Autor Thema: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt  (Gelesen 14569 mal)

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Offline Beral

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Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« am: 15.11.2012 | 19:22 »
Jawohl, schon wieder. Die letzte Realismus-Diskussionswelle ist vor kurzem durch das Forum gerollt. Ihre Nachwehen schwappen gerade durch die Community, wo die Leute mit Sarkasmus die Emotionen abzukühlen suchen.

Wir haben es mit einem Dauerbrenner zu tun. Hätte ich Ersparnisse, ich würde sie darauf setzen, dass die Realismusdebatte früher oder später - eher früher als später - erneut losgeht. Wie man das Thema dreht und wendet, ob man sich dem Realismus ausliefert oder sich rigoros und gänzlich von ihm absagt, es lässt uns nicht los. Auch differenzierte Betrachtungen, die niemandes Meinung ausschließen, vermögen nicht für Ruhe zu sorgen.

Wie schafft es ein Thema, in uns gewaltige Energien freizusetzen, obwohl uns dieses Thema bis zum Erbrechen leid ist, wir alles schon mal hatten und wir ahnen, dass ein neuerlicher Versuch auch nichts am status quo ändert? Nun, das Thema berührt etwas, das ein so zentraler Bestandteil unserer menschlicher Natur ist, dass noch so zahlreiche negative Erlebnisse nicht verhindern können, dass wir uns von neuem damit beschäftigen. Es ist wie mit dem anderen Geschlecht. Egal wie viel Ärgernis und Leid die Beschäftigung damit uns einbringt, die Faszination ist einfach durch nichts zu ruinieren. Bei Frauen ist immerhin direkt und intuitiv einleuchtend, warum sie mich als Mann faszinieren. Aber Realismus? Ein Randphänomen eines Nischenhobbys? Wir werden tatsächlich fündig, müssen dafür aber etwas ausholen.

Auf dem Weg der Menschwerdung hat die Evolution unser Gehirn mit einigen mächtigen Werkzeugen ausgestattet. Eines davon ist die Phantasie. Wir Menschen besitzen sie nicht exklusiv. Einige Vogelarten, Wale und Menschenaffen verfügen ebenfalls schon über die Fähigkeit zur Phantasie. Dieses mächtige und komplexe Werkzeug bleibt also nur sehr hochentwickelten Lebewesen vorbehalten. Worum genau handelt es sich dabei? Phantasie ist die Fähigkeit, sich etwas im Geiste vorzustellen, was real (noch) nicht passiert ist. Es ist nichts anderes als eine Simulation. Der Selektionsvorteil liegt klar auf der Hand. Man ist nicht mehr auf das Prozedere von Versuch und Irrtum angewiesen, sondern kann vorher die Situation mental durchspielen und abschätzen, ob das was man vorhat, Aussichten auf Erfolg hat.

Wenn ein Schimpanse im Käfig sitzt und außerhalb des Käfigs liegt eine Banane, und innerhalb ein Stab, so müsste der Schimpanse ohne Phantasie versuchen, die Banane mit dem Arm zu erreichen. Mit Phantasie kann er sich vorstellen, den Stab als Verlängerung des Armes einzusetzen und die Banane damit zu sich zu staken. Weiterhin kann er beim mentalen Ausprobieren schon abschätzen, ob die Länge des Stabes ausreichen kann, überhaupt an die Banane heranzukommen. Dabei könnte er feststellen, dass der Stab viel zu kurz für das Vorhaben ist, dann macht er sich die Mühe eines Versuchs gar nicht erst. Ähnliches passiert, wenn der Schimpanse Kisten übereinander stapelt, um an eine hoch hängende Banane ranzukommen. Er kommt nicht auf die Idee, die Kiste in die Luft zu stellen und auf sie zu klettern. In seiner Phantasie ist ihm offenbar bewusst, dass die Kiste nicht in der Luft hängen bleibt, wenn er sie loslässt. So einen dummen Versuch unternimmt er also gar nicht erst, sondern beginnt sofort mit dem Stapeln der Kisten.

Damit man in der Phantasie Probehandlungen simulieren kann, benötigt man ein physikalisch korrektes Abbild der Welt in seinem Kopf. Das Tier muss seine eigenen Bewegungen und deren Folgen mental simulieren, dazu müssen äußere Bedingungen simuliert werden, wie etwa die Schwerkraft oder die Materialbeschaffenheit von Objekten. Schon das phantasiefähige Tier braucht also einen Weltsimulator im Kopf! Er muss nicht weiss Gott wie weitreichend sein, aber realistisch muss er sein! Nur ein realistischer Simulator hätte sich überhaupt durchsetzen können. Würde er dämliche und realitätsferne Berechnungen von der Welt anstellen, dann würde das seinem Benutzer mehr Nachteile als Vorteile einbringen. Der evolutionäre Selektionsdruck hat darauf hingewirkt, die Phantasie so objektiv zu gestalten, dass die antizipierten Folgen des eigenen Handeln oft genug genau genug berechnet werden. Da bleibt genug Spielraum für Unschärfen und ein Deckeneffekt ist auch vorstellbar, aber die Sollrichtung ist klar vorgezeichnet: je realistischer die Simulation, desto größer dein Vorteil mit ihrer Anwendung.

