Zu dem, was korknadel sagt:
Ich finde, der Vergleich der Titelbilder sagt eine ganze Menge aus, gerade weil sie von Seiten der Macher halb bewusst eingesetzt sind. Bilder senden eben eine Message über das Produkt, aber keine explizite wie ein Werbetext, sondern eine verdichtete. Da wird das Bauchgefühl der Kunden angesprochen. Natürlich erklärt sich die Beliebtheit von DSA nicht allein aus den Covern, aber diese Bilder verdeutlichen etwas über das Spezifische an DSA, gerade, wenn man sie mit anderen Spielen vergleicht. Um es mal etwas expliziter zu machen: Ich finde, die beiden hier gezeigten Cover für DSA transportieren unter Anderem Kantigkeit, Urtümlichkeit, eine gewisse Erdenschwere und zugleich Überwältigung, Überlebensgroßes, das Erhabene, ja, auch Romantische. Korknadel hat außerdem Recht, dass die Kreaturen trotz der Bewegung im Bärenbild statisch wirken, statuesk geradezu. Ein bestaunenswertes Tableau. Im Gegensatz zu den anderen Titelbildern vermitteln diese Umschläge auch nicht gerade "Spiel", es hat wenig Kindliches, Spielerisches, Lustiges, Jungs-Baumhaus-mäßiges. Interessant auch, dass beide DSA-Module das Cover überhaupt nicht einlösen, "Zorn des Bären" ist wirklich ein gemütvolles Dorfschnurpselabenteuer und der "Mantikor" bietet zwar ein Spukhaus, das allerdings von einem witzelnden Koboldkind betrieben wird. Womit wir wieder bei der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit wären. Ich kann mich erinnern, das mir als Kind gerade diese DSA-Cover wahnsinnig gut gefallen haben und meine Fantasie sehr stark beschäftigt haben. Ich finde, die wirken auch heute noch. Sie versprechen mehr oder weniger, dass sich hinter ihnen eine ganz und gar fremde Welt verbirgt, deren Geheimnisse nie restlos aufgeklärt werden. Also, kurz und gut, DSA ist aus meiner Sicht wegen dieses Versprechens so erfolgreich: Wir bieten dir eine ganze Welt. Ist ja hier auch schon gesagt worden: Die Spielwelt ist der Kern der Marke.
Was man auch nicht vergessen darf ist, dass die ersten Regelauflagen von DSA wirklich funktionale Spiele waren, und zwar, und das halte ich für ganz wichtig, Spiele, die sich wegen ihrer Regelleichtigkeit schnell und einfach driften ließen. Das war damals tatsächlich ein Feature und kein Bug - und ich behaupte, ein wenigstens halb bewusst eingebautes Feature. Jede Gruppe konnte im sozialen Miteinander ihren eigenen Umgang mit der Spielwelt finden, weil mit den wenigen, aber stabilen Regeln leicht zu improvisieren war. Von unbeschwertem Silvana-Gemetzel bis hin zu Hochstimmungsspiel war alles drin. Die siegreiche Kombi war: Schlanke Regeln, Weltbeschreibung, die zunächst viele Andeutungen machte und zum eigenen Austräumen einlud plus suggestiver, romantisch-surrealer Aufmachung. Die vielen Hinweise auf die Macht des "Meisters", das berüchtigte Krokodilbeispiel sind sicher auch vor dieser Folie zu verstehen, als Versuch Einzelner (Kiesow und Wieser vor allem), die Offenheit des frühen DSA durch Vorfantasieren und Ermahnen (so wird´s gemacht, lieber Leser!) irgendwie wieder einzuhegen.
Die Erinnerungen, die viele mit dem alten DSA verbinden, sind deshalb mAn auch keine reine Nostalgie: Damals war tatsächlich ein anderes Spiel möglich, und die Sehnsucht, die sich in der Retro-Welle äußert, geht, glaube ich, auch dahin: Zu einem Spiel, das man wegen seiner schlanken, aber stabilen Regeln leicht
durch das Spiel selbst, durch den
Prozess entwickeln kann (hinsichtlich Charakteren und Spielwelt). Mit DSA4 (und zunehmend auch schon mit 3) geht das nicht mehr, Improvisation ist da kaum mehr möglich und die Charaktere sollen schon vor Spielbeginn möglichst "ausgestaltet" sein und dann nur noch möglichst glaubhaft "verkörpert".
Von daher wäre eine gute Strategie für ein DSA5 tatsächlich, sich auf alte Stärken zu besinnen, ohne das Bedürfnis nach viel beschriebener Welt und Mon Plaisier-Spiel zu vernachlässigen. Sprich: Regelseitig ein modulares System, das an einen sehr einfachen Kern viele Ausbauteile andocken lässt, gepaart mit einer reichhaltigen Weltbeschreibung, die aber seher viel stärker als
Angebot gekennzeichnet ist und vor allem auch wieder Lücken zum Selbst-Erspielen lässt.