Autor Thema: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf  (Gelesen 41534 mal)

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Offline OldSam

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #75 am: 12.12.2011 | 12:37 »
Warum seit Ihr immer schon beim Laufen?
Wer sich zum RENNEN umwendet kriegt ins Kreuz, ...

Wenn ich Dich nicht ganz falsch verstehe, klingt aus der vermeintlich faktischen Konsequenz "kriegt ins Kreuz", ja ein simulatives/realistisches Argument heraus, oder? Dann muss ich allerdings sagen, dass ich darüber etwas verwundert bin... ;)

Ich vermute also mal, dass Du mein kurz davor stehendes längeres Posting mit dem "experimentellen Beispiel" zu dieser Frage nicht gelesen hast...?

Dabei ging es mir nämlich fast ausschließlich darum, halbwegs detailliert zu zeigen, warum aus einer realistischen/simulativen Perspektive (anhand entsprechender Erfahrungen aus der Kampfkunstwelt usw.) sehr abstrakte, gamistische Regelungen wie die Attacks of Opportunity keinen Sinn machen... Solche Geschichten sind im wesentlichen für das Spiel da, nicht für die Kampflogik.

Dementsprechend fand ich das Statement von Das Nichts auch genau passend, weil es IMHO tatsächlich darum gehen muss durch die Bewegungsregelungen eine gute Antwort auf die vermeintliche "AoO-Situation" zu finden, wenn man simulativ rangehen möchte, Gamismus darf ja genau so sein wie alles sonst, nur sollte man es nicht vermischen ;)

@Das Nichts: Die Regelung aus dem Trauma-Rollenspiel klingt ganz gut und das mit den Fuß finde ich nen cooles Feature, das erinnert mich an reale KK-Erfahrungen! =)  Bei GURPS4 z.B. gibt es eine Sprint-Beschleunigung, die erst eine Runde Laufen mit vollem Bewegungswert voraussetzt, zudem kann man nur mit starken Abzügen kämpfen, wenn man in der gleichen Sekunde schnell läuft (normal sonst nur Schritte). Und "AoO"-Merkwürdigkeiten hat man dann glücklicherweise auch gar nicht erst entstehen lassen, weil zudem durch die Verwundungsregeln gelöst ist, dass man sich schon ab einem "mittleren" Verwundungsniveau, nur höchstens halb so schnell bewegen kann.
« Letzte Änderung: 12.12.2011 | 13:49 von OldSam »

Offline Turning Wheel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #76 am: 12.12.2011 | 14:28 »
Ich vermute, generalisierte, unumstößliche Rgelungen wie "Wer flieht kriegt was ins Kreuz." sind weder simulativ, noch gamistisch, noch narrativ interessant, noch entsprechen sie der Realität.

Offline tartex

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #77 am: 12.12.2011 | 14:48 »
Das Problem ist, dass kurz nach dem Einstieg ins Rollenspiel, generell die Realismusanspruch naiv gestellt wird. Deshalb hatten wir ja in den 80igern all diese Systeme, die simulationistische Ornamente an das OD&D-Gerüst angenagelt haben.

Wenn man auf Chainmail zurückblickt, dann wird klar, dass der Einzelcharakter etwas sehr abstraktes ist.

Die "Helden-Rückzug muss bestraft werden"-Regel ist ein simulationistisches Ornament an einem gamistischen Grundsystem, das meist nicht weiter hinterfragt wird, weil man es schon akzeptiert hat und sich Betriebsblindheit eingestellt hat, bevor man Realismus zu hinterfragen anfängt.

Come on, bestes Beispiel: Hit Points!!! Wo ist denn da der Realismus-Anspruch? Wie kann man mit Hit Points leben, aber sich gleichzeitig kein System vorstellen, wo Rückzug nicht bestraft wird?
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #78 am: 12.12.2011 | 15:05 »

Die "Helden-Rückzug muss bestraft werden"-Regel ist ein simulationistisches Ornament an einem gamistischen Grundsystem, das meist nicht weiter hinterfragt wird, weil man es schon akzeptiert hat und sich Betriebsblindheit eingestellt hat, bevor man Realismus zu hinterfragen anfängt.


Zu weiten Teilen teile ich deine Ansicht, aber genau bei der zitierten Stelle sehe ich einige Dinge ein wenig anders.

