Autor Thema: Konstruktives Spiel - wie macht man das?  (Gelesen 28700 mal)

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Offline Maarzan

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #50 am: 16.09.2012 | 08:33 »
Kampf ist eine Methode, allerdings eine sehr dominante, da sie am Ende der Eskalationskette stehend nur schwierig anderen Mittel Platz läßt.

Ob der Kampf an sich konstruktiv ist, hängt von den Umständen an.

Unkonstruktiv im Sinne von dem Gesamtspielerlebnis nicht förderlich ist, dass der Kampf so losgelöst und übergewichtig im Spiel verankert ist, auch wenn es technisch leider tendentiell nachvollziehbar ist. 

Das Übergewicht entsteht durch die Unterbewertung der negativen Effekte von Kampf einmal durch die sozialen Auswirkungen und andererseits durch das Risiko, aber auch durch die regeltechnischen Vorteile.
Die sozialen Elemente sidn so wie so unterentwicklet, was aber eben auch durch die höheren Ansprüche in diesem Bereich kommt. Mit archaischem Kampf haben die wenigsten von uns eine Ahnung, aber Ideen, wie soziale Effekte aussehen könnten haben die meisten schon, wenn auch meist nicht reflektiert für die Einflüsse eben anderer Sozialisation, wie die der Charaktere (soviel zum "einfach frei ausspielen").

Das Risiko kommt einmal aus der Distanziertheit zu "Fleischwunden" und dem von vielen empfundenen Spaßverlust, wenn man selber am falschen Ende der Lanze steckt.

Spieltechnsich ist Kampf eben einfacher abzubilden als andere Elemente, kann so mehr konstituierte Anhaltspunkte und relevante Entscheidungen bieten und ist zusätzlich Kraft seiner Natur auch noch alle Leute involvierend.
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Offline Teylen

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #51 am: 16.09.2012 | 11:31 »
Von welchem Verlag ist Seeker?
Es ist im Rahmen eines kleinen Independent Verlag (Vajra Enterprises) erschienen.
Es gibt es beim Sphärenmeister und bei DriveThruRPG.
Bei Aktion Abenteuer gibt es eine Rezension des Spiels.
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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #52 am: 16.09.2012 | 12:41 »
Ich verstehe noch nicht so ganz, wo du hängst, Captain Fly. Du willst statt Kämpfen, die du als anspruchslose Problemlösung betrachtest (wo ich durchaus zustimmen würde) lieber komplexe Probleme, die nicht so einfach zu lösen sind. Dass du dabei Gewalt katergorisch ausschließen möchtest, halte ich für fragwürdig, ist aber ein kategorischer Anspruch, der für mich auch verständlich ist (positives Spiel).

Aber wo ist das Problem dabei? Die Medien sind doch voll von spannenden Plots, bei denen Kampf keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt. Beispiele hast du ja selbst gebracht. Im Prinzip alles, wo es darum geht eine schwierige Aufgabe zu meistern, bei der einem eben kein Gegner im Wege steht. Dafür eignet sich alles, was an den Rand der Leistungsfähigkeit des Menschen geht. Einfach ist dies in körperlicher Form umzusetzen: Naturgewalten, extreme Klimaverhältnisse, schwer zu erreichende Orte etc.; für die geistige Leistungsfähigkeit ist das imo schwieriger. Da fallen mir nur komplexe Beziehungsgeflechte ein.

Um dein Beispiel mit dem Druiden aufzugreifen: wenn du verhindern willst, dass das Umnieten des Druiden eine einfache Lösung ist, dann mach das Problem komplex. Der Tod des Druiden verursacht wesentlich mehr Probleme als dadurch gelöst werden, und den Spielern / SC sollte das klar sein. Bei den meisten Spielern sollte damit einfache Gewalt ausscheiden.
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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #53 am: 16.09.2012 | 13:36 »
Ich glaube er vermisst, ein regelwerk, das andere gebiete als den Kampf in einem Detailgrad regelt, wie es die meisten Systeme mit dem Kampf machen.

Also genaue Regeln für Gebäudebau, Herstellung von Gegenständen, Klettern usw. DSA geht in die Richtung, z.B. beim Artefaktbau.

Und dann wünscht er sich wohl Regeln, welche gegenseitige Unterstützung ausserhalb des Kampfes detailiert regeln, wie es etwa bei D&D im Kampf durch Flankieren usw. geschieht.

