Es hatte mit einem kurzen, krampfartigen Zucken bei Herrn Heilehand angefangen.
Während der alte Mann zusammenbrach, dabei immer mehr verkrampfte und schließlich still liegen blieb, begann dass Gift, welches die Charaktere über den großzügig angeboteten Wein mehr als ordentlich zu sich genommen hatten, auch bei den anderen zu wirken und einige Zuckungen und verzweifelte Würflproben später lag jeder von ihnen steif und starr auf dem rauen Boden des Rittersaals von Manfred von Wirrungen.
Schwere Soldatenstiefel schritten auf sie zu, Kettenbrünne klirrten, irgendwo hörten sie Manfred kichern.
Während behandschute Wachmannenhände sie grob packten und hoch hieften, bückte sich Manfred zu ihnen hinab, verspottete sie: "Herbert hat wirklich gedacht, mit solchen Anfängern wie Euch mich reinlegen zu können? Anfängern, die auf Starrleib reinfallen, wie?"
Offenbar lag hier ein Mißverständnis vor.
Die Wachen trugen ihre erstarrten Leiber hinaus aus dem Saal, Manfred auf den Fersen, der mit erhobenem Zeigefinger weiter quasselte: "Ich habe Euren Herren überschätzt. Aber das dürfte Euch eh nicht mehr lange interessieren, ihr bekommt jetzt einen Vorgeschmack auf dass, was Herbert blüht."
Sie wurden in einen Nebenraum gebracht, Esto konnte kurz den Blick auf eine breite Abdeckung im Boden erspähen.
„Herbert denkt also, ich falle auf so eine erlogene Geschichte rein und reite mit Euch Halsabschneidern einfach mal so eben nach Braunau, in die Höhle des Löwen, ja?", Manfred klang wütend.
Riegel wurden beiseite geschoben, eine große Luke wurde knarrend geöffnet.
"Das ist lächerlich. Was hat er wirklich bezweckt? Letztendlich will er mich doch nur wegen der möglichen Vormundschaft töten, habe ich Recht, habe ich Recht? Naja – ihr werdet schon reden – sofern ihr bis dahin noch eine Zunge habt."
Und dann warf man unsere steifen Helden in die Dunkelheit. Ein steifer Flug ins Ungewisse.
Zumindest für knapp 5m.
Dann schlugen sie hart nacheinander auf dem harten Verliesboden und aufeinander auf - ohne Chance, sich abzurollen oder den Sturz irgendwie abzufangen. Man fiel einfach in die Schwärze und schlug hart, ungebremst und gnadenlos auf. Der Hexer Karl-Heinz lag wie benommen da, Blut pumpte aus einer Platzwunde an seiner Stirn.
Schmerzen.
Dunkelheit.
Der Geruch von Kot und Urin und...
Eine leuchtende Lukenöffnung über ihnen inmitten der Schwärze.
Ein Seil wurde von den Wachen hinuntergelassen.
Ein dicker, folterknechtsähnlicher Typ kam zu ihnen herunter.
Und Manfred.
Die Luke schließt sich.
Wieder ist alles stockdunkel.
Dann.."Dirk hier stammt aus Rayern."
Es war Manfreds Stimme, die aus der Dunkelheit des Verlieses zu ihnen sprach, nun wieder ruhig und freundlich.
"Er ist dort auf einem Gestüt aufgewachsen und hat später in Mönchen als Kadaverknecht gearbeitet."
Ein Lichtfunke flackerte auf - Dirk entzündete eine Fackel irgendwo im Raum.
Tholas, dessen Blick die ganze Zeit starr zur Decke gerichtet war, erkannte endlich genau, was dort über ihm im Halbdunkeln baumelte:
Schädel.
Menschliche Schädel.
Skellettiert, halbverwest - so oder so im letzten Schrei erstarrt und nun an ihren muffigen, langen Haarresten von der Decke baumelnd. Was, um Himmels Willen, war das für ein Ort?
"Dirk wird Euch jetzt zeigen, was er bei seinen früheren Herren gelernt hat“, raunte Manfred ihnen leidenschaftlich in die Ohren, tauchte grinsend und verschwitzt vor ihren Blickfeldern auf und frohlockte schließlich: "Willkommen, in der Hölle..."
*
Anmerkung:
Was nun folgt, sollte ein SL eigentlich nie tun.
Ich weiss das, meine Spieler wissen das und sie wissen, dass ich es auch weiss.
Gerade deshalb entschied ich mich zu folgendem Schnitt...äh...Schritt. Mir war es wichtig, eine SAWähnliche Ausweglosigkeit und Verzweiflung bei den Spielern zu erzeugen, um ein Fundament dafür zu haben, was danach nämlich noch folgen sollte. Die Ereignisse werden hier nur kurz und oberflächlich nacherzählt, was der eigentlichen Stimmung am Spieltisch nicht gerecht wird, doch sei 's drum.
