Autor Thema: Standpunkte zu Balancing  (Gelesen 21414 mal)

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Offline Rattendämon

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Standpunkte zu Balancing
« am: 26.02.2013 | 21:56 »
Hello there, liebe Forengemeinde.

Ich hab die Board-Suche ein klein wenig beansprucht, fand aber jetzt kein Thema, dass sich unmittelbar und ausschließlich mit einer Diskussion zum Balancing (zu keinem bestimmten System) beschäftigt. Was mich eigentlich wundert, und vielleicht hab ich's einfach nur nicht gefunden, und jemand kann mich darauf stupsen, aber ich lass mich mal hier nicht aufhalten, das Thema in den Raum zu werfen und evtl. dafür gerügt zu werden.

Bei mir/uns geht es grad in der Entwicklung eines Spielsystems an den saftigen Teil, wo viele Zahlen herum geworfen werden, Auswertungen gemacht, Simulationsprogramme geschrieben - das Balancing. Daher möchte ich mal mit den Profis ein bisschen darüber sprechen. Rausfinden mit welchen Grundmethode ihr arbeite(t/n würdet).

Dabei muss man denke ich allerdings zwei grundlegende Themen unterscheiden: Charakterbalancing (was bekomme ich um wieviele Charakterpunkte / Attribute müssen mit Talenten aufwiegen usw.) und dem Kampfbalancing (bringt Magie genau so viel wie Schwertkampf / wie stark muss ein Gegner sein um für einen gewissen Spielerlevel eine Herausforderung zu sein). Beide Felder halte ich für relevant, sind aber soweit mir bewusst ganz eigene Themen.


Also. Lasst mich anfangen mit dem was ich über Balancing weiß, oder was ich mir darüber denke, das gibt euch vielleicht dann die Gelegenheit, mich zu vervollständigen.
Balancing bedeutet, wie der Name suggeriert, eine Balance zu schaffen. Ein Kräftegleichgewicht. Ein Spieler sollte nicht bevor- oder benachteiligt sein, wenn er sich entscheidet, seine Charakterpunkte in viel Stärke, Intelligenz oder Charisma zu investieren. Er sollte auch keinen Nachteil haben, wenn er sich entscheidet, körperliche Attribute zu vernachlässigen und stattdessen in handwerkliche Fertigkeiten oder Wissenstalente zu investieren. Ein Charakter sollte sogar keine Vor- und Nachteil daraus ziehen, je nachdem ob er sich auf Kampf oder hin zu friedfertigeren Fähigkeiten entwickeln möchte.

Man merkt schnell, dass man da von perfektem Balancing in einem so freiem Medium wie Rollenspiel überhaupt nicht sprechen können wird. Wie gut das Balancing funktioniert hängt sehr stark vom Inhalt der jeweiligen Spielrunde oder Kampagne ab, und wenn ein Spielleiter eine Runde schmeisst, die einfach nur auf einem Schlachtfeld stattfindet, dann wird man als Philosophencharakter da einfach nicht glücklich. Diese Diskussion können wir also glaub ich aussen vor lassen, und müssen einfach von einem neutral gestaltetem Spielverlauf ausgehen, in dem alle verfügbaren Fähigkeiten auch zur Geltung kommen können, um hier überhaupt eine Annäherung zu erzielen.

Was man sich denke ich in ganz erster Linie anschauen muss ist, wie weitläufig sich ein Attribut auswirkt. Wenn zB. das Attribut Stärke sowohl beeinflusst, wie gut man kämpft, was für Waffen man benutzen darf, wie viele Hitpoints man hat, was die maximale Traglast ist, und wie viel Schaden man verursacht, sowie die Hälfte aller körperlichen Fertigkeiten beeinflusst, dann muss der Punktwert sehr viel höher sein als er ist, um nur eine einzelne körperliche Fertigkeit zu steigern, oder einen Punkt auf den Trefferwurf mit einem Talent zu erhalten.
Da kann man schon die Frage stellen: Kann ich das gegeneinander aufrechnen?
Kann man den Preis des Attributs Stärke in dem Fall einfach so bemessen, dass man sagt:
Ein Punkt Steigerung bei Proben auf Klettern, Schwimmen ist jeweils 2 Punkte wert.
Ein Punkt Steigerung im Schaden ist 10 Punkte wert.
Ein Punkt Steigerung auf alle generelle Stärke Proben ist 5 Punkte wert
Ein Punkt Steigerung der Hitpoints ist 5 Punkte wert
also ist ein Attributpunkt auf Stärke insgesamt 24 Punkte wert, angenommen das wäre alles, was es beeinflusst?
Wenn das die Grundformel wäre, hieße aber auch dass ein Talent, das permanent meinen Schaden um 1 erhöht 10 Punkte wert sein müsste. Komplexer ist es aber, wenn es nicht permanent ist, sondern zum Beispiel für Magiepunkte ausgelöst wird, oder nur mit bestimmten Waffen gilt. Das müsste dann von dieser Grundformel wieder anteilig etwas abziehen. Bei der Aufwendung von Magiepunkten müsste das aber auch wieder einrechnen, wieviele MP es kostet, denn wenn es günstig ist, ist es eindeutig eine mächtigere Fähigkeit als wenn es den halben Manapool auffrisst.

