswirkungen auf die Umwelt, haben wir uns gedacht. Benzin ist pfui und Gas geht so. Nur Elektro ist cool und man kann außerdem dazu tanzen. Das reicht. Damit halte ich jegliche weitere theoretische Beschäftigung mit dem Thema Autoantrieb für überflüssig, denn es bleiben nur so abgehobene Fragen übrig und wir haben schließlich das empirisch beobachtbare Phänomen geklärt. [...]
Den Post habe ich jetzt gar nicht verstanden. Kann mir da jemand helfen?
Großartige Analogie. Und Fredis Replik made my day.
Florian