Das Angebot ging zwar an Lichtbringer, aber mich würde die Berichtigung in Sachen Big Model interessieren.
Wär ja jetzt irgendwo feige wenn ichs nicht machen würde
. Ich nehm btw. Nur auf das Bezug was angesprochen wurde und orientiere mich im Aufbau an den Videos. Das ist offensichtlich nicht das ganze Big Model. Da kommt ihr am
Theorie-FAQ (und eventuell an den Artikeln von Ron Edwars plus etwas Forge-Forendiskussion) nicht vorbei.
Ist mehr geworden als ich gehofft habe. Geht nicht kürzer, da ich Dinge in Kontext setzen musste damit man sie verstehen kann.
Ich hoffe es wird nicht als Angriff verstanden; ich bin nicht lebensmüde, ich mach mir nicht soviel Mühe nur um jemanden zu ärgern..
Teil 3:Die kreative AgendaDer Referent spricht von Extremen die die Creative Agendas darstellen und zwischen denen man sich „irgendwo bewegt“. Das ist nach Big Model nicht richtig (anders im Threefold Model das in den 90er populär war). Das Vorliegen einer CA bedingt das Nichtbestehen der beiden anderen.
Die kreative Agenda ist der Polarstern / die geplante Reiseroute / der rote Faden der „Spielweise“. Dementsprechend muss man ihr nicht ständig folgen und sie ist nicht zwangsläufig in jeder Entscheidung oder Handlung präsent. Man kommt allerdings immer wieder auf sie zurück und sie ist in den (meisten) definierenden Momenten vorhanden. Das heißt nebenbei auch, dass man sie nicht an einzelnen Entscheidungen oder Situationen festmachen kann, sondern immer einen gewissen längeren Spielzeitraum betrachten muss (bspw. ein Szenario).
Anders als es ausgeführt wird, kann eine Gruppe mehrere CAs haben (d.h. verschiedene Spieler haben eine voneinander abweichender Agenda). Nur ist es nicht wünschenswert, da es über kurz oder lang zu inkohärenten Spiel führt; Die Spieler wollen unterschiedliche Dinge aus dem Spiel und kollidieren damit zwangsläufig irgendwann in ihren Interessen.
Sein Beispiel, dass die Spieler nicht mit der Herangehensweise des SLs zufrieden sind, lässt gerade vermuten, dass hier unterschiedliche CAs am Tisch zu finden und es damit zu Reibungen kommt; auf jeden Fall kann der SL nicht die kreative Agenda diktieren. Eine Agenda muss aktiv von der ganzen Gruppe angenommen und getragen werden damit die genannten Probleme vermieden werden und es zu kohärenten Spiel kommen kann.
GamnismusGamnismus definiert sich einzig und allein über „Gewinnen und Verlieren“. In keiner Weise zwingend über Werte, wie es vorgetragen wurde.
Da in dem Zusammenhang später auch die Oldschoolsszene erwähnt wird: Gerade hier wird sehr intensiv an den Werten vorbei gespielt, insbesondere auf niedrigen Stufen. Ich erkläre wie ich mich verhalte, wie ich der möglichen Falle begegne so dass sich aus der Erzählung selbst schon nur eine Situation ergeben kann, in der mich die Falle nicht treffen kann (bspw. indem ich Bodenplatten mit der 10 Fuß Stange abklopfe). Ich versuche Situationen zu vermeiden, in denen ich überhaupt den Wurf machen muss.
Ich kenne auch Gruppen die Vampire als soziales Aufstiegsspiel gespielt haben wo es um das Anhäufen von Macht und Position ging. Hier wurde gerollenspielt was das Zeug hält, mit dem Anliegen über soziale Interaktion Einfluss und Gefälligkeiten zu generieren.
Den Satz darauf, dass es oft darum geht mächtiger zu werden und mehr Optionen zu erhalten kann man so stehen lassen; das muss aber nicht zwingend über Werte erfolgen. In Spielen wie DnD / SW ist natürlich gerade das angelegt.
SimulationismusHier ist ein wirklich häufiger Verständnisfehler drin: Plausibilität ist für alle CAs wichtig, gerade nicht nur für SIM. Auch Gamnismus (oder Naratvsmus) funktioniert nicht, wenn sich Welt, System, Charaktere nicht nachvollziehbar verhalten.
Tatsächlich ist Plausibilität sogar auf ihre Art eingeschränkt: Es geht im SIM um die "Celebration of Source Material", also das „Nacheifern der Vorlage“. Ich habe ein Genre oder ein Spielwelt-Quellenbuch oder eine sonstige fiktive Vorlage, die ich erleben möchte und an der ich mich erfreue. Auf der anderen Seite bin ich ihren Regeln unterworfen und zwar gerade auch bezüglich Dingen die plausibel passieren könnten; dies wird als "Constructive Denial" bezeichnet.
