Autor Thema: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?  (Gelesen 36573 mal)

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Offline Jürgen Hubert

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Ich habe heute früh ein Interview mit den Entwicklern von Exalted Third Edition gelesen. Dabei sagte Entwickler John Morke folgendes:


"Though I wasn’t a developer on first edition, I can say that I didn’t perceive Exalted as having been designed to be an alternative to Dungeons and Dragons any more than Vampire: the Masquerade. Das Schwarz Auge, reportedly reflects the kind of axioms that are prohibitive to Exalted’s expansion in Germany, and I think that the chief reason for that is because people perceive Exalted as competing for idea-space with D&D and its popular German contemporary. For all of us to benefit from Exalted’s publication, we need to show that Exalted chiefly sits in the realm of myth. It is Sumerian and Greek. It is Gilgamesh and Hercules. It has many Biblical elements, including the ancient world, so far predating the more medieval elements of Tolkien fantasy that form the backbone of D&D. You will not find a single elf in Exalted. What we have instead, are soul-devouring raksha, Hindu-demonic fae who feed on emotion and who live in the chaos surrounding the world."

[...]

"Exalted does not have a solid, established metaplot that the gamers must follow. While Exalts are of a much higher power level than has been established by D&D style games, powergaming is not actually possible in Exalted because of the scope of threats and challenges that an Exalt must face, and because no matter how strong your Solar is, on a bad day, he can get brought down by innately mortal threats. Exalted reaches for something that D&D cannot find and indeed is not looking for. It is a game of politics, religion, and economics, supported by extreme martial arts action and high octane combat and extremely expressive, textured sorcery. It’s just very, very different, and not meant to threaten or replace the traditional German values and standards for gaming in masterpieces like Das Schwarz Auge."

Er gibt wenig später zu, daß er sein Wissen über den deutschen Rollenspielmarkt primär von einem einzelnen deutschen Kontakt hat (worüber man ihm auch keinen Vorwurf machen kann). Aber das hat mich doch ziemlich neugierig gemacht: Was ist "typisch deutsch" für das deutsche Rollenspiel?

Ich selber habe nur wenig Erfahrung mit deutschen Rollenspiele - die meisten meiner Rollenspielbücher sind auf Englisch. Ich habe nie Das Schwarze Auge gespielt, und ansonsten habe ich eine größere Anzahl Quellenbücher für Cthulhus Ruf und eine kleinere Anzahl von Midgard-Quellenbüchern (welche wir als Hintergrundmaterial für eine GURPS-Runde verwenden).

Und natürlich kann man nur schlecht über alle deutschen Rollenspieler verallgemeinern. Aber dennoch ist der kulturelle Kontext hier in Deutschland anders als in den USA, und damit dürften auch die Vorlieben der deutschen Rollenpspieler im Schnitt etwas anders sein als in den Vereinigten Staaten.

Deswegen meine nicht-repräsentative Umfrage: Was ist für Euch "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
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Offline La Cipolla

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #1 am: 31.05.2013 | 12:58 »
- DSA & Midgard, Skepsis gegenüber D&D
- stylische Eigenentwicklungen in dark & gritty, möglichst emotional (der ganze Schwall an Kram, der nach Vampire kam, also Engel, Degenesis, Opus Anima)
- langsame Trends, die sich wie eine phlegmatische Welle laaaaangsam über Deutschland rollen (jetzt gerade: Retro-Kram, SW/Fate, Einsteigersysteme); am Ende der Welle ist die Hälfte der Szene schon mal drei Trends weiter
- starke Meinungen über Systeme (vor allem die, die man nicht mag), non-plus-ultra-Mentalität
« Letzte Änderung: 31.05.2013 | 13:00 von La Cipolla »

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #2 am: 31.05.2013 | 13:12 »
ich werfe mal die heilige deutsche dreieinigkeit in den raum:
da kann ja jeder kommen!
das haben wir immer schon so gemacht!
wo kämen wir denn da hin?

die liebe des deutschen an sich ( ;) ) für Regeln, Schilder und Hierarchie überträgt sich ebenso wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit/Aufgabenbewusstsein/Verantwortungsgrenzen.

DSA ist hierfür ein Paradebeispiel.

