Nazis travel with the speed of plot - NOT! (Revisited)
Ein Diary der Wushu-Runde von Jörg.D beim FUNCON_3 in Lübeck. Jörg und ich hatten im Juni das Vergnügen, bei Boni bei der “Hannover Spielt!” Hollow Earth Expedition zu spielen. Dazu hat Jörg ein langes
Diary geschrieben. Wir haben damals nach dem Spielen noch auf dem Rückweg im Auto über das Abenteuer angeregt diskutiert, u.a., wie man es (noch!) besser hätten machen können. Denn, um das nochmal vorweg zu sagen, sowohl Jörg als auch ich hatten - wie wohl auch die anderen Spieler - richtig viel Spaß. Und welcher SL träumt nicht davon, dass seine Spieler sich noch stundenlang mit seinem Abenteuer und Stil auseinandersetzen?
Ergebnis dieses (bei Jörg offenbar seit Ende Juni laufenden Prozesses) war nun die oben erwähnte Runde. Ich hab mich mit dem Versprechen, ein vergleichendes Diary zu schreiben, in die Runde gedrängt... eine Versuchung, der Jörg offenbar nicht widerstehen konnte.
Vorweg muss auch noch erwähnt werden, dass Jörg gegenüber Boni den Vorteil hatte, dass er auf das bereits sehr erfolgreiche Abenteuer aus Bonis Feder aufsetzen konnte, um es weiter zu verbessern. So ganz fair ist dieser Vergleich daher nicht. Allerdings war das Abenteuer dann hinterher doch so anders, dass ich mich traue, diesen Text zu veröffentlichen: In der Hoffnung, damit sowohl Boni als auch Jörg gerecht zu werden.
Zum Abenteuer:Wie auch bei Boni rief ein ehemaliger Geldgeber seine Abenteurergruppe für ein letztes Abenteuer zusammen. Wieder war er todkrank, wieder war seine gekränkte Ex-Verlobte unter den Abenteurern, die von der Krankheit nichts wussten. Wieder ging es um den Jungbrunnen als letzte Chance des Geldgebers. Wieder war der Geldgeber ein ruhiger Spieler. Wieder war ich ein Cowboy.
Was war neu? Die gekränkte Ex-Verlobte wurde statt von Jörg von einer Frau gespielt, die Chars waren durch das verwendete System etwas mehrdimensionaler (so war z.B. mein Cowboy auch noch ein Kampfpilot und ein Verführer) - eine Folge der Wushu-Regeln.
Wie flogen diesmal mit unserem eigenen Zeppelin nach Südamerika - nicht ohne Schwierigkeiten, denn die Nazis hatten auch einen Zeppelin - nur schöner und größer. Und mit mehr Kampfflugzeugen (ja, mein Doppeldecker hing unten am dem Zeppelin!). Und so kam es schon in den ersten Minuten zu einem ausgesprochen actionreichen Luftkampf zwischen unserem Doppeldecker (mit mir als Pilot und dem Großwildjäger hinter dem MG) und zwei Nazipiloten. Das war eine krasse Actionszene, die sich durchaus gewaschen hatte. Allerdings umfasste sie nur zwei Spieler, eben mich und den von Xemides gespielten Großwildjäger. Das war vertretbar, weil zwei andere Spieler (der kranke Geldgeber und seine Verlobte) zuvor ein langes Spotlight hatten. Für Spieler Nr. 5, den englischen Lord, war das aber sicherlich nicht ganz fair. Zwei Kritikpunkte sind mir dabei am System gekommen. Mechanisch lohnte es sich für den Großwildjäger immer, mit seiner Flinte (einem besonderen Gimmik) zu schießen, mehr als (hier) mit einem Maschinengewehr. Zum anderen klaffte für meinen persönlichen Level of “Suspension of Disbelief” eine zu große Lücke zwischen der Beschreibung von Jörg “Zwei 7.62mm Vollmantel MG-Geschosse treffen dich, als...” und den mechanischen Folgen (zwei Chips weg, sonst nix). Wenn es mir doch eigentlich noch gut geht, hätten die Treffer nicht so dramatisch beschrieben werden dürfen - oder sie hätten eben Konsequenzen (na, Anspielung kapiert?) haben müssen.