Ist es also insgesamt ratsam als Ausgangspunkt für das Charakterbalancing eine Liste mit Wertigkeiten zu haben? Mit einer Unterteilung ob der Effekt permanent, häufig, manchmal, oder nur in speziellen Situationen zum Tragen kommt?
Beispielsweise:
Ein Punkt Stärke permanent ist 24 Punkte wert.
Ein Punkt Stärke, der nur in Nahetodsituationen zum tragen kommt (selten) ist nur noch 6 Punkte wert.
Ein Punkt permanter Bonus auf Trefferwürfe wäre vielleicht 12 Punkte wert.
Ein Punkt permanter Bonus auf Trefferwürfe nur mit Schwertern wäre 9 Punkte wert.
Ein Punkt Bonus auf Trefferwürfe immer nach einer gelungenen Verteidigung wäre 7 Punkte wert, da es nicht immer der Fall ist.

Und wenn man so eine Tabelle hätte, könnte man versuchen mit ihrer Hilfe alle Attribute, Fähigkeiten und Zauber einigermaßen auf einen Nenner zu bringen. Was denkt ihr?


Über Kampfbalancing habe ich mir jetzt im Moment noch gar keine Gedanken gemacht, aber vielleicht kann ja jemand grundlegende Überlegungen zu formulieren.

Und: Gibt es irgendwen, der gegen Charaktergenerierungspunkte prinzipiell ist, und besser findet, einfach mit jedem Anstieg ein Attribut steigern zu dürfen, 2 Fähigkeiten zu steigern und jeden 3. Level ein Talent zu bekommen? Oder direkt um Erfahrungspunkte Fähigkeiten einzukaufen? Irgendwas?

Shadom

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #1 am: 26.02.2013 | 22:17 »
Im Grunde muss man das aus verschiedenen Richtung angehen:

1.
Was macht man in deinem Spiel besonders viel.
Wenn man "nur" oder sehr viel kämpft, dann muss man natürlich vor allem den Kampf balancen.
Wenn allerdings viel intrigiert, klaut, rituale durchführt oder investigativ tätig ist und kaum kämpft, dann muss man auch so balancen.
Wenn du beispielsweise davon ausgehst, dass man fast nie irgendwo einbricht sollte es sehr günstig sein ein Meisterdieb zu werden.
Immerhin kann man diese Fähigkeit ja nur selten nutzen.
Genauso sollte man auch der Überkrieger mit 1-2 Punkten sein, wenn man nur alle 10 Abende mal die Waffe zieht.
Also was passiert im Spiel ist sehr wichtig fürs Balancing.

Darauf aufbauend:
Prinzipiell ist es egal ob es ein Skill, ein Attribut, ein Aspekt, ein Stunt, ein Zauberspruch oder sonstwas ist.
Wichtig ist nur wie oft man ihn vorraussichtlich im Spiel einsetzt und wie viel er meine %Chance ein Hindernis zu überwinden verbessert.

Ist es unmöglich ohne den Skill (stellvertretend für alle anderen Ausformungen) die klassischen Aufgaben dieses Spiels zu schaffen?
Dann sollte er umsonst sein, denn ein Spiel um Piloten in denen keiner fliegen kann ist doof.
Wenn er jedoch oft und stark meine Chance verbessert sollte er teuer sein.
Soweit so gut.

Auch durch die Auswahl der verfügbaren Punktefresser bei der Charaktererschaffung sage ich nicht nur viel über das Spiel aus sondern balance auch.
Beispiel folgende Fertigkeitsliste:
Kämpfen
Athletik
Steuern
Spurenlesen
Verbindungen
Verhören
Nachforschen
usw.

Schnell wird sichtbar: FErtigkeiten sind sehr breit, aber sobald es um eher polizeiliche Sachen geht, geht es ins Detail. So kann ich auch balancen.
Immerhin kostet es mich nur X Punkte ein toller Kämpfer zu sein aber x mal 4 um ein toller Polizist zu sein.


Und als letzter Hinweis:
Skills,
Stunts,
Attribute,
Zaubersprüche,
Vor und Nachteile
usw.

Desto mehr du aus so einer Liste in deinem System hat desto mehr Zahnräder musst du aufeinander abstimmen. Weniger ist mehr! Braucht man Attribute wirklich oder reichen Skills vielleicht? Oder umgekehrt? Sind Stunts und Zaubersprüche vielleicht dasselbe? Braucht man Vor un Nachteile überhaupt? usw.



Offline Zauberelefant

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #2 am: 26.02.2013 | 22:44 »
Was für eine Art Spiel soll es denn sein? Und wie wird es gespielt?
Legt die Spielgruppe zu Beginn fest: "Wir spielen eine Kampagne um XY", dann wird man eher dazu passende Charaktere bekommen, insofern ist Balancing fast sinnlos. In einem karibischen Piratensetting spielt keiner einen Kräuterkundigen (ok, vielleicht so ne Art Humboldt oder Darwin...aber nicht weil die Fähigkeiten so sinnvoll sind).
Eine Kampagne am Hofe des Sonnenkönigs würde vermutlich eher sozial orientierte Charaktere mit ein wenig Kampffertigkeiten generieren.

Hält man das Spiel ohne Fokus (klassisch: DSA), dann ist das eigentlich Verhandlungssache - alle Mitspieler (also auch der SL) sollten ein Interesse daran haben, daß jeder was vom Spiel hat.

Dann gibt es noch die freieren Spiele. Wenn man wie bei FATE als Spieler das Spiel mitbestimmen kann, dann kann man auch passende Stories für seinen Charakter erzwingen. Nicht superelegant, aber funktioniert. Selbst in der WoD waren genug Mechanismen drin, um aus jedem irgendwie gestrickten Charakter was wirkungsvolles zu machen - außer Kämpfen, was man allerdings auch wieder umgehen konnte.