Dass Heldenrückzug bestraft wird, liegt mMn nicht alleine am Anspruch einer "Realitätssimulation", da fließt, glaube ich, auch der Anspruch einer genregetreuen Abbildung ("Genresimulation") mit ein: der Held zieht sich eben nicht zurück, weil Helden das nicht tun.

Nebenbei hat die AoO auch einige in meinen Augen sinnvolle ("gamistische") Spielbedeutungen. In D&D galt lange: Hit the Mage first! Um die feindlichen Kämpfer vom eigenen Magier fern zu halten, war die AoO absolut angebracht - vielleicht nicht durchdacht genug umgesetzt, aber dem erwünschten Spieleffekt völlig entgegenkommend.
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Offline tartex

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #79 am: 12.12.2011 | 15:14 »
Ok. Ich sage ja nicht, dass der Heldenrückzug nicht sinnvoll integriert werden kann.

Ich verwehre mich nur gegen das gMV-Argument hier im Thread.

Wie angeführt wurde, hat ja das "sticky"-Seinn durchaus einen guten Grund.
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Offline OldSam

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #80 am: 12.12.2011 | 15:22 »
Das Problem ist, dass kurz nach dem Einstieg ins Rollenspiel, generell die Realismusanspruch naiv gestellt wird. Deshalb hatten wir ja in den 80igern all diese Systeme, die simulationistische Ornamente an das OD&D-Gerüst angenagelt haben.

Jopp, sehe ich auch so, das ist der typische unreflektierte Fall wenn das ursprüngliche Designziel des Spiels und das spätere Rumgebastel in verschiedene Richtungen gehen ;)

Wie kann man mit Hit Points leben, aber sich gleichzeitig kein System vorstellen, wo Rückzug nicht bestraft wird?

Naja, jetzt wirfst Du aber was durcheinander! ;)
Es geht ja nicht darum, dass eine Kritik an abstrakten Regelungen besteht! Das wäre auch unsinnig, weil kein RPG ohne solche auskommt, nur der Grad an Abstraktion ist unterschiedlich.
Niemand würde sagen, dass "Hit Points" als solche realistisch sind, genau so wenig wie andere Wundmechanismen, erstmal sind alles abstrakte System - das simulative Ziel wurde dann erreicht, wenn sie in ihrem <Effekt> halbwegs realitätsgetreu sind!

Um mal ein etwas lustiges Beispiel zu wagen: Ich könnte ja in einem realen Krankenhaus als Arzt hingehen und den verschiedenen schwer kranken Patienten auf Basis ihrer Konstitution und ihrer Verfassung "Hitpoints" zuweisen. Du hast nur noch 6 HP, weil Du gebrochene Rippen und leichtes Schädeltrauma hast usw. - derartiges könnte man sogar wissenschaftlich vertreten, wenn man seriöse Mechanismen zur Kategorisierung verwendet... - man sollte es nur nicht Hitpoints nennen :p
so it's no failure by design ;)

Dass Heldenrückzug bestraft wird, liegt mMn nicht alleine am Anspruch einer "Realitätssimulation", da fließt, glaube ich, auch der Anspruch einer genregetreuen Abbildung ("Genresimulation") mit ein: der Held zieht sich eben nicht zurück, weil Helden das nicht tun.

Nebenbei hat die AoO auch einige in meinen Augen sinnvolle ("gamistische") Spielbedeutungen. ...

Jopp, so ähnlich sehe ich das auch. Bzw. zum ersten Punkt kann ich sogar klar ergänzen, dass hier der Anspruch von Realität meist ziemlich daneben geht, weil Flucht "standardmäßig" verhältnismäßig relativ einfach ist! ( deswegen auch die 'wichtigste' Technik bei jedem Selbstverteidigungskurs ;) ) Es kommt also sehr auf die Umstände an, Verletzungen, Waffen, Rüstungen - d.h. Bewegungsmöglichkeiten - usw.  Für simulativen Anspruch muss das aus den sonstigen Regeln hervorgehen, was in dem Moment plausibel funktioniert.
« Letzte Änderung: 12.12.2011 | 15:30 von OldSam »

Offline tartex

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #81 am: 12.12.2011 | 15:30 »
so it's no failure by design ;)

Stimme ich dir auch zu. Das Problem ist es, in einem Hit-Point-System zwingend Rückzugserschwerung zu fordern, weil sonst der Realismusanspruch zusammenbrechen würde.
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #82 am: 12.12.2011 | 15:32 »
Stimme ich dir auch zu. Das Problem ist es, in einem Hit-Point-System zwingend Rückzugserschwerung zu fordern, weil sonst der Realismusanspruch zusammenbrechen würde.