Damit haben wir die Antwort auf die Frage, warum uns Realismus nicht loslässt. Es ist nicht irgendeine beliebige Randbedingung unserer evolutionären Entwicklung. Es ist der Selektionsfaktor unserer Phantasie! Die Evolution hat uns einige Millionen Jahre dazu erzogen, die Phantasie möglichst realistisch und objektiv arbeiten zu lassen. Diese sollte schließlich zukünftiges Handeln und die Umweltbedingungen zuverlässig genug simulieren, um eine valide Prognose für die Folgen des Handelns zu ermöglichen. Valide genug, um die eigene Existenz nicht zu gefährden und zusätzlich Übelebensvorteile gegenüber anderen zu haben.

Der Gravitationskern der Phantasie ist also ausgerechnet Realismus. Es ist so tief und unweigerlich in unserer Natur verankert, dass alle unsere Vorstellungsinhalte wie durch Schwerkraft zum Realismus hingezogen werden. Das ist natürlich nicht die ganze Wahrheit, aber doch ihr dickstes Stück. Der andere Teil der Wahrheit ist, dass wir neugierig sind und Lust auf Ungewohntes und Unbekanntes haben. Dieses Bedürfnis bemächtigt sich zu seiner Befriedigung natürlich auch der Phantasie. So bringen wir dort gezielt Dinge unter, die nicht realistisch sind.

Der Gebrauch der Phantasie ist konfliktgeladen. Der größte Konflikt liegt in der ursprünglichen Funktion selbst begründet. Evolutionär zweckdienliche Phantasie strebt nach Realismus, aber das Ziel ist in seiner Perfektion unerreichbar. Der Evolution genügt es, wenn wir dem Ziel nur nahe genug kommen. Zum Selektionsvorteil reicht es aus. Für unser psychisches Empfinden ist es aber belastend, dass unser Realismusgefühl sich nicht immer mit der Realität deckt und dass ferner die Realismusgefühle einzelner Menschen nicht ganz deckungsgleich sind. Wir geraten daher permanent in Streit darüber, was wahr ist und was nicht. Das ist nicht etwa ein Sonderphänomen des Rollenspiels, sondern durchzieht alle Lebensbereiche. Die Wissenschaft tut kaum etwas anderes, als sich mit diesem Problem zu befassen. Aber selbst die simple Beurteilung, ob im Fußballspiel der Spieler von den Beinen geholt wurde oder ob er sich selbst fallen ließ, ist oft genug selbst mit Zeitlupe unmöglich. Der eine empfindet es als realistisch, dass die knappe Berührung im vollen Lauf zum Stürzen reicht, der andere empfindet das ganz anders.

Es ist keineswegs so, dass unser Realismusgefühl allzu unscharf ist oder interindividuell allzu sehr voneinander abweicht. Wir verteilen bloß unsere Aufmerksamkeit ungerecht. All das, worüber wir uns einig sind, beachten wir nicht weiter. Wir halten es so sehr für eine Selbstverständlichkeit, dass uns nicht auffällt, wie groß dieser Batzen ist. Unsere Aufmerksamkeit schenken wir dagegen denjenigen Dingen, über die wir uns nicht einig sind. In Relation mögen es gar nicht so viele sein, aber sie kommen uns so dominant vor, weil wir den Scheinwerferkegel des bewussten Denkens primär darauf richten.

Ein weiteres Detail verdient der Erwähnung. Während sich die Phantasie der Tiere ausschließlich mit der Befriedigung aktuell drängender Bedürfnisse beschäftigt, befasst sich allein der Mensch auch mit zukünftigen Bedürfnislagen und den Möglichkeiten derer Befriedigung. Die damit einhergehende Komplexität zwingt uns dazu, ein Weltgerüst solcher Ausmaßen in unserer Phantasie unterzubringen, wie es keinem Tier auch nur im entferntesten abgenötigt wird. Während das Weltgerüst des Affen sich noch voll auf seiner individuellen Lebenserfahrung aufbauen kann, kommt der Mensch nicht drum herum, sein gigantisches und komplexes Weltgerüst in gemeinsamer Arbeit zu entwerfen und zu verfeinern. Einer Theorie zufolge soll eben diese Erfordernis den Selektionsdruck auf die Sprachentwicklung ausgeübt haben, aber das nur am Rande. Fakt ist, dass wir unser Weltgerüst mittels Sprache vermittelt bekommen, im Erwachsenenalter weiter daran basteln und es mittels Sprache an unsere Mitmenschen und Kinder weitergeben. Mit Hilfe der Überlieferung ist im Laufe von Jahrtausenden ein immer komplexeres Weltverständnis entstanden. Es ist dabei übrigens immer realistischer und objektiver geworden, was, wie wir schon gesehen haben, dem evolutionär intendierten Zweck entspricht.