Der Endboss fällt nach den Würfeln nach dem ersten glücklichen Treffer. Der SL ignoriert das Ergebnis weil es so aus seiner Sicht eine bessere Dramatik bietet. Nach dem Kampf will der Mechaniker die supertollen Megadrohnen mitnehmen. Da wir eine Street Level Kampange spielen würde das aber nicht passen, also erfindet der SL einen Grund warum sie kaputt sind, obwohl sie noch vor zehn Minuten funktioniert haben.
Ebenso erkenne ich nicht, dass Clark Kent Superman ist, außer es ist ein entscheidender Plotpunkt oder bringe meine Feinde nicht um wenn ich Superman selbst spiele, ganz egal was sie verbrochen haben; und auch der Batman-Spieler gibt den Joker wie gewohnt in Arkham ab, obwohl er gerade Robin getötet hat.
Alle diese Situationen habe auch andere plausible und interessante Ausgänge; mitunter sogar plausiblere oder interessantere als die die ich wähle. Ich blende diese aber aus, da sie den zugrundeliegenden Vorlagen nicht entsprechen.
Oft wird hier der SL als Verteidiger des Spielwelt oder des Abenteuerplots ´“eingesetzt“, der sie vor dem Input der Spieler verteidigen muss. Das muss aber nicht so sein, dass kann – und muss zu einem gewissen Maße – auch über die Spieler erfolgen. Dazu nochmal mehr später bei dem Drachenbeispiel und der Frage warum FATE nicht zwangsläufig narrativ ist.
NarrativismusDie Aussage, dass Narrativismus ein Motiv hat das festlegt wie das Spiel zu funktionieren hat ist falsch. Das wäre tatsächlich eine nicht schlechte (vereinfachte) Umschreibung der SIM-Agenda.
FATE ist kein klares Beispiel für ein NAR-System. Tatsächlich wurde das UrsprungsFATE3, SotC sogar vom Forge (wo das Big Model entstanden ist) als SIM deklariert. Da es als klares Genrespiel angelegt wurde ist das auch einfach nachzuvollziehen.
Als Begründung warum FATE das sein soll, wird eine Technck herangezogen. Eine Technik bedingt aber nie eine CA.
Auch die Aussage die Spieler können die Spielwelt beeinflussen, deswegen ist es NAR ist nach GNS falsch. Celebration of Source Material / Constructive Denial ist nichts, was zwangsmäßig nur beim SL liegt, auch wenn das in den 90er Jahren oft so vermittelt wurde.
Gerade Aspekte sind ein großartiges Mittel um bestimmte vorlagengetreute Verhaltensweisen zu begünstigen und auf Charakterebene das Source Material zu verankern.
Wenn FATE NAR gespielt wird, kommt der NAR Anteil regeltechnisch meisten aus dem Setting (bspw. der City Creation im DFRPG, samt den Regeln wie sich die Stadt durch das Verhalten der Spieler verändert). FATE lässt Vanilla NAR allerdings problemlos zu, anders als viele erstrangig SIM- oder GAM- geprägte Systeme.
Dogs in the Vineyard funktioniert so btw. nicht. Allerdings ist es im Gegensatz zu FATE ein klassisches NAR System, das ist korrekt.
Kleiner Exkurs Narrativismus weils sonst nirgends auftaucht:NAR ist viel mehr ein Aufbringen von Prämissen und ein „Erforschen“ dieser im Spiel. In der Regel werden diese entweder auf Charakterebene oder auf Settingebene ins Spiel gebracht.
Entscheidend ist hierbei, dass das Ergebnis noch nicht – auch nicht zum Teil - feststeht (Story Now) und das Spiel von „dramatischen Entscheidungen“ geprägt ist. Das heit, dass keine Entscheidungen vorherrschen bei denen es ein Richtig und Falsch gibt (SIM durch CD und CoS) oder ein Besser und Schlechter (GAM). Hier geht es auch nicht ausschließlich um Dilemmata, also eine Entweder oder Entscheidung (in der Regel mit zwei unliegsamen ausgängen), genauso reicht auch ein „Was tust du in Reaktion auf diese Ereignis das du nicht ignorieren kannst?" (bang driven play).
Diese müssen nicht weltbewegend oder tiefgehend sein (kein episches Theater) – kleine Eitelkeiten und persönliche Siege sind genau so drin.
Wers poetisch mag sieht jetzt noch in meine Signatur^^.
Das DrachenbeispielDer verallgemeinerte SIM Spieler hätte hier nur dann ein Problem mit der Situation wenn das Umhauen des Drachen (oder das Drachen nicht in Höhlen Leben) nicht dem "Source Material" entspräche; dann hätten wir tatsächlich das Problem eines Systems das dem Setting entgegenliefe und müssten hier nachkorrigieren.
