Vorbemerkung: Am Ende des Posts findet sich ein wichtiger Edit - das hier ist nicht GNS!!!Ich sollte vorausschicken, daß ich die ganzen Forge-Sachen nie gelesen habe. Alles, was ich über GNS weiß, habe ich aus dem Grofafo. Warum fange ausgerechnet ich also einen ‘Erklär-mir-deine-Version-von-GNS’-Thread an?
Am Wochenende haben Christian Preuss und ich versucht, Senenta GNS in zehn Minuten zu erklären. Und es hat funktioniert. Wir konnten danach zu dritt über diesen Abschnitt der Theorie diskutieren, und zwar ohne die üblichen ‘Nein, Narrativismus ist dies und das und nicht das und jenes’-Missverständnisse. Also dachte ich mir, vielleicht interessiert euch der Erklärungsansatz auch.
GNS ist eine Theorie, die versucht, zu erklären, mit welcher Motivation die Spieler ans Rollenspiel herangehen. Was ist es, das den Spielern am Rollenspiel den meisten Spaß bringt? Was soll im Rollenspiel passieren, damit der Spieler es interessant und unterhaltsam findet? GNS teilt diese Motivation in drei verschiedene Sparten auf: Gamism, Simulationism und Narrativism. [Eigentlich sollte es damit wohl GSN heißen...]
Das ist jetzt sehr vereinfacht - aber ich will hier auch nur die Phänomene G, S und N erklären. Das Big Model hat Vermi schon sehr schön illustriert.
Beim Gamism [Gewinnspieler] geht es um den Wettbewerb. Der Spieler spielt ‘gegen’ irgendjemanden - die Mitspieler oder den Spielleiter, und es gibt eine definitive Belohnung für den Erfolg. Es kann darum gehen, wer das größte Monster tötet, oder ob es die Gruppe schafft, den Fallen des Spielleiters zu entgehen. Vielleicht geht es aber auch um den interessantesten Charakter oder die coolsten Sprüche. Die Belohnung kann in Schätzen, XP oder der Anerkennung der Mitspieler bestehen. Wichtig ist nur, daß ein Gamist einen Wettbewerb findet, in dem er glänzen und dafür eine Belohnung einsacken kann.
Plausible Charaktere, Charakterentwicklung jenseits von XP-Verteilung oder Leveln und eine stimmige Welt sind beim Gamism nicht unbedingt nötig, damit die Spieler Spaß haben.
Beim Simulationism [Immersionismus] geht es - laut der ursprünglichen Theorie - um die
world exploration, was ziemlich schwammig ist und den Punkt meiner Meinung nach auch gar nicht trifft. Bei Simulationism geht es um Immersion. Der Spieler will in die Haut seines Charakters schlüpfen und erleben, wie es wäre, diese fiktive Person in ihrer fiktiven Welt zu sein.
Sims legen Wert darauf, soziale und emotionale Konflikte auszuspielen. Sie wollen in diesen Situationen nicht von Vorgaben auf der Metaebene (z.B. Würfelwürfen) gesteuert werden, sondern ganz in die Welt des Charakters eintauchen und an seiner Stelle handeln. Jeglicher Ausflug auf die Metaebene stört in bei solchen Konflikten, da die Immersion unterbrochen wird. Sims wollen und brauchen im Allgemeinen keine Mechanismen, die das Innenleben ihres Charakters abbilden oder regeln, denn sie wollen das Innenleben selbst steuern.
Ein weiteres, typisches Merkmal von Sim ist die ungerichtete Charakterkonversation - damit ist ein Gespräch zwischen dem Charakter des Spielers und entweder einem anderen SC oder einem NSC gemeint, in dem nicht von vorne herein feststeht, worum es eigentlich gehen wird oder worauf es hinausläuft. Das Gespräch fließt einfach und selbst wenn der Spieler eine bestimmte Absicht mit der Gesprächsaufnahme verbindet, kann es sein, daß es sich völlig anders entwickelt. Typische Situationen für ungerichtete Charakterkonversation sind Small Talk (Hartwursteinkauf), Exposition (der Charakter gibt etwas von seinem Hintergrund preis) und Konflikt (ein Streitgespräch). Zu diesem Thema werde ich mich in einem eigenen Thread noch mal genauer äußern.
