Autor Thema: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?  (Gelesen 11135 mal)

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Online Haukrinn

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #50 am: 29.03.2010 | 15:47 »
Die Überraschung aller Spieler kann nicht gewährleistet werden.

Ein SL-geleitetes Spiel kann das garantieren? Das überrascht mich jetzt, sozusagen, weil es meiner Erfahrung völlig widerspricht. Außerdem: Ist Überraschung tatsächlich ein Qualitätsmerkmal?
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Offline Blutschrei

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #51 am: 29.03.2010 | 17:56 »
Zitat
Ein SL-geleitetes Spiel kann das garantieren? Das überrascht mich jetzt, sozusagen, weil es meiner Erfahrung völlig widerspricht. Außerdem: Ist Überraschung tatsächlich ein Qualitätsmerkmal?

Runden, in denen einer der Spieler weiss, wer der Mörder in meinem Detektivplot war ist genauso langweilig, wie ein untoter Magier, dessen Fähigkeiten die SCs festlegen...
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Online Maarzan

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #52 am: 29.03.2010 | 18:05 »
Vielleicht sollte die Frage in
"Welche Arten Rollenspiel könnte auch (und wenn ja mit welchen Abstrichen/Problemen) ohne SL funktionieren und welche nicht?" geändert werden.
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Offline Dr.Boomslang

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #53 am: 29.03.2010 | 18:10 »
Vielleicht sollte die Frage in
"Welche Arten Rollenspiel könnte auch (und wenn ja mit welchen Abstrichen/Problemen) mit SL funktionieren und welche nicht?" geändert werden. ;)

Offline Markus

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #54 am: 29.03.2010 | 18:17 »
Runden, in denen einer der Spieler weiss, wer der Mörder in meinem Detektivplot war
Bist du kein Spieler? Ich schon, egal ob ich SL mache oder nicht.

Offline Teylen

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #55 am: 29.03.2010 | 18:39 »
Der Spielleiter versteht sich nicht unbedingt im selben Sinne als Spieler wie der Spieler.
Heisst wenn du mit deinen Freunden Blackjack spielst, aber die Bank machst, bist du zwar Spieler aber nicht in der selben Form.

Runden, in denen einer der Spieler weiss, wer der Mörder in meinem Detektivplot war ist genauso langweilig, [..]
Hier koennte man zu gute halten das es Spieler bzw. Menschen gibt denen es nichts aus macht zu wissen wer der Moerder ist und die bei der Herleitung ebenso viel Spass haben wie andere am Raetseln.

Gibt ja auch an Serien neben Who Dunnit (CSI, NCIS) Serien wo man es weiss (Columbo) oder wo es irrelevant ist weil es um die Geschichte des Mordes geht (Cold Case).
« Letzte Änderung: 29.03.2010 | 18:42 von Teylen »
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Achamanian

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #56 am: 29.03.2010 | 18:41 »
Runden, in denen einer der Spieler weiss, wer der Mörder in meinem Detektivplot war ist genauso langweilig, wie ein untoter Magier, dessen Fähigkeiten die SCs festlegen...

