Autor Thema: Spielbalance - Was ist das für euch?  (Gelesen 11061 mal)

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Offline Haukrinn

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Spielbalance - Was ist das für euch?
« am: 5.06.2006 | 12:04 »
Hin und wieder sieht man den Begriff des ausbalancierten Rollenspielsystems ja immer wieder auftauchen. Nicht nur in den regelmäßig hochkochenden Systemkriegen, auch im Systemdesign scheint ja Balance noch für viele Leute ein Thema zu sein.

Ich möchte jetzt mal von euch wissen:
1.) Wie sieht Spielbalance überhaupt aus?
2.) Welche Spiele sind gut ausbalanciert, welche nicht?
3.) Und was sind gute Ansätze, um ein balancierte System zu erreichen?

Natürlich habe ich mir da auch selbst schon Gedanken zu gemacht, dementsprechend:

1.) Spielbalance heißt für mich, daß kein Spieler (den Spielleiter lassen wir aus Rücksicht auf seine Allmachstsposition im klassischen Rollenspiel erst einmal raus) ohne weiteres regeltechnische Werte für seinen Charakter erreichen kann, die diesen wesentlich besser oder schlechter machen als die seiner Mitspieler.

2.) Gut ausbalanciert scheint mir GURPS4 zu sein. Ich kenne zwar nur das Quickstartdokument, aber schon hier zeigt sich sich die ausgeklügelte Spielbalance. Balanceschwächen von GURPS3 wurden ausgebügelt. Einziger Schwachpunkt ist immer noch der Umgang mit den Nachteilen, der aber auch in keinem anderen ähnlichen System irgendwie besser gelöst ist.
Ebenfalls gut ausbalanciert ist D&D. Mächtige Feats gibt's erst spät im Spiel, weil die entsprechenden Vorraussetzungen erreicht werden müssen. Die Fähigkeiten der Charaktere sind, zumindest auf niedrigen Stufen, relativ gut ausgeglichen (man merkt die extensiven Spieletests, die dahinter stecken). Auf höheren Stufen kommt es zu einer Diskrepanz zwischen den Magieanwendern und den Mundanen. Diese Diskrepanz kann durch magische Gegenstände verkleinert werden, die Richtlinien dafür sind allerdings nicht sehr eindeutig.
Ein wirklich miserabel ausbalanciertes Spiel ist Arcane Codex (okay, ich mag es trotzdem  ;D). Einige Rassen sind übermächtig, selbiges gilt für einige Kampfschulen. Die Mächtigkeit der Zauber scheint oft willkürlich zu sein, die Kosten für Vor- und Nachteile ebenfalls. Von den Kosten für magische Gegenstände wollen wir garnicht reden. Und das für die Archetypen im GRW teilweise zu viele Punkte bei der Erschaffung ausgegeben wurden, macht das Ganze nicht besser.

3.) Schwierig. Auf der einen Seite sollte man immer auf den gesunden Menschenverstand der Spieler setzen. Wenn die Spieler alle Oberchecker-Charaktere haben wollen, dann sollte das System dies nicht verhindern. Selbiges gilt für Gritty-Nuschen. Was das System verhindern sollte ist, daß Gritty-Nuschen und Oberchecker in derselben Runde auftauchen (Die "Wenn Deine Mitspieler 'was dagegen haben, dann nimmst Du's nicht"-Regel halte ich für ebenso sinnvoll wie mächtig in diesem Bezug). Wie bereits gesagt machen das einige Systeme ganz gut. Striktes Eindämmen von exzessiver Auswahl von Charakternachteilen zur Punkteschinderei sollte eingegrenzt werden, Cool Powerz sollten allen oder keinen Charakteren zu Beginn zur Verfügung stehen. Spätere Diskrepanzen zwischen den Charakteren, wie sie bsp. bei D&D auftauchen können, könnte man dadurch vermeiden, in dem man die Mächtigkeit der jeweiligen Spezialkräfte der einzelnen Klassen quantitativ misst und es so erlaubt, Ausgleiche zu schaffen. Wenn ich weiß, daß ein Kämpfer Stufe 8 mit Langschwert+3,+3W6 Eisschaden genauso  mächtig ist wie ein Hexenmeister Stufe 8 mit gut gemischter Zauberauswahl, dann ist doch wieder alles in Ordnung.
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Ein

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #1 am: 5.06.2006 | 12:13 »
1. Definiere ich ähnlich wie du, allerdings gibt es Spielbalance auf verschiedenen Ebenen: System- und Kampagnenebene. Und spätestens auf der Kampagnenebene ist es meist vorbei mit der Spielbalance.