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #54 am: 16.09.2012 | 13:38 »
Er hat aber mehrfach betont, dass er nach Plots sucht, nicht nach Regeln.
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ErikErikson

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #55 am: 16.09.2012 | 13:42 »
Ach so. Ja denn. Wie wärs denn mit der Krisensitzung?

http://tanelorn.net/index.php/topic,76442.msg1574248.html#msg1574248

Im Grunde wird da kooperatives Spiel belohnt (was man eventuell erst hinterher merkt).
« Letzte Änderung: 16.09.2012 | 13:43 von ErikErikson »

Callisto

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #56 am: 16.09.2012 | 13:55 »
Ich glaube der Punkt wo wir uns missverstehen ist bei der Definition von Konflikt. Ich hab das Gefühl du verwechselt Konflikt mit Eskalation. Bei einem Spiel ohne Konflikte gibt es überhaupt keine Probleme die gelöst werden könnten. Die physische Eskalation ist ein Pfad der Konfliktlösung der im RPG häufig begangen wird, aber lange nicht der einzige. Das du diesen Pfad vermeiden möchtest, da es zugegebenermaßen oft der einfachste ist, kann ich verstehen. Du vermittelst aber den Eindruck du möchtest auch die Konflikte klein und zahm halten und das klingt nicht nach anspruchsvollem Rollenspiel sondern nach Ponyhof (ohne das konfliktreiche Wettreiten!). Ich finde Konflikte sind die Basiszutat für Rollenspiel. Wenn mich der Konflikt nicht interessiert, fang ich mich an zu langweilen. Da hab ich einen höheren Anspruch.

Offline Lord Verminaard

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #57 am: 16.09.2012 | 14:13 »
Ich kenne hier aus eigener Erfahrung zum Einen die „Independence-Film-One-Shot“-Runden, wie Megan sie beschreibt, und zum anderen das „politische Spiel“, wie es wohl in vielen Vampire-Runden betrieben wird. Letzteres nicht unbedingt mit dem expliziten Ziel der Kampffreiheit, aber auch nicht mit einer ausdrücklichen Ausrichtung auf Konflikte. Eher so:

  • Charaktere als – anfangs – kleinere Lichter in einem komplexen Umfeld, das von Beziehungen lebt.
  • Beschränkung auf einen bestimmten Mikrokosmos (die Stadt) mit im Wesentlichen gleich bleibenden Akteuren.
  • Direkte Gewalt ist wegen der „Traditionen“ (Maskerade, Tötungsverbot) meist keine Lösung.
  • „Aufbau“ zum einen in Bezug auf die eigene Existenz: Zufluchten, Einkunftsquellen, sichere Nahrungsquellen, Beziehungen zur Welt der Sterblichen, das alles möglichst ohne mit anderen Vampiren ins Gehege zu kommen.
  • „Aufbau“ zum anderen in Bezug auf die Position innerhalb der Vampir-Gesellschaft: Loyalitäten, Sympathien, Gefallen, Position am „Hof“, Wissen über die Geheimnisse der anderen, Schutz der eigenen Geheimnisse vor den anderen.

Ich persönlich habe das doch meist mit Antagonismus verknüpft, weil ich halt gerne story-orientiert spiele und Konflikte gut für die (Zuspitzung der) Story sind, aber es funktioniert auch ohne.
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Offline Turning Wheel

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #58 am: 16.09.2012 | 16:15 »
Wow, tolle Antworten!

Zum Thema Konflikte will ich  folgendes sagen:
Konflikte dürfen schon gerne vorkommen, aber ich will kein Spiel, das alles durch die Konfliktbrille betrachtet.
Die Hälfte aller realen Herausforderungen (in meinem persönlichen Leben eigentlich deutlich mehr) sind gar nicht konfliktbezogen. Ein Spiel, das alle relevanten Spielinhalte in ein Konfliktlösungssystem presst, empfinde ich als außerordentlich kontraproduktiv für ein realistisches und konstruktives Spiel, weil Konflikte eigentlich immer eine Störung von Konstruktion darstellen.
Es gibt sauspannende Herausforderungen, wo Konflikte absolut nicht beteiligt sind. Bei der Katastrophenhilfe oder bei der Besteigung eines Berges oder beim Aufbau eines Steinzeit-Winterlagers müssen die Teilnehmer unter Zeitdruck intelligent und kooperativ vorgehen. Das sind gleich mehrere Ansprüche, die erfüllt werden müssen.
Wenn die Leute unzufrieden oder gelangweilt sind mit der konstruktiven Behandlung eines Massenunfalls auf der A5, dann können ja aus irgend einem Kofferraum immer noch drei Ninjas herausspringen, aber ich will erst mal untersuchen, ob ein konfliktloses Spiel spannend sein kann und wie das aussehen würde.

