Autor Thema: GNS-Analyse von DSA  (Gelesen 51429 mal)

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Achamanian

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #250 am: 6.11.2011 | 13:12 »
Ich frage deshalb, weil das bei mir oft die CA ist, die hinter Entscheidungen steht. Rein sim-mäßig fallen mir drei Handlungsweisen ein. Ich entscheide mich aber nicht für das, was ich von den dreien aus Char-Sicht für am plausibelsten halte, sondern für das, wo ich denke: Yey, das könnte interessante oder spannende Probleme geben. Dabei interessiert mich nicht die (nar) Frage, wie sich mein Char weiterhin entwickelt, sondern ich denke nur und ausschließlich auf der Metaebene.

Ich hätte das jetzt einfach auch als etwas andere Ausprägung von (nar) verstanden, denn die Frage, was jetzt die Entwicklung in die Interessanteste Richtung weitertreibt, hängt ja normalerweise mit der Entwicklung von Charakteren zusammen (wird dadurch jemand vor eine schwierige Entscheidung gestellt?, z.B.), d.h. zu erweiterst den Blick ja nur auf Konflikte, die nicht nur deinen Charakter, sondern alle auftretenden Figuren betreffen.
Kann man sich glaube ich ganz wunderbar an Fiasco vergegenwärtigen ...

Offline Tim Finnegan

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #251 am: 6.11.2011 | 13:30 »
@Lorom:

Im Endeffeckt hat sich nichts geändert. Ihr spielt weiter wie zuvor, auf die gleiche Art wie zuvor, mit den gleichen Mittel wie zu vor, etc. Das einzige das ihr gemacht habt, ist die Kontinuität des Settings über den Haufen werfen, was aber an der CA nichts ändert. Davor: SIM, Char und Setting Exploration, danach SIM, Char und Setting Exploration.
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Offline Horatio

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #252 am: 6.11.2011 | 13:50 »
@ Korknadel
Da sind wir schon mitten im Big Model drin :). Ich klau mal das Schaubild von Vermi aus seinem Thread. Den nochmal zu lesen ist auch ne gute Idee :).

Da Edwards wesentlich mehr über GNS (also die kreativen Agenden) viel mehr geschrieben und auch diskutiert wurde (und an Forge-Threads hab ich nur immer die „empfohlenen“ gelesen) als über das ganze Big Model an sich, bin ich da nicht ganz so fit :P.

Zitat
[Social Contract [Exploration [Techniques [Ephemera]]]]
-------------------Creative Agenda------------------->

Die Creative Agenda (das große Thema des Threads) ist bereits im Gruppenvertrag begründet (wenn es denn eine gibt); der Gruppenvertrag umfasst aber auch alles was nicht mit dem Spiel direkt zu tun hat, während die Creative Agenda sich durch alle Breiche durchzieht (anscheinend bis auf die Ephemra [was aber Sinn macht], also der aktuelle Moment am Tisch; also die Anwendung einer einzelnen Technik, wenn ich das richtig durchblicke).

Elements of Exploration wurden hier glaube ich auch schon diskutiert Character / Setting / Situation / System / Colour. Dazu findet sich in den Theorie FAQ Threads aber auch ausreichend zu falls da jemand noch mehr nachlesen will. Die sind immer da, die machen Rollenspiel aus.

Stances fallen unter Techniques; sie arbeiten also einer bestehenden Agenda zu, sind aber an keine gekoppelt oder ihre Anwendung zeigt oder bedingt gar eine bestimmte Agenda. Es sind mehr Werkzeuge die man für bestimmte Arten von Arbeiten nutzen kann. Wenn du also den Author Stance nutzt um eine Entscheidung über eine Handlung deines Charakters zu fällen, sagt das erstmal nichts über deine Agenda aus. Es könnte sein, dass du einfach nur dem Genre / dem Setting entsprechen willst (also klare Sim-Agenda) und überlegst wie dein Charakter handeln sollte damit dem Genüge getan wird. Du könntest aber auch, wie in deinem Beispiel dir überlegen, welche Entwicklung fände ich am spannendsten und würde mich am liebsten mit ihr im Spiel auseinandersetzen, was für eine narrative Motivation spricht.
« Letzte Änderung: 6.11.2011 | 15:12 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message,
that would be revealed after the fact, not before.
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Offline korknadel

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #253 am: 6.11.2011 | 14:09 »
@Rumspiel und Horatio:
Vielen Dank!!
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Offline Tim Finnegan

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #254 am: 6.11.2011 | 14:59 »
Gut dass du an Big Model erinnerst, Horatio.
Man darf den Social Contract gar nicht genug überbewerten. Nein, nicht in dem Sinne das man jetzt einen vertrag aufsetzt, etc. sondern einfach darin dass er das A und O des ganzen stellt, die maßgebliche Rahmenbedingung ist.
Ich nehme mal an, in vielen Runden hat man sich da keine großen Gedanken gemacht und Dinge zu schnell abgewiegelt.
"Wir spielen DSA4.1" mag zwar eine Ansage sein, blos ohne Inhallt.
"Wir spielen eine Reihe von Abenteuern in der Westmark. Die Charaktere sollen erprobte Helden sein. Ziel ist es, das Heranwachsen einer kleinen Baronie zu begleiten und mitzugestallten. Als Regeln dient DSA4.1"
Ich denke, es ist klarer was vom jeweiligen Rahmen zu hallten ist, wo man dann ansetzen kann, etc.
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Offline Horatio

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #255 am: 6.11.2011 | 23:35 »
Ich liefere gerade noch was nach; hatte das schon gestern ausformuliert, aber nachdem ich da das Riesenpost rausgehauen hatte, wollte ich da nicht noch direkt was nachschieben :P.

Der "Streit" zwischen den beiden beruht in erster Linie auf einer unterschiedlichen Auffassung / Kenntnis des Genres, nicht auf unterschiedlichen Agenden und Spielabsichten.