2. Generell sollten strigente Systeme (Klassenbasierende) besser ausgeglichen sein als freie Systeme, sofern der Designer sein Handwerk richtig gemacht hat. Allerdings stimmt das immer nur für die Typische Spielsituation.

3. Nullsumme: Die Vor- und Nachteile eines Charaktertemplates sollte  immer Null ergeben.

Pyromancer

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #2 am: 5.06.2006 | 12:30 »
Zitat
1.) Spielbalance heißt für mich, daß kein Spieler (den Spielleiter lassen wir aus Rücksicht auf seine Allmachstsposition im klassischen Rollenspiel erst einmal raus) ohne weiteres regeltechnische Werte für seinen Charakter erreichen kann, die diesen wesentlich besser oder schlechter machen als die seiner Mitspieler.

Ich halte so eine Definition von Spielbalance für wenig sinnvoll. Ich halte überhaupt das Konzept der "Spielbalance" für maßlos überbewertet (von einigen wenigen Teilbereichen des Rollenspiel-Sektors mal abgesehen).
Ich glaube nicht, dass eine "faire Werteverteilung" irgendwie mit "fairer Verteilung der Spotlight-Time" korreliert.

Ein

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #3 am: 5.06.2006 | 12:33 »
@Pyromancer
Da kommt es meines Erachtens schlicht auf die Art des Rollenspiels an.

Gam: Spielbalance = Nullsumme der Charaktermöglichkeiten
Sim: Spielbalance = Nullsumme der Spielwelt
DraNar: Spielbalance = Nullsumme der Erzählgewalt

Chiungalla

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #4 am: 5.06.2006 | 12:34 »
zu 1.) Sehe ich ganz ähnlich wie Haukrinn.

zu 2.)
Ob und wann ein System ausgeglichen ist, hängt essentiell auch immer von der Art des Spiels ab.

Beispiel:
Wenn ich Earthdawn als Hack'n Slay-System spiele, Dugeon (Kear-)crawl an Dungeoncrawl reihe, dann ist das System extrem unausgeglichen.
Ein Krieger ist dann der Weisheit letzter Schluss, gefolgt (oder noch besser kombiniert) mit einigen Spruchzauberern...

Wenn ich Earthdawn allerdings fast ausschließlich mit Intrigen, Spionage u.s.w. spiele, sind der Troubadour, der Illusionist und der Dieb plötzlich eine super gute Wahl für die stärksten Klassen.

Wenn ich einen massiven Fokus auf magische Phänomene lege, ist plötzlich der Magier ganz weit vorne.

Daher würde ich sagen, dass jedes Spielsystem stets nur eine Balance für einen Spielstil liefern kann.
Bei fast rein auf Kampf orientierten Gruppen, sind Kampffähigkeiten immer zu günstig von der Balance her, während soziale Skills da fast immer im Verhältnis zu teuer sind.

GURPS 4 ist auf jeden Fall recht ausgeglichen, wenn man relativ großen Schwerpunkt auf Nicht-Kampf-Fertigkeiten legt. Bei "normalem" Fantasy-Rollenspiel sind ansonsten die Kampffähigkeiten zu billig im Vergleich zu den Nicht-Kampf-Fähigkeiten.

