So, nun zum Bericht über den Teil des Spiels, an dem ich tatsächlich teilgenommen habe. Spoiler-Warnung gilt weiterhin.
Wir machten meinen Charakter in Anwesenheit der anderen Mitspieler, die sich auch kräftig mit Ideen und Kommentaren einbrachten. Da ich wusste, dass die Gruppe nach Oldtown und Dorne unterwegs war, dachte ich mir, ich spiele doch einfach eine Dornische. Der SL drückte mir dann gleich noch etwas Vorgeschichte aufs Auge, um mich in sein Abenteuer reinzukriegen, und heraus kam folgender Charakter:
Rhyanna Sand, Bastard-Tochter eines dornischen Adligen, aufgewachsen bei den Wassergärten mit den Sandschlangen und Prinz Dorans Kindern. Für eine Dornische vergleichsweise ruhigen Gemüts, daher zu einer engen Vertrauten von Prinz Doran aufgestiegen. Sie hat schon Briefe für ihn an Prinz Vyserys oder seine Gönner in den freien Städten überbracht. Zuletzt lebte sie in Oldtown, getarnt als Weinhändlerin. Als Buhle des ein oder anderen Adligen spionierte sie für Prinz Doran, und war auch Kontaktperson für einen gewissen Lord Alvart.
Da ich das System nicht kannte, ließ ich mich von der versammelten Gruppe bei der Wahl meiner Werte beraten. Das System ist stärker auf Fertigkeiten und weniger auf Vor- und Nachteile ausgerichtet als GURPS, dadurch übersichtlicher, was ganz gut war. Der SL gab mir eine Menge Punkte zu verteilen, sodass ich beinahe so gut war wie die anderen Spielercharaktere.
Das Abenteuer startete mit dem üblichen Hartwurst-Vorgeplänkel, was aber recht unterhaltsam war, da Lyonel schmollte und Garlon absolut selbstzufrieden war, während Lord Ray mit seinem Tarly-Mädchen (Lady Jeyne) turtelte und Darya, die Lyonel nicht noch weiter kränken wollte, Garlons Turteleien zu dessen Leidwesen zurückwies. Sie quartierten sich dann in Oldtown standesgemäß ein und verließen Lady Jeyne und ihr Gefolge unter einem Vorwand. Mittlerweile hatte ich von meinem gegenwärtigem Gespielen, einem Hightower, die jüngsten Neuigkeiten erfahren, von der Roten Hochzeit, König Balons Tod und König Stannis’ Auftauchen auf der Mauer.
Die anderen SCs suchten mich dann auf, um mich nach den Briefen ihres Vaters auszufragen. Auch das wieder so eine typische hartwurstige Situation: Wir alle wussten, dass sie die Information bekommen sollen, aber trotzdem konnte ich sie nicht einfach rausrücken, ebenso wenig, wie sie mir alles offenbaren konnten, was sie wussten. War aber nicht schlimm, da die Interaktion trotzdem spannend blieb. Lyonel baggerte mich gewaltig an, um Darya eifersüchtig zu machen, und die alte Rivalität zwischen Ray und Garlon brach wieder durch, als ich von den Eisenmännern erzählte. Das ging so weit, dass die Spieler sich beinahe anschrieen. Angenehmer weise war da jedoch keinerlei persönlicher Zwist zwischen den Spielern dabei, es war wirklich „nur im Spiel“.
Die Charaktere suchten dann, verkleidet zum Schutz vor Ohrenbläsern, den „Magier“-Maester auf, und ließen sich die Prophezeiung erklären. Sie bemerkten mich dabei, wie ich sie beschattete, jagten mich über die Dächer, und schließlich konnte Lyonel mich stellen, stahl sich einen Kuss und ließ mich dann laufen. Im Hafen ging man Gerüchten über Drachen und Sklavenaufstände nach, die man auch schon in Maidenpool gehört hatte.