Letztlich hast Du keine Chance, aus der hohlen Hand ein breit angelegtes Spielsystem zu balancen. Man könnte vielleicht bei Probespielen einen Index erstellen, was wie oft benutzt wird, und darauf dann die Kosten basieren lassen. Völlig konterintuitiv ("es ist schwerer zu steigern, weil ich es so oft mache?"), läßt aber Balancinganstrengungen auf empirischen Erhebungen beruhen. Das scheitert natürlich, sobald irgendwelche Werte über Metawerte, Probenerleichterungen usw Einfluß auf eine Vielzahl von Spielsituationen haben.

Aber ich find das Thema spannend.
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Offline Edvard Elch

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #3 am: 26.02.2013 | 23:12 »
Balancing kann an mehreren Stellen bzw. auf mehreren Ebenen ansetzen:

Beim Balancing auf der Charakter-Ebene versucht man, die Charaktere etwa gleich stark zu halten, damit alle bei Herausforderungen in etwa gleich rocken können.

Balancing auf der Spielerebene versucht, die Einflussmöglichkeiten auf das Spielgeschehen oder die Screentime gleichmäßig auf die Spieler zu verteilen.

Beides findet in der Regel zwischen gleichberechtigten Spielern statt. Wenn es in einem Spiel aber einen SL gibt, kann es auch sein, dass dieser entweder auf der Spiel- oder auf der Spielerebene in seinen Möglichkeiten eingeschränkt wird, um zum Beispiel das Macht- oder Screentimegefälle zwischen ihm und den Spielern zu verringern.

Jede dieser Arten von Balancing braucht andere Regelmechanismen.
Kants kategorischer Imperativ, leicht modernisierte Fassung: „Sei kein Arschloch.“

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Offline Horatio

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #4 am: 26.02.2013 | 23:32 »
@ Rattendämon
Hm.. dein Balance Ansatz ist sehr 90er. Mal zwei Ansätze zum Nachdenken:

1. Die Gruppe spielt in der Regel miteinander gegen eine vom SL eingeführte Oppostion. Wie wichtig ist da das Kräftegleichgewicht der einzelnen SCs untereinander?

2. Soweit nicht "Problemlösen über Werte" den Großteil dem Spiels ausmacht (was legitim ist), ist nicht viel mehr die Frage wie man Spotlight (also die Spielzeit die auf einen einzelnen fällt) verteilt und ermöglicht? Drama, Konflikte, Verwicklungen sind etwas was oft an Schwächen und Hintergründen der SCs hängt, nicht nur an ihren Fähigkeiten. EDIT: Siehe auch was Edvard Elch geschrieben hat :P.


@ Zauberelefant
Hm.. DSA (und andere Dinos aus den 90ern / frühen 2000er) vermittelt in seinen Regelwerken und Abenteuern schon sehr stark wie die Autoren der Meinung sind, dass es gespielt werden soll und wie deren Erfahrungen sind, wie Rollenspiel auszusehen hat. Das Problem ist nur, dass das System diese Art zu Spielen nicht aktiv unterstüzt, sondern oft im Weg steht und gebogen und ausgesetzt werden muss (allerdings hatte man zu der Zeit als DSA4 kam auch noch nicht die Entwicklungen im RSP Bereich die wir heute haben). Da allerdings egal wo ich "klassisches 90er Jahre" Rollenspiel gespielt habe, sehr ähnlich gespielt wurde obwohl die Gruppen keinen Austausch hatten, muss da etwas vermittelt worden sein was über das reine Anwenden von Regelmechanismen hinausgeht. Problematisch wurde es eher für die Leute die an dieser Art zu spielen irgendwann die Freude verloren hatten oder etwas anderes haben wollen und daran scheitern, da sie nicht Wissen, dass Rollenspiel auch anders funktionieren kann.

Ich meine mal ganz ehrlich.. dieses ganze verdeckt würfeln und "für die Story" entscheiden war doch ein einziger Schrei nach Hilfe von Leuten die gemerkt haben, dass ihre Art zu spielen sich nicht (mehr) mit den Regelmechanismen deckt die sie mit Rollenspiel an sich verbanden. Eigentlich krass das wir das so brav so viele Jahre geschluckt und verteidigt haben.. naja wenn man nur einen Hammer hat sieht jedes Problem erstmal aus wie ein Nagel :P.

EDIT: Argh.. schon wieder ein 90er Rant; ich wollte mir die doch abgewöhnen...
« Letzte Änderung: 26.02.2013 | 23:49 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
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Offline Zauberelefant

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #5 am: 26.02.2013 | 23:50 »
Ohne Deine Beobachtungen abzulehnen:

Es gibt eine Schule von Warhammer-spielern, die sich an wunderbare Zeiten erinnern, nicht obwohl, sondern weil die Spiele seinerzeit eben absolut grausam zusammengeschustert waren. Ich verstehe diese Leute. Man konnte unter den herrschenden Bedingungen nur dann glücklich werden, wenn alle miteinander und nicht gegeneinander gespielt haben. Und wenn ich so an meine RPG-Anfangszeit, mir DSA 2 und Shadowrun 2 zurückdenke...ja, da war das ähnlich. Naiv, völlig weit weg von "gutem" Rollenspiel, aber Spaß hatten wir trotzdem, eben weil wir das Spiel nicht "wie vorgesehen" gespielt haben.

