Übung: Das Wo-Spiel
Kategorie: Vorstellungsraum
Ziel: Interaktion mit fiktiven Schauplätzen aufbauen und teilen
Ursprung: Viola Spolin in ihrem Buch
ImprovisationstechnikenBeschreibungEin einziger SC betritt einen Raum, der noch nicht weiter beschrieben wurde. Der entsprechende Spieler darf nur die Handlungen seiner Figur und ihre wörtliche Rede schildern, außerdem sind natürlich Mimik und Gesten erlaubt (und zu begrüßen). Nun lässt der Spieler den Charakter mit dem Raum interagieren. - Wenn der Spieler etwas hilflos wirkt, kann eine bestimmte Art von Tätigkeit oder Ausdruck als Anregung eingeworfen werden. (z.B.: "Du untersuchst den Raum fasziniert." "Du bist erstaunt." "Du erkennst etwas in der Ecke.")
Sobald der nächste Mitspieler eine Idee davon hat, in welcher Art von Räumlichkeit sich der SC befindet, betritt seine Figur ebenfalls die "Bühne" und tritt dem Anwesenden und dem Raum ins Spiel. - Es bleibt beiden Spielern untersagt, den Raum oder seine explizite Funktion beim Namen zu nennen (auch nicht in direkter Rede, wie z.B. in "Echt eine effiziente Folterkammer!") - Einzelne Gegenstände (z.B. Peitschen) dürfen genannt werden; es sei denn das Spiel soll wirklich schwierig werden...
Jeder Spieler kommt auf die gleiche Weise hinzu, wenn alle Teilnehmer den Raum bevölkern, kann aufgelöst oder schlicht weitergespielt werden. Sollte sich eine Handlung ergeben, versucht man sie natürlich noch abzuschließen. Auf jeden Fall sollten die Einschätzungen und Wahrnehmungen nach dem Rollenspielen nochmal ausgestauscht werden.
Eine Variante des Spiels findet in einem völlig dunklen Raum oder bei Blindheit statt. Dadurch bleibt dem Spieler nur noch die wörtliche Rede. ("Das fühlt sich aber kalt an.", "Hier ist so eine Art Zahnrad." stolperstolper...)
ErgebnisseDie Spieler sind völlig auf ihre traditionelle RSP-Rolle reduziert. Ein verstärktes Gespür für das Schaffen von Fakten durch Zeigen (und nicht durch Erklären), ist der mMn deutlichste Gewinn. Das Bewußtsein für die eigene Schaffenskraft und Erzähl-Verantwortung wird geschärft, da passive Konsumhaltung unmöglich ist. Alle Teilnehmer sammeln Erfahrung darin, wie sie ihren gemeinsamen Vorstellungsraum aufbauen, einhalten und ihm verpflichtet sind.
EinsatzMeistens habe ich das Wo-Spiel als losgelöste Übung verwendet. Es macht sonst großen Sinn im SL-freien Spiel. Wenn z.B. in
Western City* niemand für ein Scene-Framing bieten will, kann die Rolle des ersten Wo-Spielers ausgelost werden.
Ich könnte mir auch vorstellen, das Wo-Spiel überraschend in einem Dungeon einzusetzen... der erste SC zwängt sich durch eine schmale Öffnung und wird von den Anderen zunächst nur beobachtet.
Aus dieser Idee habe ich meine anderen Einsätze abgeleitet. Sie helfen mir als SL, wenn ich beim Improvisieren hänge.
Ich zeige dann auf einen Spieler und sage: "Du betrittst den Raum (/Platz/das Zimmer etc) während der Rest innehält."
INNEHALTEN ist das Schlüsselwort, dass dem Spieler anzeigt, dass er Wo-Spielen darf (bzw. soll). Ich lehne mich entspannt zurück oder geben höchstens einen Einwurf (wie oben beschrieben).
Der Anfang hat sich ein wenig zäh gestaltet. Nachdem unsere Runde dann Routine im Wo-Spielen hatte, sind so schöne Dinge wie die Werkstatt eines Fälschers entstanden (ohne dass "Fälschen" bis dahin Thema des Abenteuers gewesen wäre).
*PS: Western City zu spielen ist in meinen Augen auch immer Übung, die sich im "normalen" RSP bemerkbar macht (außerdem macht es schlank, schön und erfolgreich - hat bei mir funktioniert ). Es wäre Eines meiner Beispiele für die Kleinsysteme, die ich im Eingangs-Post erwähnt habe.