Offline Teylen

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #3 am: 31.05.2013 | 13:13 »
Eventuell das bei Rollenspiele solche bevorzugt werden wo die Charaktere in einer hirachischen Struktur eingebunden sind und innerhalb des Settings eher unten als oben stehen. Gerne auch scheiternd.

Das heißt Rollenspiele wie SCION kommen mitunter schlecht an weil die Charaktere zu kompetent wirken.
Bei V:tM wird schonmal negativ angemerkt wenn man in den Verdacht gerät "Superheroes with Fangs" zu spielen.
Bei Cthulhu wird schonmal sorgsam betrachtet das die Charaktere auf einmal erfolgreich(er) sein könnten.
Nun und DSA hat wohl so etwas wie Zuckerbäcker als Profession.
So etwas wie OSR geht wohl ohne Super-Phobie, allerdings wird dann natürlich betont wie dreckig und wie tödlich das Setting ist.
Bei SR wird gemeckert wenn die SCs nicht aus der Gosse heraus agieren.

Insofern finde ich es nicht verwunderlich das ein System das Powergaming dahingehend überspringt das man quasi Götter spielt abgelehnt wird. Noch so bevor man darauf schaut gegen was die Kämpfen.

Also wenn ich nun unbedingt einen Unterschied benennen müßte. ^^;
Die (internationale) V:tM Gruppe in der ich spiele wirkt nicht so viel anders wie die deutsche. ^^;
(Außer das ich weniger einen Hang zu den exotischen Clans habe, weiß aber nicht ob ich das auf den Rest der Deutschen umlegen kann XD )
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Offline Oberkampf

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #4 am: 31.05.2013 | 13:15 »
Die deutsche Rollenspielszene ist einfach stark von DSA geprägt, und damit von allem, was DSA an Lehren über gutes/"richtiges" Rollenspiel mitgeliefert hat. Das ist auch in die Rezeption anderer Rollenspiele in Deutschland eingeflossen. Umgekehrt ist DSA auch ein so urdeutsches Produkt, dass das, was DSA in den Jahren seiner Entwicklung publiziert hat, auch ein gutes Spiegelbild für das ist, was deutsche Rollenspieler sich vom Rollenspiel erhofft und erwartet haben (bei aller angebrachten Vorsicht gegenüber der Annahme, es gäbe einen unverrückbaren "Nationalcharakter des Rollenspielens". Das ist natürlich Quatsch, aber es gibt Traditionen, die sich eingeschliffen haben.).


Als typisch deutsch empfinde ich:

- Abneigung gegen Dungeons (generell gegen ortsbasierte Abenteuer)
- Vorliebe für eine dramaturgisch gut inszenierte Geschichte
- Skepsis gegenüber angewendeten Regeln (Story vor Regeln)
- Skepsis gegenüber Würfeln (Schauspiel vor Würfeln)
- Vorliebe für bürokratische, detaillierte Regeln (solange man sie nicht anwendet)
- Vorliebe für "realistische" Regeln (solange die Story Vorrang vor ihnen hat)
- Vorliebe für reine Atmosphäreszenen mit hohem Schauspielanteil
- Rollenspiel ist Hohe Kunst (wird als solche gesehen)
- Rollenspiel hat Bedeutung über das Spielen hinaus
- unfehlbare Spielleiter (zumindest in ihrem Eigenverständnis)

Das  :T: ist übrigens nicht sonderlich typisch deutsch  ;D
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Offline Lord Verminaard

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #5 am: 31.05.2013 | 13:20 »
Hallo Jürgen, schön mal wieder von dir zu lesen! :)

Leute, die weit mehr Rollenspielpublikationen gelesen haben als ich, haben sich zu deiner Frage schon gelegentlich ausgelassen, wobei es recht schwer ist, die Aussagen von ihrem "ideologisch" aufgeladenen Kontext zu befreien. Häufig ist dieser Kontext nämlich deutsch = piefig / schlecht. Was immer wieder erwähnt wird, ist die Tatsache, dass es im Deutschland der Gegenwart, im Gegensatz zu Amerika, keine Wargaming-Tradition gibt. Insofern fehlt zu einem gewissen Grad der Zugang gerade zu D&D, bzw. ist das teilweise anzutreffende Naserümpfen gegenüber D&D zu erklären. Deutschland ist halt mehr so "Siedler". ;) Wobei der Trend ja gegenwärtig dahin geht, sich gerade diese Wurzeln des Rollenspiels zu erschließen (Stichwort OSR et al).

