So, wie geplant haben wir uns heute wieder zum Schattenlaufen zusammengefunden.
Phase 1. Logistik. Arashi und Blake hatten sich nach den Erlebnissen der letzten Woche vorgenommen, sich Nahkampfkenntnisse anzueignen (einige der Käfer sind ziemlich aufdringlich geworden). Voneinander unabhängig nahmen sie sich jeweils einen Lehrer für einen zweiwöchigen Intensivkurs. Jeweils 800 Nuyen.
Waffenlosen Kampf von 0 auf 3 gesteigert und gleich noch eine Aikido-Spezialisierung auf 4 draufgetan. Dank Mnemoverstärker Stufe 3 hat das insgesamt überschaubare 4 Karmapunkte gekostet.
Außerdem steigerte Blake sein CHA von 2 auf 3 (6 Karma).
Dann noch etwas Ausrüstung eingekauft (IR-Brille, Tactical Light, Muni aufgefrischt) und fertig.
Phase 2. Fixer ruft an, er hätte da was. Seit einigen Wochen wird auf den Straßen eine neues Aufputschmittel namens Painless X mit enormen Nebenwirkungen vertickt. Die Hintermänner sind unbekannt. Auftrag: die Formel von P-X finden und das Drogenlabor vernichten.
Die Aushandlung der Gage erinnert an einen arabischen Kamelmarkt: Anfangsangebot 5000 Nuyen insgesamt. Unsere Vorstellung: mindestens 5000 pro Nase, besser 8000. Immerhin müssten wir sämtliche Aufklärungsarbeit selber erledigen und uns dabei mit irgendeiner Art Drogenmafia anlegen. Nach einigem Hin und Her verschwindet der Schieber zum telefonieren, kommt nach einigen Minuten zurück und bietet: 6500 pro Nase - mehr als erwartet (immerhin fast das 4fache des Anfangsgebots). Passt.
Phase 3. Beinarbeit. Haben erstmal zwei Orks, die wir letzte Woche in der Ubahn kennengelernt (und mit rausgehauen) hatten, auf ein Bier eingeladen. Sie wussten nicht viel, nur dass P-X gerne von Möchtegern-Streetsams geschluckt wird, die mal einen auf dicke Hose machen möchten. Konnten uns noch den Namen einer Bar geben, in der sowohl echte Sams als auch Möchtegerns verkehren. Also dann dahin.
Dort war auch eine gute Mischung vertreten, inklusive einiger Milchgesichter. Aber lieber erstmal mit dem Barkeeper geredet. Dank reichlicher Bakschischzuwendung (insgesamt ca. 100 Nuyen in U-Plasts) und unaufdringlicher Wortwahl war der auch kooperativ und hat uns eine Adresse in einem runtergekommenen Rotlichtviertel gegeben -- aber mit der freundlichen Empfehlung, die Finger von dem Dreck zu lassen und sich das nicht zu drücken. Und die Info, dass die Sushis dahinterstecken. Netter Kerl.
Dann im ehemaligen Rotlichtviertel. Neben einigen Damen, die dort nicht auf den Bus warteten, drückte sich auch eine hagere Gestalt in einer Seitengasse rum. Was tun? Ich machte den Vorschlag, der Zauberer solle sich per Maske tarnen und ihn aushorchen. Der Zauberer fand die Idee im Prinzip gut, hat aber lieber _mich_ mit Maske verwandelt, und zwar in die Gestalt von Lucas, eines NSC aus unserem ersten gemeinsamen Run. (Anmerkung: damals haben wir dem Typen ziemlich übel mitgespielt -- unsretwegen hat seine Freundin mit ihm Schluss gemacht und ein Kumpel die Freundschaft gekündigt.)
Also bin ich hin zu der Gestalt, und es kam wie es kommen musste: "Lucas! Was machst du denn hier?" - War ja so klar. Ich also sofort in die Opferrolle geschlüpft "Hey, gut dich zu sehen, Mensch bei mir lief ja in letzter Zeit nicht alles so rund..." usw usw, er war dann auch bereit mir was von dem Stoff zu verkaufen (zu völlig überhöhten Preisen), aber Lucas hatte ja alles verloren und war pleite. Schließlich hat er sich dann bereiterklärt, Lucas an seinem Geschäft auf Kommissionsbasis zu beteiligen, am nächsten Tag sollte er die erste Fuhre zum dealen bekommen. Wir hatten auf diese Weise sichergestellt, dass der Typ (wie immer er nun hieß) kurzfristig eine größere Menge beschaffen musste.
Dann also zurückgezogen und den Typen weiter beschattet. Mit dem Auto bis zu ihm nach Hause verfolgt. Per Lasermikrofon seine Wohnung abgehört. Telefongespräch mitbekommen: morgen um 18 Uhr Treffen am gewohnten Ort. Wir also erstmal sein Auto verwanzt. Für uns war an dieser Stelle für diesen Tag Feierabend.
