Hallo zusammen,
zum Thema Mode muß ich doch als Rollenspieloldie etwas aus dem weitgehendst deutschen Nähkästchen plaudern.
Am Anfang bestand das Rollenspiel tatsächlich nur aus Charakteren die Monster töten konnten und Fallen ausschalteten. Mehr oder weniger gut geschriebene Hintergründe führten einfach nur in den nächsten Dungeon. Auf deutsch gab es mit D&D, DSA und Midgard drei Systeme die verbreitet waren. Aus heutiger Sicht muß man sagen das damit in Deutschland auch drei unterschiedliche Rollenspielschulen entstanden.
D&D stand für ein Rollenspiel wo man mit einer Lusche anfing und hinterher ja sogar zum Gott werden konnte.
DSA galt als einfaches und innovatives Spiel mit klaren europäischen Bezügen.
Midgardspieler waren schon immer etwas anders. Das System setzte in seinen Werbetexten früh einen Schwerpunkt auf Problemlösungen ohne Kampf und entsprechenden nichtkämpferischen Fähigkeiten.
Auf dieser Basis baute dann eine schnelle Entwicklung auf die aus meiner Sicht drei Stränge hatte.
Da war ein Mal die Tendenz zur Charakterdifferenzierung. Das führte schnell zu einer wesentlichen regeltechnischen Neuerung. Skills wurden auch bei DSA eingeführt und selbst bei AD&D schlichen sich Sonderfertigkeiten ein und die Anzahl der möglichen Klassen wuchs. Auf dieser Basis wurde das Basic Roleplaying System, wird heute noch bei Cthulhu verwendet groß.
Dann war da die Tendenz zum Hintergrund. Jedes System das etwas auf sich hielt brachte eine Weltbeschreibung und dann später eine Stadtbeschreibung heraus. Um das ganze nutzen zu können wurden Expeditionsabenteuer und vor allen Stadtabenteuer modern.
Plötzlich wurden eine Vielzahl von Dingen im Abenteuer relevant und die Regeln wuchsen. Nicht immer waren die Regelungen wohl überlegt- Denn die Fans forderten neues Material. Da viele Themen neu und ungewohnt waren galt in vielen Runden bald "Was nicht geregelt ist ist nicht möglich.". Die Basis für die heutigen Regelungetüme war gelegt.
Der dritte Trend war plötzlich aus allem ein Rollenspiel zu machen. Da waren zunächst die SF Spiele oder die SF Ableger des Systems. Selbst DSA brachte Warpportale, das Tor zwischen den Welten und Raumschiffe, Borbarads Fluch in die Welt ein. Hinterher gab es dann neben einer Vielzahl von Fantasysystemen, Seeräubersysteme, Spionagerollenspiele, Horrorrollenspiele und Funrollenspiele. Alle diese Systeme differenzierten zwar leicht aber sahen sich doch eigentlich sehr ähnlich.
Mit Traveller, Sternengarde, Runequest, Paranoia und Cthulhu gab es sogar ein paar deutsche Ableger dieser Schwemme.
Nicht aus allem wurde ein Erfolg und schließlich redete man das erste Mal vom Untergang des Rollenspiels. Mit Traveller, Twilight 2000, Paranoia und den diversen Cthulhuausgaben seien hier nur ein paar Trauerfälle genannt.
Eine erste Mode begründeten mit Cyberpunk 2020 und Shadowrun die Cyberpunksysteme. Shadowrun bot in Deutschland die bessere Unterstützung an Material und wohl auch mit Elfen, Zwergen und Trollen die goldene Brücke für die Mehrzahl der Spieler die beim Fantasy Rollenspiel geblieben waren.
Harnmaster brachte dann die nächste Welle ins Rollen. Die Fantasy wurde dunkler und dreckiger. Der Boden für die Welt der Dunkelheit und Vampire war gelegt.
Wärend Harnmaster sich bis heute eine Nische behält brachte die Welt der Dunkelheit eine neue Mode ins Rollen. Im Storyteller System waren plötzlich nicht mehr die Regeln sondern die Geschichte besonders wichtig. Unabhängig ob die Regeln diesen Anspruch auch unterstützten war eine Parallelströmung zu den sehr regelbasierten Systemen geboren.
Unter dem Stichwort Forge kamen dann Spiele in Mode die auf eine bestimmte Art des Geschichtenerzählen ausgelegt waren. In bewußter Differenzierung zu den älteren regelbasierten Systemen zeichneten sie sich häufig durch sehr kurze und sich auf die Spielmechanik und nicht auf das was auf der Spielwelt erreicht werden sollte abzielende Spiele hervor.
Die Oldie meldeten sich zurück. Vor allen D&D 3.x und die diversen D20 Ableger aber auch DSA mit der 4.x zeichneten sich durch sehr regelbasiertes Spiel aus.
Wem Forge und Storytelling zu wenig regelbasiert waren und wem D&D 3.5 und DSA 4.x zu unübersichtlich waren der sehnte sich nach den untergegangenen Systemen aus der mittleren Ära zurück. Und so kamen dann Traveller und Twilight 2000 zurück.
Ich wenigstens bin gespannt wie es weitergeht und was ich in 20 Jahren den jungen Hüpfern aus der Frühzeit unseres Hobby berichten werde.
Der, natürlich so nie vorhandene, Normalspieler will aus meiner Sicht ein paar möglichst klare Regeln die den Hintergrund mit einbeziehen. Situationen die nicht verregelt sind sollten sich durch die Grundregeln erschließen und schnell umsetzen lassen.
Innovative Systeme sind häufig auch "radikale" Systeme die vom Gewohnten abweichen. Dadurch bringen sie häufig keinen kommerziellen Erfolg. In Deutschland ist die Lage verschärft weil viele Systeme eben in deutscher Übersetzung auf den Markt kommen aber dann nicht konsequent unterstützt werden. Gerade den Mangel an fertigen Abenteuern die einem wirklich Arbeit abnehmen fidne ich bedauerlich.
Gruß Jochen