Als wir die Nazis besiegt hatten (der Großwildjäger ist dazu u.a. in eines ihrer Flugzeuge gestiegen, um auf kürzeste Distanz den Piloten umzupusten), landeten wir zwischen zahlreichen italienischen Flugzeugen. Jörg hatte vorgesorgt: War doch die Kritik an Boni, dass unsere Aktionen, den Nazis unsere Verfolgung unmöglich zu machen, quasi auf wundersame Weise ohne Folgen blieben, hatte Jörg die Italiener vor uns, die Nazis hinter uns platziert - auf eine Gegnergruppe würden wir dann wohl doch treffen? (Nein, aber dazu später)
Nun folgte eine Autoverfolgung vom Flughafen zur Universität, die wir - trotz des überlegenen deutschen Autos - gewonnen haben. Hier hatte Jörg wohl das Spotlight von Spieler Nr. 5 (der Lord war auch ein Rennfahrer) vorgesehen. Es ist aber nicht ganz undenkbar, dass ein gewisser Cowboy mit seinem Lasso hier ein Spotlight geklaut hat. Sorry, lieber Orko! Boni hatten wir (wenn mich die Erinnerung nicht trügt, ich sogar persönlich), die Chance auf eine solche Verfolgungsfahrt durch sorgfältiges Abfackeln des deutschen Autos kaputtgemacht; Jörg hat mir diese Chance deshalb nie gegeben. Die Deutschen waren schon unterwegs, als wir noch landeten. Das gab dem ganzen dann eine angenehme Dringlichkeit, die die Verfolgungsfahrt mit Bedeutung auflud. Allerdings konkurrierten zuviele Spieler um die Möglichkeit, hier zu handeln - die Jagd war dazu zu kurz. Drei Spieler wollten eigentlich auch noch handeln ohne dazu zu kommen. Schwer zu sagen, ob es möglich gewesen wäre, die Verfolgungsfahrt so zu gestalten, dass jeder zum Erfolg betragen kann, ohne die ganze Nummer zäh werden zu lassen.
An der Uni gab es einen vom SL gut gespielten NPC-Professor, leider nahm Jörg aber auch das Tempo völlig aus dem Spiel. Vermutlich wollte er den Nazis die Chance geben, wieder aufzuschließen. Bei mir kam aber - sicherlich auch aufgrund der durch Schlafmangel verkürzten Aufmerksamkeits- und Geduldsspanne - Langeweile auf. Ich versuchte mich in dieser Szene bewusst zurückzuhalten, um nicht noch mehr Spotlight zu monopolisieren: Eine Universität ist das Gebiet für Forscher und Journalistinnen, nicht von Cowboys. Durchgehalten habe ich das nicht. Obwohl ich noch Kaffee und Kekse holte, passierte derweil nichts. Offenbar hatte sich die Party nicht so recht einigen können und das Auto der Nazis ebenso verbrannt wie diese unseres. Ich gab einen Chipunkt aus, um die Szene verlassen zu dürfen.
Jörg verstand den Hinweis und spulte heftig vor. Den ganzen “Roadmovie”-Teil aus Bonis Abenteuer (zu Fuß durch Südamerika) erledigten wir vorfalllos mit dem Zeppelin. Die Nazis waren abgehängt, weil ich die Karte geklaut hatte - vor uns nur noch die Italiener.
Der Facedown mit Dirty Sanchez!Eine schöne Szene folgte (und ja, schon wieder habe ich mich in den Vordergrund gedrängt(!). Das hab ich im Spiel gar nicht so gemerkt, erst in der Nachbetrachtung fällt mir das auf. Ein ernstgemeintes Sorry an meine Mitspieler!).
Wir kamen ja nach den Italienern an - die hatten die Strecke mit Lastwagen zurückgelegt und bereits alle Führer mitgenommen. Der einzige verbliebene Ortskundige war ein Säufer mit Schulden bei Sanchez. Ich habe den Führer mit dem klasse Namen “Napoleon” (bitte spanisch ausgesprochen vorstellen) mit zu Sachez begleitet. Sanchez, ein unglaublich fetter, schwitzender Mafia-Mexikaner, mochte keine Cowboys: “Texas? Only steers and queers come from Texas, Cowboy. And you don't look much like a steer to me so that kinda narrows it down.” “Nur weil du zu fett bist, deinen eigenen Schwanz sehen zu können, heißt das nicht, dass du dich dort nicht mal waschen könntest.” - Die auf das Beleidigungsduell folgende Schlägerei war ein echtes Jörg-Erlebnis. Er visualisierte den fetten Sanchez, der auf meinem armen Cowboy landet um ihn zu zerquetschen so (eklig) gut, dass einem ganz mulmig wurde. Ein Höhepunkt für mich, sowohl die Beleidigungen als auch die die Darstellung von Sanchez.
Die folgende Lauferei bis zur Höhe der Dinosaurier war eher wieder schwach. Ich vermute, dass Jörg hier dem Großwildjäger und evtl. noch anderen eine Chance auf eine Szene geben wollte. Wenn dem so war, wurde das nicht angenommen. Was die verwunschene Höhle am Rande der Strecke sollte, würde ich gerne noch mal hören. Für Nebenquesten war der Zeitrahmen eigentlich zu eng!
Jörg ließ uns noch die Spuren von Massakern der Italiener finden, dann ging es in die Höhle. Wieder (wie bei Boni) wurde die Journalistin von Eingeborenen entführt. Ich wollte mich eigentlich zurückhalten - der Verlobte und der Großwildjäger hätten m.E. hier handeln sollen. Auch der Lord hatte in der Zeit vorher deutliches Interesse an der Dame gezeigt. Irgendwie kamen die Jungs aber nicht so recht in Gang und ich wurde regelrecht durch Jörgs Drängen und die Chi-Chips der anderen genötigt mir einen fleischfressenden Emu als Reittier zuzulegen (endlich - Cowboys können bei Wushu reiten!
