@Zornhau
Ich sehe irgendwo dein Problem nicht bzw. habe Probleme es nachzuvollziehen.
Das finde ich seltsam.
Sachen wie Total Recall, Memento, Fight Club, Sixth Sense, The Others oder dergleichen verlieren ja auch wenn man die Pointe des ganzen vorher erzaehlt. Auch wenn sie selbst damit noch ansehbar sind.
Es geht hier doch um Rollenspiel, bei dem man seinen Charakter, der ja stets ein Teil des Spielers ist, spielt, und nicht um Kino, wo man ANDEREN Leuten, die grundverschieden von einem selbst sind, zuschaut.
Charaktere im Rollenspiel existieren NICHT.
Sie haben keinen eigenen Willen, keine Gefühle, und keine Moral.
ALLES, was die Charaktere in der fiktiven Welt des jeweiligen Spieles tun, ist daher die ENTSCHEIDUNG eines der Spielenden (auch des Spielleiters - man denke an Beherrschungsmagie, panische Flucht bei verpatzten Guts-Checks, usw.).
Dabei kann dieses Tun entweder DIREKT vom Spielenden entschieden werden ("ich gehe zu der Geisel und erschieße sie") oder INDIREKT ("Würfle mal Guts gegen 11." - "Nicht geschafft." - "Würfle mal auf der Scart-Tabelle." - "Oje, ziemlich hoch." - "Du rennst eine Runde lang panisch davon, läßt Deine Kameraden im Stich und kauerst Dich wimmernd in eine Ecke.") durch die Entscheidung bestimmte Regelmechanismenanwendungen auszulösen und mit den Konsequenzen weiterzuspielen (Abwälzen des moralischen Problems bei negativen Konsequenzen auf den Regelmechanismus und den Zufallseinfluß darin).
Der Charakter existiert dabei NICHT, sondern ist nur das Avatar des Spielers in der Spielwelt, vermittels dessen Fakten in der Spielwelt geschaffen werden - auch Fakten, die den Charakter betreffen können.
Bei Spielen wie Houses of the Blooded ist es EINGEBAUT und jeder Spieler weiß dies auch VORHER, daß man die SCs der anderen Spieler ÄNDERN kann, ihnen Dinge zuschreiben kann, die nie im ursprünglichen Charakterkonzept angelegt waren. - Da weiß man, was man für ein Spiel spielt, noch bevor man es zu spielen beginnt. - Das halte ich für fair.
HotB ist aber (neben manchen/wenigen anderen Spielen) eine Ausnahme in der Form, daß die "Selbstbestimmung" die ein Spieler über seinen Charakter hat durch einen Player-vs.-Player-Mechanismus z.T. ausgehebelt wird.
Im Beispiel des Eingangsbeitrages ging es NICHT darum irgendwelchen Leuten ZUZUSEHEN, wie DEREN Charaktere bzw. wie DIESE LEUTE mit erschütternden Erkenntnissen, daß sie menschenverachtende Folterer, Quäler, Mörder usw. sind (ein zu entdeckender FAKT in der Spielwelt), sondern daß dies EINEM SELBST PASSIERT - vermittels des Vehikels Spielercharakter.
Manche Spieler mögen es, wenn sie sich selbst und ihre psychischen Nehmerqualitäten auf diese Art ausloten können.
Andere Spieler macht so etwas KEINEN SPASS, sondern es macht sie FERTIG.
Es geht NICHT um die Charaktere, sondern darum, daß hier der Spielleiter den Spielern etwas AUFZWINGT mit einem "Na komm schon! Du willst es doch auch!", und den Spielern einfach die FAKTEN über ihre EIGENEN Charaktere vorsetzt.
Das ist NICHT fair.
Ja, ich weiß schon. Ihr seid alle so eiskalte Hunde, daß ihr es LIEBT, wenn man es Euch "hart besorgt", und ihr seit alle so "reif", daß ihr eben mit solchem "erwachsenen Stoff" umgehen könnt.
Bitteschön.
Macht nur.
Aber NICHT MIT MIR.
Und das ist einfach MEINE MEINUNG dazu.