Jo, das hast Du völlig recht, sowas kommt ja dann auch meistens aus der D&D-Ecke usw., in einer Vermischung von gamistischen und simulativen Ideen, das passt alles nicht so richtig konsistent... ;)

Offline Oberkampf

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #83 am: 12.12.2011 | 15:34 »

Niemand würde sagen, dass "Hit Points" als solche realistisch sind, genau so wenig wie andere Wundmechanismen, erstmal sind alles abstrakte System - das simulative Ziel wurde dann erreicht, wenn sie in ihrem <Effekt> halbwegs realitätsgetreu sind!

Aber gerade bei Systemen mit Hit Points gibt es nicht selten eine Hit-Point-Zunahme, die von einer Betrachtung unter spielerischem Gesichtspunkt Sinn ergibt (man hat Punkte gemacht und will besser werden), aber unter dem Simulations/Realismusgesichtspunkt völlig daneben ist (ein Schwertstreich tötet nicht mehr). Natürlich gibt es einige Systeme mit simulatorischem Anspruch und einer HP-Systematik (Rolemaster, glaube ich, war sowas iirc). Da wird das dann durch kritische Treffer usw. ausgeglichen. Aber wann und wo und wie scharf der Abstraktionsgrad ist, ist oft völlig willkürlich. Nach meinem Eindruck haben die meisten Systeme bei den Sachen, die sie verregeln, gleichzeitig unterschiedliche Abstraktionsgrade.

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #84 am: 12.12.2011 | 15:44 »
Aber gerade bei Systemen mit Hit Points gibt es nicht selten eine Hit-Point-Zunahme, die von einer Betrachtung unter spielerischem Gesichtspunkt Sinn ergibt (man hat Punkte gemacht und will besser werden), aber unter dem Simulations/Realismusgesichtspunkt völlig daneben ist (ein Schwertstreich tötet nicht mehr).

Jopp, in der Tat, v.a. der starke Anstieg ist ein Problem wenn er so vorkommt... Das hab ich z.B. erst vor einer Weile bei Aborea entdeckt, was ich schon ziemlich unschön fand, obwohl ich es für Rollenspielneuanfänger ansonsten recht gut geeignet halte - erinnerte mich auch an old-school DSA:
"ok, Du kannst mich jetzt nur noch 5x mit dem Schwert treffen, bevor ich unter 10 LE bin..."  ~;D

Ein gutes Sim-System darf diesen Zirkus deswegen auch nicht mitmachen, GURPS z.B. erlaubt für normale Menschen nur sehr geringe Steigerungen der Hitpoints (quasi dann eine gewisse Zähigkeit) und es gibt v.a. Verwundungsregeln! Zudem basiert das generell auf der Masse, d.h. ein Char, der seine HP richtig steigern will, muss zwangsläufig über lange Zeit seine Körper-/Muskel-Masse sichtlich vergrößern (also auch höhere Stärke), was sich auch optisch und vom Gewicht klar zeigen wird. Auf realistische Weise - also ohne Fantasy-Addons - bleibt er in jedem Fall in Dimensionen dessen was für Menschen möglich ist. Am oberen Ende kann ein massiger, zäher "Barbar"  dann im Schnitt statt einem Torso-Schwerttreffer (ohne Organverletzung), eben zwei aushalten, bevor er schwer verwundet ist, das war's aber auch...
« Letzte Änderung: 12.12.2011 | 15:56 von OldSam »

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #85 am: 12.12.2011 | 20:08 »
Eine regeltechnische Vereinfachung des Rückzuges im (Nah-)Kampf ergibt nur dann einen Sinn, wenn man sich von diesen Realismusansprüchen verabschiedet (und ich gebe zu, dass ich das nicht in jedem RSP kann und u.a. deswegen kein Sci-Fi-RPG mag).

Leichtere Rückzugsregelungen in RSPs dienen vor allem dazu, Rückzug als spielerische Option interessant zu machen.

Wie in einigen anderen Fällen auch ist es in Sachen AoO so, dass eine Vereinfachung mit dem Anspruch einer realistische(re)n Regelung zusammenfällt.
Von daher beißt sich da erst mal gar nichts.
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #86 am: 12.12.2011 | 20:29 »
Wie in einigen anderen Fällen auch ist es in Sachen AoO so, dass eine Vereinfachung mit dem Anspruch einer realistische(re)n Regelung zusammenfällt.
Von daher beißt sich da erst mal gar nichts.