Offline Lord Verminaard

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #5 am: 5.06.2006 | 12:44 »
Ich denke, ein ausgewogenes System uns eine ausgewogene Spielsitzung sind zwei unterschiedliche Dinge, die nicht unbedingt ursächlich zusammenhängen. Ausgewogenheit bezieht sich ja wohl auf Werte und deren Einfluss auf die Möglichkeiten des Spielers im Rahmen des Systems. Letztendlich auf seine Möglichkeiten, das was er will, zu erreichen. Aber was will er? Das ist (auch hier) die alles entscheidende Frage.

Unausgewogenheit ist da schon einfacher festzustellen: Wenn ein Spiel z.B. verschiedene Kampftechniken oder "Kräfte" hat und eine davon einfach wirkungsvoller ist als andere, ist es wohl unausgewogen. Standardbeispiel: Die Reflexbooster in Shadowrun 2, die jeder Samurai, der was reißen wollte, auf 3 haben musste.
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Offline Imiri

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #6 am: 5.06.2006 | 13:42 »
Also, ich werfe jetzt hier nur mal kurz ein paar Anmerkungen ein:

Unausgegliches System: Das Alte Warhammer Fantasy
Zumindest bei den Rassen. Denn wärend Elfen alles in den A.... geschoben bekommen, stinkt der Rest ab. Immerhin bekommen sie ungefähr 150% der Punkte die anderen Rassen zur Verfügung stehen.
Und da ist es dann mit dem Spotlight auch nicht mehr allein getan. Denn wenn man aufgrund der Werte einfach deutlich öfter versagt (und das noch nicht mal wegen Würfelpech) ist das irgendwann auch nicht mehr sinnvoll (z.B. der erste Gegener schickt einen bereits zu Boden wärend der Elf sie alle niedermetzelt - oder auch: Man läuft als Zwerg am Geheimgang vorbei, der eine Nebenhandlung enthält, die der Elf kurz daruf aufgrund der besseren Werte mitnimmt). Witzig war bei uns, das ein Elf in Gebieten in denen er nichts von verstand immer noch deutlich besser war als der menschliche Spezialist.
Spaß hat es mir dennoch gemacht, weil unser SL dann die Elfen auf dem Kicker hatte und sie sich alles schwer erkämpfen mussten und ich als Halbling alles in den A.... geschoben bekam ;)
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Offline Thalamus Grondak

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #7 am: 5.06.2006 | 13:49 »
Was die definition von Ausbalancierten Spielen angeht, kann ich Haukrinn voll zustimmen.

Aber ansonsten stimme ich Pyromance voll zu. Spielbalance wird völlig überbewertet. Eins Einwurf ist zwar auch richtig, aber da so gut wie niemand reines Sim/Gam/Nar spielt, hilft das auch nicht viel.
Die ganzen Ausbalancierten Spiele haben nämlcih ein grundsätzliches Problem, das mir auch die Lust an D&D verdorben hat. Die verschiedenen Chars verlieren ihr Profil, sie gleichen sich soweit an, das sie alle Ecken und Kanten verlieren.
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Chiungalla

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #8 am: 5.06.2006 | 13:58 »
Zitat
Die ganzen Ausbalancierten Spiele haben nämlcih ein grundsätzliches Problem, das mir auch die Lust an D&D verdorben hat. Die verschiedenen Chars verlieren ihr Profil, sie gleichen sich soweit an, das sie alle Ecken und Kanten verlieren.

Das trifft so allerdings nur auf Klassen und Stufensysteme zu.
Bei freien Charaktererschaffungssystemen kann man auch eine gute Balance erreichen, indem man nur allen einzelnen Komponenten einen angemessenen Preis gibt.

Viele freie Systeme ohne Spielbalance führen auf der anderen Seite zu ähnlich uniformen Charakteren, wie Stufen- und Klassensysteme mit Spielbalance. Einfach weil alle bei offensichtlichen Mängeln in der Balance immer den gleichen optimalen Weg beschreiten.

Offline Haukrinn

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #9 am: 5.06.2006 | 13:59 »
Aber ansonsten stimme ich Pyromance voll zu. Spielbalance wird völlig überbewertet.