Das ist das Dilemma des Realismus in allen Lebensbereichen. Es ist uns in die Wiege gelegt, den Realismus möglichst weit zu perfektionieren. Gleichzeitig wird es niemals genug davon geben können. Und egal wie groß die Schnittmenge der Einigkeit ist, wir lenken die Aufmerksamkeit bevorzugt auf den Bereich, wo Uneinigkeit herrscht, und mag dieser Bereich noch so klein sein.

Der Realismuszwang ist in uns. Wir sind verdammt, permanent neu auszuhandeln, was realistisch ist. Der Bau des Weltgerüsts wird niemals enden und er wird uns notgedrungen die Leiden von Realismusdebatten becheren.

Schön und gut, mag man jetzt einwenden. Aber wer sagt denn, dass wir auch im Rollenspiel auf Realismus setzen müssen? Unsere Phantasie sagt das. Wir haben nur die eine und sie wurde von der Evolution zum Realismus erzogen. Über Jahrmillionen. Wir spielen damit, aber sie wurde nicht für zweckfreies Spiel entwickelt, sondern um den Ernst des Lebens zu bestehen. Jedenfalls ist unser innerer Simulator auf Realismus und Objektivität programmiert. Die Abweichungen von der Realität sollen möglichst gering gehalten werden.

Bei genauer Betrachtung ist das im Rollenspiel auch der Fall. Die Vielfalt der Settings und Regelwerke kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Abweichungen vom Realismus sehr gering und häufig nur kosmetischer Natur sind. Wir erschaffen eine neue Rasse, indem wir ihre Ohren etwas länger und spitzer machen. Eine andere Rasse kennzeichnen wir dadurch, dass sie etwas kleiner und gedrungener ist, bei denen außerdem nicht nur Männer, sondern auch Frauen Bärte tragen. Im Grunde kombinieren wir nur bekannte Bausteine, wie beim Legospiel. Katze/Echse/Affe + Mensch = neues Fabelwesen. Blitz/Feuer/Gestalt + selber machen = Magie. Das Bedürfnis nach Ungewohntem verführt uns zu diesen Neukombinationen. Die Höhenflüge dieses Schaffens sind aber arg beschränkt. Der Sprit reicht für kleine Sprünge, aber nicht, um sich allzuweit vom Gravitationszentrum des Realismus zu entfernen. Etwas wahrlich Neues ist mir im Rollenspiel bisher nicht untergekommen. Ich habe von keinen neuen Emotionen gelesen, keine grundlegend neuen physikalischen Gesetze erlebt. Fliegende Schiffe im Fantasysetting überwinden immerhin die Schwerkraft, aber das ist auch nur die punktuelle Außerkraftsetzung eines bekannten Gesetzes. Und bei all dem Andersartigen unserer Settings und Regeln bleibt noch die Tatsache, dass dies der vom Scheinwerfer des Bewusstseins hell erleuchtete, aber kleine Teil ist, während die riesengroße Plattform, auf der das Andersartige ruht… ihr ahnt es schon.

Hier nun ist eine weitere Beobachtung interessant. Für Realismusdebatten sorgt nicht etwa das eindeutig Andersartige, was wir dem Setting eingehaucht haben. Diskutanten, die sich gegen Realismus positionieren, wenden gerne ein, dass Drachen doch auch unrealistisch seien und man deshalb grundsätzlich nicht mit Realismus argumentieren darf. Diesen Argumenten mangelt es an grundlegender Beobachtungsschärfe, denn noch nie hat die Beanstandung von Unrealismus sich auf Drachen bezogen. Es geht immer um Allerweltsdinge: ob man als Krieger gut jagen kann, ob man mit Pfeilen Kettenrüstungen durchschlagen kann, ob man mit schwerer Verletzung einen Tagesritt absolvieren kann. Ganz offensichtlich haben wir genug Kompetenz, um die absichtlich-künstlerisch-unrealistischen Elemente unserer Phantasie vom Realismusdetektor zu schützen. Was den Rest angeht, sind wir unserer Natur ausgeliefert.

In diesem Sinne wünsche ich uns noch viele aufregende Realismusdiskussionen und ein immer objektiver werdendes Weltgerüst.
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"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Offline 1of3

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #1 am: 15.11.2012 | 19:42 »
Zitat
Bei Frauen ist immerhin direkt und intuitiv einleuchtend, warum sie mich als Mann faszinieren.