Das Argument krankt wieder daran, dass du scheinbar davon ausgehst, SL-lose RSPs funktionieren wie andere RSPs auch, bloß ohne SL, in der Konsequenz also: gar nicht.
Tatsächlich lässt sich bei RSPs mit "verteilter Spielleiterschaft" wahrscheinlich weniger aus Stories machen, indem es vor allem um die Überwindung äußerer Hindernisse geht. Geht zwar auch, dann müssen die Hindernisse aber eben auch klar von Mitspielern als echer Konflikt aufgebaut werden, d.h. du hast zwangsläufig ein kleines PvP-Element, das nötig ist, damit die Sache nicht staginert. Aber das heißt nicht, dass das Spiel Spannungsfrei ist.
Und es hat ja auch einen guten Grund, dass die meisten SL-losen RSPs so etwas wie "Fähigkeiten eines untoten Magiers" nicht kennen, weil Werte meistens auf einer abstrakteren Ebene als der der Kampfstärke festgelegt werden. Bei PTA z.B. gibt es überhaupt keine "Werte" für NSC, wohl aber klare Regeln, nach denen der Ausgang von Konflikten mitsamt Zufallselement ermittelt wird. Da hängt es dann eben davon ab, welche Spieler welche Ressourcen einbringen, um welches Ergebnis herbeizuführen - und das müssen sie sich gut überleben, weil die Ressourcen evtl. später fehlen. (okay, ich kenne auch eigentlich nur PTA, das ja sogar eine Art SL hat, der aber wirklich nur eine sehr begrenzt moderierende Rolle wahrnimmt. Andere SL-lose systeme habe ich bisher nur mal überflogen, nicht jedoch gespielt.)

Offline Teylen

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #57 am: 29.03.2010 | 18:56 »
Es gibt Rollenspiele die ohne die Fokussierung der Spielleiter Funktion auf eine Person auskommen.
Die hier erwaehnten Systeme Western City, PTA oder Universalis ermoeglichen dies wohl.

Es gibt Rollenspiele die so gut wie ganz ohne Spielleiter Funktion auskommen.
Fuer diesen Fall wurden bereits freie Foren-Rollenspiele erwaehnt und ein anderes moegliches Beispiel waeren ganz natuerliche Spielereien unter Kindern. Bei beiden kann es zu riesigen Zwistigkeiten kommen wenn einer oder eine Personen Gruppe die Spielleiter Funktion anfaengt zu beanspruchen.

[Foren-Rollenspiele sind m.E. Rollenspiele da die Spieler mittels eines Charakter innerhalb eines Setting agieren und es direkte wie indirekte Regeln gibt]



Allerdings sind "spielleiterlose" Rollenspiele nicht unbedingt etwas das doe Beduerfnisse aller Spieler abdeckt.
 * Weil manche Spieler einfach kein Interesse am Weltenbau als solches haben.
 * Weil manche Spieler zwar hinreichend kreativ waeren, aber ein definiertes Setting und Welt bevorzugen da die Freiheit fuer sie eine unerwuenschte Beliebigkeit darstellt.
 * Weil das gestalten der stattfindenden Ereignisse sich nicht mit den Anspruechen an die Dramaturgie vertraegt.
 * Weil das befassen sowie das gestalten der Meta-Ebene ein Aspekt ist der, abgesehen von der Herrausforderung an die dramaturgischen Ansprueche, ein nicht unbedingt geringes Konflikt Potential birgt das man in einer Gruppe von Freunden oder fluechtigen Bekannten nicht ausbreiten will.
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Eulenspiegel

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #58 am: 29.03.2010 | 22:29 »
Runden, in denen einer der Spieler weiss, wer der Mörder in meinem Detektivplot war ist genauso langweilig, wie ein untoter Magier, dessen Fähigkeiten die SCs festlegen...
1) Man muss ja nicht wissen, wer der Mörder ist. Spiel mal InSpectres:
Da wird das "Geheimnis" auch erst im Laufe des Spiels den Spielern bekannt. Die Spieler legen zwar im Prinzip das "Geheimnis" fest, aber halt nicht am Anfang des Spiels, sondern langsam nach und nach. - Und kein Spieler bestimmt das gesamte Geheimnis, sondern meistens fängt ein Spieler an, einen teil des Geheimnisses aufzuschlüsseln. Ein anderer Spieler greift das auf und fügt seine Ideen hinzu. Dann etwas später hat ein dritter Spieler Würfelglück und verwurstet das bisher bekannte zu einer Auflösung.

Das heißt, kein Spieler kann das Geheimnis kenne, da kein Spieler alleine das Geheimnis bestimmt.