Von da aus begründet sich mein Vorbehalt gegen Balancing (ist eigentlich quatsch, ich hab da nichts gegen, ich sehe nur keine Chancen dafür). Drum plädiere ich dafür, im Geiste von Gary Gigax, einfach nur Spaß zu haben.
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Offline Bad Horse

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #6 am: 27.02.2013 | 00:01 »
Drum plädiere ich dafür, im Geiste von Gary Gigax, einfach nur Spaß zu haben.

Sehr eloquent. Und wie genau hat man "einfach nur Spaß"?

Ehrlich, wenn das so leicht wäre, dann gäbe es nicht so viele schlechte oder mittelmäßige Runden. Ich meine, warum gehen die nicht und haben "einfach nur Spaß"?

Balancing ist eine Möglichkeit, auszuschließen, dass etwas keinen Spaß macht - viele Leute haben nämlich keinen großen Spaß dabei, im Rollenspiel nur anderen Leuten zuzugucken, wie die Probleme wegrocken. Es ist nicht die einzige, vermutlich nicht mal die effektivste, aber es ist immerhin mal ein Ansatz.

Letzten Endes soll Balancing ja helfen, dass nicht ein Charakter automatisch wesentlich mehr kann als alle anderen und in mehr Situationen glänzen oder effektiv und erfolgreich agieren kann als andere.
Ein Ansatz fürs Balancing, der z.B. im Buffy RPG oder in Dresden Files gefahren wird: Schwächere Charaktere haben mehr Gummipunkte als stärkere. Dadurch können die Spieler der schwächeren Charaktere trotz der Unterlegenheit noch zum Spiel beitragen und sich so Spotlight holen.

Unter anderem finde ich es auch wichtig, dass schwächere Charaktere stärkere unterstützen können - dann müssen die nicht nutzlos in der Ecke herumstehen, sondern können Umstände (und Boni) schaffen, ohne die auch der starke Char ziemlich geküsst aussehen könnte.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Horatio

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #7 am: 27.02.2013 | 00:04 »
@ Zauberelefant
Ich mochte auch die alte Teenage Mutant Ninja Turtles Serie aus verschiedenen Gründen und habe nostalgische Erinnerung dran, aber heute könnte ich die nicht mehr sehen obwohl ich die Charaktere und Themen der Serie immer noch mag ;). Damals war es eben noch der "Neu" Effekt und der "Sense of Wonder" alleine hat einen bei der Stange gehalten :); selektives Vergessen tut dann den Rest :P..

.. aber genug OT; vielleicht fällt mir als Ausgleich morgen noch was zum Thema Balance ein :P.
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Offline Teylen

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #8 am: 27.02.2013 | 01:20 »
Abhängig von der Mechanik würde ich durchaus behaupten das es möglich ist ein System zu schaffen welches den Charakteren gleichermaßen große Möglichkeiten einräumt sowie in sich geschlossen ist. Womit man bezogen auf die Charakter-Aktionen durchaus von einem ausbalancierten System sprechen kann.

Wobei unterschiedliche Systeme verschieden schwer zu balancieren sind.
Das heißt ich würde zu der Behauptung neigen das ein System wie curse the darkness, welches mit einem Kartendeck und einer minimalistischen Anzahl von Attributen arbeitet, welche u.U. durchaus konkrete Anwendungsgebiete haben, durchaus ausbalanciert ist.
Bei einem System das recht viele Attribute, Fähigkeiten hat und vielleicht noch gestattet diesen eigene hinzuzufügen, darüber hinaus noch über weitere Werte verfügt, gestaltet sich die Ausarbeitung einer Spielmechanischen Balance natürlich schwieriger.
Insbesondere wenn hinsichtlich der vorgeschlagenen Anwendungen der Mechanismen Teile der Fähigkeiten vernachläßigt werden oder einzelne Attribute unverhältnismäßig stark eingebunden.

Hinsichtlich des Ablaufs des Spiel, sowie den Zeitraum den jeder Spieler für sich beansprucht kann man wahlweise darauf vertrauen das die Gruppe einen Akzeptablen Modus finden, einen expliziten Runden-Modus verwenden oder Mechaniken wie Story-Chips entwickeln.

Und: Gibt es irgendwen, der gegen Charaktergenerierungspunkte prinzipiell ist, und besser findet, einfach mit jedem Anstieg ein Attribut steigern zu dürfen, 2 Fähigkeiten zu steigern und jeden 3. Level ein Talent zu bekommen? Oder direkt um Erfahrungspunkte Fähigkeiten einzukaufen? Irgendwas?
Es gibt Systeme welche hinsichtlich der Charakter-Entwicklung Stufen verwenden.
Bei welchen der Spieler entweder keine Fähigkeiten auswählen muss oder bei welchen er sich aus einer Liste etwas heraussuchen kann.
Davon abgesehen gibt es Systeme bei welchen sich die Charaktergenerierung nicht an einem komplexen Punktesystem orientiert.
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Offline rettet den wald

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #9 am: 27.02.2013 | 06:02 »
Ich kann hier keine allgemeingültigen Aussagen treffen, weil ich selbst noch auf der Suche nach guten Balancing-Richtlinien für mein eigenes System (Nodix) bin, aber folgende Erfahrungswerte kann ich schonmal liefern:


1.:
Du scheinst das Konzept "Ein Rang in Fähigkeit X kostet Y Punkte" zu verfolgen, in einem Framework wo der endgültige Wurf durch deutlich mehr als eine Fähigkeit bestimmt wird. Persönlicher Erfahrungswert: Das funktioniert nicht. Es ist nahezu unmöglich, hier das Auftauchen von Währungslücken zu vermeiden. Die Gegenmaßnahme, die bei mir relativ gut funktioniert hat:

Die Kosten aller Fähigkeiten steigen auf jeden Fall stärker als linear. Auf diese Art und Weise machst du es unattraktiv, alle Punkte in eine einzelne Fähigkeit zu stecken. Ich persönlich habe für Nodix eine quadratische Progression benutzt.