Gut, wenn sich in diesem speziellen Fall nichts beißt, ist das ja kein Problem. Wobei ich aber generell diesen ganzen Realismus-Anspruch eher für wenig hilfreich halte. An irgendeinem Punkt werden die Spielregeln mit dem "gesunden Menschenverstand" irgendeines Teilnehmers kollidieren und dann hat man die "Realismus-Debatte" an der Backe. Ein Spiel funktioniert für mich nach Spielregeln und ist keine Realitäts-Sim. In Gruppen, in denen ich länger/häufiger leite, sage ich das auch immer deutlich, um mir diese Welterklärungsgeschichten zu sparen. Auffällig ist dabei mMn, dass solche Realismus-Debatten meistens geführt werden, um Spielern (oft sogar demjenigen, der damit angefangen hat) Vorteile zu verschaffen - also verstecktes PE.
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #87 am: 12.12.2011 | 21:02 »
An irgendeinem Punkt werden die Spielregeln mit dem "gesunden Menschenverstand" irgendeines Teilnehmers kollidieren und dann hat man die "Realismus-Debatte" an der Backe.

Da gibt es mMn nur zwei Ausgangslagen.

A. Das System löst diesen Detailgrad gar nicht auf oder gibt die angedachten Änderungen aus anderen Gründen offensichtlich nicht her -> "Alder halts Maul"  ;D

B. Die Kritik ist berechtigt - dann muss man das Ganze aber auch durchziehen und sauber recherchieren und/oder experimentieren und aus den gewonnenen Erkenntnissen eine Regelung zaubern, die ins jeweilige System passt.

Da ist halt nichts mehr mit diffuser Meinung oder mal-gehört-haben, dann ist wissenschaftliches Arbeiten angesagt.

Auffällig ist dabei mMn, dass solche Realismus-Debatten meistens geführt werden, um Spielern (oft sogar demjenigen, der damit angefangen hat) Vorteile zu verschaffen - also verstecktes PE.

Siehe oben A.  ;)

"Ehrliche" Forderungen nach mehr Realismus sind je nach System und Genre durchaus ok und dann mache ich mir als SL auch gerne die Arbeit, um da was Brauchbares hinzukriegen, wenn die Gruppe es wünscht.

Aber wenn klar erkennbar kurzfristig Änderungen angestrebt werden, um Vorteile für eine konkret anliegende Situation rauszuschlagen...geh scheißen :P

Das hat mit GMV oder Realismusbestrebungen nur insofern zu tun, dass die als Vorwand herhalten müssen.
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #88 am: 12.12.2011 | 21:23 »


B. Die Kritik ist berechtigt - dann muss man das Ganze aber auch durchziehen und sauber recherchieren und/oder experimentieren und aus den gewonnenen Erkenntnissen eine Regelung zaubern, die ins jeweilige System passt.


Das mit der Recherche ist so ein Problem. Du kannst nachrechnen, mit welcher Geschwindigkeit ein fallendes Objekt ab einer gegebenen Höhe am Boden aufprallt, und welche Kraft beim Aufschlag wirkt. Aber ob jemand das überlebt oder nicht, oder wie hoch die Überlebenschance ist, ist dann doch im Spiel eine Bauchentscheidung. Weil im RL eben Leute von Fällen berichten können, in denen ein Bekannter eines Bekannten etc. einen Sturz aus 10 m auf nackten Beton ohne Kratzer und Gebrauchsspuren überlebt hat bzw. ein Freund eines Kollegen jemanden kennt, der nach fünf Fuß Fall nurnoch Matsch war. Und tatsächlich kann es für beide Seiten RL-Beispiele geben. Saubere Statistiken können vielleicht weiterhelfen, aber im Großen und Ganzen wäre mir das zu aufwändig. Da akzeptiere ich lieber, dass man bei einem Sturz je 3m 1d10 Schaden kassiert, auch wenn das völlig "unrealistisch" ist.
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #89 am: 12.12.2011 | 21:37 »
Die Diskussionen wird man sowieso haben, da jeder seinen eigenen "gesunden Menschenverstand" (bzw. auch Erafhrungs- oder Bildungsschatz) mitbringt.
Mit festgeschriebenen, ordentlichen Regeln gibt es aber eine gemeinsame Basis auf der alle mit gleichen (weil in den Speiregeln beschriebenen) Voraussetzungen aufbauen oder -wenn Interesse besteht- weiter diskutieren kann und nebenbei sollte eben auch drinstehen, wo aus spieltechnischen Gründen bewußt von der irdischen Realität abgewichen wird.
Damit sollte dann auch jedem klar sein, dass hier begründet Ende mit irdischer Physik/Biologie ... ist.

