Autor Thema: Retro-Overkill  (Gelesen 19102 mal)

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Offline Boba Fett

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #75 am: 14.10.2008 | 11:06 »
Das halte ich für eine amüsante, aber sehr missverständliche Reduzierung von Old School. Vor allem da so dem Buhmann der "old school", dem Killer GM / SL-Tyrann, Raum gegeben wird.
Ich gebe auch offen zu: Sie war nicht ganz ernst gemeint... :)
Allerdings war doch grad damals beim Old-School der SL-Tyrann ein typisches Phänomen.
Von daher würde es durch aus dazugehören, dem Raum zu geben.

Man sollte da zwischen Retro und Oldschool unterscheiden.

Retro bedeutet ja letztendlich auch, dass nur die schönen Seiten von damals (aus der old-school) übernommen werden,
nicht dass das "damals" komplett restauriert wird.
Das sieht man bei anderen Dingen ja auch - der VW Beetle ist der Retro-Käfer, aber mit moderner Technik.
Wer würde heute schon gern in einem PKW fahren, wo im Sommer die Heizung bollert, im Winter alles arschkalt ist
und an heissen Tagen stets der Kühler überkocht...

Und insofern ist auch das SpL erschafft die Welt (nach seinen Vorstellungen) typisch oldschool, auch mit dem (und oft passte es nicht zusammen und war völlig unplausivel). Auch das ist oldschool und über Retro restaurieren wir daraus das schöne "Fokus auf die plausible Spielwelt". :)
« Letzte Änderung: 14.10.2008 | 11:13 von Boba Fett »
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Offline Greifenklaue

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #76 am: 14.10.2008 | 11:09 »
Ich gebe auch offen zu: Sie war nicht ganz ernst gemeint... :)
Allerdings war doch grad damals beim Old-School der SL-Tyrann ein typisches Phänomen.
Von daher würde es durch aus dazugehören, dem Raum zu geben.
Durchaus. Aber leider bei vielen Spielarten zu beobachten und nicht insbesondere an Oldschool gebunden - höchstens in dem Sinne, dass es spez. Regeln gibt, das einzuschränken.
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Joe Dizzy

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #77 am: 14.10.2008 | 11:14 »
Die Spielweltlogik kann nur in groben Zügen vom Regelwerk abgedeckt werden, da sie ja erst am Spieltisch entsteht. Sowohl die Frage wie die Spielwelt aussieht, wie sie funkioniert oder woran man eine feste Spielweltlogik erkennt, kann erst beantwortet werden, wenn die Gruppe am Tisch sitzt und sich die Spielwelt vorstellt.

Rollenspiele sind eben gerade nicht wie Brettspiele oder Computerspiele, die einem eine fertige Spielbasis liefern. Bei Brettspielen ist es das Zusammenspiel zwischen Regeln und Brett und bei Computerspielen, die grafisch dargestellte "Spielwelt". Bei einem Rollenspiel baut und erschafft die Gruppe diese Dinge nach eigenem Ermessen und den Vorschlägen, Angaben und Verweisen auf Genre, Stil und Archetypen im "fluff"-text. Daher kann man sich nicht auf ein Regelwerk verlassen, um eine innere Spielweltlogik zu erschaffen.

Ich gebe auch offen zu: Sie war nicht ganz ernst gemeint... :)
Allerdings war doch grad damals beim Old-School der SL-Tyrann ein typisches Phänomen.
Von daher würde es durch aus dazugehören, dem Raum zu geben.

Wenn man darüber reden will wie früher gespielt wurde, ja.
Wenn es um diesen "old school"-Stil geht, der angeblich gerade von vielen neu entdeckt wird, dann würde ich nicht zustimmen. Da kann man denke ich, entschiedener ausklammern was für Spielverhalten störend und nervend ist. Denn was mir auch in diesem Thread wieder aufgefallen ist, ist die Vorstellung, dass "old school" etwas dümmliches, billiges und primitives ist, dass man nur durch die rosarote Brille der Nostalgie genießen kann und was "richtigem Rollenspiel" eher im Weg steht.