2.:
Ich würde möglichst davon absehen, Konstrukte der Art "Stärke gibt einen ganzen Haufen Boni, aber du kannst dir die Boni auch einzeln kaufen für billigere Punkte" einzubauen. Es wird bei Attributen wie "Stärke" nahezu immer Anwendungsbereiche geben, die für diesen konkreten Charakter sinnlos sind, wodurch man sich Punkte erspart, indem man sich nur das kauft, was man braucht. Jetzt kannst du natürlich mit "Paketverbilligungen" arbeiten, um diesen Effekt zu bekämpfen, aber das ist an sich schon ein Balanceproblem. Lösung:

Beschränke solche Pakete auf ein Minimum. In Nodix gibt es an mit XP beliebig steigerbaren Werten nur Attribute und Skills, und das wars. Traglast oder Nahkampfschaden extra kaufen geht nicht. Alternativ dazu könntest du natürlich Stärke streichen, und sagen dass sich die Spieler von vornherein nur Traglast und Nahkampfschaden extra kaufen. Wichtig ist, dass es hier keine Doppelgleisigkeit gibt.


3.:
Du hast zwar nicht explizit gesagt, dass du das tun willst, aber dieser Punkt ist mir trotzdem wichtig: Baue niemals unter gar keinen Umständen eine Mechanik ein, mit der du dir irgendwelche Verbilligungen von XP-Kosten mit XP kaufst. Eigentlich sollte ich gar nicht extra sagen müssen, dass das sowas für die Balance tödlich ist, aber ich sehe in Rollenspielsystemen so oft irgendwelche "Begabungen", "Schnelles Lernen" oder "Gute Ausbildung" Vorteile, dass mir das schon zum Hals raushängt...


4.:
...Nach der selben Logik: Nur weil eine bestimmte Gruppe von Charakteren vom Hintergrund her mächtiger ist als eine andere, ist das noch lange kein Grund, sie auch spielmechanisch besser zu machen. Wenn beispielsweise eine bestimmte Magierakademie vom Hintergrund her "die Beste" ist, dann ist das kein Grund für irgendwelche Verbilligungen beim Charakterbau. Wenn der Rest der Gruppe gute Absolventen von anderen Akademien spielt, dann bist du halt ein unterdurchschnittlicher Absolvent der besten Akademie.


5.:
Bezüglich dem, das du "Kampfbalance" nennst: Das ist meiner Ansicht nach ein wesentlich schwierigeres Thema... Auf was man in erster Näherung mal achten sollte ist, dass alle Strategien und alle Kämpferbuilds irgendeinen klaren Konter haben. Die klassische Balancelücke ist beispielsweise, dass Magier viel zu mächtig sind... Also sollte man irgendwas einbauen, mit dem man Magier (als Nicht-Magier) effektiv kontern kann.



...Soweit mal von mir.

"A game should be a system of rules that allow the player to explore. If the player finds loopholes, then the game developer should fix them. It's never, ever the player's fault: it's the game developer's fault."

"Look, that's why there's rules, understand? So that you think before you break 'em."

Offline Oberkampf

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #10 am: 27.02.2013 | 07:04 »

EDIT: Argh.. schon wieder ein 90er Rant; ich wollte mir die doch abgewöhnen...

Auf keinen Fall abgewöhnen! Die bescheidenen 90er kann man gar nicht scharf genug verurteilen.

Balancing:

Was mir aufgefallen ist, wenn ich mit klassisch orientierten Spielern spiele: Ihnen ist es wichtig, dass alle Charaktere besonders in Kämpfen, also an für sie eigentlich völlig unwichtigen Aspekten des RSP, zumindest dem Eindruck nach annähernd gleich viel "reißen" können. Insofern würde ich, wenn ich im 90er-Stil spielen und designen wollte, meine Überlegungen darauf reduzieren, wie den Spielern in einer Kampfszene das Gefühl vermittelt werden kann, einen wichtigen Beitrag zum Sieg zu leisten. Deswegen würde ich Kampfmechanismen nur untereinander balancen, nicht mit den Mechanismen für andere Bereiche des Spiels (die mechanisch für 90er Jahre Spiel ohnehin völlig vernachlässigbar sind). Ganz brauchbar gemacht hat das z.B. ein komischerweise für andere Spielweisen konzipiertes Spiel wie D&D4.

Als nächstes bliebe die Frage, wieweit andere Bereiche überhaupt verregelt werden müssen, weil man sie spielen will. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Keine oder fast keine Mechaniken, bestenfalls ein paar Stichworte ("Kann gut kochen", "Wildnisexperte") oder einen großen Haufen Hobbyskills, die am Tisch nicht sinnvoll zum Einsatz kommen (Fischen, Jagen, Häuten, Ausweiden Lagerfeuer machen, Braten, Würzen, Abschmecken, Anrichten). Diese müssen von einem Punktekonto bezahlt werden, das nicht für Kampffertigkeiten zur Verfügung steht.