Insgesamt war es cool, wie mit den Geschehnissen aus den Büchern umgegangen wurde. Es war halt kein blöder geheimer Metaplot, der vom Meister nach und nach enthüllt wurde, sondern alle Mitspieler wussten darüber bescheid. Dadurch waren sie auch nicht gezwungen, binnen Sekunden völlig unvorbereitet auf etwas zu reagieren, sondern waren jeweils vorbereitet und hatten sich in Ruhe überlegt, wie ihr Charakter wohl eine bestimmte Sache aufnehmen würde. Die Verknüpfungen der Geschichte der Spielercharaktere mit der Geschichte in den Büchern sind ein ganz wesentlicher Punkt in der Kampagne. Ohne die Bücher gelesen zu haben, hätte ich überhaupt nicht vernünftig mitspielen können. So aber konnte ich immer mal wieder einen beiläufigen Kommentar einstreuen, sowohl IC als auch OOC, der sich auf die Bücher bezog und von meinen Mitspielern sofort positiv aufgenommen wurde.
Ray beschloss schließlich, dass er hier nicht weiterkam und nach Sunspear würde reisen müssen. Damit schlossen wir die erste Sitzung. Es war so gut wie gar nicht gewürfelt worden, außer bei der Verfolgungsjagd über die Dächer und für ein, zwei Lügen. Gut, dass ich das hoch gesteigert hatte...
In der zweiten Sitzung musste Ray zunächst mal seiner Gemahlin verkaufen, warum ein Abstecher nach Sunspear vonnöten war. Seine geistreiche Ausrede „Flitterwochen“ sorgte um den Tisch herum für Gelächter, und Lady Jeyne, vom SL genial verkörpert, stellte kluge Fragen und hatte ihn bald bei den Eiern. Schließlich war Dorne nicht gerade der sicherste Ort für Flitterwochen heutzutage, und mit Lord Randyll war das auch nicht abgesprochen. Schließlich mischte sich Darya ein und erklärte Ray, es sei nicht fein, seine süße Gemahlin so für dumm zu verkaufen und den Rest der Gesellschaft dazu. Es sei ja verständlich, dass er nicht über die geheimen Aufträge der Hand mit ihnen sprechen könne, aber er solle sie dann gefälligst auch nicht als Tarnung missbrauchen. Ray nahm den Ball auf und erwiderte, es sei ihm nicht um Tarnung gegangen, sondern er habe lediglich die reizende Gesellschaft seiner Gemahlin nicht missen wollen. Daraufhin lenkte Lady Jeyne ein, sie habe ja schon so viel über Dorne gehört und würde es gerne mit eigenen Augen sehen, und eine Tarly hätte vor nichts Angst. Außer Sam. Dieser Dialog war absolut genial, was haben wir dabei gelacht. Daryas Spielerin bekam von allen Seiten Schulterklopfen für die Rettung der Situation.
Die Gruppe checkte dann auf einem dornischen Segler ein, und ich entschied mich (Überraschung!), ebenfalls auf dem Schiff mitzufahren. Aus Angst vor Lord Varys’ Ohrenbläsern reiste man inkognito. Auf der Fahrt kamen Lyonel und ich uns näher, was ich schamlos ausnutzte, um ihn über den Rest der Gruppe auszuquetschen. Ich sei eine echte Sandschlange, hieß es anerkennend. Lyonels Spieler wollte einen Würfelwurf sehen, und ich würfelte sehr gut, also erzählte er mir mehr, als den anderen recht sein konnte. Auch hier wieder: Kein Konkurrenzdenken zwischen den Mitspielern, alle fanden die Szene einfach nur genial.
Wir erreichten Sunspear kurz nach der Nachricht vom Tod der Roten Viper. Die Stadt war im Aufruhr, und wir wussten, wenn man die Identität unserer Hochgeborenen erfahren würde, würde man sie wahrscheinlich einfach lynchen. Ich half ihnen, eine Unterkunft zu finden, und informierte dann Prinz Doran in den Wassergärten. Eine Unvorsichtigkeit der Lady Jeyne brachte sie dann aber doch in Schwierigkeiten, als sie sich von Beleidigungen gegen ihren Hohen Vater provozieren ließ und daraufhin als Adlige aus der Weite erkannt wurde. Ein Wort gab das andere, und plötzlich gab es eine ausgewachsene Messerstecherei, bei der mehrere Dornische getötet oder schwer verwundet wurden. Unsere Helden flohen dann vor Stadtwachen und einem wütenden Mob aus der Stadt und hinein in die Wüste, mit gestohlenen Pferden und ohne Führer. Ein Pferd fiel einem Schlangenbiss zum Opfer, und sie verirrten sich hoffnungslos, ehe ich sie fand und zu den Wassergärten brachte. Damit schlossen wir die zweite Sitzung.