Dem SL-Tyrann da noch Tür und Tor zu öffnen, verstärkt da nur bestimmte Vorurteile.
« Letzte Änderung: 14.10.2008 | 11:16 von Georgios »

Offline Boba Fett

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #78 am: 14.10.2008 | 11:50 »
@Georgios: Ich gebe Dir erstmal recht.
In diesem Thread wurde aber auch darüber gesprochen, was als oldschool (spielen wie damals) verstanden werden soll.
Und da muss man eben auch die Mißstände ansprechen, dass eben nicht "alles gut" war. Es war aber ebenso auch nicht "alles schlecht"- es war eben "manches anders"!

Meine 10 Cent dazu:
Das Rollenspiel "damals" sehe ich nicht als dümmlich, billig oder primitiv an.
Viele Spieler waren weniger erfahren und insgesamt gab es auch weniger Erfahrungen aus denen Schlüße gezogen werden konnten. Das spiegelt sich sowohl in der Art, wie Spiele entwickelt wurden / heute werden wieder, als auch darin, wie mit Problemen umgegangen wird.
Das Durchschnittsalter der Spieler (auch der Einsteiger) war erheblich jünger - man hatte mehr Zeit, konnte mehr Zeit investieren, musste (und wusste) aber die Zeit, die man hatte nicht so effektiv (zu) nutzen, weil dafür keine Notwendigkeit bestand.
Die Vernetzung ist heute dichter und einfacher, allein durch das Internet.
Heute kann eben auch einfacher aus Erfahrungen anderer zu profitieren. Man wird weniger bei Null beginnen müssen, wegen der Vernetzung und auch durch das größere Angebot, dass einem zur Verfügung steht.
Die Erwartungen waren geringer - man war schneller zufrieden - zum Einen, weil man gar nicht wusste, was möglich war und zum Anderen, weil man durch andere "mediale" Angebote auch noch nicht so gewaltung mit Eindrücken überflutet war.
Es ging aber wegen der mangelnden Erfahrung und Kentnisse mehr daneben. Allerdings wurden Mißerfolge auch einfacher abgehakt und nicht immer zur Staatsaffäre gemacht (auch eine Frage von Zeit, wenn die einzige Sitzung im Monat daneben geht, ist das auch ärger, als wenn man 3 mal in der Woche spielt).
Jüngere Spieler spielen weniger vorsichtig und sind auch leichter bzw. stärker zu begeistern. Auch das hat Auswirkungen, in Bezug auf das höhere Durchschnittsalter der Spieler.
Fanwork (eigenkreationen) wurde früher wohl mehr gemacht, eben weil es weniger angebot gab, dafür werkelte man mehr im stillen Kämmerlein hin, weil es keine echte Vernetzungsmöglichkeit gab. Heute kann man sich im Internet präsentieren und das nutzen auch nicht wenige (und profitieren auch teilweise dann qualitativ davon).

Der Retro-Effekt muss immer eine leichte Verklärung der Vergangenheit im Blick haben.
Menschen verdrängen nun mal das unangenehme und heben sich die schönen Erinnerungen auf und das hat auch Auswirkungen.
Daher sollte man sich das eben auch bewusst machen, dass die Betrachtung der Vergangenheit schnell verklärend ausfällt.
« Letzte Änderung: 14.10.2008 | 11:58 von Boba Fett »
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Kinshasa Beatboy

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #79 am: 14.10.2008 | 11:59 »
@ Boba: Dem stimme ich zu. Außerdem ist eine ironische Distanzierung integraler Bestandteil der meisten Retrowellen. So auch im Rollenspiel. Das hat nix mit "richtigem Rollenspiel" zu tun, sondern kommentiert einfach liebevoll-satirisch die damaligen und aus heutiger Sicht tatsächlich bisweilen sehr tapsigen Bemühungen. Dem stehen aber unabhängig von der nostalgischen Verklärung - und das wurde ja zur Genüge von vielen Leuten betont - auch diverse attraktive Elemente gegenüber, die gern und sinnvollerweise wieder in den Mittelpunkt des heutigen Interesses gerückt werden. Dass diese attraktiven Elemente sich jedoch in der Wahrnehmung der Poster hier im Thread erheblich unterscheiden, haben wir bei der Gelegenheit auch gleich festgestellt. Wunderbar  :D