Zuletzt zu beachten sind die häufig gewürfelten Fertigkeiten. In den 90ern und bei 90er Spielstilen sind das meiner Beobachtung nach Wissens- und Wahrnehmungsfertigkeiten, aber das kann von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich sein. Hier ist wieder ein "Balancing" nötig: Aus diesem Pool sollte jedes Gruppenmitglied eine etwa gleich hohe Anzahl an Fertigkeiten mitbringen, auf die der Charakter spezialisiert ist (für Spotlightszenen) und generelle Basiskenntnisse in jeder dieser Fähigkeiten, damit immer alle mitwürfeln dürfen und auch mal jemand überraschend eine Info erhält, wodurch sein Charakter kurz besonders glänzt. Das muss wieder aus einem eigenen Konto bezahlt werden, damit es sich nicht mit Hobbies und Kampf vermischt.

Völlig unnötig ist es, die Fertigkeiten irgendeines Bereichs mit der Spielwelt auszubalancieren.

« Letzte Änderung: 27.02.2013 | 07:50 von SLF »
Dans un quartier qui est triste à tuer
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Offline blut_und_glas

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #11 am: 27.02.2013 | 07:44 »
Persönlich bin ich seit langem der Ansicht, dass "Transparenz" wichtiger ist als echte Balance.

Wenn Optionen erkennbar balanciert sind, dann ist es gut.
Wenn Optionen erkennbar unbalanciert sind, dann ist es auch gut.

Nicht so gut ist es nur, wenn Optionen balanciert erscheinen (oder sogar explizit behauptet wird "die sind gleichwertig"), sich dann hinten heraus aber heraustellt, dass sie es doch nicht sind.

Transparenz erlaubt es mir nämlich als Spieler selbst zu entscheiden, wie viel oder wenig Wert ich darauf lege, wo ich im Vergleich zu meinen Mitspielern stehe.

(Der Unterschied, ob ich absichtlich oder versehentlich einen "schwachen" (oder "starken") Charakter baue.)

Daher würde ich zunächst mehr darauf achten, klar zu erläutern was welches Element (Fertigkeit, Attribut, ... was wir da alles hatten) macht, wie sie zusammenspielen, und wie sie in den Spielverlauf hineinpassen/wie oft sie zum Einsatz kommen (wurde ja schon mehrfach angemerkt).

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Offline 1of3

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #13 am: 27.02.2013 | 08:28 »
Dabei muss man denke ich allerdings zwei grundlegende Themen unterscheiden: Charakterbalancing (was bekomme ich um wieviele Charakterpunkte / Attribute müssen mit Talenten aufwiegen usw.) und dem Kampfbalancing (bringt Magie genau so viel wie Schwertkampf / wie stark muss ein Gegner sein um für einen gewissen Spielerlevel eine Herausforderung zu sein). Beide Felder halte ich für relevant, sind aber soweit mir bewusst ganz eigene Themen.        
klassischer traditioneller DSA Denkfehler tm.


Man muss das Gesamtbild betrachten(Kampf"balancing" ist nur ein Unterpunkt des allgemeinen Characterbalancing)
Im Prinzip muss man beachten, das alles dementsprechend gepreist ist, wie es den Einfluss aufs Spiel wiederspiegelt.

BESM hatte  Preislisten  nach Genre.


Welche Rolle, welche Möglichkeiten haben Handwerk, Wissen und soziales Kampfsystem?
Was kann ein Zimmermann auf einem Flussschiff in Piratengefährdetem Gebiet tun?
Wie sind sie regel und spieltechnisch integriert? Gibt es ein soziales Kampf
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #14 am: 27.02.2013 | 09:01 »
Balancing, Nischenschutz,Tiers, ...

Da wo Game draufsteht und die Truppe vor Gesamthersusforderungen steht, möchte jeder gefühlt gleich verantwortlich für die Lösung sein, denn die Lösung ist der Spaßquell. Ein gemeinsames brüten über der spruchliste des magiers ist hier selten befriedigend.

Wenn man ein Spiel um Drama spielt (game), dann ist es wichtig für den char Konflikte zu haben, die man oft und unterhaltsam zunden kann.
Als Faustregel kann man fragen, welche Bereiche im System verregelt sind. Jede zugelassene Rolle sollte innerhalb jedes Gebietes Einfluss haben und aktiv mitspielen können. Rollen deren Stärken in nicht von den Regeln abgedeckten Bereichen liegen, kann man nicht balancieren.  die Erwartungen differieren.



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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #15 am: 27.02.2013 | 09:03 »
Was wichtig ist, und was der Threadstarter gut erkannt hat, ist, dass es neben dem systemischen Balancing ein rundenspezifisches Balancing gibt, das sich aus der durch den Plot induzierten Anzahl von Möglichkeiten ergibt, sich mit seinen Resourcen sinnvoll einzubringen.

An der Stelle erkennt man schnell, dass Systeme, die auf Spezialistentum setzen, sich darüber potenziell mehr Gedanken machen müssen. Wer in einer Sache besonders gut, in allen anderen hingegen eher mau ist, der braucht eben die Möglichkeiten, die Sachen, in denen er besonders gut ist, auch einsetzen zu können. Generalisten haben dieses Problem nicht.