Solang es dir darüberhinaus ebenso intuitiv einleuchtend ist, dass sich Frauen gelegentlich für Frauen, Männer gelegentlich für Männer und überhaupt Eichhörnchen für Eichhörnchen interessieren, ist auch alles gut.

Ansonsten ist es nicht so, dass die gleichen Beteiligten die selben Gespräche immer wieder führen. Es benötigt immer mindestens einen neuen Kandidaten, der sie noch nicht geführt hat, siehe Gummibär. Insofern wäre die Betrachtung von Gruppenbildungsprozessen womöglich ein viel passsenderes Feld, um die "wiederholten" Diskussionen zu erklären.

El God

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #2 am: 15.11.2012 | 20:21 »
Erstmal mein Eindruck zum Threadtitel im Verhältnis des OP: Irgendwie liest sich das nach "Warum wir Realismus doch brauchen" und nicht nach "Warum wir darüber reden müssen ob wir Realismus brauchen" (zumindest war das das, was der Titel erst bei mir auslöste).

Ok. Reale Erfahrungen als Basis der Phantasie akzeptiere ich. "Realismus" würde ich das nicht nennen, man kann Erfahrungen auch fehlinterpretieren und sich durchaus ein massiv verzerrtes Weltbild aneignen, in dem dann z.B. kalte Kernfusion oder ähnlicher Schabernack möglich ist. Der eigene Erfahrungshorizont ist beschränkter, als man vielleicht annimmt, viele Dinge, die man aus Büchern oder Filmen aufgenommen hat, sind durch Genrekonventionen verzerrt - und ich meine damit nicht nur die klassischen Genres, sondern auch die Sichtweisen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen. Wenn unterschiedlich verzerrte Weltbilder in einem gemeinsamen Vorstellungsraum aufeinandertreffen, ist Chaos vorprogrammiert. "I reject your reality and substitute my own" kommt nicht von ungefähr.

Die Herleitung ist schön und gut, aber wir wenden unsere Phantasie im Spiel auch nicht nur für rein technische Überlegungen an, sondern wir erzählen Geschichten, ob diese nun eher als "Abfallprodukt" oder als eigentliches Ziel der ganzen Übung gesehen werden. Den spielerischen Aspekt der ganzen Sache darf man nicht unterschätzen. Das betrifft auch das Ablehnen von Meta-Regeln. Irgendwie habe ich das Gefühl, man könnte sagen, je mehr sich das ganze wie ein Spiel anfühlt, desto weniger Spaß hat die Realismus-Fraktion. Das finde ich sehr schade, denn mit dem Hintergedanken, dass es sich bloß um ein Spiel handelt, kann man sich viel gruppendynamischen Stress ersparen.

Zitat
Hier nun ist eine weitere Beobachtung interessant. Für Realismusdebatten sorgt nicht etwa das eindeutig Andersartige, was wir dem Setting eingehaucht haben. Diskutanten, die sich gegen Realismus positionieren, wenden gerne ein, dass Drachen doch auch unrealistisch seien und man deshalb grundsätzlich nicht mit Realismus argumentieren darf. Diesen Argumenten mangelt es an grundlegender Beobachtungsschärfe, denn noch nie hat die Beanstandung von Unrealismus sich auf Drachen bezogen. Es geht immer um Allerweltsdinge: ob man als Krieger gut jagen kann, ob man mit Pfeilen Kettenrüstungen durchschlagen kann, ob man mit schwerer Verletzung einen Tagesritt absolvieren kann. Ganz offensichtlich haben wir genug Kompetenz, um die absichtlich-künstlerisch-unrealistischen Elemente unserer Phantasie vom Realismusdetektor zu schützen. Was den Rest angeht, sind wir unserer Natur ausgeliefert.

Diese Schlussfolgerung ist dann imho leider gänzlich verkehrt.

Der Einwand, dass Drachen und andere phantastische Elemente dem Realismus zuwiderlaufen ist unerheblich. Ich selbst bringe den höchstens ironisch, ich meine das nicht ernst. Realismus muss man nicht widerlegen, es gibt eine Realität und alles, was dem SIS nicht als Color oder Genre hinzugefügt wurde, basiert weiterhin auf unseren realen Erfahrungen. Ich kann ein Element meiner Phantasie nicht mit einem anderen widerlegen.