Hier im :T: wirst du vergleichsweise wenig "typisch Deutsches" finden, da hier auch eher die US-Trends und ihre deutschen Ausprägungen reflektiert werden. Es könnte aber interessant sein, diese Frage in einem DSA- oder Cthulhu-Forum zu stellen. Settembrini brach es in einem lichten Moment mal auf Romantik runter und da hat er nicht Unrecht: Der archetypische deutsche Rollenspieler ist ein Romantiker.

Bei dem verlinkten Interview habe ich stark den Eindruck, dass John Morke einfach was mit Deutschland-Bezug sagen wollte, weil er ein Interview für ein deutsches Blog (?) gibt. Aber offensichtlich hat er nicht den blassesten Schimmer, wovon er in Bezug auf DSA redet. ;)
« Letzte Änderung: 31.05.2013 | 13:22 von Lord Verminaard »
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Offline Thandbar

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #6 am: 31.05.2013 | 13:21 »
Im internationalen Vergleich sticht Deutschland meines Wissens nach nicht als Land heraus, in welchem Hierarchien eine so besonders starke Rollen spielen (zumindest wenn man Länder wie Griechenland, Korea, Frankreich dagegenstellt).

DSA hat meiner Ansicht nach nicht wegen innerer Eigenschaften - und deren Bezug zu einem mystischen "deutschen Wesen", das es womöglich überhaupt nicht gibt - Erfolg gehabt, sondern weil es einfach zur richtigen Zeit sich weitestgehend konkurrenzlos ausbreiten konnte.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

Offline Boba Fett

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #7 am: 31.05.2013 | 13:26 »
mein tüppisch doitsch:

- Skeptik
- Pessimismus
- schlecht reden
- Intoleranz gegenüber anders denkende/spielende
- Elitendenken
« Letzte Änderung: 31.05.2013 | 14:05 von Boba Fett (away) »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline La Cipolla

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #8 am: 31.05.2013 | 13:29 »
Um zur Abwechslung auch mal etwas Diskussion mit reinzubringen:

Zitat
Eventuell das bei Rollenspiele solche bevorzugt werden wo die Charaktere in einer hirachischen Struktur eingebunden sind und innerhalb des Settings eher unten als oben stehen. Gerne auch scheiternd.

Das heißt Rollenspiele wie SCION kommen mitunter schlecht an weil die Charaktere zu kompetent wirken.
Bei V:tM wird schonmal negativ angemerkt wenn man in den Verdacht gerät "Superheroes with Fangs" zu spielen.
Bei Cthulhu wird schonmal sorgsam betrachtet das die Charaktere auf einmal erfolgreich(er) sein könnten.
Nun und DSA hat wohl so etwas wie Zuckerbäcker als Profession.
So etwas wie OSR geht wohl ohne Super-Phobie, allerdings wird dann natürlich betont wie dreckig und wie tödlich das Setting ist.
Bei SR wird gemeckert wenn die SCs nicht aus der Gosse heraus agieren.

Das ist ein guter Punkt, aber einer, den ich eher der selbsternannten Rollenspielelite zuordnen würde. Wir haben früher in D&D und SR weltumwälzende Dinge getan, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, und ich weiß, dass viele Gruppen das ähnlich halten. Aber ja, im Rahmen der Internetforen etc. ist es wohl eine gute Beobachtung. ^^

Lord V.s Punkt mit den Miniaturen finde ich durchaus vernünftig, wobei ich eher die Miniaturen an sich als fremdartig kategorisieren würde (das ging mir auch selbst so). D&D ist bis zur vierten Edition immer vergleichsweise ähnlich "wargamig" gewesen wie DSA, wenn man nur die Regeln betrachtet, und in Deutschland wurde es meines Wissens auch nie groß mit Miniaturen vermarktet. Ich schiebe das Naserümpfen weiterhin auf das Großer-Bruder-Dasein und die Unterschiede zum Platzhirsch, was die Fantasy-Herangehensweise angeht.