In der dritten Sitzung konnten Ray und Darya dann endlich mit Prinz Doran sprechen, und ihm offenbarten sie, was sie über ihren Vater herausgefunden hatten. Ebenso offenbarten sie ihren Hass auf die Lannisters, der sie mit dem Haus Martell verband. Prinz Doran weihte sie nicht in alle seine Pläne ein, doch sie schmiedeten ein Bündnis, und Doran übergab ihnen eine Liste derjenigen Westermänner, die ihr Vater einst für mögliche Verbündete gehalten hatte. Wenn es soweit sei, sagte Prinz Doran, würde er auf Ray und Darya zählen, die Getreuen der Wahren Königin im Westen zu mobilisieren.
Der Prinz verließ dann die Wassergärten, um nach Sunspear zu gehen, doch die Charaktere blieben noch ein wenig, für die Flitterwochen und damit die Lage in Sunspear sich wieder etwas beruhigen konnte. Die nächsten Wochen wurden im Schnelldurchlauf vom SL beschrieben, mit einigen Einwürfen der verschiedenen Spieler, was ihre Charaktere in dieser Zeit so anstellten. Wir erfuhren auch von Lord Tywins Tod, der mit einem rauschenden Fest gefeiert wurde. Außerdem wurde Lady Jeyne schwanger. Daraufhin entschloss man sich, nun doch den Heimweg gen Whitecliff anzutreten, solange die junge Dame noch reisefähig war.
Ich war bei den Gärten geblieben, um unsere Freunde zu begleiten, da Prinz Doran mich als Kontaktperson im Westen für wichtiger hielt als in Oldtown, wo ich meinen Dienst erfüllt hatte und er nun jemand anders einsetzen würde. An Bord einer Weinkogge vom Arbor machten wir uns dann auf den Weg von Sunspear nach Lannisport. Diesmal blieben wir unerkannt, und es gelang Lyonel und mir, eine der Zofen der Lady Jeyne als Spitzel des Eunuchen zu entlarven, bevor sie uns verraten konnte.
Auf der Fahrt nach Lannisport kam dann, was kommen musste: Wir wurden von Eisenmännern überfallen. Diese hatten inzwischen die Shield Islands eingenommen und tyrannisierten die ganze Westküste. Aufgrund schlechter Windverhältnisse hatte unsere Kogge keine Chance, dem geruderten Schiff zu entkommen. Garlon musste sich nun entscheiden, auf welcher Seite er stand – und Lyonel stand schon bereit, falls er die falsche Wahl treffen sollte. Garlons Spieler setzte zu einer Art innerem Monolog an und beschrieb, wie sein Charakter an seine Kindheit dachte, an den Ertrunkenen Gott, seine Eltern, die felsige Küste seiner Heimat. Daran, wie ihn die Westermänner stets verachtet hatten. Und dann daran, was die Eisenmänner mit Darya anstellen würden, wenn sie den Kampf gewannen. Und schließlich warf er sich fluchend gegen sein eigenes Volk in die Schlacht.
Das war eine ganz schöne Steigerung: In der ersten Sitzung gar kein Kampf, in der zweiten die kurze Messerstecherei in Sunspear, und in der dritten Sitzung ein ausgewachsenes Seegefecht, das gut eine Stunde dauerte. Der SL zeichnete dafür eine Skizze der beiden Schiffe. Darya verschanzte sich auf dem Achterkastell und schoss ihren Köcher leer, wir anderen nutzten den Vorteil des höheren Freibords der Kogge, um die Eisenmänner vom Entern abzuhalten. Einen um den anderen warfen wir ins Meer, wo ihn seine Rüstung sofort hinabzog, aber letztlich schafften sie es doch, an Deck zu kommen, wo sich das Gemetzel fortsetzte. Am Ende bin ich ziemlich sicher, dass der SL den Kampf so gesteuert hat, dass wir knapp gewinnen. Aber das war egal, es gab einige denkwürdige Szenen und Zitate dabei, und es hat Spaß gemacht. Lyonel und ich spielten das altbekannte Spiel, wer mehr Gegner tötet. Er gewann locker, obwohl er einräumen musste, dass ich mich mit meinem Speer „für eine Frau“ gut geschlagen hatte.