Für eine Sim-Runde hast du recht; hier ist das Festlegen auf das „Sourcmaterial“ unglaublich wichtig (Edwards geht da selbst mal tiefer drauf ein, ich glaube aber in einem der Threads* zu „Constructive Denial“, nicht in seinen Aufsätzen); für Gam und Nar Agendas ist das weniger relevant (hier wird selten erwartet dass man sich an eine nicht explizit eingebrachte Konvention hält und gerade für Nar ist das in Frage stellen oder Brechen einer solchen durchaus üblich). Ich wünschte ich könnte hier „A Loveletter to a Storygamer“ von Eero Tuovinen verlinken der hinten im World of Near Setting drin ist; der bringt das mit viel Begeisterung auf den Punkt.

Ein Auszug:
Zitat
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken, as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken, and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message, that would be revealed after the fact, not before.

*Da ich endlich mal den Schwesterthread gelesen habe und Vermi es dort erwähnt hat, „Celebration of Sourcematerial“ ist der Begriff des Forges dafür.

EDIT: Da ich deinem Satz entnehme, dass es sich bei deinem Begriff "Spielabsichten" inhaltlich nicht um so etwas wie eine Agenda handelt, würde es mich freuen wenn du ausführen könntest, was sich dahinter versteckt :). Davon abgesehen, wenn du so einen Wert auf das gemeinsame Verständnis des Quellenmaterials legst, klingt das schon sehr nach einer Sim-Agenda; vielleicht kannst du nachvollziehen, das in diesem Beispiel nur für den SL der Bruch mit dem Quellenmaterial ein ernstes Problem darstellt; die beiden (plaktaiv) gewählten Beispiels-Spieler wollen etwas anders aus dem Spiel ziehen.

Zitat
"Der Gam Spieler der sonst nur in Kämpfen wach wird" hat in diesem Fall Pech gehabt, und gleichzeitig seine nächste Herausforderung: Wie krieg ich die Belohnung trotzdem? Er wird ein bißchen rumzicken, aber das gibts beim Schach auch, ohne daß jemand deswegen Theorien aufstellt, wie man beim Schach Rumgezicke verhindert. Wenn er WIRKLICH Herausforderungen will, dann hat er ja jetzt sogar eine größere.

Wenn jemand rumzickt weil er nicht bekommt was er will ist das für dich kein Frustrationserlebnis eines Spielers und gehört sogar zum Spiel dazu?
 
Dieser Gam-Spieler muss außerdem weiterhin davon ausgehen, dass man ihm in Herausforderungen reinpfuscht und der Rest der Spieler nicht mitzieht. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass alle Spieler immer artig warten bis sie dran sind muss jeder Spieler eine Menge für ihn unspannenden Leerlauf erdulden und zusätzlich spielt man dann nebeneinander / nacheinander; ein Miteinander ist da nicht möglich. Da viele Situationen auch unterschiedlich bewertet werden können und je nach Agenda ein unterschiedliches Verhalten „provozieren“ können, halte ich die Vorstellung, dass jeder Spieler immer weiß wann er dran ist und wann er sich „zurückhalten“ muss für etwas weltfremd. Davon abgesehen ist das einem flüssigen Spiel auch nicht dienlich, schon allein weil es alles hm.. „Synergieeffekten“ unter den Spielern gar nicht erst zulässt.

Zitat
Ich seh das Konfliktpotential nicht. Ich seh das ganze Problem nicht. Bekomme ich mal ein Beispiel für eine Situation, in der Agenden RICHTIG miteinander kollidieren (vorzugsweise ein Erlebtes)?  Oder ist das eines?

Ok dann mal los; jedes davon stammt aus meinen eigenen Erfahrungen und alles on top of my head (manches schon sehr alt, manches gar nicht so lange her :P):
- Ein DSA SL der mir keinen Praiosgeweihte zulassen wollte weil die nur mit sehr speziellen Gruppen harmonieren könnten und meinen Schelm wollte er auch nicht, weil man mit denen keine ernsten Abenteuer spielen wollte (nicht dass es da Streit gab, aber einfach weil ich nicht auf meinen Charakonzepten beharrt habe).
- Der Spieler eines Rondrageweihten der zum SL meinte: „Hier muss ich ehrenhaft kämpfen und werde draufgehen, wass soll der Mist, willst du meinen Chara tot sehen?“
- Der Reverand-Spieler in Deadlands der es nicht zulassen wollte, dass mein zynischer, alkoholabhäniger Scharfschütze, der im Kampf die Dämonenwaffe des Widersachers errungen hatte, diese auch behalten dürfe, obwohl es regeltechnisch für meinen Chara böse Konseqzenzen hatte wenn er sie nicht bei sich führte und ich als Spieler meinte, dass ich den Pakt mit dem „kleineren“ Übel um das größere Übel auszutreiben und das abgleiten in die Verdammnis eigentlich sehr gern für meinen Chara als Thema gehabt hätte.
- Selbiger Reverand-Spieler, der die uns rettende Power (Windstorm) nicht einsetzten wollte, weil er sie für seinen Charakter für „unpassend“ hielt.
- Der Rasmunsen Schütze bei 7th Sea, der auf den Schurken-Duellisten schießen will, der sich innerhalb des „Endkampfes“ schon mit einem SC-Duellisten in der Takelage befand woraufhin der Rest der Gruppe meinte „Kannst du nicht machen, damit machst du eine schöne Mantel und Degen Szene kaputt!“.
- Der Vampire SL, der meinte wir spielen unsere Charaktere nicht richtig aus, weil wir auch in harten und knappen Kämpfen immer noch wie coole Säue agieren.
- Der SR SL, der meinen Face-Fastalker-Chara nicht mal hat würfeln lassen, als der in einen Club rein wollte indem er dem Türsteher klar macht, dass er ne ganz wichtige Nummer ist und dann einen anderen Chara der dem Türsther einen 50er zusteckte ohne Wurf reinließ, weil das eben dem dreckigen Setting so gebühre.
- Der SR Spieler der mich sichtlich unerfreut anschaute, als mein Chara Anstalten machte sich mit dem Johnson anzulegen, der uns trotz unserer herausragenden Leistungen immer noch wie Dreck behandelte und uns wieder mal viel zu wenig Infos gab um den Run ordentlich anzugehen (wurde dann auch wieder einer der klassischen „nichts ist wie es scheint“ Runs); dieser Beitrag von mir wurde dann auch ignoriert; in dem SR wie es in der Runde gespielt wird, geht man den Johnson nicht an, das ist "unprofessionell". Zu meiner oder deren Verteidigung - je nachdem wie man es bewerten will :P - ich war da relativ neu in einer wirklich lang bestehenden Gruppe.

