Zunächst hätte ich eine Nachfrage zu Deiner Unterscheidung von Hintergrund und Handlung. Du bezeichnest den Hintergrund als statisch und die Handlung als linear. Obwohl Du dies ein wenig ausführst, verstehe ich die Abgrenzung noch nicht gut genug.
Guter Punkt :-). Nein, Du hast schon richtig erkannt, daß ich an ein paar Stellen noch nicht genau genug nachgedacht und zu ungenau formuliert habe.
Zunächst: Handung ist in diesem Sinne nicht nur die Handlung, in die die Charaktere direkt mit einbezogen werden.
Eine Zeitlinie im Hintergrundmaterial gehört zu den noch etwas schwierigen Punkten. Nach meiner Definition wäre sie (und damit z.B. ein Metaplot) Handlung; aber eben eine Handlung, die im Hintergrundmaterial festgeschrieben wäre - und damit noch eine von den Übergangsstellen zwischen Handlung und Hintergrund. Ein Krieg zwischen A und B, der auf einer festgeschriebenen Zeitlinie von der Zeit N bis zur Zeit M dauert, wäre linear und damit Handlung. Ein Krieg, der ohne Zeitlinie festgeschrieben wird, ist statisch und damit Hintergrund; wenn die Spieler allerdings dahinein verwickelt werden, werden einzelne Situationen daraus zumindest zeitweilig Handlung. Wenn sie "in die Geschichte eingehen", sind sie wieder Hintergrund. (Ah so, Zeitreisen lassen wir vorläufig bitte aus der Diskussion? :-o )
(Exkurs: Ich finde es insofern nicht plausibel, ohne Zeitlinie Bewohner eines Hauses "festzuschreiben". Nehmen wir an, die Taverne "Zur glitzernden Schneeflocke" wird laut Hintergrundbeschreibung von Gastwirt Onno geführt, der laut Regelwerk eine dreijährige Tochter hat. Eine Gruppe, die über längere fiktive Zeiträume spielt, kommt Jahre später wieder - was findet sie laut Regelwerk vor? Wenn es keine Zeitlinie gibt: Laut Material eine dreijährige Tochter. Meßfehler...) Exkurs / Sprachliche Erwägung: Die Festschreibung von Handlung im Hintergrund würde dieser Handlung etwas nehmen, was sie gewöhnlich auszeichnet, nämlich die Dynamik. Spielerhandlungen sind dynamisch; eine im Regelwerk
en detail festgeschriebene Handlung dagegen ist starr - und damit "statisch", was ich jetzt zunächst dem "linearen" gegenübergestellt habe.
Aber das ist meines Erachtens auch wirklich ein Dilemma des Rollenspiels mit festgelegten Zeitlinien: Wenn ein Spielercharakter es schafft, etwas zu machen, das die Zeitlinie durcheinanderbringt, dann kollidieren zwei Handlungen, eine davon (wie man in "Handlung" zunächst mithört) dynamisch, die andere (für Handlung umganggsprachlich nicht unbedingt üblich) starr.
Trotzdem würde die Unterscheidung "dynamische Handlung" vs. "starre Handlung" noch immer nicht eine 1:1-Abbildung der Überlegung sein, unter Handlung nur die Aktionen der Charaktere zu verstehen. Die dynamische Handlung wäre immer auch noch all das, was in Reaktion darauf geändert in den Hintergrund zurückfließen würde (z.B. daß die Bewohner von einem Dorf den Charakteren wohlgesonnen geworden sind.)
Wenn Du sagst, dass Fiktion Hintergrund und Handlung sind, meinst Du dann jede Fiktion oder nur die durchs Rollenspiel erzeugte Fiktion?
Weder ganz das eine noch ganz das andere, aber eher das zuletzt genannte. Mein Problem besteht darin, daß meiner Meinung nach die Fiktion, zu der es im Verlauf von Rollenspiel kommt, nur sehr teilweise durch das Rollenspiel erzeugt wird. Sie wird meines Erachtens zu den ganz überwiegenden Teilen "plausibel ergänzt", und zwar aus Quellen, die nicht selbst rollenspielerischer Natur sein müssen, sondern Märchen, Bilder, Romane, Filme, Gespräche oder sonst etwas sein können. Insofern vielleicht wirklich am ehesten dies: "die Fiktion, zu der es im Verlauf von Rollenspiel kommt".
Entschuldige bitte, wenn ich jetzt nicht auch auf die zahlreichen weiteren Punkte eingehe. Dazu im Verlauf der Diskussion dann vielleicht etwas mehr.
Wir haben Zeit... Ich habe den Text nur insgesamt hier eingestellt, weil die Punkte für mich zusammengehören. Aber es spricht nichts dagegen, ihn jetzt in Ruhe Stück für Stück durchzugehen :-) .
Von mir zu deinem Text ein herzhaftes: Hä?? Ich verstehe kein Wort...
Ich vermute, Du mußt den ersten Satz nochmal überdenken :-) .
Und wenn Du die ersten beiden Abschnitte nochmal liest, wird das vielleicht auch zum Verständnis beitragen. Zu dem, was ich daraus für mich bereits abgeleitet habe, werde ich mich eventuell später noch äußern; derzeit genügt mE die obenstehende Textmenge und die Fragen dazu :-) .
Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass ein Spieler der sich weigert seine "plausiblen Annahmen" im Laufe des Spielens anzupassen den Spielfluß und damit auch den Spielspaß gefährdet.
Ja, das ist auch in meinen Augen ein wichtiger Punkt.
@Dom: Moment... :-)
Edit@Merlin: Ich versuche mal zu verstehen, was du gemeint haben könntest.
Danke.