Nach gewonnener Schlacht versenkten wir das Langschiff der Eisenmänner. Garlon nahm Schmuck und Beute und bestand darauf, den Eisenmännern ein nasses Grab zu gestatten. Die ebenfalls beschädigte Kogge schleppte sich mühsam bis zum nahegelegenen Hafen von Crakehall. Dort blieben wir eine Weile und pflegten unsere Wunden, dann reisten wir über Land weiter nach Whitecliff, wo die neue Hausherrin würdig willkommen geheißen wurde und wir außerdem die Nachricht vom Fall Dragonstones und Riverruns und der Inhaftierung von Cersei Lannister erhielten.
Dummerweise hat die Gruppe damit die Bücher eingeholt, und es wird jetzt relativ schwierig, weiterzuspielen. Der achte Teil soll ja demnächst auf Englisch rauskommen, aber der wird ja die Handlung auch nicht weiter fortführen, sondern nur das ergänzen, was während „Feast for Crows“ auf der Mauer und in den freien Städten passiert ist... Der SL ist jetzt arg am Grübeln, was er machen soll, aber wahrscheinlich werden sie die Charaktere auf Eis legen und zwischendurch eine neue Runde einschieben. Immerhin, mich wollen sie als Mitspielerin weiter dabei haben. *froi*
Fazit
Die Runde hat mir schön gezeigt, warum Hartwurst auch Spaß machen kann. Mit tollen Mitspielern, die ihre Charaktere super darstellen und entwickeln. Mit einem tollen Hintergrund, den alle kennen und aus dem alle mit beiden Händen schöpfen. Mit einem tollen SL, der die Charaktere und den Metaplot geschickt verwebt, ohne dass es in knallhartem Railroading ausartet. Ich fragte zum Beispiel den SL, was passiert wäre, wenn Garlon sich auf die Seite der Eisenmänner geschlagen hätte (was ja nicht abwegig gewesen wäre, wenn z.B. Darya sich für Lyonel entschieden hätte). Der SL antwortete, dann hätten wahrscheinlich die Eisenmänner die Kogge versenkt und die hochgeborenen Passagiere gefangen genommen, um Lösegeld für sie zu kassieren. Wie der Zweikampf zwischen Lyonel und Garlon ausgegangen wäre, hätte man dann den Regeln überlassen müssen. Den Tod eines Charakters vermeide er zwar üblicherweise, aber er sei kein absolutes Tabu.
Diese Art von langsamer Charakterentwicklung und vielen ausgespielten Szenen hat ihren Charme, gerade im Vergleich zu einem scheinbar „leistungsfähigeren“ Spiel wie PtA, wo statt drei Sitzungen wahrscheinlich eine gereicht hätte. Es entwickelt sich auch eine Rückbezüglichkeit, indem die Spieler IC immer wieder über die gemeinsam erlebte Vergangenheit reden. („Weißt du noch, damals, in Tyrosh?“) Protagonisten in PtA sind eben nur die Figuren in einer Fernsehserie, die einem imaginären Drehbuch folgen. Charaktere in klassischem Hartwurst-Spiel leben und atmen in einer großen, weiten, echten Welt, die sich auch ohne sie weiterdreht. Was man da spielt, ist nicht irgend eine Geschichte, sondern es ist ein Leben. Und wenn ich darin einen Charakter spiele, ist es mein Leben.
Und wenn ich will, dass mein Charakter gerissen und mit allen Wassern gewaschen ist, dann muss ich eben selbst dafür sorgen. Es reicht nicht, schnell einen Konflikt zu würfeln und dann den Ausgang zu erzählen. Ich muss schon selbst gerissen sein, als Spielerin, und meine Gegner so austricksen, um meinem Charakter gerecht zu werden. Dadurch gewinnt der Erfolg auch einen viel süßeren Geschmack: Weil ich ihn mir selbst erarbeitet habe, und meine Mitspieler mir Lob und Anerkennung dafür zollen.
Das heißt jetzt nicht, dass PtA scheiße ist und ich es nie wieder spielen werde. Aber es hat mir deutlich gezeigt, dass meine alten, großartigen Werewolf-Runden nicht trotz, sondern auch wegen der Hartwurst so gut waren. Also: Hartwurst go!
Ich hoffe nur, die nächste Runde wird nicht irgendeinen Hintergrund verwenden, mit dem ich nichts anfangen kann, weil dann hat man bei dieser Art Spiel einfach einen schlechten Stand.