2) Wenn man PvP spielt, kann das mit den untioen Magier schon ganz interessant sein.
Dann überlegt sich Spieler1: "Hmm, ich erschaffe einen untoten magier, der Spieler2 und Spieler3 daran hundert, ihren Plan auszuführen. Hmm, damit der untote Magier sie lange genug beschäftigt, sollte er wohl mindestens Stufe 6 sein. Das heißt, ich muss jetzt 6 Ressourcenpunkte ausgeben und hoffen, dass der Untote Erfolg hat."

- Bei klassischem "Ein-SL-aber-viele-Spieler" RPGs, kann der SL völlig willkürlich die Werte für einen Untoten festlegen.
- Bei einem "kein-SL-sondern-nur-Spieler" RPG muss ein Spieler Ressourcen ausgeben, wenn er die Werte des Untoten verbessern möchte. (Oder überhaupt bestimmen möchte, dass da ein Untoter ist.)
- Bei "alles-SLs-und-kein-Spieler" RPGs dagegen, wächst die Spannung nicht daraus, ob die (N)SCs den Untoten besiegen, sondern darum, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. (Es kann durchaus sein, dass ein Spieler seinen bisherigen (N)SC langweilig findet und beschließt, den (N)SC vom untoten Magier umbringen zu lassen, um anschließen den untoten Magier als (N)SC weiterzuspielen.)

Achamanian

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #59 am: 19.04.2010 | 15:03 »
So, da ich es jetzt mal konkret probiert habe, raise ich diesen thread nochmal, der mich doch sehr beschäftigt hat.

Hier mein Spielbericht zu Fiasco:
http://tanelorn.net/index.php/topic,54525.0.html

Und hier meine Schlussfolgerung zum SL-losen Rollenspiel:

Ja, das kann es geben, und es ist kein Etikettenschwindel, um Rollenspielern das Geld aus der Tasche zu ziehen, denen die Aufgabe des Spielleitens als verhasst gilt. Und ja, es ist immer noch Rollenspiel, so wie ich das verstehe.

Zur Begründung:

Tatsächlich werden die herkömmlichen Aufgaben des SL - Settingerstellung, übernahme von Nicht-SC, Schiedsrichterfunktion - allesamt auf die Gesamtgruppe verteilt. Allerdings fällt dabei eine Aufgabe weg, nämlich die des Vorbereitens. Vorbereitung wird minimiert und im Fall von Fiasco innerhalb von ca. 30 Min. gemeinsam vorweg durchgeführt. Da ich mal annehme, dass es insbesondere das Vorbereiten ist, das als "unbeliebt" am SL-Amt gilt, hat das SL-lose Rollenspiel also tatächlich das Hauptproblem eliminiert. Und es darf sich im Wortsinne mit Fug und Recht SL-los nennen, da es tatsächlick keinen "Leiter" gibt. Umständliche Bezeichungen wie "RSP mit verteilter SL-Funktion" wären da nur irreführend.
(Nebenbei bemerkt wird der Begriff zumindest bei Fiasco sowieso nur einmal verwendet, im innern des Buchs auf S.8, also nicht als Werbeetikett, sondern als Erläuterung für Leute, die schon andere RSPs kennen).
In jedem Fall hat Fiasco das geleistet, was ich mir vom "SL-losen RSP" erwartet habe: Ich konnte es auf den Tisch packen, nachdem unser SL am Vortag abgesagt hat, habe zehn Minuten mit Regeln erklären verbracht, und danach haben wir (inklusive Settingerstellung) etwa 2 1/2 Stunden gespielt. Vorbereitung war (abgesehen von der Lektüre der Regeln9 nicht nötig.