Die Romantik ist wiederum ein krasser Gedanke, den ich so definitiv nicht gehabt hätte. Aber ja, gerade wenn man an das frühe DSA denkt, ist Romantik (auch im Sinne von Fantasy-Romantik a la HdR und Conan - wallende Haare und polierte Muskeln) wohl gar nicht so abwegig. Sieht man ja auch gerade in der Retrobewegung wieder.

Offline Dark_Tigger

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #9 am: 31.05.2013 | 13:36 »
Ich denke ein typisch Deutsch gibt es im Rollenspiel nicht. Es gibt lediglich eine durch die starke DSA übermacht, langezeit geprägte Selbst- und Fremndbild.
Genauso wie es natürlich quatsch ist, das die auf der anderen Seite des Teichs alle nur so D&D Hack&Slay spielen.

Die Unterschiede die behauptet werden, hängen glaube ich stark damit zusammen, das bei Rollenspiel etwas ist, was hauptsächlich Akademiker (und solche die es mal werden) betreiben, und die deutsche gebildeten Schicht trennt sich gerne von "den Amerikanern" ab.

Zitat
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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #10 am: 31.05.2013 | 13:37 »
mein tüppisch doitsch:

- Skeptik
- Pessimismus
- schlecht reden
- Intoleranz gegenüber anders denkende/spielende
Ich ergänze mal um
- bissiges Verteidigen der eigenen Wohlfühlzone

Diese Wohlfühlzone ist deshalb wichtig, da negative Äußerungen und Kritik im Allgemeinen zu akzeptieren sind. Die abgegrenzte (Negativargumente) bekannte Welt (Schrebergarten) bietet hier den Frieden, den man zur Entspannung braucht.

Es ist schon klar, dass es keine "Natur des Deutschen" gibt, aber es gibt die Punkte, die man gerne für Karrikaturen heranzieht und die sind nur lustig, wenn sie auch treffen.

Die Vorliebe für Underdogs im deutschen Raum halte ich dennoch für prägend. Allerdings ist sie mMn eher eine Reaktion auf die Erzählonkelei, da beim Underdog der Einfluss der Spielfigur mit den Erwartungend es Spielers an seinen Einfluss auf das Spiel halbwegs Hand in Hand geht. >;D

Offline La Cipolla

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #11 am: 31.05.2013 | 13:39 »
Zitat
Ich denke ein typisch Deutsch gibt es im Rollenspiel nicht. Es gibt lediglich eine durch die starke DSA übermacht, langezeit geprägte Selbst- und Fremndbild.
Genauso wie es natürlich quatsch ist, das die auf der anderen Seite des Teichs alle nur so D&D Hack&Slay spielen.

Die Unterschiede die behauptet werden, hängen glaube ich stark damit zusammen, das bei Rollenspiel etwas ist, was hauptsächlich Akademiker (und solche die es mal werden) betreiben, und die deutsche gebildeten Schicht trennt sich gerne von "den Amerikanern" ab.

Natürlich sind die Unterschiede nicht so simpel oder deutlich, aber ich finde es schon sinnvoll, Strömungen und allgemeine Trends aufzuzeigen. Das setzt nicht zuletzt die eigene Sichtweise in einen anderen Kontext.

Wellentänzer

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #12 am: 31.05.2013 | 13:55 »
Typisch deutsch finde ich den Bezug zu derjenigen "Hotzenplotzigkeit", welche gerade DSA und die großartigen, deutschen Cthulhu-Publikationen auszeichnet. Da wird sehr stark Bezug genommen auf klassisch deutsche Mystik. Gefällt mir.

Typisch deutsch finde ich aber vor allem die auch hier im Thread klar erkennbare Defizitorientierung. Mutmaßliche Schwächen von Systemen oder Spielern werden stark in den Vordergrund gerückt, mögliche Stärken marginalisiert. Wenn man sich anschaut, was die Leute an "typisch deutsch" mögen bzw. nicht mögen, entsteht (nicht nur hier im Thread) ein klares Bild. Das wird dann lustiger Weise gerne flankiert durch die eigene Charakterisierung als "nicht typisch deutsch". Diese übersteigerte Kritik wird halt auch in der Rezeption von Rollenspielen offenbar.

