Autor Thema: Welche Funktionen kann ein Spielercharakter haben?  (Gelesen 5722 mal)

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El God

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Ich weiß, dass ich selbst drüber gelästert habe. Ich würde es ja direkt dort ansprechen, aber ich bin zu faul, mich noch in anderen Foren anzumelden und mir lief folgender Satz über den Weg.

Zitat
Das wirkt so als ob für dich ein Charakter Mittel zum Zweck wäre, um fantastische Geschichten in einer Spielwelt mitzugestalten. Das ist legitim, dennoch haben ich völlig andere Vorstellungen von Rollenspiel

 wtf? wtf? wtf?

Bin ich wirklich zu Tanelorn-versaut? Ich sehe gar keine andere Funktion, die ein Charakter im Rollenspiel haben *könnte*???
Wenn ich wirklich davon ausgehe, dass der Charakter ein Eigenleben hat und eigenständige Entscheidungen trifft, die ich als Spieler nur nachvollziehe, aber nicht direkt beeinflusse - hat das nicht noch viel mehr Potential, DSA-übliche Plots zu sprengen als gesunder Partizipationismus? Wenn ich mir wenigstens klar mache, dass mein Charakter mitzulaufen hat?
« Letzte Änderung: 10.02.2012 | 08:26 von Zwart »

Offline Grimnir

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #1 am: 9.02.2012 | 22:56 »
So wie ich das gerade beim bloßen Überfliegen und Querlesen verstanden habe, streiten sie an der Stelle gerade über Actor und Author Stance. Das von Dir verlinkte Zitat verstehe ich als "Das bewusste Mitgestalten einer Geschichte ist Author Stance. Aber ich versetze mich derart in einen Charakter, dass es nicht darum geht, eine Geschichte zu gestalten, sondern plausibel mit einer fiktiven Situation umzugehen."

Insofern ja, Du bist Tanelorn-versaut. Du würdest nämlich direkt die Fachtermini einwerfen, und jeder wüsste, worum es geht  ;)
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Offline Edvard Elch

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #2 am: 9.02.2012 | 22:57 »
Ich weiß, dass ich selbst drüber gelästert habe. Ich würde es ja direkt dort ansprechen, aber ich bin zu faul, mich noch in anderen Foren anzumelden und mir lief folgender Satz über den Weg.

 wtf? wtf? wtf?

Bin ich wirklich zu Tanelorn-versaut? Ich sehe gar keine andere Funktion, die ein Charakter im Rollenspiel haben *könnte*???
Wenn ich wirklich davon ausgehe, dass der Charakter ein Eigenleben hat und eigenständige Entscheidungen trifft, die ich als Spieler nur nachvollziehe, aber nicht direkt beeinflusse - hat das nicht noch viel mehr Potential, DSA-übliche Plots zu sprengen als gesunder Partizipationismus? Wenn ich mir wenigstens klar mache, dass mein Charakter mitzulaufen hat?

Hier steht die Funktion als Mittel zum Eingriff in die erlebte/gestaltete/gespielte Geschichte anderen Funktionen (zum Beispiel der als Mittel zur Identifikation oder Immersion) gegenüber. Ist vielleicht unglücklich formuliert, aber grundsätzlich nicht vollkommen bekloppt.

Edit: Grimnir war schneller.
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El God

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #3 am: 9.02.2012 | 23:17 »
"Das bewusste Mitgestalten einer Geschichte ist Author Stance. Aber ich versetze mich derart in einen Charakter, dass es nicht darum geht, eine Geschichte zu gestalten, sondern plausibel mit einer fiktiven Situation umzugehen."

Das triffts nicht imho nicht vollständig. Die "Mein Charakter ist halt so"-Fraktion kollidiert doch insbesondere bei DSA mit dem Plot und wird schnell konditioniert, via Author Stance zu entscheiden, welche Aktionen nötig sind, um diesem zu folgen. Die Actor Stance wird dann nur noch für (plotbezüglich) wertlose Entscheidungen verwendet. Alles, was also relevant ist, wird im Author Stance entschieden (wobei dort die Frage meist nur ist: Folge ich der Geschichte oder nicht). Folge dürfte sein, dass der Spieler sich ins Barbiespiel flüchtet, weil er nur noch dort Freiheiten hat. (allerdings mache ich jetzt nicht den Fehler, Barbiespiel als degeneriert o.ä. abzuwerten, es ist ja trotzdem Spaßquelle). Aber vielleicht ändert sich das wirklich mit den jetzt vermehrt auftretenden freieren Abenteuern. Wenn die Charaktere relevante Entscheidungen treffen können (also auch mitgestalten), wird imho auch der Anteil an echter Author Stance steigen, weil die Spieler plötzlich selbst in der Verantwortung sind, Plot zu erzeugen.