Dazu sei noch mal das legendäre Cthulhu-Taschenlampenfallernlasser Beispiel erwähnt; das ist eigentlich der Klassiker.
« Letzte Änderung: 14.11.2011 | 09:22 von Horatio »
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ErikErikson

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #256 am: 7.11.2011 | 08:44 »
Kann mann denn sagen, das alle Entscheidungen im Sim-Spiel durch Rückgriff auf anfangs definierte Konstanten getroffen werden?

Offline Tim Finnegan

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #257 am: 8.11.2011 | 17:43 »
Kann mann denn sagen, das alle Entscheidungen im Sim-Spiel durch Rückgriff auf anfangs definierte Konstanten getroffen werden?

Müssen sie. Internal Cause is King ist die einzige Regel. Wenn man die getroffenen Konstaten ändern würde, zerwirft man diese einzige Regel sofort.
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Offline Horatio

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #258 am: 9.11.2011 | 17:41 »
Anmerkung: Eigentlich war mein Plan erstmal das Post auszuformulieren, dann zu löschen und neu zu schreiben nachdem ich weiß wo ich genau hin will :P. Einige Dinge sind mir jetzt wo ich mich wieder mit dem Big Model auseinandergesetzt habe aufgegangen und ich habe diese Konzepte noch nie versucht jemand anderem näher zu bringen :P.

Was ich damit sagen will: Das geht sicher auch knapper und stilistisch schöner ;D. Ich hatte aber dei Tage nicht den Nerv dazu, will aber auch die Frage nicht unbeantwortet lassen :P. Also verzeiht mir für den langen, etwas umständlichen Text :P.

---------------------------

Kann mann denn sagen, das alle Entscheidungen im Sim-Spiel durch Rückgriff auf anfangs definierte Konstanten getroffen werden?
Weiß nicht ob man das so sagen kann; hängt vermutlich davon ab, was du unter Konstanten verstehst; davon abgesehen denke ich, dass sich immer noch einiges im Spiel (gerade wenn die Gruppe noch recht neu ist) oder sogar durch das Spiel defniert bzw. entwickelt/festigt.

Letztendlich geht es um „Constructive Denial“ und „Celebration of Source Material“ und beides sind meines Erachtens zwei Seiten derselben Medaille (und bedingen damit einander^^).

So wie ich das verstehe, ist das auch nach neustem Stand der Lehre, das was Sim als creative Agenda ausmacht. Ich bin mir nicht sicher, ob es die Vorstellung, dass Sim jeweils eins oder mehrere Elemente der Exploration verstärkt quasi ersetzt, aber möglicherweise läuft es darauf hinaus (mir persönlich gefällt die Verstärkungsgeschichte allerdings trotzdem noch gut, da man sich daran ein paar Dinge sehr schön klar machen kann^^). Das müsste ich aber mal tiefer durchdenken; was definitives zu der Frage aus dem Forge kenne ich leider nicht. Wie schon erwähnt, das findet sich leider nicht in den Essays von Edwards; das findet sich nur in Forge-Threads.

Constructive Denial

EDIT: Hm.. der Post ist eh nicht so ganz aus einem Guss; insofern glaube ich es ist nicht verkehrt, meine "Kurzfassung" von der ersten Seite des Threads diesem Post vorzustellen :P.
- Das Ausblenden möglicher Handlungen oder Möglicher Schlussfolgerungen die die Story oder die Welt aus den Angeln heben können gehört gerade zu Simulationismus dazu (manche Handlungen / Konsequenzen dürften nicht möglich sein um das Setting / Genre / Spielgefühl nicht zu gefährden); das beste Beispiel findet sich da in dem Schießpulver, das auf Dere nur für Feuerwerk genutzt werden kann (der Forge Begriff dazu ist Contructive Denial; wird in den Essays leider nicht beschrieben). Damit ist auch das Ausblenden von Regeln zur Rettung der "Plausibilität der Story" absolut legitim (und gerade wenn ein Würfelergebnis die Plausibilität des Settings / eines Charakters etc. in Frage stellt, ist das Ausblenden des Ergebnis in den meisten Sim-Bereichen geradezu erwünscht).

Um es etwas plastischer zu machen, mehmen wir mal an wir spielen eine Star Trek Runde „im Stil von TNG“. Damit gibt es bestimmte „Richtilinien“ was da thematisch vorkommen darf und wie ein Charkter darauf reagieren sollte / darf / nicht darf. Sogar ein Spieler der einen rebellischen Draufgänger a la Kirk spielt würde vermutlich ab und an anecken, wenn der Rest der Gruppe die TNG Linie ernst nimmt. Um ein thematisches Beispiel zu nennen, wo es bestimmte Richtlinien gibt wie dies einzubeziehen ist, wäre die "First Directive". Es ist zwar auch möglich sie zu brechen, aber selbst dann muss man thematisieren, warum man ihr nicht folgt.

Oder stellen wir uns vor, ich spiele einen Vulkanier. Damit ist schon eine ganz bestimmte Erwartungshaltung verbunden. Spiele ich den Character unmoralisch, gefühlsbetont und blutrünstig, werden die anderen Spieler im besten Falle „überrascht“ sein. Selbst wenn ich dann eine Rechtfertigung dazu bastle, wird man mich wohl trotzdem fragen, warum ich nicht den einfacheren und „settingtypischern“ Wege gehe und einen Romulaner draus mache oder vielleicht einen Klingonen; und selbst dann würde wahrscheinlich wenigstens ein Spieler anführen, dass so ein Charakter in der Starfleet eher ungewöhnlich wäre.

Oder man bringt neue Elemente ein, die in der Vorlage nicht vorkommen. Ein Shadowrun Plot darüber, dass SK Kontakt mit Aliens aufgenommen hat und die unter uns Weilen? Da wären in meiner Runde mindestens zwei Spieler etwas angefressen.