Stimmt schon. Traurig ist nur, daß viele Systeme zwanghaft versuchen, Spielbalance herzustellen, obwohl die garnicht zum Spiel passen will. Und in manchen Fällen geht das dann ja sogar richtig in die Hose.
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Offline Thalamus Grondak

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #10 am: 5.06.2006 | 14:31 »
Traurig ist nur, daß viele Systeme zwanghaft versuchen, Spielbalance herzustellen, obwohl die garnicht zum Spiel passen will. Und in manchen Fällen geht das dann ja sogar richtig in die Hose.
ja, definitiv. Ich habe mich schon immer gefragt, warum ein Dieb im Kampf genausogut abschneiden muss wie ein Krieger  ??? um mal ein einfaches Bsp. zu nenne.

Bei freien Charaktererschaffungssystemen kann man auch eine gute Balance erreichen, indem man nur allen einzelnen Komponenten einen angemessenen Preis gibt.
Das Problem ist ja nicht das es Stufen gibt, sondern das es im RPG unglaublich viele Situationen geben kann. Und sich die angebliche Ausgeglichenheit normalerweise nur auf den Kampf und ähnlich einfach einzustufende Situationen bezieht.
Wobei es Grundsätzlich richtig, ist, das dieses Problem bei Klassenlosen Systemen geringer ist.
Aber eigentlich mag ich Klassen und damit verbundene Archetypen.
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Samael

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #11 am: 5.06.2006 | 14:35 »
ja, definitiv. Ich habe mich schon immer gefragt, warum ein Dieb im Kampf genausogut abschneiden muss wie ein Krieger  ??? um mal ein einfaches Bsp. zu nenne.

Wer sagt das?

Offline Thalamus Grondak

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #12 am: 5.06.2006 | 14:39 »
Das D&D Regelwerk.
Genausogut ist vllt etwas übertrieben, aber ein Dieb steht einem normalen Kämpfer nicht in vielem nach. Bei D&D sind dir Klassen ab der 3 Stufe so sehr angeglichen, das man keinen maßgeblichen unterschied in ihren Problemlösungen feststellt.
Hatten wir aber auch shconmal vor etwas längerer Zeit D&D ist Doof
« Letzte Änderung: 5.06.2006 | 14:46 von Thalamus Grondak »
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Offline Haukrinn

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #13 am: 5.06.2006 | 14:47 »
ja, definitiv. Ich habe mich schon immer gefragt, warum ein Dieb im Kampf genausogut abschneiden muss wie ein Krieger  ??? um mal ein einfaches Bsp. zu nenne.

Weil alle Nichtkrieger sich in Spielen mit deutlichem Kampffokus sonst total langweilen würden. Obwohl, da könnte man ja sicher auch Regeln einführen, durch die ein Dieb Gegner ablenken/behindern kann, ohne daß er direkt angreifen muß...

Das Problem ist ja nicht das es Stufen gibt, sondern das es im RPG unglaublich viele Situationen geben kann. Und sich die angebliche Ausgeglichenheit normalerweise nur auf den Kampf und ähnlich einfach einzustufende Situationen bezieht.

Jau, stimmt wohl.
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Offline Thalamus Grondak

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #14 am: 5.06.2006 | 14:55 »
Weil alle Nichtkrieger sich in Spielen mit deutlichem Kampffokus sonst total langweilen würden. Obwohl, da könnte man ja sicher auch Regeln einführen, durch die ein Dieb Gegner ablenken/behindern kann, ohne daß er direkt angreifen muß...
Eben, und das ist eine Spielweise die ich viel eher unterstützenswert fände. Von vielen Spielern würde so ein Char, der "nur" unterstützend Tätig wird aber als Schwach oder eben unausgeglichen empfunden.
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Ludovico

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #15 am: 5.06.2006 | 15:43 »
Zu 1.) Sehe ich wie Haukrinn.
Mangelnde Spielbalance wird meiner Meinung nach immer dann zum Problem, wenn man in einem System damit konfrontiert wird, bei dem die SCs larger than life sind. Insbesondere bei cinematischen Systemen sehe ich also die Problematik, da SCs dort nicht leicht sterben und aufgrund des hohen Powerlevels Herausforderungen schwer gefunden werden können, die nicht lächerlich wirken.

