Ich finde auch nicht, dass das Ansagen von Mechanismen die Immersion stört. Mechanismen sind doch dazu da, um benutzt zu werden!
Vor allem sollen die OFFEN angesagten Anwendungen von Mechanismen KLARHEIT über die aktuelle Lage, die Handlungen, die Situation und die (angestrebten) Entwicklungen schaffen. Diese Klarheit wirkt direkt auf die Vorstellungsbilder jedes einzelnen Spielers, indem sie der Vorstellung mehr "Tiefenschärfe" verschafft, statt durch Unklarheit den "Weichzeichner"-Effekt dominieren zu lassen.
Wenn ein Spieler - wie im SW-Unterforum gerade im Rahmen von Regeldiskussionen als Beispiel aufgeführt - mit seinem Charakter Folgendes machen möchte:
Räuber Nummer Zwei erinnert sich des alten Familientraditionsmanövers und rennt mit erhobener beidhändig geführter Kampfaxt auf meinen Charakter zu. Dieser denkt sich "Das muss wohl in der Familie liegen, aber hey, ändere kein funktionierendes Manöver..", zuckt kurz mit dem Schultern, macht ein paar Schritte vor um Schwung zu holen (normale freie Bewegungsaktion, kein Sprinten), macht die bewährte Schraube über seinen Gegner hinweg (Geschicklichkeits-Trick), erinnert sich dessen, was ihm ein alter Veteran als Tipp mit auf den Weg gegeben hat und führt einen normalen und einen rücksichtslosen Angriff gegen den Rücken seines Gegners aus.
Dann sind die angekündigten Regelmechanismen-Anwendungen (Bewegungsaktion, Geschicklichkeits-Trick, normaler Angriff, Rücksichtsloser Angriff) schon für sich genommen kompakte BESCHREIBUNGEN.
Der Geschicklichkeits-Trick wird STETS mit einer bestimmten Absicht ausgeführt, hat bestimmte Folgen (je nach Ausgang der Würfe), und stellt somit ein in diesem Falle auf Bewegung basierendes besonderes taktisches Element dar. Eine ähnliche Bewegung OHNE das Ziel den Gegner auszutricksen, könnte auch nur eine normale Bewegungsaktion sein, die mit reiner Ausschmückung als akrobatisches Bewegungskunststück umgesetzt wurde. Beide Möglichkeiten schaffen FAKTEN in der Spielwelt. Aber nur der Trick kann die Parade des Gegners senken und ihn Angeschlagen zurücklassen.
Man kann somit bestimmte Ausschmückungen mit LANGEN Schilderungen in einer an sich sehr auf kurze, schnelle Abwicklung ausgelegten Kampfszene einbringen, doch fährt man dabei das TEMPO einer Kampfszene spürbar runter. Das mag nicht jeder. - Wenn ich einen HEKTISCHEN Kampf im Gegensatz zu einem langsamen Ausmanövrieren und Snipern als Kampfszene haben möchte, dann MÜSSEN die Kampfhandlungen der SCs von den Spielern auch entsprechend zügig geschildert werden, zügig abgewickelt werden, und zügig die so geschaffenen Fakten in die Spielwelt-Realität übergehen können. - Tempo eben.
Und genau hier greift das Nennen von vom Charakter genutzten Mechanismen als spielgeschwindigkeitsbeschleunigend ein: Ein angesagter Rücksichtsloser Angriff ist ein "Makro". Das ist eine durch nur zwei Worte KOMPAKT vermittelte Bedeutungskette, die BILDER in der Vorstellung der Mitspieler erscheinen läßt. Diese Bilder durch explizites Ausformulieren und detailliertes Schildern von Einzelheiten zu erzeugen, dauert einfach länger, als es in vielen Kampfszenen, die ich haben möchte, passend wäre. - Da ist mir der Tempo-Gewinn wichtiger als der Gewinn von feinsten Schilderungsdetails.
Man darf nicht vergessen: EGAL wie detailliert man eine Aktion schildern mag, WIE das Bild dieser Handlung in den Köpfen der Mitspieler WIRKLICH aussieht, wird man nicht beeinflussen können. - Der eine hört nur mit halben Ohr zu, weil sein Charakter am Verbluten im Dreck liegt und er überlegt, wie er noch seine letzten Register ziehen kann. Er ist nicht an so vielen Details über einen ANDEREN Charakter im Augenblick interessiert. - Der andere kann sich trotz großer Details in der Schilderung nicht die beschriebenen nebelnassen Straßenpflastersteine, nicht das gelbliche Licht aus der einzigen noch nicht eingeworfenen Straßenlaterne, usw. vorstellen. Für ihn spielt sich die Szene weniger im Halbdunkel ab, bei der Straßenlaterne hat er ein grelles Licht im Kopf und überhört geflissentlich die Ausschmückung seines Mitspielers, die ihm seine eigene Vorstellung der Szene stören würde.