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #80 am: 14.10.2008 | 12:09 »
fragte man hier jemandem zu spielart und wesen von "new school", erhielte man von 5 leuten 8 meinungen. daher ist es doch eigentlich müßig, "old school" als retroschiene zu erkennen, wenn niemand genau weiß, worin sich allgemein "old school" auszeichnet. sieht eh jeder etwas anders.
« Letzte Änderung: 14.10.2008 | 12:34 von JS »
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #81 am: 14.10.2008 | 12:14 »
fragte man hier jemandem zu spielart und wesen von "new school", erhielt man von 5 leuten 8 meinungen. daher ist es doch eigentlich müßig, "old school" als retroschiene zu erkennen, wenn niemand genau weiß, worin sich allgemein "old school" auszeichnet. sieht eh jeder etwas anders.

Also ich fand diese Erkenntnis überraschend und hilfreich. Hätte vermutet, dass größere Einigkeit besteht. Die drei in diesem Thread zu findenden und natürlich verschieden ambitionierten Definitionsversuche unterscheiden sich jedenfalls enorm voneinander und fanden allesamt Leute, die die jeweilige Sichtweise teilen. Insofern hat der Thread durchaus was gebracht, auch wenn die nachgelagerte Frage nach den Gründen für die Retrowelle, die eigentlich den Kern des Threads bilden sollte, dadurch ein wenig obsolet geworden ist. Passiert  ;D

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #82 am: 14.10.2008 | 12:17 »
naja, dann gibt es halt min. drei verschiedene Mengen von Gründen...

Ich vermute mal, dass Georgius hauptsächlich SL war und die Leute, die etwas vom SL-Tyrannen/Spielerverarschen erzählen hauptsächlich Spieler...
>;D

Das Ganze also nur zwei Seiten der gleichen Medaille sind.

Offline Greifenklaue

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #83 am: 14.10.2008 | 12:32 »
Da gerade unsere Mystara-Runde startet (gestern Helden ausgewürfelt) und im Zuge dessen ein cooles Plakat gefunden wurde, will ich es Euch nicht vorenthalten:



Edit: *argl*

Wer es lesen will - http://stumbbl.com/Images/dd-invite.png
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Re: Retro-Overkill
« Antwort #84 am: 14.10.2008 | 12:35 »
Hätte vermutet, dass größere Einigkeit besteht.

Die besteht vermutlich auf einer intuitiven Ebene in recht großem Maße. Nur wenn es an die Definition geht, kommt man nicht so gut zueinander, weil Oldschool nicht einfach auf einen engen Rahmen festzulegen ist.
« Letzte Änderung: 14.10.2008 | 12:53 von Crimson King »
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Re: Retro-Overkill
« Antwort #85 am: 14.10.2008 | 12:39 »
Die Spielweltlogik kann nur in groben Zügen vom Regelwerk abgedeckt werden, da sie ja erst am Spieltisch entsteht. Sowohl die Frage wie die Spielwelt aussieht, wie sie funkioniert oder woran man eine feste Spielweltlogik erkennt, kann erst beantwortet werden, wenn die Gruppe am Tisch sitzt und sich die Spielwelt vorstellt.
Das sehe ich anders. Aber angenommen, deine Behauptung stimmt, dann bedeutet das, dass Regelwerk und Setting die innere Logik in alten Zeiten nicht unterstützt haben. Damit ist meine erste Frage beantwortet und wird die zweite Frage umso dringlicher: Wie haben die SL trotzdem eine innere Logik erschaffen, wenn ihnen nicht mal Hilfsmittel dazu an die Hand gegeben wurden?

Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #86 am: 14.10.2008 | 12:51 »
Hätte vermutet, dass größere Einigkeit besteht.
Die besteht vermutlich auf einer intuitiven Ebene in revcht großem Maße. Nur wenn es an die Definition geht, kommt man nicht so gut zueinander, weil Oldschool nicht einfach auf einen engen Rahmen festzulegen ist.
Sehr gut möglich...
Andererseits könnte es auch einfach daran liegen, dass durch die fehlende Vernetzung sich das Rollenspiel "damals" ja auch parallel unterschiedlich entwickelt haben kann.
fragte man hier jemandem zu spielart und wesen von "new school", erhielte man von 5 leuten 8 meinungen.
Ja, aber es gibt ja inzwischen auch 5-8 neue Ausrichtung in der Frage "wie wird gespielt" - New School kann man daher kurz und prägnant höchstens mit "spezialisiert" beschreiben.
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Offline Crimson King

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #87 am: 14.10.2008 | 13:04 »
Das sehe ich anders. Aber angenommen, deine Behauptung stimmt, dann bedeutet das, dass Regelwerk und Setting die innere Logik in alten Zeiten nicht unterstützt haben. Damit ist meine erste Frage beantwortet und wird die zweite Frage umso dringlicher: Wie haben die SL trotzdem eine innere Logik erschaffen, wenn ihnen nicht mal Hilfsmittel dazu an die Hand gegeben wurden?

Hausregeln. Die RHS-Regelwerke haben sich aus der Idee heraus gebildet, möglichst alles über definierte Regeln abfackeln zu können. Die Cinematic Action- und Storytelling-Systeme haben sich daraus gebildet, dass viele Spieler bereits vorher versucht haben, action- beschreibungslastiges bzw. storytechnisch SC-zentriertes Rollenspiel zu betreiben, darin aber von den vorhandenen Systemen nicht unterstützt wurden.

Im Übrigen bin ich nach kurzem Nachdenken darauf gekommen, dass es wirklich nicht *Das* Oldschool-Spiel gibt. Ich habe mit D&D 1st Edition angefangen und bin später zu Midgard und Midgard/Saga-Eigenbau umgestiegen. Die Spielweisen haben sich aber auch geändert. Bei Midgard gab es dicke Charakterhintergründe und Abenteuer mit Plottwists, bei D&D ein paar Erststufler, die in ein Dungeon einstiegen. Trotzdem war beides Oldschool aus meiner Sicht. Beides zielte nicht auf Story, Drama, Action ab, sondern auf ein simples "Was wäre wenn". Es sollte im Grunde eine Simulation sein, die eine mehr taktisch, die andere mehr in Bezug auf Charakterhandlungen. Die Abenteuer waren immer generisch und sollten im Grunde mit beliebigen Gruppenzusammensetzungen mit passendem Powerlevel spielbar sein.

Der Begriff "New School" ergibt aus meiner Sicht im Übrigen keinen Sinn. "Oldschool" definiert die Zeit, als Rollenspiel noch Rollenspiel war und nicht in drölfzig verschiedene Spielweisen unterteilt wurde. Vor den Cinematic Action- und Storytelling-Systemen gab es meines Erachtens noch keine regeltechnische Unterstützung verschiedener Spielstile.
« Letzte Änderung: 14.10.2008 | 13:13 von Crimson King »
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Re: Retro-Overkill
« Antwort #88 am: 14.10.2008 | 13:28 »
New School kann man daher kurz und prägnant höchstens mit "spezialisiert" beschreiben.

... old school doch auch...
 ::)
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Offline D. M_Athair

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #89 am: 14.10.2008 | 13:48 »
Aber angenommen, deine Behauptung stimmt, dann bedeutet das, dass Regelwerk und Setting die innere Logik in alten Zeiten nicht unterstützt haben.
Wie kommst du denn darauf.

Wie haben die SL trotzdem eine innere Logik erschaffen, wenn ihnen nicht mal Hilfsmittel dazu an die Hand gegeben wurden?
Genau diese Hilfsmittel gab es. Die fanden sich unter den SL-Tipps.
Ersetzt haben sie tonnenweise fluff.



Es gibt gerade keine new school.
New School muss mMn den Spagat zwischen "etabliert" und "visionär" schaffen.
Das wäre im Moment?



edit: Wenn man die Frage nach Retro mit Design-Moden klären will, dann bedeutet Retro für mich:
Explorational Wargames und Literary Simplicity und vereinzelt Rules-Heavy Worlds.
Erklärungen dazu gibt's hier.
« Letzte Änderung: 14.10.2008 | 15:09 von Dealgathair »
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Offline Beral