Und auch wenn es nie perfekt werden kann, kann man immer noch versuchen das was man hat ein Stück weit zu verbessern, was zumindest ein paar Leuten auch Spaß macht - oder wenigstens die gröbsten Schnitzer zu beseitigen welche noch mehr Leuten den Spaß verderben.

Die meisten Fälle wo im Spiel dann diskutiert wird ist aber doch nicht die Aufprallgeschwindigkeit etc sondern viel einfachere, gröbere handwerkliche Mängel aus Unachtsamkeit/ Faulheit/ Dummheit, wo jemand einen Gedanken nicht wirklich zu Ende gedacht hat oder nicht zu Ende denken wollte, weil es besser in den eigenen Kram passte oder Aufwand bedeutet hätte.
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #90 am: 12.12.2011 | 21:44 »
Da akzeptiere ich lieber, dass man bei einem Sturz je 3m 1d10 Schaden kassiert, auch wenn das völlig "unrealistisch" ist.

Gerade mit Würfeln bekommt man die Spanne von "hat so gut wie nichts" bis "ist auf der Stelle tot" ziemlich gut (und spielbar) unter einen Hut, wenn der Würfelmodus einigermaßen geschickt gewählt ist und zum Schadenssystem passt.

Eine plausible und einigermaßen realistische Regelung muss (und sollte) kein deterministisches Tabellengewichse sein  ;)
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #91 am: 12.12.2011 | 21:59 »
Und auch wenn es nie perfekt werden kann, kann man immer noch versuchen das was man hat ein Stück weit zu verbessern, was zumindest ein paar Leuten auch Spaß macht - oder wenigstens die gröbsten Schnitzer zu beseitigen welche noch mehr Leuten den Spaß verderben.

Komplizierte Sache. Ich halte es für einfacher, zu akzeptieren, dass ein RPG ein Spiel ist, und dann Regeln nach ihrem Spieleffekt zu bewerten, als umgekehrt vom RPG eine realitätsgetreue Simulation zu erwarten, die auf jeden Fall einen Abstraktheitsgrad haben muss, der immer mal wieder "unrealistisch" ist. Kampfsysteme, die strikt zwischen Aktion und Bewegung unterscheiden (wie z.B. D&D), sind z.B. unrealistisch. Dicke HP-Polster wurden ja schon genannt - völlig unrealistisch. Ich glaube, die meisten "realistischen" Systeme wären sehr unattraktiv zu spielen, und könnten auch die meisten RSP-Genres nicht bedienen. Aus meiner Sicht würde man da nichts verbessern, sondern eher bis zur Unspielbarkeit verschlimmern, wenn man den Realismus-Anspruch an jedes System anlegt. Für einzelne Unterfälle mag das ja manchmal attraktiv sein, aber großes Kino ist einfach unrealistisch und nicht jeder will Harnmaster spielen.

(Wobei ich eine Menge Spieler kenne, die immer wieder etwas "mehr realistisches" spielen wollen. Dass dann die meisten ihrer Abenteuer noch langweiliger werden würden, scheint da niemanden zu stören.)

@YY:

Ok, das mit der Würfelspannbreite hat was. Aber auch über diese Spannweite kann man ewige Diskussionen führen, die vor allem dann am Spieltisch auftreten, wenn mal ein SC zu Tode gestürzt ist, und nicht dann, wenn mal ein Orc hinfällt.  ;)
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #92 am: 12.12.2011 | 22:11 »
Dabei ging es mir nämlich fast ausschließlich darum, halbwegs detailliert zu zeigen, warum aus einer realistischen/simulativen Perspektive (anhand entsprechender Erfahrungen aus der Kampfkunstwelt usw.) sehr abstrakte, gamistische Regelungen wie die Attacks of Opportunity keinen Sinn machen... Solche Geschichten sind im wesentlichen für das Spiel da, nicht für die Kampflogik.

wenn die fluchtbereite Position / Haltung keinen Nachteil hätte, würde man sie ja einfach den ganzen Kampf beigehalten...
...das klappt aber vermutlich nur bei Puppeteers.

