@Boba: Tefloncharaktere sehe ich so nicht wirklich, da jeder Charakter, grade in D&D explizite Schwächen aufweist, die von den anderen Klassen gedeckt werden sollten. Natürlich hat es was von fieser Willkür wenn man diese Schwäche anspielt, da hilft evtl. ein XP-für-Versagen-System...
Es geht mir nicht nur um Spielwerte, die "angreifbar" machen. Sicherlich geht es auch darum, aber nicht nur.
Es geht mir vor allem erstmal um "Verständnis" oder "Erkenntnis" der Spieler.
Tefloncharaktere entspringen einer Einstellung, nicht einer Problematik im Spielsystem.
Ich versuche, es zu erklären:
Nehmen wir mal die Nachteile, die es in vielen System gibt...
Nachteile werden eingegangen, dafür gibt es "Punkte", mit denen sich dann Vorteile erkaufen lassen.
So arbeitet das gängige Prinzip (Alternativen gibt es, ist mir bewust und mir sind auch andere Konzepte bekannt - nur sind die Alternativen eben nur selten in Systemen umgesetzt)...
Wie sieht die Denke jetzt aus, wenn man einen Charakter macht und ihn mit Nachteilen versieht.
Ich pauschalisiere und dramatisiere mal ein bisschen:
Denke1: "Der Wert bei XYZ ist mir noch zu niedrig, den will ich mindestens auf x haben, also nehm ich noch nen Nachteil, bringt mir die Punkte..."
Denke2: "Der Nachteil ist unrelevant, weils im Spiel kaum zum Tragen kommt, aber das gibt pauschale Punkte, die ich noch nutzen kann..."
Denke3: "Die Mindestbegrenzung für Nachteile sind y Punkte, also nutze ich das voll aus, um den Charakter mit den gewonnenen Punkten voll auszureizen, schaun wa mal, welche Nachteile am wenigsten wehtun..."
So kennen wir das alle!
Alle diese Einstellungen haben eines gemeinsam: Sie sehen Nachteile als "notweniges" Übel an, oder zumindestens als Optionales Übel. Nachteil ist negativ - immerhin bringt es ja Punkte ein.
Und diese Einstellung ist meistens falsch!Ein Nachteil bringt keine negative Beeinflussung - ganz im Gegenteil - ein Nachteil macht das Rollenspiel interessanter.
1of3 hat irgendwo mal geschrieben, dass statt einer Standardpauschale an Punkten ein Nachteil lieber dann vergütet werden sollte, wenn er zum Tragen kommt - um die Nachteile, die irrelevant sind, nicht zu bevorteilen.
Ich gehe da einen drastischen Schritt weiter:
Nachteile sollten für das erbrachte "handicap" GAR KEINE Punkte bringen.
Und sie sollten auch nicht Nachteile, sondern "Eigenheiten" oder so heissen.Natürlich sind einige Dinge für den Charakter nachteilig - aber doch für den Spieler nicht.
Nehmen wir mal an, der Charakter ist blind - schlimmeren Nachteil gibts kaum.
Dann wird natürlich vieles kompliziert und man muss sich etliches ausdenken, um Sachen, die sonst simpel sind zu realisieren.
Und? Ist das nachteilig oder macht es das Spiel interessanter?
Sicherlich, sowas könnte ein heftiger Nachteil sein, den keiner nehmen will, weil es das Spiel arg einschränkt.
Okay, muss aber auch keiner...
Aber warum sollte beispielsweise ein Feind, den man sich gemacht hat, einen Punktevorteil geben? Der Feind ist doch letztendlich ein Aufhänger für interessante Situationen, und eine Gelegenheit um das Spiel überraschender und schwieriger zu gestalten.
Es ist kein Handicap sondern eine Gelegenheit für gutes Rollenspiel.
Wenn es Punkte geben soll, dann doch als Belohnung für die Ermöglichung von guten Rollenspiel.Das wäre eine Wertung, die adäquat wäre, aber die Nachteile und ihre
Punkte sind nicht nach "Adventurehook" oder "szenehook" Qualität gewichtet, sondern nach irgendwelchen (meist absurden)
Pseudorealitäts- (heute sagt man Pseudoplausibiltäts-)
bewertungen, die angeblich angeben, wie groß das Handicap ist.
So, da aber alle so denken, wie beschrieben, werden Nachteile widerwillig eingekauft, mit dem Ziel möglichst viel Punkte für eine möglichst kleine Benachteiligung rauszuholen, anstatt, dass man sich überlegt, welche "Eigenheiten" das Spiel bereichern könnten.
Und wenn möglich versucht jeder, seine Nachteile zu unterdrücken und ignorieren und der Spielleiter wird stets mit "Willkür" Kritik belegt, wenn er Nachteile ins Spiel bringt (auch hier ist wieder Übertreibung versteckt
).
Nach Möglichkeit versucht also jeder Spieler möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten - und schustert sich eine Teflonschicht für seinen Charakter, damit möglichst wenig Haftbarkeit übrigbleibt, sonst kommt nachher der böse Spielleiter und erfindet ein Abenteuer ganz allein um einen Nachteil herum, den man so noch nicht eliminieren konnte. Schlimm, schlimm!
Was hat das mit D&D zu tun? Erstmal gar nichts...
D&D hat sowas wie Nachteile für Punkte nicht, höchstens pauschale Nachteile in irgendwelchen Elementen versteckt, die man aber nicht zum Punkteausgleich kauft, sondern die irgendwas ausgleichen...
Aber die Denke ist auch bei D&D Spielern nicht selten, genau wie bei DSA, WoD, Banane und USW (das meistgespielte Rollenspiel überhaupt
).. Lustigerweise widersprechen Nachteile ja nicht mal dem ARS Gedanken (wo D&D ja ARS prädestiniert ist), denn natürlich sind Nachteile im ARS Spiel Handicaps, die die gestellte Aufgaben erschweren. Aber letztendlich macht auch da der Nachteil das Spiel interessant, denn so kann man sich Aufgaben widmen, die einem ohne Nachteile vielleicht zu einfach zu lösen sind.
Auch hier ist ein Nachteil eine Bereicherung des Spiels an sich. Er wird nur selten so verstanden...
(und nebenbei: Für diese 'Bereicherungen im Spiel' brauche ich auch keine Dutzende Seiten von Hintergrundsbeschreibung. Da reichen wenige Stichworte. Wenn es interessant erscheint, kann man mit dem Spielleiter den Hintergrund einer Eigenart weiter ausspinnen, weil das zum inhalt des Spiels wird. Aber es ist meist nicht notwendig. Und diese 'Bereicherungen' beleben das Spiel meist 100mal besser als die ganzen Pampflete und Aufsätze, die es im Rollenspiel so gibt...)
Und diese Sympomatik ist in vielen Bereichen in der Spielerdenke wiederzufinden.
Es fehlt einfach nicht selten die Erkenntnisse, dass bestimmte Elemente nicht "stören" oder "behindern", sondern das Spiel bereichern.
Teflondummies und Nachteile sind da nur ein Element.