Da es EGAL ist, WIE man eine Handlung schildert, kann man dies also auch in "Makros" tun, die in den Mitspielern sofort deren "Expansion" des "Makros" in Bilder, Beschreibungen, Stimmungen auslösen.
Ein Beispiel aus Savage Worlds:
Wild Attack. - Im Mantel-und-Degen-Setting ist das ein beherzter extremer Ausfallschritt mit ohne Rücksicht auf die eigene Balance nach vorne geworfener Klinge (für den einen Spieler). Im Eismagie-und-Barbaren-Setting ist das ein Überkopfhieb eines mit blauer Farbe bemaltem, trotz Winter halbnacktem, haarigen Barbarenkriegers, der mit einem grollenden Kampfschrei ausgeführt den Gegner bis zur Erde zu spalten droht (für einen anderen Spieler). - Was immer klar ist: Der Angriff hinterläßt den Ausführenden unbalanciert und leichter für Konter seiner Gegner offen. Diese Gemeinsamkeit wird durch die REGELN definiert und sorgt dafür, daß alle Bilder, die man bei der Ansage einer Wild Attack im Kopf hat, in eine grobe Schublade "unbalancierter, risikoreicher, kraftvoller, rücksichtsloser Angriff, der, wenn er trifft, mehr Schaden verursacht" passen.
Bei einer angesagten Wild Attack fällt es schwer sich ein "vorsichtiges Herantasten ohne sich selbst eine Blöße zu geben" vorzustellen - und es fällt schwerer unter der Regelkenntnis, die so ziemlich das genaue Gegenteil des "vorsichtigen Herantastens" auch noch in Regelmechanik umgesetzt hat.
Eine Gefahr sehe ich eigentlich nur darin, wenn Kämpfe anfangen, nach dem selben Schema abzulaufen.
Das ist aber eine ganz andere Baustelle. - Das hat nicht etwas mit dem Ansagen von Mechanismen zu tun, sondern mit der AUSWAHL der den Spielern verfügbaren Mechanismen, Eigenschaften, Kampfmanövern, Szenerie-Elementen, usw.
Setzt man einen Kampf langweilig an, dann wird er auch langweilig ablaufen. - Gestaltet man die Szenerie inspirierend für neue Tricks, für Querdenken, für "mit Vorbande gespielte" Aktionen, dann bekommt man auch keine langweiligen Wiederholungen, bei denen man am Liebsten auf "Schneller Vorlauf" drücken möchte.
Meine D&D 4E Erfahrungen sahen (natürlich unrepräsentativ) so aus. Das wurde zu einem wenig interessanten "Herunterwürfeln". - Das lag aber mindestens so sehr an der GESTALTUNG der Kampfszene, wie am Regelsystem, das leider nur scheinbar mehr Wahlmöglichkeiten bietet, aber in der Ausführung schnell auf "gut eingeübte Kombinationen" hinausläuft, von denen nur wenige wirklich sinnvoll sind (und taschenlampenfallenlasserartiges Spielstören durch bewußtes "Low Performing" sollte man sich eh in jedem Spiel abgewöhnen, somit stellt so etwas auch keine Lösung des "same old, same old"-Problems dar, das sich mir in 4E gezeigt hat).
Ist die Kampfszenerie LANGWEILIG, sind die Gegner unkreativ geführt, haben die Spielercharaktere nur eine Handvoll SINNVOLLER Kombinationen drauf, dann ist es EGAL, ob man nur die Mechanismen ansagt, oder ob man sich bei jedem AT-PA-AT-PA-Zyklus noch für jede Aktion einen neuen beschreibenden Satz einfallen läßt. - Da ist nicht nur das Tempo draußen, sondern alles, was irgendwie das INTERESSE und die FINDIGKEIT der Spieler in der Kampfszene wecken könnte.