Man ordnet sich also dem Setting unter und überlegt, was dem Quellenmaterial entsprechen würde; inklusive seiner Inkonsistenten; bspw. für Star Trek, wie kann es noch in „erschlossenen Gebieten“ eine funktionierende Wirtschaft geben, wenn man aus anderen Bereichen alles „für lau“ bekommt und dort Geld abgeschafft ist oder eben bei DSA, wie auf so kleinem Raum zur selben Zeit so viele kulturell unterschiedliche und unterschiedlich entwickelte Kulturen bestehen können. Entweder man ignoriert und akzeptiert es oder man findet Gründe dafür, die diese Umstände erklären.

All das fällt unter „Constructive Denial“. Bestimmte Dinge dürften nicht passieren, werden nicht thematisiert, müssen auf eine bestimmte Weise thematisiert werden oder allerwengistens muss die Ausnahme explizit begründet werden und zwar mit den hm.. „Versatzstücken“ des Quellenmaterials.

Celebration of Source Material
Die andere Seite ist „Celebration of Source Material“; ich glaube die ist leichter zu verstehen. Man bringt Themen ein die aus dem Quellenmaterial stammen, man nimmt Bezug zu ihm – vielleicht nur indem man bestimmte Orte / Personen / Geschenisse erwähnt oder indem man diese aktiv im Spiel vorkommen lässt und die Spieler lassen ihre Charaktere so handeln wie es im Rahmen des Genres oder der Welt erwartet würde (und Abweichungen davon müssen erklärt und nachvollzogen werden). Mit fallen hierzu nur unglaublich offensichtliche Beispiele ein, also spare ich die mir :P.


Als kleine Anmerkung: Ich glaube hier wird auch klar, wie wichtig Gruppen die so spielen Dinge wie der Metaplot oder allein das Lesen von Settingbeschreibungen sind, selbst wenn diese zu großen Teilen aus Fluff bestehen. Für sie ist Spielen quasi eine "Erweiterung" der Welt über die sie lesen.

Ebenso denke ich, dass jeder das Problem sieht, wenn man in eine Gruppe kommt, die schon eine ganz bestimmte „Interpretation“ des Source Materials „geschaffen“ hat (oder der neue Spieler sich mit dem Sourcematerial schlecht auskennt). Ich hab mehr als einmal den Satz gehört „Die spielen System X falsch!“, wenn da etwas gemacht wurde, was nicht der eigenen Vorstellungen entsprach; ich vermute mal, da bin ich nicht der einzige :P.

EDIT: Formulierungen / Gramatik / Rechtschreibung angepasst :P.
« Letzte Änderung: 9.11.2011 | 18:42 von Horatio »
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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #259 am: 9.11.2011 | 18:11 »
Klingt gut.

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #260 am: 9.11.2011 | 18:28 »
Hinzu kommt, dass bei typischen Forge-Spielen ganz im Gegensatz irgendwelches Hintergrundmaterial nicht existiert. Rollenspiel findet demnach ja am Tisch statt und nirgendwo sonst. Was also nicht am Tisch erzeugt ist, existiert nicht.

Diese Konzentration auf das "eigentliche Spiele" ist ein ganz wichtiger Kern der Forge-Philosophie. Und Simulationismus hat nicht umsonst den Ruf als das, was Forgianer nicht tun.

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #261 am: 9.11.2011 | 18:32 »
Das zeigt wohl eher, dass es auch (mindestens) zwei inkompatible Sorten (Setting-)Sim gibt, "Erleber" und "Erforscher". Die ersten wollen das authentische (Genre-)Erlebnis, egel wie sehr sie wegschauen müssen um die Kullissen nicht zu sehen - das Gefühl muss stimmen. Die anderen wollen schaun wie echt das denn nun wirklcih funktioniert, wenn man die Settingannahmen als "real" annimmt - das ist dann Futter für den Kopf.

Bei der Bandbreite an potentieller Arbeit und dem meist eher spezifischen Interesse der Beteiligten wird es wohl im Spiel sowieso ein Fokus auf eine bestimmte Richtung und Tiefe der Simulation hinauslaufen, sei es Kampf, Wirtschaft, soziale Entwicklung oder innere Konflikte. Regeln und initiale Aufstellung werden entsprechend aussehen und der Rest eben mit dem groben Pinsel gezeichnet.

edit: Was forger nicht tun.
Entsprechend würde ich NAR als CharakterSim mit eben dem hochspezifischen Fokus auf Charakterinnenleben unter moralischen Standpunkten sehen. Ohne das persönliche Interesse des Theorieerstellers an dieser Art Spiel hätte das nie einen eigenen Sektor bekommen.
« Letzte Änderung: 9.11.2011 | 18:35 von Maarzan »
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Horatio

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #262 am: 9.11.2011 | 18:38 »
@ 1of3
Das hast du irgendwo Recht, aber wenn ich mir ansehe was da momentan wieder an Diskussionen läuft bezüglich Simulationist Play, würde ich sagen, dass da gerade wieder was geht und auch diese Agenda wieder mehr Beachtung findet :).

http://www.indie-rpgs.com/forge/index.php?topic=32122.0
http://www.indie-rpgs.com/forge/index.php?topic=32336.0
http://www.indie-rpgs.com/forge/index.php?topic=32232.0

(Die Threads hatte mir btw. Vermi auf Nachfrage verlinkt :). Nochmal Danke dafür^^)

Davon abgesehen, es gibt inzwischen auch einige tolle Sim-Indies, wie bspw. Time&Temp (und gerade SotC schlägt auch in die Kerbe :)).
« Letzte Änderung: 9.11.2011 | 18:46 von Horatio »
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Just_Flo

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #263 am: 9.11.2011 | 21:54 »
Hm, aus dem ersten der Threads kommt für mich der Vorschlag einer Sequentierung von Abentuerern.