Der Fokus der Spieler mußte von Herbert genommen werden und außerdem benötigte ich ein Hilfebedürfniss seitens der Spieler. So kam es zu folgenden NotToDos. Dass ich durch meine "unfaire" Vorgehensweise zusätzlich noch Frust und leichte Wut bei den Spielern erzeugen könnte, musste ich akzeptieren, wußte aber, dass ich meiner Gruppe das zutrauen könnte, ohne SL-Vertrauen zu verlieren. Nun denn...*
Noch immer waren sie starr und wie gelähmt.
Während sie der arg behaarte Folterknecht Dirk nacheinander aufgehoben und fein säuberlich in Reih und Glied nebeneinander im hinteren Teil des Verlieses auf den Boden gelegt hatte, war es jedem mehr oder weniger möglich gewesen, etwas von dem - nun von Fackelschein erhellten - kreisrunden Gewölbe zu erkennen, in dem sie sich befanden.
Ratten lauerten hier in den Schatten zwischen Stroh und Knochen, allerlei Folterwerkzeug inklusive einer kantigen Streckbank stand herum.
Wie ein Ort, wo man Gefangene über Jahre einsperrt und sich selbst überlässt, sah es hier nicht gerade aus. Schädel - bestimmt über Hundert an der Zahl - baumelten im stummen Todesschrei von der Decke, wie die modernde, anonyme Trophäensammlung eines Widerlichen.
Doch was jeden von ihnen am meisten beunruhigte, waren die mit einer dunklen Tinte überall an die Verlieswand geschmierten und gepinselten Symbole. Dunkle Symbole.
Runen der Dunkelheit, unheilige Zeichen, umgedrehte Kreuze und das umkreiste D des Vollkommenen.
Manfred von Wirrungen, vor einer Stunde noch ihrer aller Hoffnung, war ein Diener des Teufels, ein Darcanist.
Und er hatte sie am Arsch.
*
"Wisst ihr Euer Herbert wäre ein nützlicher Diener des Vollkommenen, doch er hat keinen Mumm in den Knochen und buckelt vor der Kreuzkirche wie die Ratten im Siff. Es wird ein Fest werden, ihn zu verspeisen."
Manfred stolzierte vor ihnen auf und ab, immer und immer wieder die fünf nebeneinander aufgebahrten "Helden" von Kopf bis Fuß musternd. Er genoss offenbar jeden Moment ihrer Hilflosigkeit, gefangen in der Starre des Gifts. Und noch immer glaubte er, sie seien eine "Falle" von Herbert. Ironie des Schicksals.
"Und nach Herbert freue ich mich schon auf diesen schwachsinnigen Walter. Als sein Vormund werde ich dafür sorgen, dass niemand dieser unschuldigen Seele zu nahe kommt, während ich mich mit ihr amüsieren werde. Und Braunaus Felder sind durchaus ertragreicher als dieser tote Boden hier, der Vollkommene meint es gut mit mir. Und noch so viele Staubbauern. So viele Seelen..."
Plötzlich hielt Manfred inne, seine Schwärmerei verstummte, wie ein Kind, dass aus Versehen etwas verraten hatte. Er hatte scheinbar genug gesagt und nun blickte er wieder langsam und verstohlen zu den Charakteren und begann flüsternd:"Ene, mene, miste..."
*
Unpersönliche Würfel rollten zielstrebig und ohne ein Zögern...*
Ausgerechnet den alten Herrn Heilehand hatte sich Manfred als Ersten auserkoren. Der stumme Dirk hiefte den alten, verkrüppelten Mann, noch immer steif vor Starrleib, auf die Streckbank, während Manfred majestätischen Schrittes die Szenerie umkreiste, wie ein Geier das Aas.
"Wir fangen mit Euren Augen an, würde ich vorschlagen."
Jetzt brach so langsam endgültig Panik bei den Charakteren aus. War der Kerl total krank? Was sollte das werden hier? Ein Schlachtfest auf ihre Kosten?
"Obwohl", fuhr Manfred nachdenklich fort: "...dass hatten wir erst mit der Bauersmaid neulich. Nein, Dirk. Zuerst will ich sehen, wie man sauber Ohren abtrennt..."
Und so kam es, dass der Darcanist Dirk sich an dem alten - mittels Gift gelähmten - Krüppel Hagen Heilehand mit leibflickerischem Geschick zu schaffen machte...
*
Ludwig band sein Pferd unter einer dunklen Trauertanne fest, dann kletterte er wieder die von braungrauen Kahlbüschen bewachsene Anhöhe hinauf. Von hier hatte er einen guten Blick sowohl auf die Strasse nach Geizig als auch auf die Rampe von Burg Makaberg selbst. In der Ferne sah er Herbert und sein halbes Dutzend Söldner, wie sie sich dem Dorf näherten.