Beschreibungen können keine schlecht dargebotene Kampfszene rausreißen. - Gut dargebotene Kampfszenen involvieren jedoch die Spieler SEHR STARK EMOTIONAL auch ohne viel Beschreibungs-Fluff drumrum. Insbesondere, wenn man nicht auf die verbale Krücke der verbalen Beschreibung der Szenerie zurückgreifen muß, sondern wenn man schön elaborierte 3D-Szenerien oder 2D-Battlemaps mit allen relevanten und einigen nicht relevanten, aber interessanten ( und damit möglicherweise relevant werden könnenden) Details SEHEN LASSEN kann.
Wenn man in schöner Szenerie spielt, dann hat man einen guten Teil der stimmungsvollen Beschreibung VOR AUGEN.
Und egal ob mit oder ohne Szenerie: Vieles wird einfach von jedem Mitspieler automatisch "vervollständigt". Eine Figur auf der Battlemap, die mit Schwert und Schild dargestellt ist, repräsentiert den Charakter. Nur in der aktuellen Szene müssen sich die Charaktere als halbnackte Galeeren-Sklaven mit improvisierten Waffen und nur im Lendenschurz freikämpfen. Dafür wird meist nicht die gesamte Figur gewechselt. - Und der Spieler kann SEINE Figur erkennen und weiß immer noch, daß entgegen des offensichtlich bekleideten und bewaffneten Kriegers der Figur, sein Charakter gerade halbnackt, barfuß, und mit einem schweren Knüppel unterwegs ist.
Was nicht stimmt, was anders ist, was nicht beschrieben ist - das alles wird von JEDEM Spieler automatisch ERGÄNZT. Das Spiel ist somit IMMER so detailreich, wie es der jeweilige Spieler braucht.
@Falcon:Du spielst SW und findest Beschreibungen unnötig?
War die Frage und das hier die Antwort:
klar, das Vorgehen wird die Zornhau bestätigen. Es wird niemand dazu gezwungen einen Smart- oder Agilitytrick oder Taunt zu beschreiben, wenn alle anderen einfach Attacke sagen dürfen. Gleiches Recht für alle.
Niemand wird GEZWUNGEN. - Stimmt. - Man kann immer einfach nur würfeln.
Das schafft eine SICHERHEIT für die Spieler, die eben nicht so eloquent sind, denen nicht auf die Schnelle Tricks und Beleidigungen und Provokationen und Einschüchterungen und Bluffs einfallen wollen, deren Charaktere das aber laut Spielwerten können.
Daß man würfeln darf, ist der Gewinn über "Du kannnst nur die paar Charaktere spielen, deren Fähigkeiten Du selbst als Spieler ausreichend gut beherrscht". - Rollenspiel bedeutet in andere Rollen, andere Charaktere, andere Leben schlüpfen zu können. Diese können, dürfen und SOLLEN deutlich ANDERS sein, als die eigenen Alltags-Rollen, die eigenen Charakterzüge, das eigene Leben.
Den Spieler zum Ausspielen von Laientheater-Schnipseln zu zwingen, macht für diesen Spielern die FREIHEIT des Rollenspielhobbys kaputt.
Daher muß man nichts beschreiben, nichts ausspielen, wenn man bei SW (oder anderen Rollenspielen) einfach nur die Aktion ansagt und die passenden Würfel würfelt.
Das ist zum einen Fairness, zum anderen hat das ganz praktische Erwägungen. Ich hatte lange Jahre einen SEHR fitten Freikletterer in diversen Runden als Spieler. Wenn der einem erzählt, was man wie mit welchen Klettertechniken erklettern kann, dann könnte er sich ständig "Situations-Boni für gute Beschreibung" verdienen, weil er hier so viele Details schildern kann, wie er nur will. - Nur, was macht der Spieler des Fassadenkletterer-Diebes, der leider völlig unsportlich ist, dem schon Treppensteigen als "Klettern" vorkommt und der nicht mal eine Ahnung hat, wie man wirklich klettern, sondern der nur die Regeln für Klettern im aktuellen Rollenspiel kennt? Wird der für das Nicht-Beschreiben BESTRAFT? Soll er nun WENIGER Freiheiten im Spiel genießen können, weil er kein Experte in allen Belangen dessen, was auf seinem Charakterbogen steht, ist?
Nein.
Daher wird gewürfelt.
Und die Beschreibung ist ein KANN und KEIN MUSS.
ABER.
Ich WILL nicht nur Regeltechnik-Makros in meinen SW-Runden hören.
ICH will das nicht. MIR gefällt SW (und andere Rollenspiele) besser, wenn da, wo es paßt, wo es nicht stört sondern bereichert, eben auch ZUSÄTZLICH beschrieben wird.
