- Ist das Nischendasein von kreativen Spielen gerechtfertigt (bzw. anders gefragt der Erfolg der Klischee-Settings)?
- Welche Eigenschaften hat Klische-Fantasy, dass es so populär macht?
- Wenn ihr die Möglichkeit hättet das Fantasy-Setting der Zukunft zu bestimmen, welche Veränderungen (Welt, Thema, Konzept) sollte es durchmachen. Oder sollte das Tolkiensche Erbe noch in 20 Jahren den Mainstream bestimmen?
Ich würde anstatt "Klischee" lieber "Standard"Setting verwenden, einfach nur deshalb weil Standar neutraler ist und Klischee immer einen etwas negativen Beigeschmack hat.
Das Nischendasein von
kreativen Spielen (was auch immer das heißen soll) ist genauso wenig
gerechtfertigt wie der Erfolg der Standardsettings
gerechtfertigt ist. Die erfolgreichen Systeme sind deshalb erfolgreich, weil sie von mehr Leuten gekauft und bespielt werden als die Nischesysteme. So läuft das nunmal in der Welt.
Populär und erfolgreich sind sie deshalb, weil sehr viele Leute sie mögen.
Ein Fantasysetting der Zukunft zu bestimmen halte ich für unmöglich. Je nachdem, welche Vorliebenfür die Fantasy in der Zukunft vorherrschen werden, wird sich auch das Fantasy-Standard Setting verändern.
Der Trend scheint mir aber in Richtung Mischung aus Fantasy mit Tecnikelementen (modern, Steampunk, SciFi etc) zu gehen.
Ne, mal im Ernst: Eigentlich hast du ja recht damit. Nur geht es Skyrock und mir hier eher um die Atmosphäre von diversen Samstagsmorgencartoons als um eine tatsächlich "plausible" Spielwelt. Ich nehme mal an, du erinnerst dich auch noch an Blüten dieses Genres wie etwa den schon erwähnten He-Man. Die "SF-Elemente" waren darin eigentlich nur reine Kosmetik. Man muss dort nicht erklären, wie Fluggleiter und Laserkanonen funktionieren, oder warum der ganze primitive Mutantenhaufen dort in Eternia ansonsten noch im tiefsten, barbarischen Mittelalter rumhängt. Hauptsache ist, das Zeug erfüllt seinen Zweck im Plot und schaut dabei irrsinnig cool aus. Insofern sind in diesem Genre Magie und Technik beide verhältnismäßig austauschbar. Natürlich braucht man für solchen Quark eine ganze Menge "Suspension of Disbelief", da es mit "Science" im Grunde absolut nichts zu tun hat.
Diese Cartoons sind auch herrlich anzuschauen, aber eignen sich nicht unbedingt als Analogie fürs Rollenspiel.
Denn für mich gibt es bei diesen Cartoons viel zu viele Situationen, die nur deshalb funktionieren, weil man selber nur Zuschauer ist und sich ganz fest auf seine "Suspension of Disbelief" konzentriert.
Z.B. immer dann wenn ein Antagonist einen Plan hat, der wunderbar funktionieren könnte, nur zufällig stolpern die Protagonisten herein. Aber anstatt den Plan später und an anderem Ort nochmal zu versuchen (und dann müsste es ja auch klappen, weil die Protas woanders sind), muss der Antagonist immer der Serien
logik gehorchen und einen neuen Plan aushecken.
Mal abgesehen davon, dass in den Cartoons die bösen Anführer nur dumme Tollpatsche als Gefolgsleute haben, und man sich fragen muss, wie diese es überhaupt schaffen, sich die Schnürsenkel selber zu binden.
Oder wenn zur Lösung eines Problems ein Protagonist einen bestimmten Zauber/ eine besondere Maschine/ einen speziellen Plan benutzt, was dann danach
nie wieder zur Sprache kommt - auch nicht obwohl man es für spätere (geschweige denn frühere) Probleme wunderbar wieder mal verwenden könnte.
Versuch so eine "Welt" als Setting zu bespielen. Es mag als On-shot sicher wunderbar funktionieren, aber als Kampagne müsste man die Spieler schon sehr einschränken - und wenn auch nur deshalb, weil der normal Spieler Skeletor
nichteinfach laufen lässt, sondern ihn tötet.
Anderes Beispiel aus den DC Comics: Arkham Asylum bei Batman. Da gehen die Bösewichter schneller raus, als Batman schauen kann. Es ist einfach nur noch lächerlich.
Wenn ich so etwas spielen müsste, würd ich meinen SL in den Arsch treten. Oder Batman's "Don't kill" Regel durch einen anderen Nachteil austauschen
Die klassische tolkieneske Fantasy ist eben nicht nur EDO, sondern auch von der Story her sehr archetypisch, großer böser Feind bedroht die „Guten“, Schlachten werden geschlagen, auserwählte Helden bestreiten wichtige Questen, von denen das Schicksal der Menschheit (Elfheit, Zwergheit) abhängt.