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #90 am: 14.10.2008 | 15:28 »
Wie kommst du denn darauf.
Ich als ahnungsloser Gesell frage die Leute nach ihrer Einschätzung und sie erzählen mir, dass die innere Logik zwar zentrales Element von Old School sein soll, dass sie aber vom Regelwerk nicht unterstützt wurde. Da kratze ich mir schon ein wenig am Kopf. Jetzt sagst du auch etwas gegenteiliges.
Vielleicht sollte ich die Diskussion darüber in einen eigenen Thread auslagern.
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Re: Retro-Overkill
« Antwort #91 am: 14.10.2008 | 15:37 »
Mit innerer Logik ist wohl eher ein nachvollziehbarer Ablauf von Ereignissen auf Basis von Ursache und Wirkung gemeint. Die Regeln machen Vorgaben, nach denen Ursachen und Wirkungen innerhalb der Spielwelt auf physischer Ebene vernüpft werden. Metaregeln sind im Oldschool-Rollenspiel kaum bis garnicht vorhanden. Insofern hat man keine Verantwortung, beim Ausspielen irgendwelchen Vorgaben von Dramatik oder Story zu folgen. Der Charakter handelt auf Basis des ihm vom Spieler mitgegebenen Wesens und des Wissens über Spielwelt. Der Satz "Mein Charakter ist halt so" aus dem Mund des Spielers, dessen Charakter gerade einen anderen Gruppencharakter im Schlaf gemeuchelt hat, quasi das Gegenstück zum SL-Tyrannen, kommt aus der guten alten Zeit.
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Joe Dizzy

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #92 am: 15.10.2008 | 12:07 »
Metaregeln sind im Oldschool-Rollenspiel kaum bis garnicht vorhanden. Insofern hat man keine Verantwortung, beim Ausspielen irgendwelchen Vorgaben von Dramatik oder Story zu folgen.

Realismus bzw. Plausibilität ist so betrachtet auch eine Metaregel. Nur dass sie halt nicht ausdrücklich mit Zahlenwerten, Spielchips oder Hit Points festgehalten wird, sondern eher als Grundsatz für alle Beteiligten (insbesondere den SL) gilt. Das ist ein Punkt, der im Kontext des Wargamings selbstverständlich und nicht weiter erwähnenswert ist. Weshalb es in Spielen wie D&D auch nur implizit Erwähnung findet.

Da aber Rollenspiel sich auch stark an den Fantasiewelten aus der Literatur bedient hat, ist es auch nur logisch, dass Dramatik und Story ebenfalls einen ähnlichen Stellenwert für eine Spielrunde einnehmen kann: eine unausgesprochene Metaregel, bzw. Prinzip welches dem gesamten Spiel zu Grunde liegt. Die Behauptung dass Dramatik und Story nichts mit "old school" zu tun haben ist zu einfach gedacht. Diese Dinge werden bereits mit einbezogen wenn man Monster aus Sagen oder Mythen einbringt. Ihr Verhalten, ihr Auftreten und ihre Fähigkeiten sind sowohl über den Realismus der Spielwelt wie auch über die Plausibilität der Story und der Dramatik zu verstehen.

Um mal ein Klischee auszukramen. Die frisch aus dem Verlies befreite Prinzessin schmeißt sich nicht deshalb dem Helden um den Hals, weil er so einen tollen Charisma-wurf hingelegt hat oder weil es realistisch (im Sinne von physikalisch erklärbar) ist. Sondern weil es von der Story und der Dramatik (nach Ermessen des SLs) passt, dass sie sich den Charakteren gegenüber so verhält. Der SL entscheidet nicht aufgrund irgendwelcher neurologischer Kenntnisse oder Einblicke in den Endorphinhaushalt des NSCs, sondern aufgrund der Story und Dramatik. In manchen Fällen aufgrund eines rudimentären Verständnisses von Psychologie, aber diese Psychologisierung einer fiktiven Person ist auch nichts weiter als ein Teil einer Story.