Im Prinzip führt mich das auch dazu, die ewige Behauptung zu kommentieren, dass Rollenspiel Spaß machen muss.
Ich weiß nicht, was Spaß überhaupt ist. Der eine hat an jenem Spaß, der andere an anderem.
Tatsächlich wird das Wort Spaß aber fast immer in einem affektierten Kontext benutzt, also die Emotion die entsteht aus der Befriedigung von Trieben und Neigungen. Tatsächlich denke ich aber, dass ein gutes Spielgefühl auch aus Vernunft, Lernwille oder Pflichterfüllung entstehen kann, aber eben meiner Meinung nach nur, wenn man diesen Anspruch auch hat und gezielt verfolgt.

Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, mit einem Polizisten als SL ein Rollenspiel zu spielen, wo es um die Festnahme von Verbrechern geht und das Ziel des Rollenspiels nicht ist, das eigene Ego zu streicheln und möglichst viele davon plump umzumoschen, sondern etwas über polizeiliche Vorgehensweise zu lernen, aus gemachten Fehlern zu lernen und psychologisch, kriminalistisch und strategisch besser zu werden. Und noch besser, wenn dann noch ein Strafrichter am Tisch sitzt, der zur Beurteilung der Rechtslage was sagen kann.
Ich würde mit gezielten Rollenspielszenarien z.B. auch gerne mein Wissen über Erste-Hilfe-Maßnahmen oder Brandbekämpfung erweitern. Das sind alles keine Plots, wo Konflikte was zu suchen haben. Sie würden den äußerst spannenden Inhalt durch ihre Banalität nur behindern.

@ Erik Erikson:
Du triffst genau ins Schwarze. Ein Regelwerk, in dem konstruktive Inhalte mit mehr Designtiefe bedacht wären, ist sicher ein guter Schritt, um so ein Spiel zu befördern.
Ich will bei der Bergbesteigung nicht einfach nur drei mal auf "Klettern" würfeln und dann vom SL hören, dass ich jetzt oben bin. Ich will, dass da eine Karte liegt, und geplant wird, geographische und geologische Begebenheiten, Wetter und Ausrüstung eine Rolle spielt. Ich will mich mit dem Anheuern von Spezialidsten und mit dem Lernen neuer Skills beschäftigen, um am Ende auf dem Gipfel zu stehen oder auch nicht - und mehr darüber zu wissen, warum es geklappt hat oder auch nicht.

@ Callisto: Ich denke nicht, dass ein Ziel, das man sich selbst gesteckt hat, zwangsläufig als Konflikt gesehen werden muss.
Für mich ist das einfach bei vielen Spielinhalten ein falsches Wort, das bei den Spielteilnehmern auch falsche Erwartungen wecken würde.
Konfliktdenken generiert sich ohnehin nur aus der Illusion des eigenen Egos. Man könnte sogar in psychoanalytischer Weise radikal anders definieren, dass Konflikte tatsächlich gar nie existieren. Sie sind nur eine Vorspiegelung deiner eigenen Selbstwahrnehmung. Dass viele Leute Konflikte so spannend finden, ist eine Dynamik, die sich aus deren medialen Konditionierung und aus ihrer illusionären Wahrnehmung des eigenen selbst ergibt.
Die Wahrnehmung eines Konfliktes ist sozusagen immer deine eigene Erfindung.

-----

Also ich frage nochmal: Hat jemand so eine Art von Rollenspiel mal im Sinn gehabt oder sogar schon gespielt?
Welche Fehler wurden gemacht? Welche Anforderungen sollten erfüllt sein?
Gibt es überhaupt Leute hier, die sich so eine Art von Spiel (z.B. ein komplexes Erste Hilfe Szenario nach einem Verkehrsunfall) wirklich richtig spannend vorstellen können?
« Letzte Änderung: 16.09.2012 | 16:46 von Captain Fly »