Interessanterweise habe ich das noch nie erlebt, und in EDO-Fantasy schon gar nicht.
Also du hast tatsächlich noch nie ein Abenteuer, das nach diesem klassischen Muster gestrickt war, gespielt oder geleitet. Wow, ich hab bis jetzt (aus irgendeinem Grund) immer angenommen, dass sowas jeder in seiner RPG Laufbahn erlebt.
Du hast auch noch nie Exalted gespielt? Oder eins von den Metaplot Abenteuern bei DSA oder Earthdawn?
Wenn ich da je einen "die armen Guten vor dem mächtigen Bösen schützen"-Konflikt erlebt habe, dann nach Manier des Westerns
Also wie jetzt?
Wenn ich da je einen "die armen Guten vor dem mächtigen Bösen schützen"-Konflikt erlebt habe, dann nach Manier des Westerns, wo eine bunte Truppe aus wandernden Tagedieben für eine Handvoll Dollar GM das Dorf von der Tyrannei der lokalen Indianer/Banditen/Männer des Viehbarons Goblins/Orks/Männer des Raubritters befreit.
Generell sehe ich bei EDO-Fantasy im Rollenspiel generell eher eine amerikanische Sichtweise, wo man nah und direkt an "The Frontier" arbeitet, ins Unbekannte vorstößt, sich selbst jenseits aller echten Autoritäten sein Recht und das Recht seiner Gemeinschaft mit "the right to bear arms" durchsetzt - und wo jeder kleine Mann mit seinen 3W6 in allen Attributen vom Tellerwäscher zum Millionär werden kann, indem er sich den Gefahren aussetzt, hart arbeitet und clever agiert.
Tolkiens implizite Sicht als Brite (!= Frontier-Mentalität) und Katholik (!= protestantische Arbeitsethik => Tellerwäscher zu Millionär) weicht da doch sehr stark von dem ab, was in Wisconsin geprägt wurde und was wiederum das Treiben an den Spieltischen weltweit geprägt hat. Was auch daran liegen mag, dass Gygax ganz andere literarische Vorbilder hatte und das Tolkiengeviech nur deswegen reingerührt hat, weil es gerade populär war.
Ich geb dir insoweit recht, als dass ich auch sehe, dass das Prinzip "Vom Tellerwäscher zum Millionär" ein Grundstein fürs RPG sein könnte, einfach deswegen weil es gewissermaßen ein XP oder Stufensystem darstellt.
Aber weder Fantasyrollenspiel im Allgemeinen, noch EDO, noch Abenteurergruppe, noch Abenteuerfahrt ins Unbekannte etc sind eine amerikanische Erfindung. Schon lange vorher gab es mit den alten Sagen (u.a. der Griechen), den Märchen, den Epen und Geschichten der verschiedensten Völker, z.B. der Artussage und anderer Aventiuren in Europa gibt es all diese Elemente. Man hat die Elfen und Zwerge in den Nordischen Sagen; Titanen, Giganten, Medusa, Minotauros bei den Griechen; Zauberkundige (wie sie auch genannt werden, ob Magier, Hexen, etc) in den allermeisten Sagenkreisen, Jason und die Argonauten und Tolkiens HDR als Beispiel für eine Abenteurergruppe; die "Reise nach Westen", die Odyssee oder Alexanders Feldzug als Beispiel für die Abenteuerfahrt ins Unbekannte etc. pp. und noch viel mehr...
Der "Western" oder die "Frontier" ist nur die amerikanische Auslegung oder Version des alten Stoffes - denn auch hierbei handelt es sich ja immer nur um eine verklärte oder romantisierte Sichtweise auf die reale Historie (auch wenn es einige Versionen gibt, die viel blutiger sind als es die Realität hätte sein können).
D.h. also, für die amerikanischen Rollenspieler mag ein Grund zum Rollenspielen ihr nostalgischer Vorstellung von der "Frontier" sein, aber dieser Zugang ist ja für alle Europäer verschlossen (da wir keine naheliegende (zeitlich) entsprechende Epoche haben). Wenn aber diese "Frontier" oder "Western" (was für mich übrigens zwei vollkommen verschieden Aspekte sind)
der Zugang oder Auslöser für Fantasy a la D&D wäre, dann würde es nur die Frage aufwerfen, weshalb auch wir Alt-weltler uns dem RPG zuwenden... Für uns Europäer liegt es wesentlich näher, unseren Zugang zum Medium in unserer Sagenwelt zu suchen als in der Saga der "Frontier".