Da erschafft man sich also einen Zwergen-Prospektor, dem der Spielleiter unterjubelt, daß er ein kinderschändender Vivisektions-"arzt" in einem Elfen-Konzentrationslager war, bevor eine "magische Erinnerungslücke" ihn überkam. Und dieser Zwergen-Prospektor geht dann fröhlich mit seinem Paladin-Kumpel (eigentlich Massenvergewaltiger und brutaler Militärrichter), seinem Zauberer-Kumpel (Experte in Psycho-Folter und verantwortlich für das Entvölkern ganzer Landstriche, die ehemals von Halblingen bewohnt waren, bis "Progrom-Peter" mit seinen Hass-Magier-Trupps ankam), und seinem Priester-Kumpel (ehemals "Reichsverwalter" von Elfenlanden, die heim ins Reich geholt wurden - bekannt für seine Arbeitslager, in denen Priester jederzeit bereit standen, um die Sterbenden zu heilen, da "der Tod noch zu gut für sie ist", wie es dort immer hieß) auf Abenteuer aus, erkundet Dungeons, befreit fremde Landstriche von gemeingefährlichen Monstern und rettet Jungfrauen vor bösen Drachen. Dieser Zwerg wurde als jovialer, netter, hilfsbereiter Charakter gespielt, der sich stets loyal, mitfühlend und rührend besorgt um die Schwächsten in dieser harten Fantasy-Welt im Spiel dargestellt hat.
Und nun kommt der Spielleiter, und sagt dem Spieler dieses Zwergen die obige "Hintergrundenthüllung".
Wenn das MEIN Zwergen-Prospektor-Charakter wäre, dann kommt die Ohrfeige genauso "angekündigt" und "vorgewarnt" wie ich von dieser VERGEWALTIGUNG MEINES STELLVERTRETERS in der Spielwelt, und damit dieser Vergewaltigung meines Engagements in das gemeinsame Spiel "vorgewarnt" wurde. - Ansatzlos und hart und erschütternd!
Bei HotB kann sich der SPIELER gegen das ungewollte Verändern, Verbiegen, ja bis hin zum Nicht-mehr-spielbar-Machen seines Charakters NACH DEN REGELN noch in gewissem Maße WEHREN. - Wenn man die Regeln akzeptiert, dann eben auch die Konsequenz, daß der Charakter so entstellt wurde, daß man solch einen Charakter nicht mehr spielen mag oder gar nicht mehr spielen KANN. - Das ist dann Resultat eines Konflikts, bei dem der Charakter zwar nicht stirbt, aber FÜR DEN SPIELER durchaus GESTORBEN ist. Das ist so ähnlich wie körperliche Konflikte, bei denen halt der Charakter einen Arm verliert, ein Auge verliert oder umkommt. Das will man als Spieler auch nicht, aber man hatte die Regeln akzeptiert und akzeptiert die Konsequenzen und geht damit um, wenn sie den Charakter aus dem Spiel bringen bzw. er nicht mehr FÜR DIESEN SPIELEN spielenswert erscheint.
Im Eingangsbeitrag jedoch haben die Spieler KEINE CHANCE. Sie sind hilflos, wehrlos, und somit OPFER dessen, was der Spielleiter in all seiner "Erwachsenheit", all seiner "Reife", all seiner "Künstlerisch Hochwertiges Rollenspiel"-Einstellung ihnen gegen ihren Willen ANTUT.
Für solche "Spielchen ohne Einwilligung" habe ICH nichts übrig. Da wird mir zu sehr der WILLE eines Einzelnen AUFGEZWUNGEN.
Und weil es auch noch für die Spieler UNABSEHBAR war, ist es sogar ein BESCHEISSEN der Spieler. Ein VERTRAUENSBRUCH!
Und einer in einer Intensität, daß dies sogar das Regelbrechen anderer Bescheißer in den Schatten stellt. - Daher auch die Vehemenz meiner Reaktion darauf.
Bin ich bei Würfeldreher und anderen Bescheißern schon wirklich WÜTEND ob des VERTRAUENSBRUCHS, so ist dies noch eine ganze Spur übler. Und da ist eine spontan erfolgte Ohrfeige nur der Anfang. - Denn mit solch einem Spielleiter würde ich auch sonst NIE WIEDER etwas zu tun haben wollen.