Ja, der Jed hat da schon recht...
"Pride and Prejudice and Zombies" (den ich btw. als Graphic Novel eher daneben fand) erschien ja deshalb unter dem Label Graphic Novel, um ein erwachsenes Publikum anzusprechen. Selbiges gilt für den "Cash"-Comic, "Persepolis" und die großartigen Manga von Jiro Taniguchi.
Und die Frankobelgier müssen gar nicht Graphic Novel draufschreiben, weil die Akzeptanz von Comics als Literatur in diesen Ländern schon seit den Anfängen vorhanden war.
Dass es aber eine große Trennung zwischen Entertainment und Kunst gibt, würde ich immer noch bestreiten. Es gibt sicherlich Formate, die da Augenwischerei betreiben (z.B. DSDS, was ja effektiv damit arbeitet, dem Publikum die künstlerischen Talente der Kandidaten vorzugaukeln), aber es gibt viel, was mir spontan einfiele, was dieser Trennung nicht unterliegt. Ich nehme nochmal Charlotte Roches "Feuchtgebiete"... ein absoluter Bestseller, weswegen ich davon ausgehe, dass die Lektüre wohl sehr unterhaltsam gewesen ist (Entertainment), zugleich von den Kritikern hochgelobt und verrissen und allgemein kontrovers diskutiert (Kunst). Und das ist nur ein Beispiel: Filme von Tim Burton ziehen auch die Maßen ins Kino und sind mal eher "nur" unterhaltsam ("Alice im Wunderland"), mal mehr künstlerisch anspruchsvoll ("Big Fish"). Dasselbe gilt für Leute wie Quentin Tarantino oder die Coen-Brüder gleich doppelt. Bei Serien ist es genauso - "Lost" z.B. ist schon auch künstlerisch anspruchvoll, und wahrscheinlich sogar "Glee" auch. Und von den Leuten, die begonnen haben, Computer- und Videospiele auf ihren narrativen Anspruch hin zu untersuchen, will ich gar nicht erst anfangen - es sei nur gesagt, dass auch "Little Big Planet" zweifellos digitale Kunst ist.
Entertainment und Kunst haben somit einen Haufen Berührungspunkte. Ich würde sogar sagen, sie kommen ohneeinander inzwischen nicht mehr aus. Denn Kunst ohne Unterhaltungswert wird nicht mehr wahrgenommen, Entertainment ohne Kunst nicht ernstgenommen. Ich finde, dass die Trennung, die hier gemacht wird, gar nicht so ohne weiteres aufrecht zu erhalten ist. Dazu müsste man btw. auch erst einmal "Kunst" und "Entertainment" genau definieren. Dinge wie "Bildungsanspruch" oder sowas, fallen aus beidem irgendwie raus. Unsere Postmoderne Welt zeichnet sich gerade durch die Verschachtelung und Vermischung unterschiedlicher Codes und Zeichensysteme aus... damit auch unterschiedlicher Genres und unterschiedlicher Klientels und unterschiedlicher Ansprüche.
Ich fand "Sucker Punch" so gut, eben weil diese Welt im Kopf von Babydoll nicht real ist, weil sie für alles, was draußen passiert keine direkte (aber schon eine indirekte) Relevanz hat. Das ist nicht so platt, denn das Genre, wo sich Nichtskönner in eine Parallelwelt verirren, wo sie die Überactionhelden sind bedienen "Narnia" und "Harry Potter" schon zureichend. "Sucker Punch" ist eben kein Film wo die sexy Lolitas den bösen Jungs auf die Fresse geben, sondern einer, wo die sexy Lolitas von den bösen Jungs auf die Fresse kriegen! Und Babydolls Welt ist eben die Kompensation dieser Hilflosigkeit, aber eben nicht als Flucht in eine schöne heile Märchenwelt, wie bei vielen anderen Filmen, sondern eben in eine ebenso konfliktgeladene, in der sie und die Mädels die Konflikte aber besiegen können. Das, was "Sucker Punch" zu einem Top-Film fehlt ist meiner Meinung nach nicht die Tatsache, dass die Parallelwelt nicht echt ist (eines der großen Probleme von Burtons "Alice im Wunderland", so als Vergleich, war das Ende: der Film wäre besser gewesen, wenn sie aus dem Wunderland kommt und den nervösen Trottel trotzdem heiratet), sondern, dass ich zu wenig über die Figuren (inklusive Babydoll) erfahre und ihre Rollen in der Parallelwelt nur Platzhalter bleiben. Wenn das da gewesen wäre, hätte "Sucker Punch" möglicherweise in einer Liga mit Terry Gilliams "Tideland" und Tarsem Singhs "The Fall" gespielt (noch so zwei Filme, wo die Parallelwelt als psychologischer Ausdruck der Figuren nicht "real" ist).
Was man mit Sicherheit sagen kann, ist, dass "Sucker Punch" ein Autorenfilm ist und das es Snyder dabei wohl um Hommage und die eigene Filmästhetik gegangen ist, als er ihn schrieb. Das heißt für mich, dass der Film wohl zumindest einen ästhetischen Diskurs aufmacht. Und damit auch gut und gerne als Kunst bezeichnet werden kann, mit allen positiven und negativen Nebenbedeutungen, die man diesem Wort so geben mag.