Aber genauso wie der Realismus (dessen Einhaltung sonst in der Hand des SLs liegt) in einigen Spielen in die Regeln verlagert werden sollte - ich denke hier vor allem an Spiele wie Rolemaster oder Hârn, die sich ja genau damit rühmten - kamen irgendwann auch Leute auf die Idee bestimmte Prinzipen der Dramatik und der Story in klaren Regeln auszudrücken. Anfangs waren das kleine Punkte wie Humanity-regeln bei Vampire, später wurde das dann etwas konkreter wie etwa bei "With Great Power...", wo der Spannungsbogen einer Runde als Spielplan vorliegt. Diese ausdrücklichen Metaregeln gibt es in der "old school" eher selten. Das ist richtig.

Dennoch ist die Vorstellung, dass "old school" und Story/Dramatik nicht vereinbar wären eine Illusion. Wie auch Realismus, lag Story und Dramatik in der Hand des SLs und der Spielgruppe. Es war eine von vielen Möglichkeiten um seine Runde an den Geschmack der Gruppe anzupassen. Wenn "old school" sich durch irgendetwas ausgezeichnet hat, dann durch den "Do-It-Yourself"-Gedanken. Angefangen von den Dingen, um die man das Spiel erweitern muss, um es zu spielen (z.B. NSCs, Orte, Ereignisse, etc.) aber auch das Erlernen und sich Aneignen von neuen Ideen um das Spiel so auszubauen (z.B. Dramaturgie, überraschende Wendungen, etc.)

Die große Stärke der "old school" ist auch zugleich ihre große Schwäche: man macht alles selbst. Eine Anleitung und Hilfestellung bzw. Vorgaben und Regeln existieren wenn dann nur in sehr rudimentärer Form.

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Re: Retro-Overkill
« Antwort #93 am: 15.10.2008 | 12:39 »
Das Vorhandensein habe ich nicht abgestritten, lediglich den Fokus und das dieser durch die Regeln bedient wird.

Die Regelwerke für Cinematic Action und Storytelling entstanden meines Erachtens vor allem, weil es viele Spieler gab, für die solche Aspekte wichtig waren und die sie deshalb durch Regeln unterstützen wollten. Vorher wurde so etwas entweder garnicht, nach Gutdünken durch den SL oder über Hausregeln abgefackelt, was ja den von dir genannten Do-it-yourself-Gedanken wiederspiegelt. Die geschriebenen Regeln deckten zunächst nur den Wargaming-Aspekt und später im RHS-Sektor teilweise den Aspekt sozialer Interaktion ab.
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Re: Retro-Overkill
« Antwort #94 am: 15.10.2008 | 12:53 »
wenn "Mein Charakter ist halt so" (oder auch "diese Situation ist halt so") aus der guten alten Zeit stammen soll, dann bin ich froh sowas nicht mehr spielen zu müssen. Das ist häufig der Tod für jede Story/Dramatik, Letzteres entsteht dann eher durch Zufall.
Das ist für mich eher ein Syndrom der Philosophie der zweiten Generation von Rollenspielen/-spielern und hat gar nix mit OldSchool zu tun.

EDIT:
es stimmt wohl, daß OldSchoolregeln eher SettingRealismus im Fokus haben. Das hat aber anscheinden niemanden davon abgehalten eben doch story/dramatik zu spielen (also kein "is halt so"). Das ist dann wohl irgendwann völlig verloren gegangen als vor allem in Deutschland der Gedanke aufkam, nichts anderes als die Regeln spielen zu dürfen (und da gab es eben nur die Realismus Regeln => Zack, die Geburt von "is halt so"). Die wurden dann auch noch ausgebaut (RHS) und weil die Philosophie scheinbar niemals wieder abgeklungen ist, baute man schlussendlich Story/Dramatikregeln ein um wieder das zu bekommen, was früher OHNE Regeln gemacht wurde.
D&D war davon bis zuletzt aber immer unberührt. Gab ja quasi keine Story/Dramatik regeln, die D&D Spieler (die ich kenne und über die ich gehört habe) haben das seit jeher "einfach so" gemacht.

mit Georgies Beschreibung kann ich mich da also schon um einiges eher identifizieren, wenn es um Old-School geht. Wobei ich sagen muss, daß ich daß erst kürzlich (sprich vor 1-2 Jahren) für mich entdeckt habe und mich vorher mit Realismus und "is halt so" Abescheulichkeiten und extrem starker Regulierung rumschlagen musste.
« Letzte Änderung: 15.10.2008 | 13:04 von Falcon »
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