- Handlung: Entsteht am Spieltisch durch die Beschreibungen der Spieler. Was "linear" bedeuten soll, hab ich nicht kapiert. Außerdem: Gibt es auch Dinge am Spieltisch, die keine Handlung sind, oder rechnest du alles dazu?
Regeln z.B. sind keine Handlung. Und "linear" ist zunächst einmal ein Gegenstück zu "statisch"; das Wortpaar bezieht sich auf eine gedachte zeitliche Beziehung.
- Hintergrund: Grundlage wird vor dem Spiel durch den Autor, den SL oder auch die Spieler gemeinsam festgelegt. Du rechnest Hintergrund zur Fiktion, d.h. der Hintergrund ist zunächst einmal Fiktion, die schon vor dem Spiel da steht.
Vor Beginn des Spiels ja, nach Beginn des Spiels ist der Hintergrund notwendigerweise nicht mehr der, der er vor Beginn des Spiels war.
- Beziehung Handlung/Hintergrund: Handlungen erweitern den Hintergrund.
Oder sie verändern ihn; es muß nicht zwingend immer etwas hinzukommen - es sei denn, man betrachtet den "ehemaligen Zustand" immer noch mit. Man kann den Charakter P, der im Hintergrundmaterial beschrieben wurde, daraus ja nicht entfernen, indem ein Spielercharakter ihn tötet; trotzdem wäre der "jeweils aktuelle Hintergrund" um dies Element verarmt.
- Regeln: Messungen der Fiktion. Bedeutet das, dass du Regeln, die sich nicht auf die Fiktion beziehen, außen vor lässt? Was ist mit Universalsystemen, bei denen es (erstmal) keine Fiktion gibt?
Auch Universalsysteme geben eine Fiktion vor - schon indem sie Begriffe verwenden; und das
müssen sie. Ein Universalsystem, das Werte in bezug auf Waffen festlegt, gibt bereits vor, daß, wenn eine solche Waffe vorkommt, sie diese Werte hat, und gestaltet damit jede mit diesem System spielbare Fiktion, in der solche Waffen verwendet werden. Es gibt in dem Sinne kein "Universalsystem" ohne Fiktion; sie steckt immer schon mit in den Regeln - auch wenn die Regeln "offene Stellen" lassen, die man dann konkret füllen muß, um zu einer bespielbaren Fiktion zu kommen.
Exkurs: Deshalb lassen sich meines Erachtens auch nicht beliebige Hintergründe mit solchen "Universal"-Systemen kombinieren. Indem der Hintergrund Beziehungen festlegt und das System Beziehungen festlegt, kommt es zu inneren Widesprüchen (=Meßfehlern), wenn die beiden nicht exakt übereinstimmen. Um zwei bekannte Beispiele anzuführen: Man kann die fiktive Welt, die Rowling für "Harry Potter" geschaffen hat, nicht mit einem Magiesystem kombinieren, das einen sich rasch erschöpfenden "Magiekraft-Pool" vorsieht, nach dessen Erschöpfung man auch als Zauberer nicht weiterzaubern kann. Die Kinder in jener fiktiven Welt können prinzipiell unbegrenzt oft und lange zaubern - das läßt sich aus den Beschreibungen ableiten. Ein "Universalsystem", das das nicht abbildet, ist für diesen Hintergrund nicht geeinget; ebensowenig eins, das zu den im Text geannten "Lehrfächern" in Widerspruch stünde. Eines, das Zaubern ohne "Magiekraft-Pool" abbilden würde, wäre dagegen nicht für andere Hintergründe, die darauf beruhen, daß Jungzauberer schneller erschöpfen, geeignet. Der in "universal" steckende Anspruch würde meines Erachtens nur von einem System gehalten, das diese Möglichkeiten gleichwertig anbietet... und genauso für alle anderen Bereiche alles anbieten würde. Aber das müßte ein irrsinnig umfangreiches System sein... Was ist mit Rollenspielen, bei denen es keine Regeln gibt, die sich auf Fiktion beziehen? Oder schränkst du dich auf Spiele ein, bei denen es Regeln und Hintergrund durch den Autor gibt?
Ja, ich glaube, das letztere habe ich mit "Ansatz zu Rollenspielen mit Hintergrundbeschreibung" getan... :-o
Rollenspiele, die nur Erzählrechte vergeben, sind nicht so in meinem Blickfeld. Über die lasse ich vorläufig besser andere Leute sprechen :-) .
- Du schreibst: "Konkrete Regeln geraten eher in Widerspruch zueinander als unkonkrete." Wieso? Wenn an einer Stelle steht: "Menschen sind schwächer als Trolle" und an einer anderen "Menschen sind stärker als Trolle" ist das auch ein Widerspruch, der ziemlich einfach zu konstruieren war.
Deshalb steht da auch nicht: "unkonkrete Regeln können nicht in Konflikt zueinander geraten", sondern nur, daß konkrete
eher dazu neigen... Und ich halte, daß es so ist, für fast schon evident :-) . Schon allein, weil die Widersprüche zwischen unkonkreten Regeln meist sehr viel augenfälliger sind; konkrete Regeln können sich leichter "heimlich" widersprechen.
Zu dem konkreten Beipsiel würde ich außerdem sagen, daß die relative Stärke zwischen Trollen und Menschen beide Male konkret geregelt wird (die Regel in bezug auf die relativen Stärken also als "konkret" zu brtrachten wäre, auch wenn sie für die jeweils "in bezug auf das System absolute Stärke" unkonkret sind).
- Plausibilität: Wenn etwas ungeregelt ist, bemühen die Spieler den gesunden Menschenverstand, um die Lücke zu schließen. Diese können so stark sein, dass konkrete Regeln wegen plausibler Ergänzungen ignoriert werden.
Ja.