So ist für mein Empfinden auch die Deutung des Romantischen gelagert: da wird auf den Romantikern herumgehackt, aber das deutsche Rollenspiel verdankt nun mal Leuten wie den Brüdern Grimm oder Brentano seine eigenen, thematischen Wurzeln. Das wurde von DSA dankenswerter Weise aufgriffen und fortgeführt. Ich finde das wunderbar und habe keine Probleme damit. Vielmehr empfinde ich es aus verschiedenen Gründen als kurzsichtig, sich davor wahnsinnig zu verschließen.

« Letzte Änderung: 31.05.2013 | 13:57 von Wellentänzer »

Offline Teylen

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #13 am: 31.05.2013 | 14:00 »
Man könnte sich auch überlegen ob für eine Betrachtung aus dem Ausland deutsches Rollenspiel mit den german-style boardgames verwandt sein könnte.

Ansonsten habe ich nicht den Eindruck das deutsche Spiele einen schlechten Ruf hatten.
(So von belgischen/niederländischen Bekannten die rüber nach Essen zur SPIEL fahren, oder den Schilderungen zu V:tM LIVE Gruppen die wohl mal in den Pott zum spielen gefahren sind)
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Offline Lord Verminaard

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #14 am: 31.05.2013 | 14:02 »
Inzwischen dürfte klar geworden sein, was ich weiter oben mit "ideologisch" meinte. ;D

D&D ist bis zur vierten Edition immer vergleichsweise ähnlich "wargamig" gewesen wie DSA, wenn man nur die Regeln betrachtet, und in Deutschland wurde es meines Wissens auch nie groß mit Miniaturen vermarktet. Ich schiebe das Naserümpfen weiterhin auf das Großer-Bruder-Dasein und die Unterschiede zum Platzhirsch, was die Fantasy-Herangehensweise angeht.

Ich muss einschränkend erwähnen, dass ich nie ein D&D-Regelwerk der 3E oder 4E gelesen habe. Wohl aber AD&D 2nd und im Vergleich dazu DSA3. Klar hatte DSA Waffenvergleichswerte und Kampfmanöver und all so Schnickschnack. Aber der Duktus war anders. Die Ausrichtung war anders. Man kämpfte überwiegend gegen Menschen oder menschenähnliche Gegner, nicht gegen Monster. Man bekam selten bis nie magische Gegenstände als "Belohnung". Gefolgsleute und "Mietlinge" (wie hießen die doch gleich) waren nicht vorgesehen. Und vor allem, die Rolle des "Meisters" wurde anders interpretiert als die des "DM". Von der Spielkultur her und auch dem, was die Texte reflektieren, ist D&D, selbst wenn man es ohne Miniaturen spielt, völlig anders als DSA. Unbenommen bleibt, dass es natürlich viele Gruppen gab, die diese Spielkultur auch auf D&D übertragen haben, wofür D&D als Regelwerk aber immer schlecht geeignet war*, womit wir wieder beim Naserümpfen wären. ;)

* Böse Zungen würden sagen, noch schlechter als DSA. 8)


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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #15 am: 31.05.2013 | 14:13 »
Okay, das macht Sinn.

Offline Thandbar

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #16 am: 31.05.2013 | 14:19 »
Neulich habe ich mal gehört, dass in Sachen PC-Games die klassischen Adventure-Spiele gewissermaßen nur noch in Deutschland erfolgreich sind.
Vielleicht hängt dies ja mit dem "Kein Kampf"-Thema zu tun, das meiner Beobachtung nach nur in D derart akut ist. 
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #17 am: 31.05.2013 | 14:21 »
kleine Einwand@Vermi: Ad&D Drachenlanze war auch nicht anders als DSA3 Aventurien (abgesehen von einigen regeltschechischen Auswüchsen wie Waffenvergleichstabellen und Magierakademien). Und auf Athas (Dark Sun)wurde versucht, das gleiche (Romane nachspielen) nochmal durchzuziehen.
« Letzte Änderung: 31.05.2013 | 14:24 von Boba Fett (away) »
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Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #18 am: 31.05.2013 | 14:45 »
Typisch deutsch finde ich den Bezug zu derjenigen "Hotzenplotzigkeit", welche gerade DSA und die großartigen, deutschen Cthulhu-Publikationen auszeichnet.
von der Grossartigkeit mal abgesehen(aus Kleine Völker tropfte geradezu Oberlehrerhaftes Besserspielen und SC sind zu dumm zum Leben Statisten heraus) dürftest du teilweise  recht haben.

btw das deutsche RPG verdankt seine Wurzeln den Freiheitskriegen und dem grossen Generalstab und seinen Sandkastenspielen.
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
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Offline Jürgen Hubert

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #19 am: 31.05.2013 | 14:49 »
von der Grossartigkeit mal abgesehen(aus Kleine Völker tropfte geradezu Oberlehrerhaftes Besserspielen und SC sind zu dumm zum Leben Statisten heraus) dürftest du teilweise  recht haben.