Die "Allerweltsdinge", die du anschließend anführst, stellen die wahre Problematik dar, die bei mir Ablehnung erzeugt: Es geht weniger darum, Realismus zu wollen, als um die Mittel, diesen zu erreichen. Wir haben eben nicht alle die gleiche Kompetenz, das führt zu emotionale geführten Debatten, weil man eigene Unkompetenz äußerst ungern zugibt. Das führt auch zu totalen Unsinnsdebatten, in denen Leute steif und fest behaupten, zu Themen aussagefähig zu sein, bei denen selbst absolute Profis und Experten keine abschließenden Aussagen treffen wollen. Im Spiel werden Realismusargumente hauptsächlich dann gebracht, wenn sie dem eigenen Charakter Vorteile bringen - oder, vom SL, um vom Spieler in den gemeinsamen Vorstellungsraum eingebrachte Elemente abzublocken. Diese Elemente werden dann grundlegend auf Basis einer einzelnen Komponente des multidimensionalen Konstrukts Rollenspiel abgewürgt. Tatsächlich aber darf man Genrekonventionen, die creative agenda, Balancing und vieles mehr NICHT vergessen - Realismus ist weder fair, noch unterstützt er ein Genre (außer "ultrarealistische Settings, Hard-SF und dergleichen") noch hilft er bei der Erstellung einer gewünschten Story. "Realistisch" designte Spiele helfen meiner Erfahrung nach genau NULL dabei, diese Debatten zu verhindern oder gar nur einzugrenzen. Viel mehr liefern sie eine Begründung, diese überhaupt erst ins Spiel zu bringen. Meine DSA-Runde aus grauer Vorzeit hatte sich auch am "phantastischen Realismus" verbissen und wollte Aventurien realistischer machen. Das Resultat war ein wilder Wust an Hausregeln, der das Spiel extrem verlangsamte und das Entstehen einer interessanten Geschichte - für mich SPIELSPASS - verhinderte.

Es wurde schon oft genug gesagt: Realismus hat in Form von Plausibilität eine Berechtigung im Rollenspiel, wenn es darum geht, den gemeinsamen Vorstellungsraum auf Fehler in der inneren Logik zu testen. Als Fundament ist das ganze ok, sogar nötig. Aber nicht als Spielinhalt.

Offline Drudenfusz

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #3 am: 15.11.2012 | 20:37 »
Der Realismuszwang ist in uns. Wir sind verdammt, permanent neu auszuhandeln, was realistisch ist.
Zwei Sätze, aber dem ersten kann meine Person nicht zustimmen, während der Zweite genau das ist was das Problem beim Rollenspiel ist, und auch nur genau da. Realismus liegt nicht in uns (weshalb zum Beispiel auch der gesunde Menschenverstand so häufig Falsch ist). Geschichten, kümmern sich schon seit Jahrtausenden nicht wirklich um Realismus (Götter, Übermenschliche Heldentaten, Magie, Biblische Plagen und und und), aber in den meisten Geschichten wird vom Autor klar abgesteckt was für seine Erzählung alles klar geht, in Filmen sitzen wir da und staunen über die Aktion, aber nur selten lassen wir uns tatsächlich dabei stören ob das nun realistisch ist. Doch beim Rollenspiel bekommen wir die Geschichte nur Erzählt, wir gestalten die Geschichte mit, und dafür müssen die Spieler sich auf irgendwas einigen, und da bietet sich dann realismus als gemeinsame Ausgangsbasis an. So ist die Realismus Diskussion eigentlich nur eine über den gemeinsamen Vorstellungsraum im Rollenspiel.
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El God

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #4 am: 15.11.2012 | 20:38 »
Zitat
So ist die Realismusdiskussion eigentlich nur eine über den gemeinsamen Vorstellungsraum im Rollenspiel.

Oh sehr schön. Auf den Punkt.

Eulenspiegel

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #5 am: 15.11.2012 | 20:55 »
Geschichten, kümmern sich schon seit Jahrtausenden nicht wirklich um Realismus (Götter, Übermenschliche Heldentaten, Magie, Biblische Plagen und und und)
Aber diese Sachen sind nicht wirklich phantasievoll sondern an der Realität angelehnt:

Götter haben Menschen- oder Tierkörper und menschliche Emotionen.
Übermenschliche Heldentaten: Meistens von Menschen (oder Wesen, die wie Menschen aussehen) begangen. Die Tat an sich ist auch eine Tat, die man real tun kann, nur einen Faktor größer. Und wenn es etwas ist, dass der Mensch nicht tun kann, dann ist es in den meisten Fällen von der Tierwelt abgeschaut ("Wie ein Vogel fliegen"),
Auf Magie ist Beral ja schon eingegangen: Das waren gerade früher ja Naturereignisse, die sich der einfache Mensch nicht erklären konnte.
Biblische Plagen: Waren alle sehr real. Das einzige Irreale dabei war: "Hat Gott so gewollt." Abgesehen vom göttlichen Touch waren es aber sehr reale Naturkatastrophen.
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Offline Darkling

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #6 am: 15.11.2012 | 21:06 »
Euli, du argumentierst (für meinen Geschmack) mal wieder zu absolut.

