Ach, Du meintest gar nicht, dass die im Diagramm aufgestellte These falsch ist, sondern dass es vielleicht noch andere Einflüsse gab. Ja, klar, aber das ist doch banal.
Das ist sicherlich mein Fehler, dass ich die Grafik nicht mit der gleichen Präzision beschriftet habe wie Jeff Rients.
Ich meine natürlich Midgard I und DSA 1, ausschließlich. Dass sich die Äste weiter verzweigen zu Midgard 2, 3, 4 und DSA 2, 2 4, 4.1, und dass dann bei DSA Pfeile aus allen anderen Richtungen (sicherlich auch RuneQuest und Pendragon, bei 4e dann Warhammer FRP und GURPS) hätten kommen müssen, ist klar. Genauso, wie es in direkter Nähe zu Midgard auch Empires of Magira und Abenteuer in Ranabar geben müsste.
Wir können nur vermuten, unter welchem Zeitdruck das Abenteuer-Basis-Spiel entwickelt und geschrieben wurde. Kiesow und Co hatten frisch D&D übersetzt, eigentlich mit Knaur als Verlag im Sinn. Leider hatte ASS den Zuschlag bekommen und FSV gegründet. Nun hatte sich Knaur aber so mit der Idee eines eigenen Fantasy-Rollenspiels angefreundet (und mit Schmidt einen Partner ins Boot geholt, der schnell das Ruder übernehmen sollte), dass der Übersetzer ihres Wunschsystems (Kiesow) gefragt wurde, ob er sowas nicht "einfach selbst schreiben könne" (flapsig formuliert).
Kiesow hatte Schwerter & Dämonen übersetzt und bei Fantasy Productions noch
vor FSVs D&D herausgebracht. (Daran kann sich auch kaum jemand erinnern, dass Tunnels & Trolls die Ehre gebührt, das zweite deutschsprachige Rollenspiel zu sein, und das erste, das bei einem Verlag mit professionellem Anspruch erschien.)
Die lustigen DSA-Zauberreime sind eine direkte Inspiration aus T&T, wie das DSA Basis-Spiel (und die ersten vier Abenteuermodule) überhaupt den Stil von S&D
atmen. Im Abenteuer-Basis-Spiel gibt es nichts, was auf RQ hinweist, keine Prozentwürfe, keine Universaltabelle, keine Unterscheidung zwischen Ausdauer- und Lebenspunkten, kein Glorantha-ähnliches Setting. Bei RQ gibt es keine Elfen-als-Klasse-Regelung (ja,
überhaupt keine Klassen) oder Erfahrungsstufen, Ur-DSA hatte kein Skillsystem (RQs Beitrag zum Rollenspieldesign schlechthin) -
wenn Kiesow sich tatsächlich von RQ hat inspirieren lassen, hat er diese Einflüsse extrem gut versteckt - oder so stark umgeschrieben, dass sie zufällig doch wieder D&D und T&T ähnelten.
Bei der Produktpalette setzte sich das fort, Soloabenteuer waren die Kerndomäne von Tunnels & Trolls.
Wenn das alles nicht ein Fall für Occam's Razor ist, dann weiß ich auch nicht...
Meine Lieblings-"What-if"-Frage in Bezug auf den deutschen Rollenspielmarkt ist: "Was wäre passiert, wenn Knaur und Schmidt Dungeons & Dragons bekommen hätten?"
Wie hätte eine D&D-Redaktion unter Kiesow, Fuchs & Co ausgesehen?