Nun, das schöne an Pen&Paper ist ja gerade, dass man mit eben nem Stift, Würfel und Papier anfangen kann, und der Rest ist Option.
Soll heissen, wenn man sich einfach die Quellenbände der Edition nimmt, die einem in einem System am besten gefallen, hat man meistens doch immer noch soviel an Material zum spielen, dass einem kaum langweilig wird.
Und man ist da genauso modern oder nicht, ob man jetzt Shadowrun 1rst Ed spielt oder 4th. (Na gut, ein paar der blödsinnigen Kampfregeln in der 1rst ed würde ich auf 2nd ed niveau schrauben, den Rest aber beibehalten Smiley ).
Es kommt da nur auf den Spaß an.
Natürlich kann man sich Quellenbände/Editionen und Regeln selber so rauspicken, wie sie einem passen - deswegen gibts halt noch so viele SR1-Spieler ;-). Es ist halt jeder Runde selber überlassen, wie modern sie spielen will und wie nicht - du hast recht, die Modernität ist tatsächlich keine entscheidende Frage, solange man nicht nur auf Cons spielt, wo man imho nach einer gewissen Weile schon noch gezwungen ist, auf die moderneren Versionen zu wechseln.
Entscheidender ist allerdings mMn die Frage der Abwechslung. In einem Hobby, was einem Spaß macht, werden viele, wenn nicht die meisten, danach streben, sich selber fortzuentwickeln. Langeweile oder das Streben nach Verbesserung könnten Beweggründe sein.
D.h. entweder, das aktuelle, und so bezaubernde, fesselnde Setting ist irgendwann halt langweilig, weil man überall war, alles schon gesehen hat usw. - in unserer Runde gibt es das teilweise, wenn man SR schon mehr als ein Dutzend Jahre gespielt hat, ist das meiste also schon mal da gewesen, und irgendwann macht es halt kein Bock mehr, ewig dieselbe Geschichten mit denselben Problemen und denselben Leuten zu durchleben. Entweder die Gruppe entwickelt sich weiter, andere Leitstile, Mitspieler, SL's, oder neue Aspekte des Settings. Wenn es die nicht gibt, dann halt ein anderes Setting, oder ein anderes System.
Oder man versucht als Runde oder Einzelperson den Nutzen dieses Hobbies zu maximieren, indem man Sachen, die einem nicht passen, auszubauen oder umzubauen versucht. Sei es durch Hausregeln oder ähnliches. Vieles wird sich jedoch nur schwer umbauen lassen - Entweder man denkt sich eine besondere Kampagne aus (Cops, Gangs, Kon, Medien, Zivilisten, etc), oder SR ist ein Spiel wo der SL recht früh mit dem Satz kommt: "Du erhälst einen Anruf, ein Typ namens Johnson will dich treffen, in derundder Kneipe". Andere Settings und Systeme können hier als Inspiration dienen, sollte das eigene Setting keine Möglichkeiten liefern, wie es selber "Neuland" betreten kann.
Ich z.B. würde den Regelwust der 2nd/3rd Edition SR um keinen Preis mehr nutzen wollen. Auch ein Setting zu nutzen, was teilweise hinter unseren derzeitigen technischen Möglichkeiten hinterherhinkt und gleichzeitig versucht, die zukunft vorzugaukeln, ist nicht unbedingt das, was ich gerne noch im SR-Universum zocken möchte. Ich glaube auch nicht, das ich mit dem Wunsch, selber verschiedene Settings uns Systeme auszuprobieren, und selber das Rollenspiel von mir, und das in unserer Runde, zu verbessern, alleine bin. Jörg D.'s Diary von seiner "Back-to-the-Roots"-Hack&Slay-Runde ist imho ein Beispiel dafür - ja es mag nostalgisch sein, mal wieder wie ein 15-jähriger zocken zu können, und sich an Sachen zu freuen, mit denen man vor Jahren so viel Spaß hatte, aber als Dauerzustand ist das imho nicht für jeden wünschenswert.
Und das ist der Punkt, wo entweder das eigene Wunschsetting diesen Wunsch nach neuem befriedigt, oder man "fremdgeht". Sucht man sich andere Systeme, stirbt das Setting. Die Erweiterungen des Settings sind, wie ihr hier dargelegt habt, auch nur bedingt das gelbe vom Ei, das heißt früher oder später helfen sie auch nicht mehr, die Spieler zu binden, und das Setting stirbt ebenso. Imho sind diese Erweiterungen des Settings keine Sachen, die das Setting ruinieren oder zu grunde richten, wie du es anfangs angedeutet hast. Sie sind Versuche, das Setting am Leben zu erhalten und weiter Sachen dazu zu verkaufen. Früher oder später bringt das nichts mehr, jemand übertreibt es, ruiniert es oder ähnliches. Aber wenn dir als Spieler diese Erweiterungen nicht zusagen, kannst du, wie du vorhin geschrieben hast, sie ja weglassen, niemand zwingt dich, den Metaplot des Settings unbedingt zu verfolgen, wie bestimmt einige oWOD-Runden berichten können. Ob es nun Erweiterungen dafür gibt oder nicht ist imho irrelevant bei der Frage, ob das Setting stirbt oder nicht. Nur bei der Frage, ob es bei dem Tod insgesamt noch hübsch aussieht...
Wenn ich da so drüber nachdenke, Savage World macht es da genau richtig. Ein System, jede Menge kleinere High Concept Settings, die nur ihre Kernbereiche bedienen. Hat man eins durch, wartet schon das Nächste .
...
EDIT: Mir fällt grad auf, von den ganzen 90er High Concept Sachen haben viele nicht überlebt. Deadlands gibt es nur noch in SW Neuauflage, 7th Sea ist tot, Fading Suns liegt brach..
Die Frage ist, ob es diese High Concept-Systeme eher überlebt hätten, wenn sie nicht mehr gefeatured geworden wären. Den Vorteil von SW, ein System, welches auf verschiedene vorbereitete Settings anzuwenden ist, lässt sich bei anderen Systemen halt nur z.T. darstellen, hauptsächlich durch "aufbohren" des Settings selber, z.B. bei SR durch das reinbringen von Vampiren & Co. (als ob jemand es wirklich nötig hat, SR mit Vampiren zu spielen, um eine WOD zu haben) oder Forgotten Realms/Dragonlance durch halt neu beschriebene Regionen, Metaplots usw, die das Setting selber halt erweitern sollen und den Spielern was neues bieten.
Bieten sie nichts neues, werden die Spieler früher oder später auch das tollste Setting über haben und was neues ausprobieren wollen - zumindest besteht darauf eine sehr gute Chance. Bieten sie was neues, kann es sie weiter beschäftigen oder nicht, hängt von der Qualität der Erweiterung an. Gerade bei Spielen mit komplexen Settings wird es imho merkwürdig, wenn man es zu weit zu erweitern versucht - Beispiel die MMVV-Geschichte bei SR, die IE's, Drachen, etc., die alle ungefär so nötig sind wie ein Loch in der Decke. Sie machen die Sache individueller, erlauben SR so mehr in Richtung Fantasy zu gehen als z.B. Cyberpunk, aber wirklich nötig hat das Setting sie imho nicht.