Die Existenz eines Spielweltfakts hat nun erstmal nichts damit zu tun, ob an ihn regeltechnische Auswirkungen geknüpft werden. Oder willst du darauf gar nicht hinaus?
Es verhält sich anders. Eher so wie es hier zu lösen versucht wurde:
Bei Strands of Fate gibt es aus diesem Grund auch so genannte persistente Aspekte (P), um Deckung, extreme Lichtverhälnisse, "Freibier", also "always on" Aspekte abzubilden. Diese können frei genutzt werden. Der Unterschied zu festen Modifikatoren besteht aber darin, dass ich sie nutzen kann oder nicht und ich immer begründen / "erzählen" muss, wie ich sie nutze.
Was dort als "persistente Aspekte" wie z.B. Deckung, Lichtverhältnisse usw. als Spielwelt-FAKTEN aufgeführt wird, ist ja nicht anders, als wenn man bei "Normal-Fate" auch einfach mal eine Szenerie so beschreibt, daß dort geographische Elemente enthalten sind, welche sich rein aus plausibler Betrachtung der Szenarie als Deckung eignen würden. Oder wenn man eine Szenerie als "dunkle Gasse" beschreibt.
Daß die Gasse DUNKEL ist, stellt in allen Fällen einen FAKT über die Gasse, also den Teil der Spielwelt, der gerade dargestellt wird, dar.
Eine Gasse IST dunkel - und zwar unabhängig davon, ob man ein "normales" Rollenspiel spielt, welches hier einen Modifikator von -2 für alle sichtbasierten Handlungen vorsieht, oder ob man "Normal-Fate" spielt und KEINEN Aspekt zur Dunkelheit vorliegen hat, oder ob man "Normal-Fate" spielt und einen Aspekt "Dunkel wie ein Kohlenkeller" vorliegen hat, oder ob man bei Strands of Fate einen persistenten Aspekt "Dunkel wie ein Kohlenkeller" vorliegen hat.
Die Gasse ist als dunkel.
Das ist ein Fakt.
Als Spieler nehme ich den Fakt wahr und treffe aufgrund des in-game-Faktes der Dunkelheit eine plausible Entscheidung für die Handlungen meines Charakters. - Dabei können mich Regeln unterstützen, die mir sagen "Im Dunklen gibt es immer -2". Diese STÜTZEN die ohnehin vorhandene Plausibilitäts-"maschine" im Kopf des Spielers.
Und diese Plausibilität geht von dem, was man als SPIELER WEISS aus.
Ich als Spieler weiß, daß ich im Dunklen nicht so gut sehe und mit Fernwaffen schlechter treffe als bei gut ausgeleuchtetem Ziel.
Und wenn mein Charakter nun im Dunklen schießen soll, dann erwarte ich als Spieler (und nur das zählt für die Glaubwürdigkeit einer Spielszene), daß die beschriebene und die als Fakt etablierte Dunkelheit einen EFFEKT hat.
Daß sie RELEVANT ist.
Daß sie in dem Moment, wo sie als FAKT dargestellt wurde, schon sofort RELEVANT ist.
Und hier kommt der Unterschied:
In einem "normalen" Rollenspiel schaltet allein die Beschreibung "diese Gasse ist dunkel" automatisch und ohne weiteres Zutun von irgendwem alle Regeln für schlechte Lichtverhältnisse "scharf". Alle diese Regeln greifen hier automatisch und immer.
Allein DASS die Gasse als DUNKEL bezeichnet wurde, macht die Dunkelheit dort SOFORT RELEVANT für alle Überlegungen des Spielers.
Ist die Dunkelheit ein Aspekt, der erst getaggt werden muß, um ÜBERHAUPT einen Effekt zu haben, so ist die beschriebene Dunkelheit ein Fakt OHNE RELEVANZ und erst das bewußte Taggen durch irgendwen macht aus dem irrelevanten Fakt ein relevantes.
Ein Schuß bei High Noon auf einen gut ausgeleuchteten Gegner und ein Schuß im dunklen Kohlekeller im "normalen Rollenspiel" sind nach der plausiblen Betrachtung eines Spielers etwas, das UNTERSCHIEDLICH verlaufen wird, weil man eben im Dunklen nicht gut sehen kann.
High Noon und Kohlenkeller machen aber in "Normal-Fate" KEINEN Unterschied, solange ein Aspekt Dunkelheit nicht getaggt ist.
Existiert kein solcher vom Spielleiter vorab festgelegter Aspekt Dunkelheit in der Szenerie, so muß die beschriebene Dunkelheit erst vom Spieler durch ein Manöver zum Aspekt gemacht und (beim ersten Einsatz frei) getaggt werden (bei weiteren Verwendungen der Dunkelheit durch Fate-Punkte-Bezahlung).
Damit ist in "Normal-Fate" die beschriebene Dunkelheit nur eine "Tapete", gibt nur eine Ausschmückung einer Szenerie, hat aber KEINE RELEVANZ aus sich heraus.
Nur wenn - wie in den Pixel-Bitching-Sierra-Adventures - der "Cursor" über einen Bereich der beschriebenen Szenerie fährt, der dabei "aufleuchtet", hat man einen ASPEKT vorliegen, den man "anklicken" kann.
Anders ausgedrückt: Die ERWARTUNG ist, daß ALLES Beschriebene einer Szenerie RELEVANT ist. Und zwar ab dem Moment, wo es beschrieben wurde.
"Es regnet" bedeutet AUTOMATISCH, daß man naß wird, und nicht erst nach Taggen, nach Ausgabe eines Fate-Punktes, oder nach einem Manöver.
Ein FAKT, daß keinerlei Relevanz hat, ist nur die Tapete, die Farbe des Bodenbelags, der keinen interessiert. - Ein solches "Fakt" braucht KEINE BESCHREIBUNG!
Sobald ich IRGENDETWAS beschreibe, das ich nicht dem Inferieren, dem Selbst-Ergänzen durch den Spieler, überlasse, HAT es Relevanz.
Und das ist bei den "Normal-Fate"-Aspekten nicht der Fall.
Erst wenn die Dunkelheit getaggt wird, dann hat sie für DIESE EINE Aktion Relevanz, nur um nachher nicht mehr relevant zu sein, bis jemand wieder einen Fate-Punkt springen läßt.
Das ist so, wie wenn diese Aspekte nur durch Anklicken "dreidimensional" werden, und wenn man daneben klickt, dann fallen sie wieder in den zweidimensionalen, flachen, irrelevanten Hintergrund zurück.
Ist nun das Problem klarer geworden?