Offline Gerd

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #4 am: 9.02.2012 | 23:22 »
Ich weiss nicht, ich glaub ein gewisser Teil der Spielerschaft wird von vornherein von den Möglichkeiten die DSA für Barbiespiel bietet angezogen.

Offline Auribiel

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #5 am: 9.02.2012 | 23:44 »
Ich weiss nicht, ich glaub ein gewisser Teil der Spielerschaft wird von vornherein von den Möglichkeiten die DSA für Barbiespiel bietet angezogen.


Hier, ich!!!

...moment: nein, doch nicht!  :P
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Offline Grimnir

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #6 am: 9.02.2012 | 23:45 »
Das triffts nicht imho nicht vollständig. Die "Mein Charakter ist halt so"-Fraktion kollidiert doch insbesondere bei DSA mit dem Plot und wird schnell konditioniert, via Author Stance zu entscheiden, welche Aktionen nötig sind, um diesem zu folgen. Die Actor Stance wird dann nur noch für (plotbezüglich) wertlose Entscheidungen verwendet.

Ich glaube, da stößt Du eine interessante Frage an. Wechseln die Ishaltso-Actor-Spieler wirklich an plotrelevanten Stellen in Author Stance und akzeptieren das? Oder ist das grundsätzlich ein Quelle zur Disharmonie und Dysfunktionalität in einer Spielgruppe? Allein der Ausdruck "Das würde mein Charakter nie tun" ist ja schon eine Rechtfertigung, die eigentlich nur in einer potentiell dysfunktionalen Situation sinnvoll ist. Oder bereitet der SL die Umstände derart auf, dass die Entscheidung pro Plot auch für die Charaktere plausibel wird, also dass die Ergebnisse von Author und Actor Stance deckungsgleich sind? Entstand die DSA-typische Erwartung, dass der aventureske Charakter sich durch eine romantisch-verklärte Obrigkeitshörigkeit auszuzeichnen hat, allein aus dem Grund? Dass es ingame plausibel erscheint, wenn ein mächtiger NSC die Charaktere in die vorgeschriebene Richtung lenkt? Und ist das dann auch der Grund für häufige Dominanz von Pet-NSC in älteren DSA-Abenteuern?

Vielleicht ist das eines der bisher übersehenen Hauptprobleme von DSA-Abenteuern.

EDIT: Rechtschreibung

« Letzte Änderung: 10.02.2012 | 08:11 von Grimnir »
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El God

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #7 am: 9.02.2012 | 23:59 »
Ein weites Feld. ^-^

Offline Grimnir

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #8 am: 10.02.2012 | 00:18 »
Ich weiss nicht, ich glaub ein gewisser Teil der Spielerschaft wird von vornherein von den Möglichkeiten die DSA für Barbiespiel bietet angezogen.

Ja, denke ich auch. Die Produktpalette (Romane, Regionalspielhilfen) deutet schon stark darauf hin, wie wichtig Barbie oder Mon-Plaisir-Spiel gerade für DSA-Spieler ist. In meinen Augen ist das hier deutlich dominanter als in anderen Systemen.

Ich bin übrigens auch bekennender Barbie-Spieler, insbesondere in Aventurien. Gerade habe ich auf meinem Rechner in einem anderen Fenster das Tagebuch eines Charakters auf: Rihinja, die bornländische Zauberin, muss mit ihrer Hassliebe zu ihrem Vetter Tsawulf zurecht kommen. Eine Geschichte, die mit Eifersucht, Verrat, wütendem Sex und schwarzem Wein eskaliert. Das passiert allein auf der Interaktionsebene der Spieler untereinander ohne SL.  Parallel dazu gibt's natürlich äußere Gewalt und Bedrohung für das Mittelreich, lanciert vom Spielleiter. Voll der aventurische Tolstoi-Roman. Und da passiert echt viel außerhalb des Spieltischs, also Barbie-Spiel, in Form von eigenen Tagebüchern und späten Telefonanrufen à la "Weißt Du, was cool wäre? Wenn Dein Charakter oder mein Charakter...", also schärfstes Author-Stance-Spiel, teilweise sogar Director Stance. Macht mir ab und zu echt Spaß!