Schau dir z.B. mal :ctlu: oder andere Große Alte an, dann hast du reichlich Beispiele für deutlich unmenschliche Götter mit ebenso nicht nachvollziehbaren Motivationen.
Für übermenschliche Heldentaten, die eben nicht von Menschen(-ähnlichen) begangen werden gibt es in der Science Fiction (oder auch bei Pulp oder oder...) reichlich Beispiele. Man gucke sich beispielsweise mal einen gewissen teleportierenden Mausbieber an..  ;)

Und so weiter. Bitte versuch mal, weniger absolutistisch zu formulieren, ja?  :)


Übrigens finde ich Drudenfusz letzten Satz auch klasse.
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Eulenspiegel

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #7 am: 15.11.2012 | 21:28 »
Naja, Cthulhu hat einen humanoiden Körper mit Tintenfischgesicht. Und seine Hauptmotivation "Machtgier" ist ja auch recht menschlich. Auch die anderen Großen Alten haben alle recht menschliche Motivationen.

Und "Mausbiber" sagt schon alles. (Und ja, er ist cool. Aber wenn wir schon bei Phantasiegestalten sind, dann nehme da lieber Haluter oder ES. Und wo sich die Autoren dann richtig Mühe mit Phantasie gemacht haben, war bei den Baolin-Nda.)

Aber selbst diese Erscheinungen können nicht leugnen, dass sie imme rnur eine Randerscheinung sind. Von den 2000 Perry-Rhodan Heften, gab es genau EIN Heft, dass sich nur mit den Baolin-Nda beschäftigt hat ohne auf andere Lebensformen einzugehen. Und dieses Heft hat größtenteils eine schlechte Kritik bekommen. (Zudem hatten die Baolin-Nda dann doch wieder recht menschliche Emotionen.)

Und um auf Lovecraft zurückzukommen. Nicht umsonst sind die Menschen immer die Hauptpersonen. Ich habe zum Beispiel noch keinen Roman gelesen, wo Mi-Go die Protagonisten waren. Oder auch sehr interessant wäre: Der Kampf der Mi-Go gegen die Shoggothen aus Sicht eines Wesen von Yith.
Aber zum einen wäre das wahrscheinlich zu schwierig so etwas zu schreiben und zum anderen würde das keiner lesen wollen. (Wenn man wirklich außerirdische Motivationen nimmt und nicht einfach menschliche Emotionen überbauscht.)

Zu Drudenfuszs letzten Satz:
Klar, bei Realismus Diskussionen geht es auch darum, wie realistisch der gemeinsame Vorstellungsraum sein soll.

El God

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #8 am: 15.11.2012 | 21:29 »
Zitat
Klar, bei Realismus Diskussionen geht es auch darum, wie realistisch der gemeinsame Vorstellungsraum sein soll.

Höchstens am Rande. Es geht um Deutungshoheit.

Eulenspiegel

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #9 am: 15.11.2012 | 21:32 »
Was verstehst du unter Deutungshoheit?

Die einen wollen einen realistischen Vorstellungsraum und Regeln, die dieses unterstützen. Und die anderen bevorzugen Regeln, die nicht realistisch sind.

Offline Darkling

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #10 am: 15.11.2012 | 21:34 »
Als Lösung bietet sich an, nur noch mit Echten Schotten zu spielen..  ::)
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Offline Jiba

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #11 am: 15.11.2012 | 21:35 »
Zitat
Und die anderen bevorzugen Regeln, die nicht realistisch sind.

...und die einen kreativen Vorstellungsraum ermöglichen.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Eulenspiegel

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #12 am: 15.11.2012 | 21:37 »
@Darkling
Nein, als Lösung bietet sich an, nicht jeden als Schotten zu bezeichnen, nur weil er einen gefälschten Ausweis mit sich rumträgt. ::)

@Hank Scorpio
Ich lese deinen Satz mal nicht als Einspruch sondern als Ergänzung zu meinen Post. Falls ich mich irren sollte, bitte näher ausführen.

Offline Jiba

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #13 am: 15.11.2012 | 21:39 »
Ist eine Ergänzung. Ich wollte was beifügen, damit die "Antirealisten" auch was haben, worüber sie sich freuen können.  :)
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

El God

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #14 am: 15.11.2012 | 21:40 »
Es gibt keine Anti-Realisten. Es gibt höchstens Leute, die keinen gesteigerten Wert auf Realismus legen. Dass es Leute gibt, die Realismus im Rollenspiel gezielt bekämpfen, halte ich für ein Gerücht.

