Der Nicht-minimalist wird immer Kritikpunkte an SW finden. Der kann sich dann noch immer sein SW aus dem GRW und den spezifischen Settingbüchern zusammenbasteln.
Savage Worlds erhebt KEINEN "Alleskönner"-Anspruch.
Es gibt sehr viele Spielwelten und Settings, die sich mit Savage Worlds nur schlecht umsetzen lassen. Es gibt aber auch jede Menge Spielwelten und Settings, bei denen Savage Worlds eine geradezu ideale Umsetzung erlaubt.
Als generisches Regelsystem mit Baukasten-Charakter wird der jeweilige Spielleiter angehalten, sich darüber Gedanken zu machen, wie das Setting, in welchem er spielen möchte, eigentlich so "tickt". - Diese Grundgedanken, die zu einer Klarheit über die grundlegenden Konzepte und "Naturgesetze" der Spielwelt z.B. in puncto Magie führen, werden dann mit den Baukasten-Elementen von Savage Worlds abgebildet.
Bei vorgefertigten Savage Settings ist diese Abbildung bereits für einen Spielleiter vorgenommen worden, und man kann sie sofort spielen.
Bei eigenen Settings, bei Setting-Adaptionen aus Film, Fernsehen, Buch, Comic, oder bei Conversions von Settings anderer Rollenspiele muß man sich jedoch diese Überlegungen selbst machen.
Savage Worlds liefert, was übernatürliche Fähigkeiten anbetrifft, fünf "Geschmacksrichtungen" mit im Detail unterschiedlichen Regelkonzepten mit, sowie ein Powers-Konzept, welches unterschiedliche Ausprägungen von mehr oder weniger abstrakten übernatürlichen Kräften durch sogenannte Trappings vorsieht. - Das ist der "Grund-Baukasten", mit dem man schon eine Fülle an Settings zum Spielen erschließen kann.
Dann gibt es für Fälle, in denen der Grundbaukasten noch andere, noch mehr "Bau-Elemente" brauchen könnte, die Toolkits. Diese sind KEIN "Muss", sondern ein "Kann". - Alles in den Toolkits könnte man sich mit entsprechendem Aufwand auch selbst aus den Grund-Elementen zusammenbauen, jedoch nehmen die Toolkits mit ihrem "Halbzeug" gerade denjenigen Savages, die oft und gerne auch sehr schnell Conversions zusammenbauen wollen, die Arbeit zu einem großen Teil ab. Es sind eben Zusatzbaukästen, die genrespezifisch nur EINE "Geschmacksrichtung" anbieten.
Savage Worlds hat den Arcane Background (Magic) als die Grund-Umsetzung von Magie. - Dieser stellt eine Form der "Battle Magic" dar mit Zauberdauern von genau einer Aktion in einer Kampfrunde (also unter 6 Sekunden) und mit Wirkungsdauern von sofort über wenige Runden bis zu Stunden. Die Grundumsetzung stellt keine tagelang wirkenden "Buffs" zur Verfügung und auch keine "erderschütternden Rituale".
Warum?
Weil man diese in den meisten Settings nicht braucht.
Zumindest nicht in SC-Händen, da sich weltumspannende Zauber wie die "Closing" auf Glorantha oder die Schaffung der Sundered Skies als HINTERGRUNDELEMENT geradezu in die "Geographie" des Settings einbetten. Sie stellen noch nicht einmal "Plot Devices" dar, sondern "Immobilien" der magischen Landschaft des Settings.
Selbst in meiner längsten, über 10 Jahre langen RuneQuest-Kampagne, wo u.a. auch ein Sorcerer-SC dabei war, hat dieser SEHR erfahrene Charakter nicht an das, was die unsterblichen Legenden-Gestalten der Vorzeit dieser Welt an magischer Macht drauf hatten, herangereicht.
Nicht jede Spielwelt verträgt ja überhaupt ein Machtgefüge, das vom Feld-, Wald- und Wiesen-Zauberer bis hin zum Halbgott-Elminster-Gandalf-Pug-Verschnitt alles für Spielercharaktere zugänglich macht.
Warum ist dies so?
Weil mit immer mächtigeren Zauberern in einem Setting, die NICHT-Magier nur noch zu "zweibeiniger Ausrüstung" des Magiers verkommen. - Bestes Beispiel: Ars Magica. - Hier liegt der Brennpunkt klar auf den Magiern und der Rest der Welt spielt nicht einmal die zweite Geige. Wer das so für sich spielen will, ist dort sehr gut bedient.