(Wobei zu überlegen wäre, ob Barbie-Spiel immer noch Barbie-Spiel ist, wenn mehrere Spieler gemeinsam ihre Zeit mit typischen Barbiespiel-Inhalten verbringen)
« Letzte Änderung: 10.02.2012 | 00:23 von Grimnir »
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ErikErikson

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #9 am: 10.02.2012 | 00:23 »
Würde sagen, ja. Wenn zwei Spieler zusammensitzen und fantasieren, wie sich ihre Charaktere entwickeln, dann ist es schon hart am normalen Spiel. Bzw. wenn der Sl mit einem Spieler eine Einzelsession macht, dann ist das schon hart an der grenze. ja, doch, schwer abgrenzbar. 

Offline Gerd

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #10 am: 10.02.2012 | 00:51 »
Ich hab mich auch mal in einen Charakter verliebt. Ich hab eine Hexe gespielt, das war noch DSA3 und am Anfang hab ich mich echt gesträubt und fand crossgendern doof. Aber die konnte halt fliegen und hatte echt coole Zauber :D
Mit der Zeit wurde das dann mein Lieblingscharakter. Bösartig, hinterhältig und intrigant, das war echt lustig. Ich weiss nicht ob ich die Charakterblätter noch irgendwo hab. In zwanzig Jahren waren doch ein paar Umzüge dazwischen und so Zeug geht leicht verloren. Schade eigentlich.
Mir hat das Leiten aber immer mehr Spass gemacht als das Spielen. Vielleicht ist Weltenbau und Kampagnen basteln ja auch eine Art Barbiespiel, kA.

Hm, ob Barbiespiel bei DSA auch dafür verantwortlich ist, dass gerade da so viel liebevoll designtes Fanmaterial produziert wird? Ich weiss von keinem anderen System wo das solche Ausmaße annimmt. Vielleicht AD&D und Vampire aber da kenn ich mich nicht aus ehrlich gesagt.

Offline Mr. Ohnesorge

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #11 am: 10.02.2012 | 01:14 »
Die ersten drei oder vier Posts beschäftigen sich damit...der Rest ist dann in eine komplett andere Richtung weggedriftet...

Ja, scheinbar ist der im Ausgangspost verlinkte Blogbeitrag nicht wirklich verstanden oder völlig anders als beabsichtigt verstanden worden, so dass der Thread in dieses Scharmützel der zwei Poster mündete, die sich über off-topic-Kram in die Haare kriegen.  :P
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Humpty Dumpty

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #12 am: 10.02.2012 | 07:46 »
Dafür fand ich die hiesige Diskussion spannend. Danke!

Offline Jiba

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #13 am: 10.02.2012 | 09:50 »
Hm, ob Barbiespiel bei DSA auch dafür verantwortlich ist, dass gerade da so viel liebevoll designtes Fanmaterial produziert wird? Ich weiss von keinem anderen System wo das solche Ausmaße annimmt. Vielleicht AD&D und Vampire aber da kenn ich mich nicht aus ehrlich gesagt.

Ist auch die Frage, ob du hier auf die deutsche oder die englische Szene stierst. :)
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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #14 am: 10.02.2012 | 09:53 »
Vielleicht ist Weltenbau und Kampagnen basteln ja auch eine Art Barbiespiel, kA.
Aus meiner Sicht würde ich das "Vielleicht" locker streichen. Meiner Meinung nach ist Weltenbau und Kampagnen bastelt eigentlich Barbiespiel in Reinform. Nur dass die SL nicht einen einzigen Chara zu Barbiespiel hat, sondern die ganze Welt.
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Re: Welche Funktionen kann ein Spielercharakter haben?
« Antwort #15 am: 10.02.2012 | 09:54 »
Das könnte auch damit zu tun haben, dass DSA einfach das verbreitetste System ist.

El God

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #16 am: 10.02.2012 | 10:07 »
Aus meiner Sicht würde ich das "Vielleicht" locker streichen. Meiner Meinung nach ist Weltenbau und Kampagnen bastelt eigentlich Barbiespiel in Reinform. Nur dass die SL nicht einen einzigen Chara zu Barbiespiel hat, sondern die ganze Welt.