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Offline Darkling

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #15 am: 15.11.2012 | 21:45 »
Eulenspielgel, grob vereinfacht sagt Drudenfusz, dass Phantasie (Edit: und in diesem Zuge auch Regeln im Rollenspiel) nicht auf Realismus fussen muss, sondern auch auf Plausibilität in einem (ggf. gemeinsam) abgestecktem Rahmen fussen kann. (Ein Punkt, dem ich erstmal zustimme.)
Du sagst, das sei nicht wahr, sondern Phantasiesachen seien ja doch immer irgendwie auf was Reales zurückzuführen.
Dann bekommst du Gegenbeispiele, ja führst sogar noch selber welche an und tust das dann als für dich zu unbedeutend ab, um das gelten zu lassen, ja?
Auf diesem Niveau diskutiere ich nicht mit dir.

PS:
 :P
« Letzte Änderung: 15.11.2012 | 21:49 von Darkling »
Der Weg zum Herzen eines Menschen führt durch den Brustkorb!

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Eulenspiegel

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #16 am: 15.11.2012 | 21:49 »
Aber worauf basiert den Plausibilität? Auf dem, was wir wahrgenommen haben.

Klar kann man sich in geringem Maße davon trennen. Aber es fällt schwer. Und je weiter wir uns vom Realismus entfernen, desto schwerer fällt es uns. Und ich wage mal die Behauptung, dass selbst die abgefahrenste Welt noch zu 51% Realismus und nur zu 49% Phantasterei besteht.

Und solange die abgefahrenste Welt zu 51% aus Realismus besteht, wage ich die Behauptung, dass der Realismus in uns steckt.

Offline Oberkampf

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #17 am: 15.11.2012 | 21:53 »
Dass es Leute gibt, die Realismus im Rollenspiel gezielt bekämpfen, halte ich für ein Gerücht.


Richtig. Es ist nicht der "Realismus", der stört, sondern die nicht enden wollenden Diskussionen, die mit diesem Anspruch einhergehen oder in seinem Namen ausgefochten werden.
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Eulenspiegel

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #18 am: 15.11.2012 | 21:58 »
Ja, das etwas für fremde Ziele vereinnahmt wird, das nervt mich auch. Und das habe ich auch bei Realismus leider schon häufiger erlebt.

Aber was ist so schwer daran, anzuerkennen, dass es Leute gibt, die auf Realismus stehen und sich gerne darüber unterhalten wollen? Niemand zwingt dich, die entsprechenden Threads aufzusuchen.

Aber die Tatsache, dass du diesen Thread hier aufsuchst, zeigt doch, dass das Wörtchen "Realismus" einen gewissen Reiz hat, dem man sich nicht entziehen kann.

Offline Oberkampf

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #19 am: 15.11.2012 | 22:50 »

Aber die Tatsache, dass du diesen Thread hier aufsuchst, zeigt doch, dass das Wörtchen "Realismus" einen gewissen Reiz hat, dem man sich nicht entziehen kann.

Ehrlich gesagt habe ich auch eher so eine "rollenspielhistorische" Erklärung erwartet/erhofft, seit wann es das Bedürfnis nach mehr Realismus im RSP gibt, in welchen Regelwerken es sich wie niedergeschlagen hat, von welchen anderen Moden es begleitet/unterstützt/angefeindet wurde usw. Ja, auch was für eigenartige Blüten es hervorgetrieben hat.

Die Diskussionen werden nie aufhören, aber ich fände es entspannend, wenn man genauer anschaut, warum, auf welcher Motivationsgrundlage, welche Art von Spieler "Realismus" wollen und wie er bereits versucht wurde, im Hobby umzusetzen.
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Offline Gummibär

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #20 am: 15.11.2012 | 23:18 »
Richtig. Es ist nicht der "Realismus", der stört, sondern die nicht enden wollenden Diskussionen, die mit diesem Anspruch einhergehen oder in seinem Namen ausgefochten werden.


Man könnte sollte so eine Diskussion hier im Forum, wenn sie einen stört, einfach ignorieren. Niemand zwingt einen dazu, einen Thread anzuklicken. Spätestens das zweite Anklicken (falls der „Realismus“ nicht am Titel erkennbar war) ist einfach die eigene Schuld.



Irgendwie habe ich das Gefühl, man könnte sagen, je mehr sich das ganze wie ein Spiel anfühlt, desto weniger Spaß hat die Realismus-Fraktion.

Vllt eine andere Sorte Spiel, der Begriff ist ja recht breit gefächert:
Spiel (von althochdeutsch: spil für „Tanzbewegung“) ist eine Tätigkeitsform, Spielen eine Tätigkeit, die zum Vergnügen, zur Entspannung, allein aus Freude an ihrer Ausübung, aber auch als Beruf ausgeführt werden kann (Theaterspiel, Sportspiel, Violinspiel).
Ein Schachspiel um den Weltmeistertitel ist ja auch ein Spiel.

Das finde ich sehr schade, denn mit dem Hintergedanken, dass es sich bloß um ein Spiel handelt, kann man sich viel gruppendynamischen Stress ersparen.

