Hallo zusammen,
unter
http://tanelorn.net/index.php/topic,40508.0.html wird ja derzeit über die Abgründe der Menschheit im Rollenspiel diskutiert.
Also darüber wie das ausspielen von menschlichen Extremerfahrungen wie Vergewaltigung, Folter und ähnlichem im Rollenspiel zu beurteilen sind.
Innerhalb der Diskussion tauchten auch immer wieder Fragen auf wie:
Warum ist dieses System für das Ausspielen von extremen Erfahrungen geeignet oder nicht geeignet?
Wie sollte ich meine Mitspieler auf ein solches extremes Abenteuer vorbereiten?
Was sollte der Spielleiter beim Leiten beachten?
Hier sollen solche technischen Fragen behandelt werden. Zum Pro oder Contra von solchen Extremsituationen einfach im oben genannten Thread diskutieren oder einen neuen aufmachen.
Ich möchte dabei den Blickwinkel auf ein ernsthaftes Spiel lenken. Also nicht die berühmten pubertierenden Jugendlichen die ihre sexuellen Fantasien ausleben und auch nicht die coolen Kerle die versuchen über das Ertragen von extremen Medien ihren Status zu beweisen.
Sondern auf ein Spiel indem versucht wird solche Grenzsituationen ins Spiel zu bringen um damit eins oder mehrere der folgenden Ziele zu erreichen.
Es soll Kritik an einem realen Vorgang geübt werden, also etwa Folter um das Thema ins Blickfeld zu bringen.
Die Situation soll im Spiel bearbeitet werden um sich dem eigenen Standpunkt und dem Standpunkt der Mitspieler klar zu werden und Diskussionen anzuregen.
Es sollen Randgruppen ins Blickfeld gebracht werden. Ob man das jetzt tut um Verständniss für ihren Standpunkt zu erlangen oder um ihre Verderbheit ins Blickfeld zu rücken ist hier erst Mal unerheblich.
Die Situation wird in den Focus geschoben damit die Spielrunde daran moralisch / menschlich wachsen kann.
Einer der Spieler versucht durch das Einbringen ins Spiel ein Thema zu verarbeiten.
Am Anfang sollte man die Grenzen des jeweiligen Systems austesten. Denn wenn in den Regeln direkt von Folter oder wenigstens der Folter widerstehen die Rede ist oder im Bezug auf den Hintergrund von sexuellen Exzessen die Rede ist habe ich schon einen Rahmen denn ich eventuell noch nicht Mal ausweiten sondern nur tatsächlich ins Spiel bringen muß. Ganz anders beim Fantasysystem mit einer klaren Aufspaltung zwischen den guten Helden und den bösen was auch immer, beliebt sind ja Orks aber auch Nekromanten oder böse Usupatoren sind ja beliebte und anerkannte Gegner.
Hier kann schon das reine Erwähnen von Folter oder Verstümmelung die Erwartungen der Spieler übertreffen und zu negativen Reaktionen führen.
Je nach Runde kann sich jetzt noch ein Blick in die Spielregeln, ausdrücklich auch mit den eigenen Hausregeln lohnen. Denn meiner Erfahrung nach werden Dinge die auch eine regeltechnische Relevanz besitzen deutlicher und ernsthafter wahrgenommen. Wenn ich etwa bei einem System mit einem Schwertstreich nicht getötet werden kann und auch keine Dauerschäden davontrage wird die Relevanz von Gewalt eine andere sein als wenn ein Schwertstreich meinen Charakter töten oder verstümmeln kann. Ähnliches vermute ich auch bei anderen Themen.
Gegebenenfalls sollte man also je nach angestrebten Thema und dem Willen der Runde Hausregeln zu akzeptieren auch einen anderen Regelsatz in Betracht ziehen.
Ganz besonders wichtig ist das man seine Mitspieler auf ein solches Abenteuer vorbereitet. Im ersten Schritt gehört dazu überhaupt das angestrebte Thema zu nennen. Schütteln jetzt schon alle einhellig den Kopf muß man aben verzichten oder für dieses Abenteuer anch anderen Spielern suchen.
Stimmen die Spieler zu sollte geklärt werden wie man das Thema angehen möchte. Vor allem ob die Charaktere das Thema als Täter, Opfer oder eher aus einem neutralerem Standpunkt etwa als Ermittler erleben sollen.
Auch die Art wie gespielt werden soll ist eine Überlegung wert. Ob man beim "Ich tue ... ." bei Spielen aus Täter oder Opferperspektive bleibt oder sich doch mit "Mein Charakter tut ... ." vom Geschehen distanzieren kann spielt sicherlich eine Rolle.
Auch Sonderregeln was zu tun ist wenn ein Spieler eine Auszeit braucht und falls räumlich möglich eine geklärte Ausruhzone können hilfreich sein.
Denn auch wenn alle Spieler zugestimmt haben so können sie nie wissen wie belastbar sie tatsächlich am Spieltermin sind. Eine persönliche schlechte Nachricht, ein schlechter Traum oder auch nur eine gezogene ungewöhnliche Querverbindung können da einen ganz plötzlichen Bedarf nach Abbruch des Spiels, der Möglichkeit zur klaren und starken Distanzierung oder auch nur einer Auszeit aufkommen lassen.
Kommentare wie "Du Weichei" oder auch Fragen "Was war daran nun so schlimm?" sind nicht hilfreich.
Gruß Jochen