Des Weiteren ergeben sich Probleme, wenn zwei Charaktere unterschiedliche Resourcen haben, diese aber dem selben Zweck dienen. Der Klassiker ist hier sicherlich die endliche Zauberanzahl gegenüber die potenziell unendliche Kraft des Schwertarms. Das gegeneinander zu balancieren, ist nicht einfach und läuft meistens darauf hinaus, dass der Magier mit seinen begrenzten Resourcen den Rhythmus der Gruppe bestimmt.

Ein weiteres, rein auf der systemischen Seite zu findendes Problem ergibt sich durch zu granulare Regeln. Je mehr Details zu beachten sind, je mehr Fähigkeiten zur Auswahl stehen, umso wahrscheinlicher wird es, dass man in Sachen investiert, die nie zum Einsatz kommen und damit gegenüber anderen Charakteren ins Hintertreffen gerät. Rules Heavy Simulationism muss deshalb, wenn Wert auf Balancing gelegt wird, dieses in der Gruppendynamik und im Plotdesign verorten. Das verwendete System wird es nicht hergeben.
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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #16 am: 27.02.2013 | 09:14 »
Ich finde Balancing albern und unrealistisch (ich benutze mal ganz bewusst dieses abgedroschene Wort).
Ich echten Leben ist auch nicht jeder "gleich gut".

Mir ist viel wichtiger, dass jeder Charakter in einem rollenspielrelevanten Bereich gut ist und seinen Bereich hat, in der er sein Spotlight bekommt und diese Bereiche auch regelmäßig abgefragt werden.
Der Social Charakter muss nicht genauso gut kämpfen können, aber im Rollenspielverlauf sollte es dementsprechend auch Notwendigkeiten für die sozialen Fähigkeiten geben.

Balancing ist für mich dementsprechend kein Begriff der ausgeglichene Befähigungen der Charaktere bemißt, sondern der bewertet, wie ausgeglichen das "sich einbringen der Charaktere" ermöglicht wird.
Mangelndes Balancing entsteht nicht daraus, dass irgendein Charakter nicht so gut kämpfen kann, sondern, wenn das System Charaktere ermöglicht, die nichts relevantes können ("Zuckerbäcker"), der Spielleiter bestimmte Elemente nicht abfragt oder handwedelnd regelt, so dass dort auch Nicht-Spezialisten plötzlich unberechtigt einwirken können oder der Spieler sich einen Charakter so erschafft, dass er für die im Setting vorgegebenen Spielinhalte nichts relevantes einzubringen hat.

In den meisten Fällen ist mangelndes Balancing ein Spielrundenproblem und kein Systemproblem.
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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #17 am: 27.02.2013 | 09:16 »
Das Game Design kann sicherlich Dinge besser (GURPS) oder schlechter (DSA 4) machen. Dass man über Game Design Balancing für regelschwere Systeme erreichen kann, glaube ich nicht. Es sei denn, man setzt das Konzept vieler DSA-Abenteuer um, in denen alle Bäume auf die gleiche Höhe (ca. 20 cm) gestutzt werden.

Es stellt sich aber auch die Frage, ob RHS-Liebhaber überhaupt Balancing wollen. Dass Dinge ungleich gewichtet sind, ist nun mal Bestandteil einer realistisch bzw. plausibel simulierten Welt.

Boba weist noch mal darauf hin, dass ein wesentlicher Teil des Balancings von der Gruppe verantwortet wird. Ich würde allerdings bestreiten, dass systemisches Balancing nutzlos ist. Wer mal einen Kampf einer hochstufige DnD prä 4e-Runde miterlebt hat, in der die Sprücheklopfer krasse Effekte en masse raus jagen und dafür 90 % der Spielzeit in Anspruch nehmen, während der Kämpfer ein mal pro Runde (ok, ggf. auch zwei Mal) zuschlagen darf, der weiß, was ich meine.
« Letzte Änderung: 27.02.2013 | 09:21 von Metal King »
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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #18 am: 27.02.2013 | 09:36 »
Balancing ist ein Mythos. Es ist natürlich besser, man versucht als Designer für ein Spielgeleichgewicht zu sorgen, aber in the end ist das nur annäherungsweise möglich. Ich habe auch noch kein Spiel gesehen bei dem es tatsächlich eine "Balance" gegeben hätte.

Ach ja, und so schlimm waren die 90s nicht.
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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #19 am: 27.02.2013 | 09:44 »
Es ist ein Unterschied zwischen, ein Char kann in einer Situation was beitragen und es ist sein Spotlight.
Eines Zauberers Spotlight ist Zaubern, nicht Kampf.
btw Zauberer müssen ihre Energie regenerieren und deshalb muss die Party rasten, das ist Umstände - Umweltabhängig wie möglich das ist.
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“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #20 am: 27.02.2013 | 09:45 »
Balancing ist ein Mythos. Es ist natürlich besser, man versucht als Designer für ein Spielgeleichgewicht zu sorgen, aber in the end ist das nur annäherungsweise möglich. Ich habe auch noch kein Spiel gesehen bei dem es tatsächlich eine "Balance" gegeben hätte.

Ach ja, und so schlimm waren die 90s nicht.

Wenn man Balancing aufs reine Systembalancing bezieht, stimmt das weitgehend, außer für Gamistische Gruppen. Und ich finde die Systeme, die mit den 90ern identifiziert werden, (Shadowrun, WoD vor allem, RHS war eher ein Trend der späten 80er) scheiße. RHS übrigens auch.

