@Galiban:
Es ist sehr schwierig für ein Rollenspielsystem objektive Kriterien wie "gut" oder "schlecht" zu finden.
Man kann das schon versuchen. Meiner Meinung nach bestehen Rollenspiele aus verschiedenen gesetzten Teilen und daraus abgeleiteten Regeln.
Ein grundlegender Teil der immer da ist, ist ein angenommener Spielstil. Da sind Leute und die müssen irgendwie Spielen. Wenn nicht mehr da ist, hat man ein "Universalsystem" (das natürlich eigentlich nicht universell ist, weil ja ein Spielstil angenommen wurde).
Dann kann es sein, dass das Spiel vorgibt, was die Protagonisten tun. Monster töten, schätze finden etwa. Oder für Konzerne bei anderen Konzernen einbrechen. Oder Monster bekämpfen, zum Veteran werden und irgendwann ihr Volk verraten. Das nenne sich Core Story. Wenn nur Spielstil und Core Story da ist, kommt raus, was man bei vielen Forge-Spielen findet: Spiele die sich um ein bestimmtes Thema drehen.
Dann kann man noch Hintergrund dazu tun. DSA's Aventurien etwa. Oder die Camarilla-Sabbat-Kain-Geschichte bei Vampire.
Der erste schlechte Punkt ist, wenn man nun etwa einen Hintergrund liefert, aber nicht explizit sagt, was die Core Story ist. Dann kommen in Internet-Foren gelegentlich Fragen wie: "Schönes Spiel, aber was genau kann ich damit jetzt spielen?" Natürlich kann man zur Freude auch später alternative Kampagnenkonzepte anbieten, wie z.B. Shadowrun das tut, aber für den Anfang sollte etwas da sein.
Das heißt nicht, dass Spiele, die Hintergrund ohne Core Story liefern, generell unspielbar sind. Aber die Gruppe muss sich dann selbst eine Core Story konstruieren, was schwer fallen kann. Es muss nicht schwer fallen, wohlgemerkt. Eins meiner Lieblingsspiele, Magus: Die Erleuchtung, hat genau diesen Fehler, aber ich hatte nie Probleme damit zu spielen. Trotzdem ist das Spiel in diesem Punkt objektiv schlecht.
Ein zweites Problem ist, wenn der Spielstil der angenommen wird, nicht genau beschrieben wird. Im Optimalfall steht im Buch genau drin, welcher Teilnehmer wann was warum und wozu zu tun hat. Das ist nützlich, damit die Spielgruppe später einsehen kann, ob die Regeln für sie geeignet sind und warum sie so sind, wie sie sind. Eine gute Ergänzung ist enstprechend eine Erläuterung, warum welche Regel beim Design des Spiels so gewählt wurde.
Weiterhin erleichtern solche Ausführungen das Zusammenspiel mit unbekannten Spielern. Wer das Buch gelesen hat, weiß dann im besten Fall wie das Spiel funktioniert und Con-Kollisionen, wo Leute mit völlig unterschiedlichen Erwartungen zusammenprallen, werden vermieden.
Solche Ausführungen sind allerdings erst in jüngerer Zeit aufgekommen. Bei älteren Spielen muss man also damit leben, wenn sie fehlen. Bei neueren würde ich sie allerdings unbedingt erwarten.
Letztlich muss wie gesagt aus den zu Grunde gelegten Teilen ein Regelwerk entwickelt werden. Dabei sollten alle grundlegenden Teile eingehen. Es gilt:
- Regeln vermitteln den Hintergrund und werden so zu einem zusätzlichen Medium neben Weltbeschreibung und Bildern.
- Regeln führen das Spiel durch die Core Story. Ein gutes Regelwerk zeigt den Teilnehmern immer klar, was nun aus Sicht der zentralen Handlungmuster passieren könnte.
- Regeln dienen handfeste Richtlinien für angenommenen Spielstil. Die Teilnehmer erfahren so, was ihre Aufgaben und ihre Optionen in jeder gegebenen Situation sind.
Ich kenne DSA4 nicht, aber wer möchte, kann es ja mal nach diesen Kriterien abklopfen.