A) Am anfang wird gemeinsam eine geile/ coole/ stimmungsvolle Ausgangsszene mit Problemfaktor gebaut (hier könnten die SCs durch sich und ihre Umwelt reinreitende/ coole, stimmungsvolle Aktionen Punkte, Rerolls oder Fähigkeiten für die beiden späteren Teile sammeln)
(Nar = wir bauen eine geile Szene)

B) In der Mitte wird ausgehend von der Welt wie sie sich am Ende von A darstellt simulierend und dadurch auch regelbefolgend versucht eine Lösung zu finden bzw. zum Konfliktort zukommen oder den Konflikt erstmal zu bestimmen, sich darauf vorzubereiten und festzulegen.
(Sim = jetzt wo wir den Salat haben, sollten wir ihn uns mal genau anschauen, typisieren und überlegen, was wir zu seiner Zubereitung brauchen und wer uns dabei helfen kann)

c) Nach dem in B) ausgehend von dem was in A) war der Konflikt vorbereitet und ausgereitet wurde, wird er jetzt gelöst (= ausgespielt) und die Spieler können die Punkte die sie in A) erworben haben zusammen mit den Mitteln und Verbündeten, die sie in B) sich erspielt haben nutzen um den Gegner zu bekämpfen.
(Gam = so, jetzt geht es dem Salat an die Gurgel, mal sehen ob sich da Rezept von Omi besser bewährt als das von Mama und ob ich den Salat schneller und besser hin bekomme als der David)

Quasi A) eine Phase für Nar in dem die Spieler für in Nar aufgehen Boni für später bekommen. (Ziemlich Regelarm, es muss/ sollte mindestens das angezielte und mitgeteilte Ergebnis heruas kommen)
 B) eine Phase in der Sim betrieben wird und die Situation, ihre Folgen und alles was dazu gehört beleuchtet wird. (Ab hier können die Regeln wieder greifen)
c) Hier wird das ganze dann ausgespielt/ ausgekämpft mit hohem Tempo.

ErikErikson

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #264 am: 10.11.2011 | 09:23 »
Das zeigt wohl eher, dass es auch (mindestens) zwei inkompatible Sorten (Setting-)Sim gibt, "Erleber" und "Erforscher". Die ersten wollen das authentische (Genre-)Erlebnis, egel wie sehr sie wegschauen müssen um die Kullissen nicht zu sehen - das Gefühl muss stimmen. Die anderen wollen schaun wie echt das denn nun wirklcih funktioniert, wenn man die Settingannahmen als "real" annimmt - das ist dann Futter für den Kopf.

Bei der Bandbreite an potentieller Arbeit und dem meist eher spezifischen Interesse der Beteiligten wird es wohl im Spiel sowieso ein Fokus auf eine bestimmte Richtung und Tiefe der Simulation hinauslaufen, sei es Kampf, Wirtschaft, soziale Entwicklung oder innere Konflikte. Regeln und initiale Aufstellung werden entsprechend aussehen und der Rest eben mit dem groben Pinsel gezeichnet.

edit: Was forger nicht tun.
Entsprechend würde ich NAR als CharakterSim mit eben dem hochspezifischen Fokus auf Charakterinnenleben unter moralischen Standpunkten sehen. Ohne das persönliche Interesse des Theorieerstellers an dieser Art Spiel hätte das nie einen eigenen Sektor bekommen.

Die zwei Typen gibt es.

Offline Oberkampf

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #265 am: 10.11.2011 | 10:05 »
Erstmal Danke an Horatio  :d

Vor allen Dingen für die Beispiele (ich als alter Midgard-sozialisierter RPGler liebe ja Beispiele).

Allerdings bin ich bei einem Punkt noch nicht ganz schlüssig. Mein Hauptproblem ist nicht der Unterschied zwischen NAR* und SIM, oder die Tatsache, dass Story auf jeden Fall entsteht (wobei ich mich gegen den Begriff Story immer noch ein wenig wehre, weil... the 90s)** sondern die Unterschiede zwischen den einzelnen SIMsen. Ich versuche das mal in meinen Worten auszudrücken und würde mich über eine Korektur freuen (weil ich es dann besser verstehe):

Der jeweilige im Vordergrund stehende SIM-Aspekt wird ständig thematisiert, bleibt aber ungebrochen und darf nicht korrumpiert werden.

Bei einer SIM[Char] steht ein bestimmtes Charaktermodell des SC im Vordergrund, das trotz Widrigkeiten der Spielwelt (die am Tisch ausgespielt werden) nicht vom Spieler verändert wird. Klassisch dazu in Literatur und Film: Hard Boiled Detective Fiction (der Protagonist bleibt trotz der korrupten Welt einer von den Guten), True Grit Western.

Bei SIM[Setting] steht eine bestimmte Spielwelt im Vordergrund, deren Genrekonventionen und Annahmen sich die Spieler mit ihren Charakterkonzepten verpflichten. Beispielsweise: In einem Golden Age Superhelden-Pulp-Setting skein Spieler einen in sich gebrochenen Helden mit Selbstzweifeln und Alkoholabhängigkeit. In Star Wars spielt man keinen dreckigen SR-Söldner ohne Gewissen.

SIM[Colour] erscheint mir das zu sein, was man landläufig als Tavernenspiel bezeichnet: Atmosphäre um der Atmosphäre willen, also ohne einen Abenteuerbezug (finde ich persönlich noch lahmer als die beiden ersten Sachen, aber jedem Tierchen sein Plaisirschen).

SIM[Situation] habe ich noch immer nicht verstanden, sorry. Ist das eine SIM, bei der es darum geht, den Abenteuerverlauf "by the book" zu spielen?  

SIM[System] verstehe ich auch nicht, ebenfalls sorry.

Gerade für die letzten Punkte würden mir Beispiele helfen.

*Das bei der NAR ein wichtiger Aspekt das ständig thematisierte Dilemma ist, dessen Lösung eben nicht vorhersehbar ist, weswegen die "Story" sich aus der Interaktion entwickelt, war mir durchaus klar.