Das Ganze bringt mich dazu, anzumerken, dass unterschiedliche Agendas unterschiedliche Voraussetzungen ans Balancing stellen. Der Storygamer hat da ganz andere Erwartungen als der Gamist etc.
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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #21 am: 27.02.2013 | 09:47 »
Wenn man Balancing aufs reine Systembalancing bezieht, stimmt das weitgehend, außer für Gamistische Gruppen. Und ich finde die Systeme, die mit den 90ern identifiziert werden, (Shadowrun, WoD vor allem, RHS war eher ein Trend der späten 80er) scheiße. RHS übrigens auch.

Das Ganze bringt mich dazu, anzumerken, dass unterschiedliche Agendas unterschiedliche Voraussetzungen ans Balancing stellen. Der Storygamer hat da ganz andere Erwartungen als der Gamist etc.

Ich finde spiele aus allen Epochen scheiße. Die ganze GNS-sache übrigens auch ;) Aber was zur Hölle ist RHS?
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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #22 am: 27.02.2013 | 09:55 »
Balancing ist ein Mythos. Es ist natürlich besser, man versucht als Designer für ein Spielgeleichgewicht zu sorgen, aber in the end ist das nur annäherungsweise möglich. Ich habe auch noch kein Spiel gesehen bei dem es tatsächlich eine "Balance" gegeben hätte.

Zweifellos. Ist genauso wie mit Demokratie, Ordnung und der Frage, wer das Klopapier kauft. Lässt sich alles nicht perfekt lösen, trotzdem kann die Beschäftigung mit der Frage wertvoll sein. Bad Horse hat das ganz formuliert: Balance kann verhindern, dass Teilnehmer in besonderem Maße keinen Spaß haben. Sie sorgt nicht dafür, dass das Spiel gut wird, sie kann dafür sorgen, dass das Spiel aus bestimmten Umständen besonders schlecht wird.

Wir sollten auch noch einmal schauen, was hier eigentlich balanciert werden soll. Das klang schon ein paar mal an. Ich sammle mal.

Ein typisches Rollenspiel trennt seine Teilnehmer in einen Spielleiter und mehrere Spieler. Der Spielablauf gliedert sich in Phasen starker Regelnutzung auf Rundenbasis ("Kampf") und freieres Spiel.

Balance zwischen Charakteren ist dabei irrelevant. Die gibt es nicht. Es liegt hier eine Verkürzung des Gedankenganges vor. Bei typischen Rollenspielen können die SC-Spieler das Spiel nur durch die Steuerung ihres eigenen SCs beeinflussen. Was man da also eigentlich balancieren will, sind nicht Charaktere, sondern Einflussmöglichkeiten von Teilnehmern. Das hat Boba auch schon angemerkt.

Zu klären ist, ob man die SC-Spieler untereinander balancieren oder die SC-Spieler als Gruppe mit dem Spielleiter balancieren möchte. Horatio hat diese Frage bereits gestellt.

Fraglich ist auch, ob man Kampf und freies Spiel miteinander balancieren möchte. Das halte ich jedenfalls für schwierig, wenn man sie in jener Form vorliegen hat. Der Ablauf unterscheidet sich häufig so fundamental, dass wir gleichsam zwei Spiele unter eine Namen haben. Da scheint es sinnvoll, die beiden Bereichen jeweils für sich zu betrachten (und wie man im Spielfluss von einem zum anderen umschaltet).

Man müsste demnach schauen, dass alle im Kampf was reißen und alle außerhalb. Alternativ kann man entweder auf ein Kampfsystem verzichten oder das Spiel permanent im Kampfsystem laufen lassen. Damit werden aber die Voraussetzungen hinfällig.[1]

Natürlich wird auch das Balancing zwischen SC-Spielern und SL hinfällig, wenn man diese Unterscheidung im Spiel nicht hat oder die Teilnehmer anders einteilt.


[1] Merke: Das ein Kampfsystem verwendet wird, heißt nicht das fiktive Figuren sich auf die Nase geben. Ich meine damit nur, dass es einen Ablauf in Runden und Zügen gibt und die Teilnehmer versuchen bestimmte Ressourcen-Stände zu erreichen.

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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #23 am: 27.02.2013 | 10:19 »
Ich persönlich halte Aussagen das ein Balancing unrealistisch, unnötig und unerwünscht sind, das es überhaupt eigentlich gar keiner wollen würde, eher für eine Faulheit bzw. einfach ein Unvermögen bzw. Versagen des entsprechenden Spieldesigner einen vernünftigen Mechanismus zu entwickeln.

Hinsichtlich der Aussage der Balance zwischen den Charakteren.
Natürlich gibt es eine solche, beziehungsweise kann es eine solche geben.
Ich wäre sogar geneigt zu behaupten das wenn die Charaktere gegeneinander agieren ein Balancing nicht nur nett sondern gar erforderlich ist. Schließlich geht es dahingehend nicht um Einflussmöglichkeiten sondern um direkte Vergleiche bzw. einen Wettbewerb.
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Re: Standpunkte zu Balancing
« Antwort #24 am: 27.02.2013 | 10:25 »
Ich persönlich halte Aussagen das ein Balancing unrealistisch, unnötig und unerwünscht sind, das es überhaupt eigentlich gar keiner wollen würde, eher für eine Faulheit bzw. einfach ein Unvermögen bzw. Versagen des entsprechenden Spieldesigner einen vernünftigen Mechanismus zu entwickeln.

Nenne mir ein Spiel bei dem es ein tatsächliches, funktionierendes Balancing gibt :)

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