Offline Teylen

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #59 am: 16.09.2012 | 16:25 »
Wie trennst du Konflikte zu dem was du als kooperative Herangehensweise beschreibst?
Schließlich liegt doch auch bei den von die beschriebenen Beispielen der Katastrophenhilfe, der Bergbesteigung oder dem Dorf jeweils eine Problemstellung und damit ein Konflikt vor.
Im ersten Fall die Situationsveränderung im Gegensatz zu der erwünschten Situation, vorhandene Ressourcen im Gegensatz zu benötigten, vorhandene Informationen im Gegensatz zu den benötigten den Realen.
Im zweiten Fall das entsprechende Ziel versus die körperlichen Anforderungen, der angenehme Weg beziehungsweise der geplante weg versus den vorhandenen Wegen respektive dem was effektiv vorhanden ist, die benötigten Ressourcen versus Traglast, Verteilung und Nützlichkeit.
Sowie dergleichen mehr.

Ansonsten würde ich was Lehrinhalte betrifft nahelegen eine entsprechend ordentliche, umfangreiche und in's Detail gehende Schulungen besuchen.
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Offline Turning Wheel

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #60 am: 16.09.2012 | 16:34 »
Schließlich liegt doch auch bei den von die beschriebenen Beispielen der Katastrophenhilfe, der Bergbesteigung oder dem Dorf jeweils eine Problemstellung und damit ein Konflikt vor.

Das geht an der Wortbedeutung vorbei. Schau in den Fremdwörterduden was Konflikt bedeutet.
Wenn ich mit Leuten auf einen Berg hochsteige ist das Wort Konflikt fehl am Platz.

Callisto

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #61 am: 16.09.2012 | 16:42 »
Sorry, Bergsteigen wäre mir zu langweilig. Dann steig ich lieber im RL einen Berg hoch. Würde mich mehr zufriedenstellen.

ErikErikson

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #62 am: 16.09.2012 | 16:52 »
Hast du dir mal die DSA Regeln zur Pferdezucht angeschaut?  Ich weiss nicht, wie genau die recherchiert sind, aber eventuell könnte man damit einen Runde über Pferdezüchten spielen. Die sollen jedenfalls recht detailiert sein.

Offline K!aus

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #63 am: 16.09.2012 | 16:54 »
@ Erik Erikson:
Du triffst genau ins Schwarze. Ein Regelwerk, in dem konstruktive Inhalte mit mehr Designtiefe bedacht wären, ist sicher ein guter Schritt, um so ein Spiel zu befördern.
Ich will bei der Bergbesteigung nicht einfach nur drei mal auf "Klettern" würfeln und dann vom SL hören, dass ich jetzt oben bin. Ich will, dass da eine Karte liegt, und geplant wird, geographische und geologische Begebenheiten, Wetter und Ausrüstung eine Rolle spielt. Ich will mich mit dem Anheuern von Spezialidsten und mit dem Lernen neuer Skills beschäftigen, um am Ende auf dem Gipfel zu stehen oder auch nicht - und mehr darüber zu wissen, warum es geklappt hat oder auch nicht.

Aber sagst du damit nicht einfach nur: Ich will das Thema, das mir lieb und wichtig ist und eine zentrale Rolle spielt besonders umfangreich simulieren, dass ich (abstrakt formuliert) taktisch vorgehen kann?

Gruß,
-- Klaus.
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Mein biete Thread - schau doch mal rein. :)

Offline YY

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #64 am: 16.09.2012 | 16:56 »
Ich würde mit gezielten Rollenspielszenarien z.B. auch gerne mein Wissen über Erste-Hilfe-Maßnahmen oder Brandbekämpfung erweitern. Das sind alles keine Plots, wo Konflikte was zu suchen haben.

Rollenspiel mit Fortbildungseffekt finde ich ja ziemlich witzig - ich bin jemand, der viel Spaß an Erläuterungen durch anwesendes Fachpersonal hat und schweife da gerne mal ab.

Teilweise führt das schon mal dazu, dass wir im Nachgang einen Ortstermin machen und irgendwelche Versuche oder Vorführungen starten ;D

Also ich frage nochmal: Hat jemand so eine Art von Rollenspiel mal im Sinn gehabt oder sogar schon gespielt?

Allein darauf ausgelegt habe ich noch nichts.
Solche Situationen haben sich aber im "regulären" Rollenspiel durchaus schon ergeben.

Da bin ich dann auch voll bei dir, wenn eine entsprechend detaillierte Verregelung gefordert wird - mMn am Besten simulationistisch.