Ist dir denn damit geholfen, wenn du dir sagst, dass es sich bloß um ein Spiel handelt und du deshalb einfach nachgibst? Wenn ja, dann tu das doch einfach. Mir würde es nicht helfen.

Diese Elemente werden dann grundlegend auf Basis einer einzelnen Komponente des multidimensionalen Konstrukts Rollenspiel abgewürgt.

Genau wie ein zu mächtiger SC allein auf Basis der einzelnen Komponente Balance abgelehnt wird. Einzelne Komponent ist nichts negatives, der Satz ist überflüssig.

Meine DSA-Runde aus grauer Vorzeit hatte sich auch am "phantastischen Realismus" verbissen und wollte Aventurien realistischer machen. Das Resultat war ein wilder Wust an Hausregeln, der das Spiel extrem verlangsamte und das Entstehen einer interessanten Geschichte - für mich SPIELSPASS - verhinderte.

Kann ich gut verstehen. Meine Empfehlung: Spiel einfach nicht mit so Leuten.

Aber lass die Leute GURPS spielen, die GURPS mögen.

Einfach getrennte Wege gehen. Du baust dein System in Ruhe und die bauen ihr System in Ruhe. Die fordern nicht, dass du dein System realistischer machen musst und du kritisierst nicht, dass sie ihr System realistischer machen wollen.

Realismus hat in Form von Plausibilität eine Berechtigung im Rollenspiel, wenn es darum geht, den gemeinsamen Vorstellungsraum auf Fehler in der inneren Logik zu testen. Als Fundament ist das ganze ok, sogar nötig. Aber nicht als Spielinhalt.

Ist es bei mir nicht. Es ist das Fundament. Und ein gutes Fundament erfordert sehr viel Arbeit. Ich finde, es darf ruhig weniger sein als bei GURPS. Aber auch das erfordert schon viel Arbeit.
Du greifst Teichdragon & Co. an und äußerst jetzt Unverständnis, wenn sich einer von ihnen zu Wort meldet?

Gut gemacht.  :gaga:

Offline Gummibär

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #21 am: 16.11.2012 | 00:01 »
@ SLF

Die für dich interessanten Fragen werden in folgenden zwei Threads diskutiert:

[Rollenspielhistorie] Realismus im Rollenspiel

Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
Du greifst Teichdragon & Co. an und äußerst jetzt Unverständnis, wenn sich einer von ihnen zu Wort meldet?

Gut gemacht.  :gaga:

Offline OldSam

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Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #22 am: 16.11.2012 | 00:05 »
Der Artikel bringt das Dilemma der Debatte sehr schön auf den Punkt!  :d

Ob wir wollen oder nicht unsere Realität ist nun mal ständig der Ausgangspunkt für Vergleiche, Beschreibungen usw., allein schon weil wir sonst bei jeder Erläuterung das Rad neu erfinden müssten und somit die Kommunikationsprozesse viel zu umständlich würden. Letztlich braucht auch der over-the-top, cinematische, furious gamestyle immer die Realität als Maßstab, um überhaupt zu wissen in welcher Beziehung man "over-the-top" ist, der Nullpunkt der Achse ist unsere Realerfahrung...

Aber das sagt natürlich in der Tat nichts darüber aus, ob es jetzt besser oder schlechter ist, wenn man mehr oder weniger realistisch spielt, das ist letztlich einfach eine Präferenz, Geschmäcker sind verschieden was den Spielstil angeht und zudem ist Abwechslung Trumpf, denn wer möchte schon jeden Tag das gleiche Gericht essen? ;)

=> Fazit scheint mir, dass es aber für ein RPG immer von Vorteil ist, die <Beziehung / Relation> zur Realität bzw. unserer Realitätswahrnehmung möglichst genau zu beschreiben!
D.h. es muss möglichst klar sein, ob der gewählte Spielstil tendenziell z.B. mehr oder weniger tödlich ist als in der Realität. Ob Chars vielleicht mehr Glück haben, ob im Verhältnis zu unseren Alltagserfahrungen fast nie 'banale' Unfälle stattfinden etc. etc. :)

Boni

  • Gast
Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #23 am: 16.11.2012 | 00:55 »
@Beral: Sehr schön!

Ich stimme nicht in allen Punkten hundertprozentig zu, andere Punkte haben mich zum Nachdenken gebracht. Für mich einer der lesenswertesten Posts der letzten Zeit.

El God

  • Gast
Re: Warum uns die Realismusdebatte verfolgt
« Antwort #24 am: 16.11.2012 | 06:51 »
Ich stimme nicht in allen Punkten hundertprozentig zu, andere Punkte haben mich zum Nachdenken gebracht. Für mich einer der lesenswertesten Posts der letzten Zeit.

Dem kann ich übrigens zustimmen.

Ich erinnere in de Zusammenhang nochmal Hieran.