Zu 2.) Blue Planet halte ich für sehr gut ausbalanciert. Die diversen Rassen erhalten zwar Vorteile, aber settingtechnisch und auch regeltechnisch sind sie in ebensolchen Maße auch benachteilt.
Für sehr schlecht ausbalanciert halte ich SLA Industries. Das scheint aber auch keinen Wert auf so etwas zu legen.

Zu 3.) Grundsätzlich denke ich, daß Vor- und Nachteile störend für die Balance sind, denn die Nachteile können gut zum Punkteschinden hinzugezogen werden (insbesondere dann, wenn man weiß, daß sie keine große Bedeutung im Spiel haben), was durch die subjektive Bewertung der Autoren möglich ist. Bei Vorteilen ist das auch der Fall, denn diese werden subjektiv von den Autoren bewertet, was zu einem Unterschied in ihrem Nutzen führen kann.
So kann ein Spieler, der sich entscheidet Punkte für Vorteile auszugeben, die zu seinem Charakter passen aber keine hohe spieltechnische Relevanz haben, regeltechnisch gesehen, einen inkompetenteren SC basteln als ein Spieler, der herausgefunden hat, welche Vor- und Nachteile den höchsten für ihn positiven Unterschied aufweisen.
Da Blue Planet zum Beispiel über kein Kauf-, sondern ein Baukastensystem verfügt, daß gänzlich ohne Punkte und ohne Vor- und Nachteile auskommt, sondern sich nur die Werte der Fertigkeiten über die Komponenten der SC-Erschaffung entscheiden, halte ich es für sehr ausgewogen.


Offline Dom

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #16 am: 5.06.2006 | 16:04 »
1) Spielbalance heißt, dass sich keine Spieler benachteiligt fühlt. Das kann entweder im Kampf, in Sachen Erzählgewalt, usw. sein, je nachdem, was für die Gruppe wichtig ist. Spielbalance ist also von der konkreten Spielrunde abhängig - dadurch sind Spiele mit einem engen Focus einfacher zu balancen als solche ohne Focus.

2) Gut ausbalancierte Spiele sind z.B. Wushu und D&D3, nicht gut ausbalanciert ist das alte D&D, DSA oder auch GURPS. Dabei wirkte das alte D&D für mich sehr willkürlich und gerade durch die gewürfelten Attributswerte ist das ganze nicht ausgeglichen. DSA- und GURPS-Spiele können natürlich ausgeglichen sein, jedoch verhindert/erschweren die Systeme nicht die Unbalaciertheit, insbesondere wenn einzelne Spieler Charaktere haben, die nicht zum tatsächlichen Spiel passen.

Bei Wushu kommt es praktisch nicht drauf an, was die Spieler wählen - man kann aus alle Fähigkeiten irgendwas machen. Bei D&D3 ist der Focus klar auf Monster plätten, Fallen überwinden und Schätze sammeln. Und für diesen Focus sind die Regeln ausgeglichen.

3) Ein guter Ansatz ist es, klar den Focus des Spieles zu vermitteln. Und für diesen Focus müssen die gegebenen Regeln so sein, dass alle Spieler möglichst die gleichen "Chancen" haben. Beispiel: Wenn in einem Spiel das Leben ein paar Dorfbewohnern nachgespielt werden soll, so wäre ein gut balanciertes Spiel ein solches, bei dem die Spieler gleichermaßen am Spiel beteiligt sind. Fähigkeiten wären dann wohl eher unwichtig.

Dom

Samael

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #17 am: 5.06.2006 | 16:21 »
Das D&D Regelwerk.
Genausogut ist vllt etwas übertrieben, aber ein Dieb steht einem normalen Kämpfer nicht in vielem nach.

Nur in BAB, AC, HP und damage output. Mit anderen Worten: Son Quatsch.