Je nachdem, welche Funktion das Ganze hat. Weltenbastler, die sich bemühen, detaillierte Welten mit eigenem Flair zu entwerfen, ohne direkt auf eine Nutzung fürs Rollenspiel abzuzielen, betreiben definitiv eine Abwandlung von Barbiespiel. SLs, die Kampagnenwelten und Abenteuer planen, dagegen sehe ich nicht im Actor Stance (auch wenn sich das natürlich nicht 1:1 aufs Weltenbasteln just for fun übertragen lässt).

Offline Auribiel

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #17 am: 10.02.2012 | 10:09 »
Aus meiner Sicht würde ich das "Vielleicht" locker streichen. Meiner Meinung nach ist Weltenbau und Kampagnen bastelt eigentlich Barbiespiel in Reinform. Nur dass die SL nicht einen einzigen Chara zu Barbiespiel hat, sondern die ganze Welt.

Dann hab ich den feuchten Traum eines jeden D20-Barbiespielers gefunden: Mehrere Spielhilfen zum Thema Weltenbau (beschrieben aus der Sicht eines aufgestiegenen Junggottes, der sich jetzt mit der Erschaffung seiner ersten eigenen Welt herumplagen muss) - auf der Grundlage physikalischer Gesetzgebungen und historischer Ereignisse: Welchen Neigungswinkel muss die Achse meines Planeten haben, um welches Klima zu erklären, wie wirkt sich die Kontinentaldrift auf die Entstehung von Gebirgen aus, wie beeinflusst das Wanderverhalten von (frühen) Völkern die Entwicklung von Kulturen etc.pp.

*schwelg* ...Grundmaterial für den Entwurf einer etwas größeren Sandbox...  >;D *rumbastel*
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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #18 am: 10.02.2012 | 10:17 »
SLs, die Kampagnenwelten und Abenteuer planen, dagegen sehe ich nicht im Actor Stance (auch wenn sich das natürlich nicht 1:1 aufs Weltenbasteln just for fun übertragen lässt).
Selbstverständlich. So wie nicht jeder Spieler ein Barbie-Spieler ist, ist auch nicht jede SL eine Barbie-SL.
Die Barbie-Spiel-SL erkennt man am einfachsten daran, wenn sie mit guten Gewissen sagen können, dass ihre Welt auch ohne die Charas funktioniert. Sie haben eine Welt, in der sich die Charas befinden und die Charas haben nur Einfluss auf einen begrenzten Teil der Welt, während der Rest der Welt sich weiter entwickelt. Selbstverständlich findet man das auch bei anderen SL im Grundzügen auch, falls man eine längere Kampagne spielt, aber bei Barbie-Spiel-SL ist es halt sehr ausgeprägt.
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Offline Xemides

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #19 am: 10.02.2012 | 10:44 »
Die Barbie-Spiel-SL erkennt man am einfachsten daran, wenn sie mit guten Gewissen sagen können, dass ihre Welt auch ohne die Charas funktioniert. Sie haben eine Welt, in der sich die Charas befinden und die Charas haben nur Einfluss auf einen begrenzten Teil der Welt, während der Rest der Welt sich weiter entwickelt.

Gewagte These. Ich dachte immer, die Sandbox-Spieler gehen genau so vor. Oder Jörg D. Kampagnenplanung funtioniert doch im Prinzip auch so.

Nur das die Spieler auf alles Einfluß nehmen können, auf das sie Zugriff haben.
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Offline Jiba

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Re: Welche Funktionen kann ein Spielercharakter haben?
« Antwort #20 am: 10.02.2012 | 10:54 »
Ehrlich... das ist bei Jörg bestimmt nur im übertragenen Sinne gemeint. Eine fiktionale Welt entwickelt sich nie von alleine, sondern nur unter Einfluss einer Erzählinstanz (sei es Spieler oder SL). Und wenn Jörg keine Spieler hat, die mit ihm spielen und Einfluss nehmen, dann pausiert auch die Welt. Für einen Barbie-Weltenbauer pausiert die Welt aber auch ohne Spieler nicht. (Ich glaube man könnte Barbie-Weltenbau als LEGO-Spiel bezeichnen, oder? Also man baut alles immer wieder um, immer wieder was dazu, etc. und der Spaß daran ist der eigentliche Spaß, nicht die Vervollständigung eines zielgerichteten Bauauftrages).
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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #21 am: 10.02.2012 | 11:05 »
Ich dachte immer, die Sandbox-Spieler gehen genau so vor.
Deswegen habe ich so mein Problem damit zu verstehen, wo sich die Sandbox und Metaplot beißen sollen. Ob ich nämlich etwas auswürfle, aus einer Tabelle ablese oder aus einem Buch die Hintergründe erfahre, ist für mich irgendwie - nun ja - kein so großer Unterschied. Ob ich im Regen stehen bleibe oder in einem Fluss untertauche, um mich vor dem Regen zu verstecken, ändert nichts an der Tatsache, dass ich trotzdem nass werde.

