Es gibt in der Pädagogik einen schönen Grundsatz, der da lautet:
Man kann nicht nicht erziehen.
Die Überzeugung, als Spielleiter keine irgendwie geartete Erziehungsfunktion einzunehmen, ist dementsprechend etwas blauäugig; der Kern der entsprechenden Aussage geht eher in die Richtung "Ich will nicht
bewußt erziehen und entsprechende Überlegungen anstellen (sondern das Ganze eher dem Zufall überlasen, in dem ich es nicht koordiniere)".
Ich halte das, vermutlich wenig verwunderlich nach der Einleitung, für etwas naiv.
Verhaltensanpassungen der Mitspieler sind unumgänglich. Sie finden die ganze Zeit statt. Erfolgreiche Verhaltensweisen werden wiederholt, Verhaltensweisen, die nicht zum Erfolg führen, werden seltener oder tauchen nicht wieder auf.
Dabei ist es völlig unerheblich, ob es sich um Verhaltensweisen innerhalb der Spielwelt oder ausserhalb davon handelt.
Nehmen wir als Beispiel die nicht so selten auftretende Situation, dass die Spielercharaktere einen Gefangenen gemacht haben, und nun Informationen von diesem haben wollen. Eine Option, die möglich wäre, aber auf Grund eines Rattenschwanzes von Assoziationen und Verbindungen in der Situation nicht immer erfreulich wäre, bestünde darin, den jetzt Gefangenen zu foltern, um die Informationen, die die SCs haben wollen, zu erpressen. Als Spielleiter kann man darauf in unterschiedlichster Form reagieren. Das Unterfangen kann von Erfolg geprägt sein - die Folter führt zu den gewünschten Erkenntnissen. In dem Fall ist damit zu rechnen, dass die erfolgreiche Strategie in Zukunft wieder angewandt werden wird. Genauso kann der Spielleiter auch den Erfolg abblocken, die gewünschten Informatione icht in verwertbarer Form preis geben, oder alle Mitspieler könnten auf der Ebene ausserhalb der Spielwelt mit einer gewissen Entrüstung reagieren. Das negative Feedback würde dazu führen, dass die Taktik der Folter seltener oder gar nicht mehr angewandt wird (oder es zu einer Trotzreaktion des folternden Spielers kommt, der sich angepißt fühlt, weil sein toller Plan nicht funktioniert. Was gerade wenn es die anderen Mitspieler sind, die sich darüber ärgern, eine tolle Quelle für Frustration und Zwietracht ist).
Tadaaa! Erziehung.
Andersrum ist natürlich auch die Anpassung des Spielleiterstils an die Gruppe ein Lernprozess, der in weiten Teilen gesteuert wird; sowohl positives oder negatives Feedback (ob nun verbal oder non-verbal) werden gegebenenfalls zu einer Verhaltensadaption führen.
Und da dieser Prozess unumgänglich ist, schadet es auch nicht sich etwas damit auseinander zu setzen, welche Richtung man da einschlägt und welche Konsequenzen damit verbunden sind. In dem man sich die verschiedenen Prozesse bewußt macht, und sich über mögliche Kausalketten ein paar Gedanken macht. Ich halte es es ja für eine der wesentlichen Aufgaben eines jeden Mitspielers in dem sozialen Gefüge einer Rollenspielrunde dazu beizutragen, mögliche Frustrationsquellen zu umschiffen.