Also gut, mal einen Nebenthread aufgemacht. Ist nur ein Gedankenspiel, und meine Kernüberlegung ist folgende:
Das Aussterben des Hobbies hängt direkt mit dem Aussterben guter Spielleiter zusammen, und letzteres mit der Art und Weise, wie die Verlage die Aufgabe des Spielleiters definieren und durch Produkte unterstützen.
Was einen guten Spielleiter ausmacht, da wird es gerade hier im Forum sehr unterschiedliche Ansichten geben. Ich für meinen Teil definiere das über die folgenden Erkennungsmerkmale:
1. Die Kampagnen laufen über einen langen Zeitraum, Jahre und Jahrzehnte.
2. Der Spielleiter hat einen mehrstelligen Pool an Spielern, die IHN fragen, ob sie in seiner Kampagne mitspielen können (und nicht umgekehrt).
3. Der SL hat über die Jahre eine eigenständige Spielwelt entwickelt, in der die Abenteuer längst vergangener Spielercharaktere Auswirkungen auf die Gegenwart haben.
4. Es finden tatsächlich Abenteuer statt, an die man sich später gerne erinnert.
5. Der SL ist das Alpha - Tier der Gruppe.
All dies bedingt natürlich gewisse Grundvorraussetzungen (Ergebnisoffenheit, Fairness, Neutralität, Fleiß, Konsistenz, Aufrichtigkeit, Umgangsformen, Selbstbild als Weltenbauer & Schiedsrichter, nicht als Regisseur/Geschichtenerzähler/Künstler/Spielermanipulator etc.), die hier nicht weiter diskutiert werden sollen.
Nun kann es aber nicht im Interesse der Verlage sein, Konsumenten zu haben, die - bis auf eine Grundausstattung an Regelwerken - nicht auf die Produkte des Hauses angewiesen sind, sondern lieber alles selbst machen. Man will auch Quellenbücher, Abenteuer, und Zusatzregelwerke verkaufen. Es ist ja auch bequemer und zeitsparender, die Kreativität und die Arbeit Anderer zu verwenden, anstatt sich selbst die Mühe zu machen. (Und ich will mich davon beileibe nicht freisprechen !)
Es kommt mir eher so vor, als ob der SL zum Verwalter der Regeln und des offiziellen Settings erzogen wird, als zum Schiedsrichter und Weltenbauer. Extrem ist mir das in letzter Zeit bei D&D 3 und aufwärts aufgefallen, allerdings mag es diese Linie auch bei anderen Spielen geben (DSA?).
Eine andere Unterstellung, die ich noch nicht völlig belegen kann, ist die Annahme, das durch das Auslassen von Werkzeugen (wie zum Beispiel Zufallstabellen) für DIY die SL's immer weniger befähigt werden, ihr eigenes Ding zu machen und das es auch kein Zufall ist; vielmehr will man die SLs durch den Mangel daran an die eigene Produktkette binden.
Auch sehr, sagen wir, regelintensive Werke "schwächen" den SL in seiner Eigenschaft als Referee des Spiels, weil es die Verantwortung immer mehr von den Schultern des SLs nimmt (zur Erinnerung: Spielleiter wurden geboren, als die Regelwerke der Wargamer zu komplex wurden, als das sie ein einzelner Spieler im Kopf hätte behalten können.)
Bei einer Betrachtung des alten AD&D 1 - DMG kam mir auch der Gedanke, ob dieses nicht absichtlich so unübersichtlich und kompliziert aufgemacht worden ist, um eine Art natürliche Auslese in der Spielleiterschaft zu betreiben - anders als heute, wo suggeriert wird, das jeder Depp leiten könne. Hmmh.