Mit einem abstrakten Mechanismus kann man da weniger anfangen, auch wenn er explizit auf bestimmte Situationen maßgeschneidert ist (z.B. die Reiseregeln in The One Ring).

Dazu auch:
Gibt es überhaupt Leute hier, die sich so eine Art von Spiel (z.B. ein komplexes Erste Hilfe Szenario nach einem Verkehrsunfall) wirklich richtig spannend vorstellen können?

Im Prinzip nur, wenn ich mich mit der Situation wenigstens ein bisschen auskenne.
Ist das nicht der Fall, muss leider alles abstrakt bleiben und ich mich mit Halbwahrheiten und Schlagworten durchwursteln.
So kann man alles und nichts spielen...

Für eher unbekannte Sachen wäre dann also schon ein gewisser Lernaufwand gegeben - aber das ist in diesem Kontext ja Feature statt Bug  ;)

Wie trennst du Konflikte zu dem was du als kooperative Herangehensweise beschreibst?

Stichwort "gegnerlos". Natürlich kann man das trotzdem regelseitig noch als Konflikt verwursten, aber der Berg "gewinnt" nicht entsprechend seiner Zielsetzung gegen die Bergsteiger - die scheitern "nur" an der Gesamtsituation.

Der Berg hat nicht die Absicht, niemanden raufzulassen. Er ist einfach nur da.

Ansonsten würde ich was Lehrinhalte betrifft nahelegen eine entsprechend ordentliche, umfangreiche und in's Detail gehende Schulungen besuchen.

Da ist eben die Frage, ob man nur interessehalber mehr darüber wissen möchte oder ob man es wirklich will/muss/braucht.

Ansonsten ist das durchaus eine Frage von Zeit und Geld - ich gehe öfter auf eigene Kosten auf Schulungen, die drei- bis vierstellige Beträge fressen, und da gehöre ich in meiner Branche definitiv zum "harten Kern". Da kommen schon die meisten nicht mehr, die es beruflich brauchen könnten oder machen sollten.

Ich hätte jedenfalls immer noch den ersten zu sehen, der bei so was aufläuft und sagt, er macht das aus reinem Spaß an der Freude oder weil er Anregungen fürs Rollenspiel sucht (aber vielleicht hats auch nur nie einer zugeben wollen  ~;D).


Und zuguterletzt gibt es Schulungen, wo man als Hans Müller* nicht hin darf. Dann hat sich das eh erledigt.

*also ohne entsprechende Papiere, Erlaubnisse, Vorkenntnisse

Sorry, Bergsteigen wäre mir zu langweilig. Dann steig ich lieber im RL einen Berg hoch. Würde mich mehr zufriedenstellen.

Ja, aber:
Irgendwo ist die Grenze erreicht, was man tatsächlich IRL angehen und machen kann.
Manches darf man nicht, manches will man eigentlich nicht wirklich selbst erleben, für vieles fehlt einfach Zeit, Geld und Gelegenheit (wie grad oben schon angeklungen) oder mindestens steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis, wenn man das nur einmal aus Interesse machen will, statt da einen Lebensinhalt draus zu machen (siehe Bergsteiger, Extremtrekker usw.).

Insofern ist diese Art Rollenspiel so ein bisschen wie Urlaub mit dem Finger auf der Landkarte - und dann sind wir doch schon wieder ganz nah an einem der Hauptgründe, warum man Rollenspiel betreibt...
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Turning Wheel

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #65 am: 16.09.2012 | 16:58 »
@ Lord Verminaard:
Ah, diese „Independence-Film-One-Shot“-Runden hätte ich auch gerne mal gesehen.
Der Hinweis auf Vampire ist natürlich auch naheliegend. Hatte ich ganz aus den Augen verloren, weil ich von Vampirmedien etwas übersättigt bin.

Hast du dir mal die DSA Regeln zur Pferdezucht angeschaut?

Ha, cool. Pferdezucht war bisher nicht so mein Fokus, aber trotzdem interessant. Das schaue ich mir schon deshalb mal an, weil ich wissen will wie das prinzipiell geregelt ist.
Kannst du mir sagen, in welchem DSA-Buch das steht? Doch sicher nicht in den Grundregeln, oder?
« Letzte Änderung: 16.09.2012 | 17:15 von Captain Fly »

Offline Turning Wheel

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #66 am: 16.09.2012 | 17:04 »
Aber sagst du damit nicht einfach nur: Ich will das Thema, das mir lieb und wichtig ist und eine zentrale Rolle spielt besonders umfangreich simulieren, dass ich (abstrakt formuliert) taktisch vorgehen kann?