** späte Anmerkung zu Coldwyns Post: meine Theorie ist, dass in den 90ern und der Folgezeit die Betonung des Erzählens bei einigen Rollenspielen dafür verantwortlich ist, dass man schnell auf NAR schließt, wo eigentlich kein NAR vorliegt. Aber was das angeht, bin ich ein gebranntes Kind  ;)

« Letzte Änderung: 10.11.2011 | 17:41 von youth nabbed as sniper »
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ErikErikson

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #266 am: 10.11.2011 | 10:22 »
Sim(System) dürfte die Anwendung der regeln sein. Typisches Beispiel DSA: Laut Hintergrund sind Praioten im Kampf arge Luschen, und kaum hat ein Praiot in der langen DSA-Geschichte einen zerschmetternden Bannstrahl gewirkt oder sonstwas. Wenn er einen Dämon vertrieben hat, dann mit Mühe. Das ist die Welt. Wenn man so spielt, spielt man nach Sim(Welt) oder Sim(Setting) und der Praiot muss sich schon anstrengen, um gegen Dämonen zu bestehen.

nach Sim(regeln) oder Sim(System) schmeisst der Praiot ein Fläschchen, und alles dämonische in hundert meter umkreis wird pulversiert.

Offline Oberkampf

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #267 am: 10.11.2011 | 12:53 »
SIM[System] als "die Welt, so wie sie aussähe, wenn die Regeln wirklich angewendet würden"? Im Gegensatz dazu, wie sie in Flufftexten/Genrekonventionen vermittelt wird?

Das heiß, SIMinterne[System/Setting] Probleme entstehen vor allem dann, wenn die Regeln nicht die Settingswünsche (Nach Fluff-Vorlage) abbilden?

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #268 am: 10.11.2011 | 13:07 »
Hmmm.   ::)
Hier wird wieder eine Menge Theorie vom Hundertsten ins Tausendste breitgetreten. So komplex und kompliziert, das es reif wäre für eine Doktorarbeit.
Bei all der Theorie wäre ein Konsens, ein Fazit nicht schlecht, welcher auf eine zu gebrauchende Umsetzung im Spiel, vorzugsweise direkt am Spieltisch hinführt.  :)
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Taschenschieber

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #269 am: 10.11.2011 | 13:12 »
Bei all der Theorie wäre ein Konsens, ein Fazit nicht schlecht, welcher auf eine zu gebrauchende Umsetzung im Spiel, vorzugsweise direkt am Spieltisch hinführt.  :)

Scheitert daran, dass bei "Egal, ob du G, N oder S willst, DSA lässt dich nicht" wieder alle entsetzt aufschreien *duckundweg*

Und komplizierte Sachverhalte (zu denen RPG-Theorie leider oft gehört) sind nun mal kompliziert zu analysieren - leider. Tröste dich, ich verstehe mittlerweile auch nur noch die Hälfte dieser Debatte ;)

ErikErikson

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #270 am: 10.11.2011 | 13:23 »
Das wichtigste IMHO ist, das es verscheidene Sim-Versionen gibt. Diese ergeben sich aus den unveränderlichen Variablen, die zu Anfang definiert werden, und aus denen sich das spätere Spiel ableitet.

Beispiel: Undveränderliche Variablen: Regeln(SystemX) ergeben ein anderes Sim-Spiel als UV: Setting(SystemX).

Offline Horatio

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #271 am: 10.11.2011 | 17:22 »
Das zeigt wohl eher, dass es auch (mindestens) zwei inkompatible Sorten (Setting-)Sim gibt, "Erleber" und "Erforscher". Die ersten wollen das authentische (Genre-)Erlebnis, egel wie sehr sie wegschauen müssen um die Kullissen nicht zu sehen - das Gefühl muss stimmen. Die anderen wollen schaun wie echt das denn nun wirklcih funktioniert, wenn man die Settingannahmen als "real" annimmt - das ist dann Futter für den Kopf.

Es gibt da auf jeden Fall mehr, aber bezeichned ist, dass du quasi den Dramatism und den Simulationism aus dem Threefold Model beschreibts :). Diese beiden Spielweisen wurden also schon sehr früh in der ganzen Theoriediskussion identifiziert. Wichtige Anmerkung: Nach dem Big Model Verständnis von Sim, sind sowohl der Threefold Dramatism wie der Threefold Simulationism unteschiedliche Ausformungen der Sim-Agenda.


Das wichtigste IMHO ist, das es verscheidene Sim-Versionen gibt. Diese ergeben sich aus den unveränderlichen Variablen, die zu Anfang definiert werden, und aus denen sich das spätere Spiel ableitet.

Beispiel: Undveränderliche Variablen: Regeln(SystemX) ergeben ein anderes Sim-Spiel als UV: Setting(SystemX).

Vermutlich wurde hier was falsch verstanden! Jede Agenda ist nur der rote Faden dem die (funktionale Gruppe) folgt; der "Pfad" auf den man immer wieder zurückkehrt und um den das Spiel aufgebaut ist; aber man darf sich gerne mit "Einzelaktionen" davon entfernen und mal Entscheidungen treffen die einer anderen Motivation folgen als die hinter der kreativen Agenda der Gruppe steht. Erst wenn so etwas zum Dauerzustand wird oder in Kernmomenten abläuft gibt es da Probleme (dann folgt eben die Gruppe auch keiner kreativen Agenda mehr).

Außerdem ist unveränderlich und zu Anfang vermutlich eher nicht der Regelfall wenn man von der Auswahl und Festlegung des Quellenmaterials redet; viel wird sich da im Spiel ergeben; vorher mal drüber geredet zu haben, kann diesen Prozess natürlich vereinfachen und beschleunigen :).

Scheitert daran, dass bei "Egal, ob du G, N oder S willst, DSA lässt dich nicht" wieder alle entsetzt aufschreien *duckundweg*

Mal ein paar Schlussfolgerungen meinerseits dazu: DSA begünstigt in seiner jetzigen Form keine bestimmte kreative Agenda, wobei die meisten "Versatzstücke" in Richtung Sim zeigen, sich aber teilweise bereits auf dieser Ebene in die Quere kommen, da Sim nicht gleich Sim ist :P. Das heißt nicht, dass es unspielbar ist, es heißt nur, dass jede Gruppe sich ihr DSA erstmal zurecht driften müssen; also bestimmte Regeln und "Spielanweisungen" auswählen oder ignorieren um ihren Spielstil zu unterstützen. Den Ausdruck "Bananenware - reift beim Kunden" aus dem Schwesterthread finde ich da unglaublich passend^^ (und nochmal, das ist bei weitem keine Problematik die nur DSA kennt!).