Das bedeutet, daß ich in Kampfszenen, die hektisch ablaufen SOLLEN gerne die Regelmechanik-Makros höre und auch selbst verwende. Aber in Szenen, wo man mehr Zeit hat, wo man sogar die Gefahr, die von den Gegnern ausgeht, durch das - im Film ja so gerne verwendete - BETONT LANGSAME Voranschreiten der Bösewichter herausstreichen möchte, da paßt auch eine etwas längere Beschreibung.
Mir geht es bei den unterschiedlichen Kampfszenen immer JE NACH SZENE um unterschiedliche Eigenschaften wie Tempo, Zeitdruck, Gefahr, Risikogefühl, Konfusion, Bewegung, usw. - Alles immer ANDERS für jede weitere Szene abgemischt.
Und da passen Beschreibungen manchmal besser, manchmal schlechter.
In SW steuere ich das mittels Bennies.
Will ich mehr Beschreibungen haben, mehr Dialoge, mehr von den Spielern gebrachte Unterhaltung FÜR MICH, gibt es Bennies dafür.
Will ich mehr Tempo, mehr saubere Taktik, mehr Teamplay, mehr findiges Regelausnutzen, das mir den Respekt für das POWERPLAY der Spieler entlockt, gibt es Bennies.
Eine Kampfszene, die im detaillierten Kampfregelsystem mit 200-300 Figuren in ein paar Quadratmeter 3D-Szenerie ausgespielt wird, würde durch ständiges Beschreibenwollen von allen Einzelaktionen der 200+ Charaktere endlos ausgebremst werden. - LANGWEILIG.
Andererseits ist diese Kampfszene WICHTIG, weil in ihr harte Konsequenzen erspielt werden sollen, die einen echten Wendepunkt im Kampagnenverlauf darstellen können. Und sie ist WICHTIG, weil nach all dem "Herumpolitisieren" im Vorfeld des Kampfes, wo die an Politik und Ränkeschmieden interessierten Spieler voll auf ihre Kosten gekommen sind, auch mal die Taktiker ihren Plänen die Chance zu funktionieren gegeben werden soll.
Somit wird solch eine Szene mit mehr Augenmerk auf taktische Findigkeit und unter viel Verwendung der "Makros" ausgespielt. Das Besondere der Szene entfaltet sich weniger auf dem Schicksal eines einzelnen von mehreren Hundert Charakteren (SCs und wichtige NSCs ausgenommen), sondern am GESAMTBILD. - So kommt ein gut geführter Kavallerieangriff, der die feindlichen Linien durchbricht einfach nur BEGEISTERND rüber. Die Beschreibung der heranbretternden "Axt" an Kavallerie, die die schlecht organisierten Linien der Infanterie förmlich zerschneidet, spart man sich: man SIEHT das auf der Szenerie anhand der Position der Figuren.
Für den lang erwarteten Shoot-Out in den Hügeln jenseits der City of Lost Angels hingegen, erwarte ich MEHR Beschreibungen und mehr persönliche Ebene der Charaktere in aller Breite ins Spiel gebracht. Hier geht es um einen langgehegten Groll, um Verrat, um Ehre, und das ist alles persönlich. Da möchte ich gerne jedes Einschüchtern, jedes Bluffen zumindest ein wenig breiter dargeboten bekommen - und dasselbe machen die von mir geführten NSCs natürlich auch. Für das, was mir HIER wichtig ist, gibt es Fate-Chips. Und die gibt es für andere Dinge, als bei der obigen Kavallerie-Attacke.
Wenn natürlich jemand zusätzliche Effekte haben will (z.b. einen Agilitytrick, so daß der Gegner zu Boden geht), muss er das natürlich ankündigen (Beschreiben).
Gerade bei den Tricks möchte ich GERNE Beschreibungen haben, damit ICH AUCH MEINEN SPASS an der Szene habe. Purer Egoismus. - Bekomme ich das, gibt es Bennies. - Ist der Spieler nicht so eloquent, stellt aber gerade jetzt und hier ein solcher Trick eine FINDIGE Idee dar, um den Gegnern beizukommen, gibt es auch Bennies. Aber aus anderem Grund.
Es geht mir dabei nicht nur um "Zusatzeffekte", sondern ich hätte halt immer dann, wenn es paßt, wenn es die Szene FÜR MICH unterhaltsamer machen würde, auch mehr Beschreibungen. Und ich möchte da, wo ich mehr Wert auf Tempo und "nackte Taktik" lege, eben nicht von ausufernden Beschreibungen gestört werden.