Ein RSP im engeren Sinne ist Fiasco dabei auch: jeder spielt einen Charakter, mit dem er weitgehend frei im Rahmen von dessen Möglichkeiten agieren kann. Grenzen werden dem nicht durch In-game-Fertigkeiten des Charakters gesetzt, sondern durch Meta-Spielmechanismen, die die Aushandlung positiver und negativer Ausgänge von Situationen zwischen den Spielern erlauben. D.h. der einzige Spielmechanismus bewegt sich auf etwa der Metaebene, die in anderen Spielen üblicherweise von Bennies, Schicksalspunkten usw. abgedeckt wird. Das Spielgefühl ist dadurch etwas anders, es gibt aber keinen grundlegenden Unterschied zur Darstellung des eigenen Charakters in einem System, dessen Regeln weniger "meta" sind.

Nun zu den Unterschieden zum herkömmlichen RSP:

Ich glaube, SL-loses RSP eignet sich nur für kurze oder klar begrenzte Einzelabenteuer und Mini-Reihen (so weit ich weiß, ist das bei Fiasco, Polaris, Grey Ranks usw. auch so angelegt). Länger Spielrunden sammeln zwangsläufig Welt-und Story-Details an, die verwaltet werden müssen, und damit braucht man schon wieder einen SL, der sich zwischen den Sitzungen darum kümmert, ob man das nun so nennt oder nicht. Zudem würden sich wahrscheinlich gewisse Widersprüchlichkeiten, die im SL-losen Spiel leichter entstehen, summieren und irgendwann die Illusion einer kohärenten Spielwelt zerstören.

Die Spielmechanismen bestimmten offensichtlicher die Entwicklung der Ereignisse. Im herkömmlichen RSP ist das ein vermittelter Zusammenhang, ich gehe von der Handlung zu den Regeln, ermittle mit diesen das Ergebnis und kehre dann wieder in die Handlung zurück, wo ich das Ergebnis anwende. Zumindest bei Fiasco setze ich die Regeln unmittelbar ein, um damit einen spezifischen Ausgang herbeizuführen, ohne die Fiktion einer physikalischen Simulation. D.h. im klassischen Rollenspiel ist es u.U. leichter, sich vorzustellen, dass gewisse physikalische Ereignisse sich in einer Sekundärwelt abspielen, weil der Mechanismus selbst einen nicht unmittelbar daran erinnert, dass man eigentlich Entscheidungen über den Verlauf einer Geschichte trifft.

Offline korknadel

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Re: Kann es Spielleiterlose Rollenspiele geben?
« Antwort #60 am: 21.04.2010 | 08:45 »
Ich bin ja echt neidisch, dass du schon Gelegenheit hattest, Fiasco auszuprobieren! Ich kann mir das nur irre spaßig vorstellen, ähnlich wie Prime Time Adventures, nur eben beknackter.

Ich finde das Konzept tendenzuiell eher SL-loser oder auch rein SL-loser Spiele sehr reizvoll. Vor allem, weil der Fokus dabei eben nicht auf Hunderter Regelseiten und Weltbeschreibungsfolianten liegt, sondern auf Story. Die Sache, dass man oft weniger Spielwerte verwaltet, als vielmehr Würfelergebnisse mehr oder weniger gemeinsam als Plotverläufe interpretiert, finde ich ganz famos. Freilich muss man sich darauf einlassen wollen. Aber das gepflegte gemeinsame Geschichten-Erzählen mit Zufallselement durch Würfelwürfe, das Systeme wie Polaris, PTA und Fiasco oder Breaking the Ice bieten, empfine ich als eine äußerst gelungene Abwechslung zum "herkömmlichen" Rollenspiel. Sehr sympathsci dabei auch, dass man solche Runden auch relativ spontan und in der Kneipe abhalten kann.

Wenn ich mir das so überlege, verstehe ich die Frage im Thread-Titel eigentlich gar nicht: Es gibt SL-lose Rollenspiele. Die Frage müsste lauten, ob einem das gefällt oder nicht. Dass es sie gibt, dass sie funktionieren und zuweilen einen Mordsspaß machen, steht doch außer Frage, oder?
Hipster

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