Das Beispiel mit FATE als narrativen System läuft hier schief. Es stand von Anfang an über den Aspekt fest, dass der Charakter ein Drachentöter ist und dass es Drachen gibt die man töten kann und er wird für genau dieses Verhalten belohnt. Hier haben wir ein System das das Setting damit aktiv unterstützt. Sehr SIMig also. Wenn der konkrete Drache allerdings in FATE so gebaut ist, dass den der Chara ihn nicht umhauen kann, haben wir auch mit FATE ein Problem. Da wäre es dann gerade nicht egal was die Regeln sagen, denn sie spucken uns in die Suppe und wir müssten sie dann aktiv ignorieren (Constructive Denial).
Ebenso gibt es sehr wohl auch SIM-CAs und diese bedienende Systeme, die dem, was sich aus dem System ergibt eine sehr hohe Wertigkeit zugedingen und darunter ihr Spiel unterordnen. Zum Beispiel, nach allem was ich gehört habe. Rolemaster und erstaunlicherweise The Riddle of Steel, wenn man die Spirituellen Attribute alternativ regelt, wie es das Kompendium wohl erlaubt. Das sind die (inzwischen weniger verbreitete) Art von SIMern, die tatsächlich ihre Welt über Regeln simuliere wollen.
So gesehen wurde in diesem Beispiel nur systemzentrierter / settingzentrierter / charakterzentrierter SIM dargestellt und keine der beiden anderen CAs.
Kurz vor Ende wird noch ein großes Thema angeschnitten: das „Mischen“. Das Schlagwort im Forge dazu heißt Hybrid. Ein Hybrid ist grundsätzlich denkbar – viele der großen 90er Systeme sind eher Hybriden (bspw. SR ist in allen Editionen eine Mischung von SIM und GAM), bringt aber schnell Probleme mit sich. Man muss das System in Richtung der bevorzugten CA „driften“, also aktiv das nehmen was man brauchen kann und den Rest ignorieren.
Eins der großen Schlagworte der Forge war dementsprechend das sogenannte „Focused Design“. Bau ein Spiel das genau eine Agenda begünstigt und da nicht jedes Spiel alles kann, mach dein Design so, dass es erstmal nur eine Sache gut kann. Davon kommt man inzwischen wieder ab, aber damals war dieser Schritt in meinen Augen verdammt wichtig! So ein bisschen wie die 68-Revolution gesellschaftlich
.
Insofern ist die Aussage „da kann man einfach so mischen“ nach den Vorstellungen des Big Model falsch.
Teil 4:Gamnismus für alleDie Frage ob abschätzbare Wahrscheinlichkeiten und das Ausräumen von Freak Rolls eine Spielweise bei der es um Herausforderungen geht leichter macht, ist legitim und diskussionswürdig.
Jedoch wenn man vom Big Model ausgeht, wird dort gerade bezüglich der GAM-Agenda sowohl "Gamble" wie "Crunch" besprochen. Das heißt auch das Risiko jederzeit draufgehen zu können oder durch Glück zu gewinnen kann seinen eigenen Reiz haben. Ebenso kann auch das Absichern gegen solche unliebsamen Ergebnisse Teil des Spiels sein. In diesem Kontext ist die Aussage also nicht haltbar.
Auch hier werden wieder sehr SIMige Bedenken geäußert. Wird der Oberschurke im ersten Kampf gelegt, dann ist das aus GAM Sicht ganz sicher ein Riesenerfolg von dem man Jahre reden wird. Falls das Szenario also zwingend voraussetzt, dass der Boss die erste Begegnung überlebt, obwohl er sich den Spielern, die ihn legen wollen, aussetzt und das System das erlaubt, dann ist das Szenario in diesem Bereich einfach schlecht konzipiert.
Zu den Oldschool Aussagen verweise ich nach oben.
Teil 5:Sich einen simulierenEinige schöne eigene Ansätze, eigentlich kein Forge Bezug (aber vielleicht interessant für systemzentrierten SIM).
Kleines Fazit:Eine Vermutung wo die Verständnisprobleme herkommen: Ich denke der Referent hat bisher längerfristig nur SIM Spiel kennengelernt und versucht seine Erfahrungen auf die drei CAs anzuwenden. Damit erhält man aber logischerweise nur Unterformen von SIM. Zumindest glaube ich seinen Aussagen nach nicht, dass er wirklich Oldschool gespielt hat oder ein klassisches narratives Spiel, wie bspw. das angesprochene Dogs in the Vineyard.
Edwards beschreibt genau dieses Problem wenn es um die Vermittlung von GNS geht in seinem SIM Aufsatz (The Right to Dream); mag sein, dass ich da zu schnell urteile, dann tut es mir leid.
Vielleicht such ich aus Spaß mal einen meiner ersten Threads raus
; als ich hier ankam hatte ich das Big Model auch im falschen Hals. Ist auch ein guter Selbsttest; wer versteht was ich da für einen Schmarn schreibe, hat sicherlich mehr vom Forge verstanden als die Meisten
.