Ludwig zweifelte daran, dass Herberts Plan aufgehen würde. Sich bei Manfred heuchlerisch einnisten, um ihn in der Nacht in seiner eigenen Burg zu erschlagen? Diese von Wirrungens...
Ludwig drehte sich auf den Rücken, machte die Beine lang, gähnte gelangweilt und blickte entspannt gen Himmel, wo die Asche sich mehrte...
*
Ich bitte die Verzögerung zu entschuldigen, irgendwie fehlte mir Zeit und Motivation in den letzten Tagen. Inzwischen ist am Tisch viel geschehen, 3 oder 4 Sessions weiter sind wir schon.
Nun aber erstmal zurück zu diesem Plot und wieder ins Verlies von Makaberg, wo ich zu unfairen Meistermethoden griff, welche sich - im Nachhinein betrachtet - jedoch mehr als auszahlten, führten die nun geschilderten Ereignisse u.a. zu einer interessanten SC-NSC-Konstellation, welche die letzten Sitzungen mehr als einmal bereicherte und ihnen eine besondere Würze verlieh, während das Bild von GutistGut und BöseistBöse schön durchrüttelt wurde.
Nun aber, wie es dazu kam...Unheilvolle Stille lag über der Szenerie im Verlies von Makaberg, nur gestört von einem plitschigen Tröpfeln, welches von dem Blut stammte, dass von der Folterbank auf den kargen Steinboden suppte.
Während Herr Heilehand - völlig vom Starrleib abgstumpft - nur ahnen konnte, was soeben geschehen war, konnte jeder der anderen Charaktere geschockt und verzweifelt sehen, was Manfred von Wirrungen da in seiner blutverschmierten Hand hielt - das rechte Ohr des alten Medikus!
"Näh die offene Wunde doch bitte zu, Dirk", raunte der staksige Adlige mit einem leichten Anflug von unterdrückter Lust dem Folterknecht zu, bevor er sich zu ihnen hinunter beugte:
"Dirk hat viele Talente, wisst ihr? Er kann zerstören, aber auch heilen. So haben wir schön viel Zeit füreinander und ihr sterbt mir nicht weg, bevor der Spaß vorbei ist."
Dirk nahm mit mechanischer Gleichgültigkeit Nadel und Faden und begann sein schauriges Werk, was unsere "Helden" nur erahnen konnten, waren sie doch noch immer durch das Gift wie gelähmt und starrten nur zur runenbekritzelten Decke, zwischen denen die Schädel von Manfreds vorherigen Opfern gespenstisch im flackernden Fackellicht baumelten und höhnisch auf sie hinabzugrinsen schienen.
*
Plötzlich bummerten die Wachen von oben gegen die Luke, Manfred und Dirk blickten sich verwirrt ob dieser unvereinbarten Störungen misstrauisch an.
„Herr von Wirrungen! Da kommen Reiter.“, hallte schließlich dumpf eine Stimme durch die geschlossene Luke.
Manfred nickte kurz zu Dirk und wie tausendmal geübt begannen diese sofort damit, die Fackeln nach und nach zu erlöschen und Dunkelheit senkte sich über die ketzerische Szenerie und verschluckte alles.
Erst dann rief Manfred: "Öffnet und lasst das Seil herunter, wir kommen rauf!"
Kurz darauf waren die Charaktere allein mit sich, ihrer Gelähmtheit, ihrer Angst und der Schwärze um sie herum.
Die Zeit strich dahin...
Plitsch.
Plitsch...
*
Etwa eine halbe Stunde lagen sie nun schon in der Dunkelheit, als Bruder Franz plötzlich feststellte, dass er seinen Hals wieder bewegen konnte - der Griff des "Starrleib" lockerte sich, das Gift ließ nach...
In diesem Moment hörten sie plötzlich von oben gedämpfte Schreie - vermengt mit Waffengeklirre und Kampfeslärm - durch die Luke zu ihnen hinunter hallen.
Dann - ehe es begonnen hatte - war alles wieder still.
Plitsch.Quietschend öffnete sich abermals die Luke in der Decke und Fackellicht erhellte wieder die baumelnden Schädel über ihnen.
Lumpenpfaffe Franz merkte, wie er seinen rechte Schulter schon wieder anspannen konnte.
Dann fiel etwas Starres hinab durch die Luke und schlug außerhalb ihres Blickwinkes irgendwo dumpf auf dem Boden auf. Ein zweites, steifes Bündel folgte und von oben hörten sie Manfred brüllen: „So ein Mist! Passt mir auf die ganze Bande auf! Ich muss nach Braunau, wissen was da los ist. Bis zu meiner Rückkehr bleibt die Luke geschlossen, kein Essen, kein Wasser. Nichts!“
Dann schloß sich abermals rummsend die Luke über ihnen und alles war wieder still...
Fast.
Plitsch...