Aber es gibt bestimmt auch Unterschiede und auch viele Überschneidungen.

Meiner Meinung nach ist der Sandbox-SL mehr darauf konzentriert, die Barbie und ihre Accessoires für die Spieler vorzubereiten, eher wie ein Dienstleister, der seine Kunden befriedigen möchte und nur das liefert, was die Kunden wollen, damit die Spieler mit seiner Barbie spielen können und das, was die Kunden nicht wollen, wird einfach nicht produziert. Der Barbie-SL hat diese Sorgen nicht, der ist eher wie ein Barbie-Liebhaber, der seine Barbie ausstaffiert und den Spielern erlaubt, in seinem Puppenhaus mit seiner Barbie und mit ihren Barbies zusammen zu spielen. Und wenn die Spieler in dem Feuerwehrhaus spielen wollen, hat er trotzdem sein Krankenhaus daneben stehen und für seine Barbie vorbereitet, auch wenn die anderen Spieler auf Krankenhaus kein Bock haben.
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Offline Naldantis

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #22 am: 10.02.2012 | 14:43 »
Das triffts nicht imho nicht vollständig. Die "Mein Charakter ist halt so"-Fraktion kollidiert doch insbesondere bei DSA mit dem Plot und wird schnell konditioniert, via Author Stance zu entscheiden, welche Aktionen nötig sind, um diesem zu folgen. Die Actor Stance wird dann nur noch für (plotbezüglich) wertlose Entscheidungen verwendet. Alles, was also relevant ist, wird im Author Stance entschieden (wobei dort die Frage meist nur ist: Folge ich der Geschichte oder nicht). Folge dürfte sein, dass der Spieler sich ins Barbiespiel flüchtet, weil er nur noch dort Freiheiten hat. (allerdings mache ich jetzt nicht den Fehler, Barbiespiel als degeneriert o.ä. abzuwerten, es ist ja trotzdem Spaßquelle).

...wobei die Grenze zwischen Actor Stance und Barbie-Spiel fließend ist, da oft die Handlung an und für sich aus Spieler- wie Charaktersicht kaum mehr Bedeutung hat als die Wahl des Outfilts für den Ball.

Aber es gibt eine Andere mögliche entwicklung: die Spieler fordern vom Meister eine Überarbeitung der Abenteuer, so das diese (und insbesondere die Hooks) auch im Actor Stance 'funktionieren';
wenn erstmal das eine oder andere Abenteuer gar nicht erst angenommen, komplett anders abgelaufen ist als geplant, oder der Auftraggeber in die Sklaverei verkauft wurde, lernen viele SLs (nciht nur in DSA) doch auch eine innere Logik und Konsequenz der Spielwelt zu implementieren.


Offline Grimnir

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Re: Fröhliche DSA-Blubberlästerrunde VII
« Antwort #23 am: 10.02.2012 | 19:01 »
...wobei die Grenze zwischen Actor Stance und Barbie-Spiel fließend ist, da oft die Handlung an und für sich aus Spieler- wie Charaktersicht kaum mehr Bedeutung hat als die Wahl des Outfilts für den Ball.

Ich würde ja Barbie-Spiel gar nicht als Ausprägung einer spezifischen Stance begreifen wollen. Barbie-Spiel ist doch eher eine Sammelbezeichnungen für alle Beschäftigungen mit der Fiktion, insbesondere für den eigenen Charakter, außerhalb des Spieltischs. Da fällt das Schreiben von Kurzgeschichten ebenso drunter wie den Lageplan der Stammburg zu zeichen, den Charakter zu portraitieren ebenso wie das Ausmalen seiner Zukunft.

Das kann je nach Art der Beschäftigung jede Stance sein oder soweit weg vom Spieltisch, dass das Stance-Modell gar nicht mehr greift. Selbst wenn ich ein Ingame-Tagebuch schreibe, muss das nicht in Actor Stance geschehen, sozusagen als Simulation, wie mein Charakter mit einer Situation umgehen würde. Nein, ich kann meinen Charakter ganz bewusst Geschehnisse so interpretieren lassen und im Tagebuch so vorbereiten, dass sie in der Zukunft eskalieren und ich so meine gewünschte spannende Story bekomme. Das wäre dann klassische Author Stance.