Savage Worlds hat als eines der Entwurfskonzepte aber die Maxime "Gleicher Spaß für Alle" berücksichtigt. Schon bei AD&D und später bei D&D 3E waren die Kämpfer und Diebe gegenüber hochstufigen Magiern gearscht. Sie waren nur die "Prellböcke", damit der Magier seine schwere Arkane Artillerie loslassen konnte. - Ich habe selbst den mit den Jahren außerordentlich wachsenden Kompetenzzuwachs bei D&D-Magiern als Ärgernis für meinen eigenen Spielspaß erlebt. Die Magier dominieren irgendwann alles.
Das sollte bei Savage Worlds nicht der Fall sein.
Daher gibt es im Grundbaukasten nur Magie, die zwar bestimmte Dinge, die sonst niemand kann, ermöglicht, aber sie STIEHLT DEN NICHT-MAGIERN NICHT DIE SHOW!
Auch in jahrelangen Savage-Worlds-Kampagnen sind Magier, die sogar als Artillerie-Mages optimiert wurden, NICHT die alles beherrschenden SCs geworden. Auch eine Gruppe von 8 Legendary Rank SCs (XP 160+), darunter auch zwei Magier, hatte durchgängig sauberstes TEAMPLAY und Rampenlicht-Szenen für JEDEN Charakter ohne jegliche Anstrengung hervorgebracht. - Jeder war nützlich, notwendig und machte Spaß zu Spielen.
Dieses Entwurfs-Konzept ist eines, weshalb Savage Worlds NICHT universell, sondern "nur" generisch ist.
Man wird bei einem Savage Ars Magica nicht glücklich werden, weil die Magier bei SW nicht so in den Vordergrund GEREGELT werden, wie im Original-System.
Dies zum Verständnis, warum Savage Worlds vornehmlich Battle Magic verwendet.
Es gibt aber auch Settings, wie Solomon Kane, wo es längere Zauberdauern, rituelle Zauber, längere Wirkungsdauern von Zaubern, usw. gibt. - Das liegt daran, daß die SPIELWELT dies so vorsieht.
Eine Setting-Adaption einer Welt, in welcher die "Gesetze der Magie" eben so aussehen, daß ein Zauber länger dauert, bis er wirkt, dafür aber auch länger in Effekt bleibt, kann natürlich auch mit Savage Worlds abgebildet werden, nur bedarf es dazu - wie üblich für Setting-Adaptionen - settingspezifischer Regeln.
Das Erstellen dieser Settingregeln stellt einen ganz wesentlichen Arbeitsschritt bei der Erschließung eines Settings für Savage Worlds dar.
So gibt es in "Segelschiff-Settings" eben detailliertere Regeln für Seegefechte, Stürme, usw. als es sie im Grundbaukasten gibt. Oder es gibt in einem Militär-Setting detailliertere Regeln für Flächenbombardments, Bunkerbefestigungen oder Minenfelder.
Warum?
Weil man mit einem generischen KERN, dem SW-Grundregelwerk, viele, wirklich VIELE Settings und Genres abdecken können will, aber NICHT ALLE.
Schaut man sich die Regeln von Necropolis 2350 zu Artillerie-Unterstützung, Minenfeldern und dergleichen an, dann wird klar, daß solche nur auf rein militärische Rollenspiele ausgelegten Regeln im "Grundbaukasten" fehl am Platze wären.
Man könnte den Vollständigkeitsanspruch haben und ALLES, was einem irgendwie für irgendein erdenkliches Setting einfallen mag, in ein einziges Grundregelwerk stopfen. - Interessanterweise hat das nicht einmal der Klassiker mit dem generischen UND universellen Anspruch, GURPS, gemacht.
Es ist einfach nicht sinnvoll Leute für ein dickes Regelwerk viel bezahlen zu lassen, von dem sie dann nachher nur 5% brauchen können. - Man schaue sich die Regalmeter an GURPS-Bänden an. Nehme dort mal allen Setting-Fluff raus und behalte nur den Crunch. Dieser zusammengenommen ergibt ein kaum mehr handhabbares Regelwerk. - Wer damit seine eigenen Settings erschließen wollte, wird allein aufgrund der Komplexität durch QUANTITÄT erschlagen, abgeschreckt und macht es eben NICHT.
Savage Worlds ist ein sehr ZUGÄNGLICHES Grundbaukasten-System. Das dies der Fall ist, zeigt die Fülle an Conversions und Setting-Adaptionen, die verfügbar ist. - Vor der Erstellung einer eigenen Conversion muß bei Savage Worlds niemand mehr als das Grundbuch kennen. Und niemand muß sich vor "unbeherrschbarer Komplexität" fürchten oder die Conversion gleich sein lassen.
Die Frage nach "Zauberern in Savage Worlds" ist daher nicht sinnvoll gestellt.
Die Frage muß lauten: "Wie setze ich die Zauberer folgender SPIELWELT, mit folgenden Spielwelt-Gesetzmäßigkeiten der Magie, in Savage Worlds um?".