Naja, für die Praxis hieße dass; selbst wenn DSA verschiedene Sim-Agenden unterstützen will (sie haben sich ja ausdrücklich für das Threefold Model entschieden, dass kein Nar im Sinne des Big Models kennt) und niemanden einen bestimmten Stil vorgeben will, müsste das Produkt Hilfestellungen geben, heißt in den Spielanweisungen klar differenzieren und entsprechende Stellschrauben in den Regeln vorsehen (die momentanen DSA Regeln sind so verzahnt, dass das kaum möglich ist) die gerade ein solches Festlegen von Gruppe zu Gruppe möglich zu machen. Einfacher (und da schon anspruchsvoll genug auch sinnvoller) wäre es natürlich sich auf "eine Linie" festzulegen (weniger Arbeit und fokussierter) und das Regelsystem möglichst unverzahnt zu gestalten, so dass Leute die was anderes wollen da noch selbst dran basteln können :) (ein System das es so macht ist bspw. das von mir sehr geschätzte FATE).
« Letzte Änderung: 11.11.2011 | 00:47 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message,
that would be revealed after the fact, not before.
- Eero Tuovinen: A Loveletter to a Story Gamer

Taschenschieber

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #272 am: 10.11.2011 | 17:27 »
Ich würde eher sagen, DSA steht jeder CA im Weg, dem Simulationismus aber noch tendentiell am Wenigsten.

Online Maarzan

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #273 am: 10.11.2011 | 18:21 »
Es gibt da auf jeden Fall mehr, aber bezeichned ist, dass du quasi den Dramatism und den Simulationism aus dem Threefold Model beschreibts :). Diese beiden Spielweisen wurden also schon sehr früh in der ganzen Theoriediskussion identifiziert. Wichtige Anmerkung: Nach dem Big Model Verständnis von Sim, sind sowohl der Threefold Dramatism wie der Threefold Simulationism unteschiedliche Ausformungen der Sim-Agenda.

Interessante und nachvollziehbare Sichtweise.

Wieso bin ich nicht früher darauf gekommen ... Wohl weil es dann auch dort wiederum inkompatible Dramatism-Richtungen gibt. Genreerlebnis habe ich unter der Storyflagge nie wahrgenommen, wohl weil immer das Ich-Erlebnis bei den Leuten, die auffielen ganz entscheidend herausstach, sei es "Ich der Held", oder "Ich die tragische Gestalt" und so haufenweise Konflikte in die Runden kamen, lange bevor es um Genredetails ging.

Wenn es aber z.B. bei DSA aber auch anderen entsprechenden Spielen mehr um Genre/Hintergrundbezug ginge, müßte man dann nicht viel häufiger in den entsprechend detailierten Hintergründen spielen denn als aus seinem typischen genrebildenden Umfeld herausgetrennter Abenteurer? Haufenweise Abenteuer könnten doch genauso gut Western oder Sf-Abenteuer sein, wenn ein klein wenig andere Farbe auf die Kulisse geworfen würde.

Wird vielleicht viel weniger Hintergrundsgenre (Aventurien, Startrek ...) , denn eine Erzählformreproduktion angestrebt, eine Erzählform, die in den klassischen Medien eben primär von einer Hauptfigur lebt und so solche Konflikte heraufbeschwört (denn zwei selbsterklärte "Storyteller" die miteinander konnten, habe ich auch noch nicht erlebt)?
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Horatio

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Re: GNS-Analyse von DSA
« Antwort #274 am: 11.11.2011 | 11:33 »

Allerdings bin ich bei einem Punkt noch nicht ganz schlüssig. Mein Hauptproblem ist nicht der Unterschied zwischen NAR* und SIM, oder die Tatsache, dass Story auf jeden Fall entsteht (wobei ich mich gegen den Begriff Story immer noch ein wenig wehre, weil... the 90s)** sondern die Unterschiede zwischen den einzelnen SIMsen. Ich versuche das mal in meinen Worten auszudrücken und würde mich über eine Korektur freuen (weil ich es dann besser verstehe):

Der jeweilige im Vordergrund stehende SIM-Aspekt wird ständig thematisiert, bleibt aber ungebrochen und darf nicht korrumpiert werden.

Nach dem "Verstärkungs-Ansatz", sind es meist zwei Elemente die verstärkt werden und den anderen übergeordnet werden (drei wären laut Edwards denkbar aber schon problematisch da man sich da schon ins Gehege kommt; bzw. wenn man alles oder fast alles verstärkt, verstärkt man de facto gar nix mehr :P). Wollte da nur noch mal anführen^^.

Davon abgesehen, „darf“ trifft es nicht so ganz. Es passieren „unerwünschte Dinge“, wenn man zu viele unterschiedliche Elemente verstärkt oder keine Prioritäten legt; das heißt wenn man ein flüssiges Spiel schätzt, sollte man es nicht tun. Es ist keine übergeordnete Philosophie, es ist etwas in der Praxis beobachtetes. Dazu kommt, dass er nicht ständig sondern nur regelmäßig thematisiert wird und immer wieder zu diesem Punkt zurückkehrt. Wieder der rote Faden.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Glaube ich, dass Constructive Denial und Celebration of Source Material das alles ausdrücken können ohne, dass man zu dieser „Exploration als Selbstzweck“ Geschichte greifen muss. Ich glaube die Funktioniert nur deshalb so gut, weil Dinge wie Charaktere / Setting / Situationen eben auch einfach Namen von Dingen der Fiktion und des Quellenmaterials sind und nicht nur Elemente der Exploration. Als Beispiel: Wenn man einem Spieler sagt: „Du stellst deine Charakterintegrität so wie du sie verstehst über das Setting und seine Konventionen“, funktioniert das auch ganz ohne dass man sich auf die Exploration beziehen muss fällt aber genau in den Bereich von Constructive Denial und Celebration of Source Material [andererseits funktioniert dieser "Verstärkung von Explorationelementen" Ansatz für mich so gut, dass ich da immer mal wieder Zweifel :P; habe ich für mich noch nicht ausreichend durchgedacht^^].

Hier aber nochmal nach dem „alten“ Ansatz :).