Offline Thalamus Grondak

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #18 am: 5.06.2006 | 20:12 »
Nur in BAB, AC, HP und damage output. Mit anderen Worten: Son Quatsch.
Wie gesagt nicht hier, wenn dann hier->D&D ist Doof
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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #19 am: 5.06.2006 | 21:37 »
OK. Von verschiedenen Seiten kam, dass Spielbalance vielleicht vom Spiel abhängig sei. Dem kann ich zustimmen, aber dann lässt sich meines Erachtens eine passende Abstraktion finden.

Folgende Definition halte ich für sinnvoll:

Ein Spiel ist ausgeglichen, wenn alle Spieler die Möglichkeit erhalten, sich mit gleicher Intensität am Spiel zu beteiligen, unabhängig von den Entscheidungen, die während der Spielvorbereitungen getroffen werden.

Warum ist das sinnvoll? Zuerst muss man betrachten, woran sich eigentlich Ausgeglichenheit spüren lässt. Dies können nur die Teilnahmemöglichkeiten am Spiel sein. Allerdings soll nicht ausgeschlossen werden, dass verschiedene Spieler verschiedene Arten der Teilnahme erhalten, sondern nur das bestimmte Arten besser sind als andere. Insofern muss gerade die Intensität die Teilnahme unveränderlich sein.

Daneben ist wichtig, dass es sich nur um die Möglichkeit der Teilnahme handelt. Wenn jemand sich nicht beteiligt, weil er nicht will, wird das Spiel daher nicht unaugeglichen.

Diese Teilnahmemöglichkeiten müssen darüber hinaus nicht mit 100%iger Sicherheit funktionieren. Wenn ein Spieler, während des Spiels aus irgendwelchen Gründen einen Input nicht anerkannt bekommt, heißt das nicht, dass das Spiel unausgeglichen ist. Es ist nur notwendig, dass eine faire Möglichkeit bestand.

Anders hingegen verhält sich es in der Spielvorbereitung. Die geforderte gleiche Intensität muss nämlich unverändert bleiben, egal wie sich alle Gruppenmitglieder während der Spielvorbereitung in allen Punkten entscheiden. Ein Streitpunkt könnte hier sein, ob eine Invarianz unter Würfelwürfen o.ä. während der Spielvorbereitung gegeben sein muss, wenn denn nur eine faire Möglichkeit bestanden hat, ein gutes Ergebnis zu erzielen. (Ich habe mich hier für die schwächere Variante entschieden.)




Mit der obigen Definition lässt sich über die Ausgeglichenheit eines Rollenspielproduktes allerdings keine Aussage treffen, sondern nur über die Ausgeglichenheit von Spielrunden. Sinnvoll erscheint daher eine zweite Definition:

Die Mechanik eines Spiels ist ausgeglichen, wenn sie kein unausgeglichenes Spiel fördert.

Diese Unterscheidung ist nötig, da sich konkrete Spielrunden, die das gleiche Rollenspielprodukt benutzen, in allen Punkten stark unterscheiden können.

Beispiele für unausgeglichene Mechaniken wurden hier ja schon mannigfaltig gegeben.





Eine gute Möglichkeit ausgeglichene Mechanik zu erzeugen, ist daher in der Mechanik keine Entscheidungen zuzulassen, die Einfluss auf die Resolutionprozesse nehmen. (Damit meine ich die Bestandteile der Regeln, die es einem Teilnehmer erlauben fiktiven Inhalt zu produzieren.)

Da aber ein solcher Einfluss häufig gewünscht wird, insbesondere um taktische Möglichkeiten zu eröffnen, tut sich hier ein Dilemma auf, das an sich nicht lösbar ist.

Ggf. ist es darüberhinaus auch ratsam, die mechanischen Auswirkunkgen von Flaggentechniken in gleicher Weise zu beschränken. (Mit Flaggentechniken meine ich quasi die Umkehrung von Resolutionsprozessen, also alle Regeln, die andere Teilnehmer ermuntern, bestimmten fiktiven Inhalt beizusteuern.)


