@Horatio:
Mit dieser Übernahme des Pulp-Begriffs im RSP bin ich jetzt wieder nicht so vertraut ...
Für mich ist Pulp erst mal eher die Tradition der "Schundliteratur" mit ihren typischen Motiven. "Schund" heißt hier erstmal für wenig Geld und meist auch schnell produziert und mit Blick auf ein (oft begrenztes) Publikum. Billig, oft auch reißerisch, aber eben nicht unbedingt schlecht. Der Begriff "Pulp" kommt ja vom billigen Pulpe-Papier. Und ein Großteil von dem, was heute als Klassiker im Bereich des Phantastischen gilt (Lovecraft, Fritz Leiber, Robert E. Howard, C.A. Smith, Philip K. Dick, Cordwainer Smith, der frühe Isaac Asimov ...) war seinerzeit eben Pulp. Klar war das allermeiste in dem Bereich Mist, aber es gab eben auch echte Perlen, und die waren und sind trotzdem Pulp.
Und die inhaltlichen Motive (die erst mal nichts mit dem Spielsystem zu tun haben) kommen bei Cthulhu eben direkt aus dem klassischen Pulp-Inventar: Irre Ärzte, Hexenrituale, Monstergötter, finstere Kulte, Geheimorganisationen, grausige Leichenfunde ... mit all diesen Elementen schlägt Cthulhu vor allem in die Richtung aus, die Lovecrafts Geschichten zu Pulp gemacht hat.
In vieler Beziehung wollte Lovecraft sich ja auch vom Pulp abgrenzen, etwa mit dem Begriff des "Cosmic Horror". Und das ist ihm auch insofern gelungen, dass wenige andere Pulp-Autoren ein so eindringliches und philosophisch interessantes Horror-Konzept entwickelt haben. Aber gerade der Cosmic Horror ist ja das Lovecraft-Element, dass das Rollenspiel Cthulhu praktisch gar nicht in den Griff kriegt. Es wird zwar nominell immer wieder angesprochen, aber mir fällt kein einziges Cthulhu-Abenteuer ein, der Cosmic Horror in dem Sinne zum Ausdruck bringt, wie das bei "The Color out of Space" oder "Mountains of Madness" gelingt.
Der Cthulhu-Mythos ist ja nicht zu verwechseln mit dem Konzept des Cosmic Horror. Mit letzterem war es Lovecraft bitterernst, über ersteren hat er sich als "Yog-Sothothery" lustig gemacht und allgemein zusammen mit Autorenkollegen auch viel Spaß beim Rumblödeln mit diversen Göttern und Monstren gehabt. Und das ist es letztlich, was auch das Cthulhu-RSP macht - mit dem Cthulhu-Mythosinventar spielen. Und das macht Spaß und ist völlig in Ordnung, und es steht definitiv in der Pulp-Tradition.
Dass insbesondere die Pegasus-Produkte hochwertig sind und dass historische Details in ihnen oft hervorragend recherchiert sind, ist ja unbestritten, aber das ändert für mich nichts am Motivkern der allermeisten Cthulhu-Abenteuer. "Grauen in Arkham" ist von vorne bis hinten Pulp, "Nocturnum" ist Pulp, und das tolle Abenteuer "Ewiges Eis" aus dem Expeditionen-Band ist Pulp hoch drei!