Hey, Klaus. Ja, im prinzip gibst du das ganz gut wieder.
Aber die regelseitige Spieltaktik ist ja nicht alles. Plotideen, Spielstil und andere Dinge kommen ja hinzu.
Und dann ist da noch die unscharfe Ahnung, dass zahlreiche Spielinhalte gar nicht simulatorisch lösbar sind: Ethik, Soziales ...
Ich bin mir da aber noch nicht ganz sicher.

Ich bin ja auch nicht direkt auf der Suche nach dem einen heiligen Gral.
Ich möchte vor allem auch ein paar Dinge im Spiel vermeiden. Hauptsächlich die Konfliktbrille, destruktives Spiel und Anspruchslosigkeit.
« Letzte Änderung: 16.09.2012 | 17:06 von Captain Fly »

Offline Turning Wheel

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #67 am: 16.09.2012 | 17:08 »
Teilweise führt das schon mal dazu, dass wir im Nachgang einen Ortstermin machen und irgendwelche Versuche oder Vorführungen starten ;D

Geil! :d
Ja, so stelle ich mir das auch vor. Da wär' ich sofort dabei.

Ich halte die Verknüpfung von Realität und Rollenspiel für eine ziemlich spannende Sache.

@ Teylen:
Ja, das Rollenspiel mit einer vorausgehnden Schulung zu unterfüttern fände ich auch sehr cool.
Aber in der Schulung wird es keine nächtliche Massenkarambolage auf der A5 geben. Auf der Basis realer Erfarungen dann gezielte Rollenspielplots aufzubauen halte ich für konstruktives Spiel außerordentlich zielführend.
Ich hab da auch schon zahlreiche Erfahrungen gemacht, weil ich bei der Entwicklung eines meiner Rollenspiele tatsächlich eine ganze Reihe von Umfragen, Langzeit-Tests und Selbstversuchen gemacht habe, um möglichst viele Konzepte und Regeln auf ihre Substanz zu prüfen.
« Letzte Änderung: 16.09.2012 | 17:17 von Captain Fly »

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #68 am: 16.09.2012 | 17:27 »
Achso, weil's im Chat gerade aus anderem Grund aufkam, probier doch mal was in Richtung Hellcats and Hockeysticks, Witchgirl Adventures und Teenagers from Outer Space. Schule ist ja nun eher selten destruktiv.

Und dann hätte ich da noch ein Setting aus meiner Liste an Obskuritäten, die ich mir schon immer irgendwann mal zulegen wollte: DragonRaid
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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #69 am: 16.09.2012 | 17:37 »
Wenn ich eine dramatische und spannende Bergbesteigung haben will, dann gibt es da zwei Möglichkeiten:

a) es geht um die Menschen, die den Berg besteigen - die Gruppendynamik, die Konflikte innerhalb der Gruppe, Drama und Entscheidungen. Die Umgebung "Berg" dient dann nur dazu, die Gruppe unter Druck zu setzen und Entscheidungen zu fordern. Da reicht aber eigentlich ein SL mit einem Sinn für gutes Pacing und Dynamik.

b) ich modelliere den Berg als NSC, den die Gruppe überwinden muss. Bei Fate geht das ganz gut - ich kann ihm Angriffswerte geben, die dann für Lawinen, Gewitter oder andere Probleme stehen; Verteidigungswerte, die für Überhänge, brüchigen Fels und anderes stehen; und ein paar Aspekten, die ich oder die Spieler auslösen können, wenn es gerade passt.

Eine Karte anzugucken und den Aufstieg minutiös zu planen würde mich schon bei einem echten Berg immens langweilen - im Rollenspiel gleich mal doppelt. Da möchte ich einen Mechanismus, der es mir erlaubt, die Fähigkeiten meines Charakters einzusetzen, um einen Vorteil zu bekommen. Ich möchte das definitiv nicht selber machen müssen.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #70 am: 16.09.2012 | 17:56 »
Ha, cool. Pferdezucht war bisher nicht so mein Fokus, aber trotzdem interessant. Das schaue ich mir schon deshalb mal an, weil ich wissen will wie das prinzipiell geregelt ist.
Kannst du mir sagen, in welchem DSA-Buch das steht? Doch sicher nicht in den Grundregeln, oder?