Oh Gott, Kleine Völker... ich bin ja eigentlich ein Fan von den deutschen Cthulhu-Publikationen, aber das Indiana Jones-Abenteuer in "Kleine Völker" war wirklich grottig.
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Offline asri

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #20 am: 31.05.2013 | 15:06 »
Jetzt sind wir ja tendenziell bei der deutschen Sicht auf das deutsche Rollenspiel.

Kennt jemand internationale Perspektiven (jenseits des verlinkten Interviews) auf "uns"? Ich meine, J. Morningstar und Dominic McDowall-Thomas haben letztes Jahr in einem Vortrag zu Rollenspiel weltweit auch kurz was über Deutschland gesagt, aber mir fehlt grad die Zeit, um das aus den 53 Minuten rauszufischen. Meiner Erinnerung nach war es auch eher nichtssagend. ;) Link

Zu DSA hab ich mal die Meinung eines Nicht-Deutschen gehört, dass einfach die Größe des Systems im Sinne der Anzahl an Publikationen (und auch Übersetzungen) sowie die Marktmacht im deutschsprachigen Raum imponierend sind. Ich will nicht das Thema sprengen, aber wenn es im Sinne des Threaderstellers ist, fände ich es interessant, auch "ausländische" Ansichten auf deutsches Rollenspiel zu werfen.

Dass die aktuelle Ausgabe der Anduin #106 mit dem Schwerpunktthema "Deutschsprachige Rollenspiele" gerade erschienen ist, ist bekannt? Darin stehen auch ein paar Gedanken (vor allem von Niniane und Glgnfz) zum (typisch) deutschen Rollenspiel.

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #21 am: 31.05.2013 | 15:09 »
btw das deutsche RPG verdankt seine Wurzeln den Freiheitskriegen und dem grossen Generalstab und seinen Sandkastenspielen.
Da würde ich widersprechen, wenn Du damit auf das preußische Kriegsspiel hinweisen möchtest. Das stand ja lustiger Weise eher als eine Art Großvater für D&D Pate und eben nicht für deutsche Spiele. Siehe die Diskussion über Romantik etc. weiter oben.

Dass die aktuelle Ausgabe der Anduin #106 mit dem Schwerpunktthema "Deutschsprachige Rollenspiele" gerade erschienen ist, ist bekannt? Darin stehen auch ein paar Gedanken (vor allem von Niniane und Glgnfz) zum (typisch) deutschen Rollenspiel.
Nein, war mir nicht bekannt. Danke für den Hinweis!

Offline Jürgen Hubert

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #22 am: 31.05.2013 | 15:11 »
Zu DSA hab ich mal die Meinung eines Nicht-Deutschen gehört, dass einfach die Größe des Systems im Sinne der Anzahl an Publikationen (und auch Übersetzungen) sowie die Marktmacht im deutschsprachigen Raum imponierend sind. Ich will nicht das Thema sprengen, aber wenn es im Sinne des Threaderstellers ist, fände ich es interessant, auch "ausländische" Ansichten auf deutsches Rollenspiel zu werfen.

Damit hätte ich kein Problem. Ausländische Perspektiven über Deutschland sind immer faszinierend.
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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #23 am: 31.05.2013 | 15:30 »
Da würde ich widersprechen, wenn Du damit auf das preußische Kriegsspiel hinweisen möchtest.
und was stand für DSAPate?
Traveller?

Ja, ich meinte u.a. dieses
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline La Cipolla

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Re: Was ist "typisch deutsch" im Punkte Rollenspiel?
« Antwort #24 am: 31.05.2013 | 15:33 »
D&D natürlich. Ist weithin bekannt.