Nachtrag:
Das von Dom angesprochene WuShu fällt in Sachen "ausgeglichene Mechanik" daher meines Erachtens klar durch, denn eine möglichst breite Eigenschaft auf einem möglichst hohen Level zu nehmen, kann (abhängig von Fähigkeit der Mitspieler) durchaus zu unausgeglichenem Spiel führen.
« Letzte Änderung: 5.06.2006 | 23:29 von 1of3 »

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #20 am: 6.06.2006 | 01:53 »
Nochmal ohne Fachbegriffe?

Ludovico

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #21 am: 6.06.2006 | 08:58 »
@1of3
Das klingt sehr schlüssig und logisch, was Du da geschrieben hast und schließe mich dem an.
Was aber bedeutet das nun für die Praxis?

Offline Dom

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #22 am: 6.06.2006 | 09:11 »
1of3, ich stimme mit dir völlig überein, dass man zwischen ausgeglichenen Spielrunden und Spielen unterscheiden muss. Auch sonst halte ich deine Definitionen für recht gelungen - ich habe ja ähnliches schon (implizit) formuliert. Schön auf den Punkt gebracht.

Aber was genau verstehst du denn unter "unausgeglichenes Spiel fördern"? Um auf das Wushu-Beispiel zurückzukommen: Fördern die Wushu-Regeln das unausgeglichene Spiel? Das Würfeln ist unabhängig von dem, was erzählt wird. Wir haben schon Ninjas durch das Laufen auf Stöckelschuhen bekämpft... Und genau deswegen halte ich Wushu für sehr ausgeglichen. Es ist wirklich total egal, was die Leute nehmen.

Ok, man kann wahrscheinlich irgendwelche Extremfälle konstruieren, die auch bei Wushu Probleme bereiten. Aber das fällt bei mir nicht unter "unausgeglichenes Spiel fördern". Wenn du jedes Spiel, bei dem die Möglichkeit besteht, dass sich ein Spieler weniger beteiligen kann, als Förderung der Unausgeglichenheit betrachtetst, kenne ich kein ausgeglichenes Spiel. (puh, was für ein Satz)

Dom

Offline Vanis

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #23 am: 6.06.2006 | 10:04 »
Ich finde, Spielbalance wird total überbewertet. Wenn ich zwei total unterschiedliche Charaktere machen, sagen wir einen Krieger und einen Magier, dann will ich die gar nicht vergleichen. Ich fände es eher unkreativ, wenn der Magier zu Beginn des Spiel den gleichen Schaden mit seinen Sprüchen verursachen kann, wie ein Krieger. Ein Magier wäre halt auf seinen Gebiete sehr gut, die kann man dann aber nicht mit den Stärken des Kriegers vergleichen.

Gerade bei Gurps sieht man sehr schön. Die Chars fangen vielleicht alle mit derselben Punktszahl an, aber kann man die CHars vergleichen? Nö. Ein 100 Punkte Prof. kann nicht mit einem 100 Punkte Marine mithalten, wenn es ab in den Dschungel geht. Es kommt immer auf die Situation an und ob die CHars ihre jeweiligen Stärken ausspielen können.

Etwas anderes ist es, wenn zwei Berufe einigermaßen vergleichbar sind. Wenn dann einer der Berufe klare Vorteile bekommen würde, wäre das unausgeglichen.

Generell mach ich mir über Balance wenig Gedanken. Chars sind mehr als die Werte, die auf dem Blatt stehen.
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Offline Dom

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Re: Spielbalance - Was ist das für euch?
« Antwort #24 am: 6.06.2006 | 10:14 »
Vanis, wenn es nur um irgendwelche Charakterwerte geht, stimmte ich mit dir völlig überein. Ausgeglichenheit von Charakterwerten ist keine echte Ausgeglichenheit und daher ziemlich unwichtig.

Schau dir mal die von 1of3 gegebenen Definitionen an. Diese Art von (Un-)ausgeglichenheit halte ich für wichtig. Besonders schön ist es dann, wenn eine Spielmechanik ausgeglichenes Spielen unterstützt, d.h. vor allem dem SL die Arbeit abnimmt, auf Ausgeglichenheit einzelner Spielsitzungen  achten zu müssen.

Dom