K.A. das muss dir einer der DSAler sagen. Der kann dir vielleicht auch noch ein paar Sachen sagen, die detailierter geregelt sind.

Offline Turning Wheel

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #71 am: 16.09.2012 | 17:58 »
Und dann hätte ich da noch ein Setting aus meiner Liste an Obskuritäten, die ich mir schon immer irgendwann mal zulegen wollte: DragonRaid

Boah, ja, das IST obskur. *haben will!!!*
Ist das noch im Handel verfügbar?

Offline גליטצער

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #72 am: 16.09.2012 | 18:10 »
Anscheinend ja, da ist ein Bestelllink auf der offiziellen Seite: http://dragonraid.net/
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Offline Turning Wheel

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #73 am: 16.09.2012 | 18:33 »
Wenn ich eine dramatische und spannende Bergbesteigung haben will, dann gibt es da zwei Möglichkeiten:

a) es geht um die Menschen, die den Berg besteigen - die Gruppendynamik, die Konflikte innerhalb der Gruppe, Drama und Entscheidungen. ...
b) ich modelliere den Berg als NSC, den die Gruppe überwinden muss. ...

Die zwei von dir beschriebenen Möglichkeiten gibt es durchaus, aber ich frage mich, ob du im realen Leben deine Ziele auch stets als Manifestation eines Gegners wahrnimmst?
Also, wenn du z.B: einen Baum fällen wolltest, ist dann der Baum dein Gegner, der dir Schwierigkeiten in den Weg stellt, indem er dich über eine Wurzel stolpern lässt? Oder kämpft deine Motorsäge auch gegen dich, wenn sie dir eine Motorfehlfunktion reinwürgt?
Tut mir leid, das käme mir in der Realität (und auch im Spiel) etwas gewollt vor. Meine Ziele, meine Werkzeuge und meine Recourcen gedanklich als Gegner zu manifestieren sehe ich auch ziemlich kritisch, weil es ein ziemlich gebrochenes und negatives Verhältnis zwischen mir und meiner Umwelt kreiren würde - und das auch noch völlig grundlos, also nur deshalb, weil der Gamedesigner irgendwann mal die fehlerhafte Idee hatte, dass jeder Würfelwurf immer ein Konflikt sein muss. Das als alleinige Möglichkeit anzunehmen, könnte falscher nicht sein.

Und ich verweise nochmal auf die illusionäre Wahrnehmung von Konflikten durch das Konstrukt des eigenen Egos. Dies auch noch auf unlebendige Dinge zu transportieren ist schon eine ziemlich "seltsame" Denkweise.

Ich will das nicht. Meine Wahrnehmung von mir selbst im Universum ist nicht geprägt von künstlicher Feindseligkeit. Ich sehe (außer der Lust am Kampf) auch überhaupt keinen Grund, dieser Art von Auffassung zu verfolgen. Ich sehe in der Definition des Konflikts keine Vorteile, die die von mir gewünschte Art von Spiel befördern würde.

Ich möchte nochmal darauf verweise, dass ich keine Konfliktbrille will.
Postings, die versuchen darzustellen, dass Konflikte spannender sind, führen hier zu nichts.
Ich will per Thread-Definition Postings, die Tipps für ein konstruktives, gemeinsames, positives Spiel geben. (Das Wort "gemeinsam" schließt das gesamte Spiel mit ein. Ich will nicht, dass die Spieler bei der Erste-Hilfe die verletzten NSCs oder deren Verletzungen als Gegner betrachten. Das führt zu keinem Mehrwert.)
Indem du einen Berg personifizierst und als Gegener definierst, erschaffst du ein negatives Spiel, auf das ich in dieser Diskussion keinen Wert lege.
« Letzte Änderung: 16.09.2012 | 18:39 von Captain Fly »

Offline Bad Horse

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Re: Konstruktives Spiel - wie macht man das?
« Antwort #74 am: 16.09.2012 | 18:39 »
Ein Konflikt ist doch letzten Endes: Ich möchte etwas, aber es gibt ein Hindernis. Dieses Hindernis muss überwunden werden - also modelliere ich es so, dass es im Spiel nach den Regeln überwunden werden kann. Mit der Realität hat das relativ wenig zu tun; es geht mir im Rollenspiel um Dramatik, nicht um Simulation.

Wie würdest du denn einen Berg konstruktiv überwinden wollen? Wenn du das nicht rein erzählerisch löst?
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?