Wo ich grade etwas über den Film "Children of Men" las, Enkidi, kannst Du Dir vorstellen das im FS-Uni irgendwann in der Vergangenheit das Phänomen der Kinderlosigkeit auftachte, und eine neuer Glaube die Lösung war?
Das könnte ich mir gut vorstellen, ja.
Wenn man sich die Geschichte der frühen Kirche ansieht und die Zeit, in der Zebulon lehrte, dann findet man dort einen umfangreichen Nährboden für einen neuen Glauben. Die Menschheit stand ziemlich schlecht da, spirituell betrachtet. Der technische Fortschritt war weit gediehen (wenn auch noch nicht so groß wie zur Zweiten Republik) und ich denke, man kann viele Parallelen zu unserer heutigen Zeit ziehen: sieht man sich unsere Gesellschaft an, dann ist da auch kaum Platz für Religion und Spiritualität (man sieht's ja an den Spielern
). Der Glaube wird belächelt, dennoch lässt die spirituelle Entwurzelung viele Menschen verzweifeln oder nach einem größeren Sinn fragen.
Bei Fading Suns kommt noch zwei weitere Faktoren hinzu: kurz vor dem Auftreten des Propheten war die erste außerirdische Rasse entdeckt worden, die Menschheit wurde also definitiv der Krone der Schöpfung beraubt und erlebte die Ernüchterung, doch nicht so einzigartig zu sein, wie sie immer geglaubt hatte. Hinzu kamen die Kriege, die in regelmäßigen Abständen das junge "Sternenreich" der Menschheit erschütterten. Es gab sicherlich auch ein großes Gefällt zwischen Arm und Reich, Lohnsklaventum etc.
Das von dir genannte Kindersterben, Opthalamia, würde ich wieder als Parallele zur heutigen Zeit interpretieren: in einer Gesellschaft, in der neben Arbeit kaum Zeit für eine Familie ist, oder es einfach nicht 'in' ist, Kinder zu bekommen oder Kinder zusätzliche Mühen bedeuten, wird es zwangsläufig zu einer niedrigen Geburtenrate kommen. Nehmen wir noch mögliche Unfruchtbarkeit durch äußere Einflüsse wie fremde Atmosphären/Umweltbedingungen auf anderen Planeten, kosmische Strahlung oder whatever hinzu, dann wird das Szenario sogar sehr wahrscheinlich.
In dieser allgemeinen Katastrophenstimmung tritt dann der Prophet hervor, mit einer Lehre, die versucht alle bisherigen Glaubenssysteme der Menschen zu vereinen und neu auszurichten. Die versucht, Anworten zu geben, neue Wege, neue Hoffnung. Er findet zunächst in den untersten Schichten Gehör (wie das bei Religionen ja oft der Fall ist), aber da seine Ideen universell gültig sind, wächst seine Anhängerschar und breitet sich auch auf die höheren Schichten aus.
Um also auf deine Frage zurück zu kommen: Ja, der Glaube war für eine Menschheit, die von Krieg, Ungerechtigkeit und sozialen Problemen gezeichnet war, mit Sicherheit eine Lösung – ein Druckventil, in dem sich die Spannungen der Gesellschaft entladen konnten.
Man darf übrigens auch nicht außer Acht lassen, dass die Kirche bei FS ohne den Kirchengründer Palamedes in ihrer heutigen Form gar nicht exisitieren würde. Zebulons Lehren hätten sich ohne ihn bei weitem nicht so schnell und gründlich in den Bekannten Welten verbreitet und vermutlich wären sie irgendwann im Strom der Zeit verloren gegangen, so wie die Lehren vieler anderer Propheten vor ihm. Erst durch die Erschaffung einer
Institution Kirche und das beachtenswerte Lebenswerk von Palamedes, diese Institution als ernstzunehmenden Faktor im Machtgefüge der BW zu etablieren, wurden die Lehren Zebulons zu einem universellen Glauben.
Zum Thema Darstellung von Glauben in der Welt von FS vs. Atheismus der Spieler schreibe ich später noch was, hab grad wenig Zeit...
Übrigens gehen die Autoren von FS in Lords&Priests auch kurz auf diese Problematik ein, eine konkrete Lösung kann dort aber (verständlicherweise) auch nicht gegeben werden.
Dass man aber darauf eingeht zeigt deutlich, dass es in der Tat eine große Herausforderung ist, Glauben und Spiritualität in FS angemessen rüberzubringen. Es ist halt nicht DSA oder D&D, wo die Götter unter den Lebenden wandeln...