Nimm das, Boni!) Meine mangelnde Regelfestigkeit führte zwar dazu, dass ich ordentlich Federn ließ, aber ich war wieder im Spiel. Jörg muss wohl auf die Uhr geguckt haben, denn ab jetzt ging es rund!
Ich kasperte gerade auf dem Emu rum, um die Journalistin vor den Eingebohren zu retten, als hinter mir die Erde bebt. Auch die erprobte Taktik (nicht gucken, dann ist es nicht da) wirkte nicht - ein T-Rex verfolgte Emu und mich, um mich zu fressen. Mein höchstbewürfelter Stunt folgt: Ich greife mir die Journalistin, deren Fesseln uns beide halten. Das Emu-Ding, mit mir durch mein Lasso verbunden, wird dadurch in einem weiten Bogen um das Kreuz geschleudert, an das die Journalistin gebunden ist und wickelt sich um den Hals des T-Rex. Ich lasse mich hochziehen, lande auf dem Rücken des T-Rex, setze meinen Cowboyhut ab und dem T-Rex auf und rufe “Yiee-ha” (9 Würfel + Fanmail). Während meine männlichen Genossen sich (sehr zu meinem Ärger, ich wollte das Ding noch reiten!) daran machen, den T-Rex zu killen, macht die Journalistin etwas unerwartetes: Sie zieht die Aufmerksamkeit des Dinos auf sich, der sie sofort ins Maul nimmt. Noch bevor wir den Dino töten können, kitzelt sie diesen nun am Gaumen, um einen Würgereflex auszulösen. Jörg urteilt, dass dies auf einer 1-5 des w6 funktionieren würde, bei einer 6 würde der T-Rex aber zubeißen. Natürlich würfelt Jörg eine 6! Der Tod der Dame ist eklig. Der T-Rex bricht noch in der selben Runde tot zusammen - ohne von mir geritten worden zu sein. Danke Großwildjäger-Xemides! Wieder wurde mir verwehrt, den T-Rex zu reiten!!!
Der fallende T-Rex lässt den Boden einbrechen. Unter uns ist der Jungbrunnen, den wir suchen. Spontan entscheidet Drama-Jörg, dass der Brunnen nur entweder die zerbissene Journalistin oder den todkranken Geldgeber (und ihren künftigen Gatten) retten kann. Sowohl der Geldgeber als auch der Lord wollen eigentlich die Journalistin retten, durchkreuzen sich aber ihre Pläne gegenseitig! Der Jungbrunnen heilt den Geldgeber!
Nun kommt die große Szene des Lords (endlich!): Er zieht die Revolver und tötet den Geldgeber mit den Worten: Du hast sie nie verdient!
Drama, Baby! Jörg grinst glücklich und erlaubt nicht mehr auszuwürfeln, wie diese Szene ausgeht. Da hat er Recht: In der Schwebe gelassen, ist sie stärker. Wir beenden das Spiel hier.
Ich mag es ja schnell und ohne langes Vorspiel: Ein FazitEin gelungener One-Shot. Besser als bei Boni? Kann man so nicht beantworten. Logikbrüche gab es auch (s.o. Verwundungen), aber die eigenen Handlung hatten die erwarteten Konsequenzen. Dennoch war das Abenteuer extrem linear - the Nazis travelled with the speed of plot again, even if they were wearing italian uniforms. Und dann kamen sie (am Ende) nicht mal vor! Jörg fuhr Eisenbahn, und Karsten schippte wie ein besessener Kohle in den Kessel. Dennoch gab es langweilige Phasen. Entscheidungen mit echten Auswirkungen konnte/musste man nicht treffen. Was extrem gut war, waren die Darstellung des T-Rex und des dicken verschwitzten Sanchez. Nicht so gut war die Zurückhaltung meiner Mitspieler (oder, positiv gesagt: Ihr hättet mein Spotlighthogging auch ruhig mal stören dürfen!).
Mir ganz persönlich kam das actiongeladene, hochoktanige und mit viel Speed betriebene Spiel von Jörg sehr entgegen. Ich mag es ja schnell und ohne langes Vorspiel. Wushu hat das gut abgebildet, Jörg gut hinbekommen.
Zur Darstellung: Jörg nutzt den groben Pinsel, die Details muss die Kenntnis des Klischees auffüllen. Bei Boni war hingegen die Darstellung der Vorzeithöhle schärfer, insgesamt habe ich bei Boni mehr Details im Kopf - es kam der Aspekt des Erkundens einer fremden Welt hinzu, der bei Jörg keine Rolle spielte. Die bei beiden relativ ausführliche Beschreibung der "Sonne" in der Höhle war bei Boni relevant, bei Jörg sonderbar sinnlos - darauf kam es nicht an. Allerdings war das Abenteuer damals noch neu, bei Jörg hatte ich (als einziger am Tisch) natürlich schon Kenntnis des Plots und wusste, dass die Sonne keine Rolle spielen würde.
Das Ende von Boni (ich und die Journalistin auf dem T-Rex reitend und wild auf Nazis schießend) bleibt mein Favorit; ich bin eben mehr Actionjunkie als Dramaqueen. Auf jeden Fall war es ein würdiger Abschluss des insgesamt sehr gut gelungenen Fun-Cons!