Am nächsten Tag ihn lose beschattet, abends dann fuhr er Richtung Hafen. Dort in einem 6stöckigen Gebäude verschwunden -- im 3. Stock war ein Puff, im 4. offensichtlich das Zwischenlager der Drogenhändler. Weiter von außen observiert. Hintenrum Lastenaufzug entdeckt. Nach einiger Zeit kam dort ein Lieferwagen an, aus dem diverse Kisten ins Haus geschafft wurden. Konnten den Van leider nicht verwanzen, haben ihn aber dann "von Hand" verfolgt.
Phase 4. Es wurde langsam warm. Van fuhr irgendwo in die Barrens. Dort in ein umzäuntes und von Messerklauen bewachtes Areal, in dem ein 5stöckiges Gebäude stand. Die Überwachung stellte sich zum Glück als lückenhaft heraus. So konnte Arashi den Zaun überklettern, im Hinterhof ein gekipptes Fenster aushängen und so in das Haus einsteigen, und uns eine bis dahin verschlossene Hintertür von innen öffnen. So drangen wir in das Haus ein, ohne dass die Wachen außen etwas spannten.
Zunächst dachten wir: Drogenlabors sind immer im Keller, aber dort fanden wir dann tatsächlich nur bis ins lächerliche aufgeputschte Ratten, die sich aber von ein paar schallgedämpften Schüssen schnell verscheuchen ließen.
Im 1. Obergeschoss, früher mal ein Spielkasino, fanden wir einen Penner, der sich in der Ecke ein Versteck eingerichtet hatte, und dem es gar nicht passte, dass sich hier nun die Yakuza einquartiert hat. Immerhin kannte er sich gut in dem Gebäude aus, und konnte uns zeigen, wie man durch die Lüftungsschächte in jedes Stockwerk gelangen konnte. Außerdem wusste er, dass die Giftküche im 3. Stock war, und der Treppenaufgang vom 2. in den 3. von Messerklauen bewacht wurde. Vom Dach aus könnte man über ein von ihm gespanntes Seil zum Nachbarhaus gelangen, was er auch gleich tun sollte um aus der Schussbahn zu sein. Das Labor konnten wir über die Lüftungsgitter schonmal grob ausspähen.
Phase 5. Heiss. Wir kletterten zuerst in den 5. Stock (ehem. Restaurant) und von dort wieder die Treppen runter in den 3.. Arashi (u.a. Sprengstoffexpertin) verminte den Treppenabgang in den 2. Stock. Dann ging alles sehr schnell: Sprengladung gezündet -- Treppe war zerstört, die Messerklauen würden so schnell nicht heraufkommen.
Tür zum Labor eingetreten. Darinnen diverse Laborsklaven, ein Chefchemiker und ein Yakuza. Letzterer offensichtlich die einzige Gefahrenquelle. Sofort eine MP-Salve vom Rigger reingeknallt, da war es aus mit ihm. Chemiker wollte weglaufen, Stunbolt vom Zauberer, und er fiel um wie ein Sack Kartoffeln. Die Laborsklaven nach nebenan in einen Putzraum gesperrt. Schnell den Typen gefilzt, während die Spezialistin den Raum mit Plastiksprengstoff dekorierte. PDA mit der Rezeptur gefunden. Dann nichts wie raus und hoch aufs Dach. Das Seil - verdammt, gerissen, unser Penner abgestürzt am Boden. Egal - wenigstens hatten wir selber auch ein Nylonseil dabei, also daran einfach nach unten abgeseilt, denn sämtliche Kämpfer würden sich jetzt im Gebäude nach oben durchschlagen wollen.
Als wir unten ankamen, hatten es gerade die ersten Sams aufs Dach geschafft -- macht's gut, ihr Idioten! Sie schossen noch etwas unmotiviert hinter uns her, aber wir waren im Nu über alle Berge.
Phase 6: Debriefing. Keine besonderen Vorkommnisse -- PDA übergeben, Checksticks übernommen, danke bis zum nächsten Mal. Heute mal mit ziemlich großem Bodycount, schätzungsweise 10 bis 15 -- immerhin haben wir ein Haus mit über einem Dutzend Leuten darinnen in die Luft gesprengt, keine Ahnung wieviel da überlebt haben mögen.
Fazit: Insgesamt fast 4 Stunden hochverdichtetes Spiel. Klasse SL-Leistung -- es ging immer flüssig voran, NSCs super dargestellt. Dabei gab's auch wieder einiges zu lachen, ohne dass wir dabei unkonzentriert geworden wären. Für mich ein super plastisches und immersives Spielerlebnis - ich konnte mir alles so vorstellen wie eine Folge einer Actionserie.
Als Spieler waren wir vielleicht noch ein bißchen zu zaghaft und zögerlich, aber es ging schon deutlich in die richtige Richtung - Shadowrun, wie es sein soll. =)