Beim Narrativism [Solutionism] geht es darum, einen ethisch-moralischen Konflikt über ein anspruchsvolles Thema zu erforschen. Der Charakter dient dabei nur als Vehikel, als Marionette, die von der Metaebene aus betrachtet und gesteuert wird.
‘Ethisch-moralischer Konflikt über ein anspruchsvolles Thema’ bedeutet, daß es um etwas wichtiges gehen muß, der zentrale Konflikt darf nicht trivial sein. ‘Was will ich auf meine Pizza haben’ ist kein sinnvoller zentraler Konflikt. ‘Schaue ich Fußball oder arbeite ich lieber weiter an meiner Dissertation’ schon eher, ‘Schaue ich Fußball oder kümmere ich mich um meine Familie’ ist noch besser. Der zentrale Konflikt sollte sich auf eine einfache Prämisse reduzieren lassen - ‘Freizeit oder Arbeit’ bzw. ‘meine Interessen oder die meiner Familie’ im obigen Fall. [Nein, ‘Anchovis oder Thunfisch’ ist keine gültige Prämisse!]
Für einen Nar muß sich das ganze Geschehen im Rollenspiel auf den Konflikt konzentrieren. Jede Szene muß den Konflikt beeinhalten, sonst ist sie überflüssig. Ungerichtete Charakterkonversation gibt es nicht - es steht immer von vorne herein fest, daß sich eine Unterhaltung auf den Konflikt konzentrieren muß. Typischerweise werden soziale und emotionale Auseinandersetzungen bei Nar nicht ausgespielt, sondern von der Metaebene aus gesteuert - gerne auch durch Auswürfeln. Die zentrale Entscheidung des Protagonisten (seine Lösung für den zentralen Konflikt, die Prämisse) fällt ebenfalls auf der Metaebene, sollte aber stimmig und plausibel nachvollziehbar sein.
In der Vergangenheit gab es immer wieder Schwierigkeiten, Nar und Sim voneinander abzugrenzen, grade weil die Definition von Sim so schwammig gewählt war. Sieht man aber die Immersion als wesentlichen Bestandteil von Sim an, fällt die Trennung nicht sehr schwer. Wenn ein Spieler sich in seinen Charakter versenkt, soziale und emotionale Konflikte nicht von der Metaebene aus steuern möchte und gerne ungezielte Charakterkonversation treibt, dann ist er ein Sim. Wenn er es cool findet, das Ergebnis eines Gesprächs auszuwürfeln, Immersion für überflüssig hält und sich aufs wesentliche konzentrieren möchte, dann ist er ein Nar.
Hier folgt jetzt ein Edit, den ich später hinzugefügt habe!Okay, das da oben ist nicht GNS. Vergesst es. GNS könnt ihr nur verstehen, wenn ihr die Forge lest. Im Grofafo existiert zu diesem Zeitpunkt noch keine echte, gültige Erklärung von GNS. Das heißt aber nicht, daß die obigen Erklärungen ungültig sind. Sie sind nicht so komplex und nicht so abstrakt wie Forge-GNS, dafür aber leichter verständlich und auch für den Laien auf konkrete Situationen anwendbar.
Gut, soweit, so häßlich. Ihr könnt jetzt die ganze Diskussion bis zu folgendem Post überlesen:
http://tanelorn.net/index.php?topic=23496.msg458277#msg458277Es geht bei den oben stehenden Typologien - ähnlich wie bei GNS - darum, verschiedene grundlegende Arten, auf die Spieler Spaß haben können, festzulegen. Da ich nicht in dem ursprünglichen Post herummalen will, ändere ich hier die Bezeichnungen mal ab:
Gamismus - zentraler Punkt: Wettbewerb mit absehbaren Belohnungen - neuer Name: Gewinnspieler
Simulationism - zentraler Punkt: Immersion - neuer Name: Immersionist
Narrativist - zentraler Punkt: Lösung eines Kernkonflikt - neuer Name: Solutionist
[Ja, die Namen sind doof, aber ich muß hier gleich weg... :-[]
Okay soweit?