Zitat
Bei einer SIM[Char] steht ein bestimmtes Charaktermodell des SC im Vordergrund, das trotz Widrigkeiten der Spielwelt (die am Tisch ausgespielt werden) nicht vom Spieler verändert wird. Klassisch dazu in Literatur und Film: Hard Boiled Detective Fiction (der Protagonist bleibt trotz der korrupten Welt einer von den Guten), True Grit Western.

Auch in Sim gibt es regelmäßig Veränderung; allerdings ist es mehr ein „going trough the motions“ und beinhaltet Dinge die im Setting oder dem Genre angelegt sind; Malen nach Zahlen quasi :P. Auffällig ist dabei, dass diese meiner Erfahrung nach entweder sehr langsam aber stetig in eine Richtung gehen (bspw. die Charakterewicklung in das inklusive besser werden, neue Sachen lernen und dem „Ablegen“ von Vorurteilen und ähnlichem) oder sehr „sprunghaft“; als Beispiel fällt mir da Cthulhu so wie ich es kennen gelernt habe ein. Da man „normale Menschen“ spielt, ziert man sich erstmal eine angemessene Zeit das Übernatürliche anzuerkennen oder sich für den Plot verantwortlich zu fühlen; dann kippt das irgendwann und man schaltet in den Monsterjägermodus. Diese „Entwicklung“ entspricht dem Quellenmaterial und muss dementsprechend stattfinden; ähnlich wie das Wahnsinnig werden, aber das geht wieder langsam und „auf Raten“. Nur mal als Beispiel.

Tatsächlich habe ich es aber in Sim Runden auch regelmäßig erlebt, dass bestimmte Konflikte immer wieder aufgegriffen wurden ohne, dass sie je zu Ergebnissen führten; wie der Elf der immer weltfremd bliebt und Elf und Zwerg die sich trotz Abenteuer die man gemeinsam erlebte immer noch nicht trauten, weil das so üblich ist. Man tut es eben, weil es der Erwartungshaltung des Settings entspricht.

Fazit: Es gibt Charakterentwicklung, aber sie folgt anderen Regeln und zwar denen des Quellenmaterials^^.

Zitat
Bei SIM[Setting] steht eine bestimmte Spielwelt im Vordergrund, deren Genrekonventionen und Annahmen sich die Spieler mit ihren Charakterkonzepten verpflichten. Beispielsweise: In einem Golden Age Superhelden-Pulp-Setting skein Spieler einen in sich gebrochenen Helden mit Selbstzweifeln und Alkoholabhängigkeit. In Star Wars spielt man keinen dreckigen SR-Söldner ohne Gewissen.

Ich glaube das kann man so stehen lassen :). Ich denke man sieht auch die Problematik, wenn ein Spieler sich doch so einen Charakter bastelt und den dann durchzieht^^.

Zitat
SIM[Colour] erscheint mir das zu sein, was man landläufig als Tavernenspiel bezeichnet: Atmosphäre um der Atmosphäre willen, also ohne einen Abenteuerbezug (finde ich persönlich noch lahmer als die beiden ersten Sachen, aber jedem Tierchen sein Plaisirschen).

Colour ist zwar auch immer da, aber ist eben Beiwerk; zumindest für mich. Ich vergesse es auch gerne mal, wie man in diesem Thread auch schon merken durfte :P. Kommt aber öfter vor als man denkt; nicht nur bei SCs die sich ohne wirkliche Ereignisse selbst bespaßen (da kommt noch Character hinzu), sondern auch wenn der SL bspw. nur das Setting beschreibt und erleben lässt (bspw. in einem Cthulhu Settingband stand wirklich mal drin, dass diese Informationen dem SL helfen sollen ein Fernsehprogram beschreiben zu können, wenn die SCs den Fernseher einschalten; es ist Teil des Settings, aber hat keinem anderen Zweck als die Szene auszuschmücken; anderes Beispiel war der SR SL der uns ne halbe Stunde mit IT-Talk und Infos über die Urban Brawl Liga zugeschüttet hat ohne dass wir die Infos hätten brauchen können; hat mich jetzt ein wenig gelangweilt, wenn ich ehrlich bin).

Zitat
SIM[Situation] habe ich noch immer nicht verstanden, sorry. Ist das eine SIM, bei der es darum geht, den Abenteuerverlauf "by the book" zu spielen?  

Der SL hat bestimmte Situationen im Kopf, die kommen müssen und durch die die SCs geführt werde müssen. Die Aufgabe des SLs ist es nun diese Situation geschehen zu lassen;  Da Situation aus Character + Setting entsteht, muss er demenstprechend beide Elemente so kombinieren, dass die Situation entsteht und in der Regel auch in eine Richtung aufgelößt werden muss (Kämpfe bspw. gewonnen, Bösewicht bspw. erfolgreich fliehen, Helden treffen immer um 5 vor 12 ein und Schurken sind immer schon da, egal wie man sich verhält); und am System kann noch ein wenig gedreht werden um das hinzubekommen. Aber auch ein Spieler kann natürlich seinen Charakter so „unterordnen“, dass er eine bestimmte Situation schafft; indem er auf ein bestimmtes Settingelement oder einen Charakter auf eine bestimmte Art und Weise reagiert.

Zitat
SIM[System] verstehe ich auch nicht, ebenfalls sorry.

Das Akzeptieren und Genießen des Systems in Aktion. Ich vermute, dass ist mit der Reiz von Rolemaster und seinen Tabellen, aber auch von Dingen wie den Fear Checks und Backfire Tabellen in Deadlands.

Mein einfach verständliches Beispiel dafür wäre allerdings das Maid RPG, bei dem wenn man „Schaden nimmt“ ein bestimmtes Verhalten zum „Schadensabbau“ nötig ist (eine Minute pro Punkt den man unter 0 ist :P) und durch das Ausgeben der Resource „Favour“ Zufallsereignisse ausgelöst werden können die das Spiel stark mit tragen. Oh, Time & Temp hat auch noch ein System, bei dem es als gewollter Reflex von Proben nach und nach zu Anomalien (solchen die gut und solchen die schlecht für die SCs / das Raumzeitgefüge sind) kommt, die ein wichtiges Spielelement sind und für eigene Komplikationen und thematische Problematiken sorgen.
« Letzte Änderung: 11.11.2011 | 11:54 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message,
that would be revealed after the fact, not before.
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