Wenn ich die Zukunft meines Charakters plane und ihn einen Busenfreund von Oderint du Metuant werden lasse, wenn ich meine Heimatburg samt Charakteren wie Eberhardt dem Pförtner plane, ist das am ehesten sogar mit Director Stance vergleichbar, also dem Eingreifen in die Spielwelt außerhalb der Sphäre des eigenen Charakters.

Gerade im letzten Fall sehe ich auch eine Entsprechung zu dem, was Dolge sagt: "Folge dürfte sein, dass der Spieler sich ins Barbiespiel flüchtet, weil er nur noch dort Freiheiten hat", aber auf einer anderen Ebene. Ich behaupte: Viele Spielleiter, die im Spiel selbst jegliche Form von Player Empowerment ablehnen, haben nichts dagegen, wenn die Spieler sich im Barbie-Spiel genau diese Macht nehmen. Daher ist das durchaus ein freiheitliches Refugium der Spieler.

Zitat
Aber es gibt eine Andere mögliche entwicklung: die Spieler fordern vom Meister eine Überarbeitung der Abenteuer, so das diese (und insbesondere die Hooks) auch im Actor Stance 'funktionieren';

Ja, genau, sehe ich auch so. Es gibt ja gerade für diese dysfunktionale Ishaltso-Momente den häufig gehörten Tipp, dass nicht der SL, sondern die Spieler selbst für eine Motivation ihres Charakters sorgen sollen. Nicht der SL muss eiinen guten Hook schaffen, sondern der Spieler soll sich überlegen, wieso der Charakter bei diesem Abenteuer oder jener Aktion mitmacht.

Spieler in reiner Actor Stance kommen mit so einem Tipp nicht zurecht. Natürlich würden sie eine Motivation für ihren Charakter finden. Aber sich darüber Gedanken zu machen kratzt ja prinzipiell schon an der Actor Stance. Auf diese Art und Weise ihren Charakter zu untersuchen ist schon eine Draufsicht, ein Meta-Spiel, das viele gar nicht wollen.

Daher hat der Spielleiter dafür zu sorgen. Wie macht er das nun? Er kann Hooks für die Charaktere schaffen. Ist eine fortgeschrittene Technik. Oder er nutzt die alte kiesow'sche (oder zumindest Kiesow unterstellte) Methode: Es gibt bei wichtigen Entscheidungen immer eine "gute" Seite, und da die Charaktere ja Helden sind, ist es ingame plausibel, wenn sie sich für genau diese Seite entscheiden. Ansonsten wären sie ja Lollidiebe. Oder, das habe ich an anderer Stelle schon erwähnt, ein weiser und mächtiger NSC leitet die im Idealfall obrigkeitshörigen Charaktere zur richtigen Handlung an. Ein "Mein Charakter würde das nie tun" fällt dadurch weg, das käme ja dann von einem unaventurischen Charakter.

Disclaimer: Ich weiß, Actor Stance existiert eigentlich nicht, wie schon Vermi ausgeführt hat. Ich finde sie als Umschreibung für eine von vielen Spielern zu erstrebende Zielsetzung bei der Charaktersdarstellung ganz hilfreich, sozusagen als Verständnismodell.
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Re: Welche Funktionen kann ein Spielercharakter haben?
« Antwort #24 am: 10.02.2012 | 19:28 »
Ich war übrigens zu meiner Zeit als DSA-Spieler (also als absoluter Anfänger) auch eher Barbiespieler. Wir hatten allerdings ziemlich viele Freiheiten, da wir anfangs keine Kaufabenteuer gespielt haben. Retrospektiv hatte ich da noch kein immersives Ideal, sondern fühlte mich vermutlich einfach von der Fülle der Optionen zum Barbiespiel verführt. Das rein charakterbezogene Barbiespiel ging allerdings recht schnell vorbei, weil wir unsere Hände an Burg und Titel bekamen und uns bei der Verwaltung unserer Grafschaft völlig möterplotfrei austoben durften. Allerdings dürfte die Frage, mit welchen Schnitzarbeiten man nun die Kemenate schmückt, trotzdem in die selbe Richtung stoßen.

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Nebenbei: Gibt es nicht einen schöneren Begriff als "Barbiespiel"? Der mag inhaltlich nicht abwertend gemeint sein, klingt aber durch den Begriff schon ziemlich daneben.