Zitat
Dementsprechend fand ich das Statement von Das Nichts auch genau passend, weil es IMHO tatsächlich darum gehen muss durch die Bewegungsregelungen eine gute Antwort auf die vermeintliche "AoO-Situation" zu finden, wenn man simulativ rangehen möchte, Gamismus darf ja genau so sein wie alles sonst, nur sollte man es nicht vermischen ;)

Das ist nur VIIIIEEEEEELLLLL zu aufwendig!
Soviel interessiert sich kaum einer für die KAmpfdetails.
Leute, die sich sonst Null für Matrial Arts und Kriegshistorie interessieren, möchten wohl mal den Krieger spielen, der seine Freunde beschützt oder den Hit-and-Run-Guerillia, aber bitte ohne mit dem Zentimetermaß auf den nachgebauten Schlachtfeld rumrutschen zu müssen; man sagt an, wer zu wem Base-Contact sucht, und wer sich wo vorbeidrängeln möchte, und hat dann entweder die Skills, daß durchzuziehen, respektive zu verhindern, oder nicht - und trägt die Konsequenzen.
Das ist leicht zu handeln und realistisch genug für 90% der Spieler.

Wenn sich tatsächlich eine ganze Gruppe findet, die mehr möchten, dann sollten sie tatsächlich mit einer Kombination aus CoSim und Lost Worlds herangehen, keine Frage.

Zitat
Bei GURPS4 z.B. gibt es eine Sprint-Beschleunigung, die erst eine Runde Laufen mit vollem Bewegungswert voraussetzt, zudem kann man nur mit starken Abzügen kämpfen, wenn man in der gleichen Sekunde schnell läuft (normal sonst nur Schritte). Und "AoO"-Merkwürdigkeiten hat man dann glücklicherweise auch gar nicht erst entstehen lassen, weil zudem durch die Verwundungsregeln gelöst ist, dass man sich schon ab einem "mittleren" Verwundungsniveau, nur höchstens halb so schnell bewegen kann.

Aber es wäre natürlich zu aufwendig, denn diese Methode würde auch erfordern, alle anderen Aktionen sekundengenau abzurechnen, differenzierte Angriffsgeschwindigkeiten und Reichweiten für alle Waffen einzuführen, Stellungen und Haltungen, sowie Geländemerkmale mitzuhalten...
...ein Faß ohne Boden, zumal JEDER Spieler die Last häte, anstatt nur die, die solche speziellen Manöver ausführen wollen und sich dafür mal die Skills zugelegt haben.
 
Und in genau dieselbe Fall läuft man mit der Einbeziehung von Kampfmoral für Individuen:
korrekt bearbeitet ein träges Regelnmonstrum, drastisch reduziert auf 'Mut' oder 'Willenskraft' ist es handlebar, aber unrealistisch.
 
« Letzte Änderung: 12.12.2011 | 23:33 von Naldantis »

Offline Maarzan

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #93 am: 12.12.2011 | 22:18 »
Komplizierte Sache. Ich halte es für einfacher, zu akzeptieren, dass ein RPG ein Spiel ist, und dann Regeln nach ihrem Spieleffekt zu bewerten, als umgekehrt vom RPG eine realitätsgetreue Simulation zu erwarten, die auf jeden Fall einen Abstraktheitsgrad haben muss, der immer mal wieder "unrealistisch" ist.

Einfacher ja, aber da kommen ja Interesse und Herausforderung an dieser Sicht aufs Spiel her.
Das Ziel ist es die Grenze immer wieder ein Stück herauszuschieben, ohne dass das Modell an Fehlern oder Überlastung zusammenbricht. Das zu testen hat man dann die Versuchshamster  Spieler, die dafür mit einer besonders facettenreichen und ich nenns mal reaktionsfreudigen Umgebung zum Erkunden belohnt werden - so sie dieses Interesse teilen.

Aus solchen Elementen, seien es z.B. Moralregeln im Kampf oder Wirtschaftsregeln, ergeben sich dann ein Haufen neuer Komplikationen, Chancen und Risiken, welche im abstrakteren "Helden"-Spiel einfach weggebügelt werden und so schon quasi die Welt zu retten, weil alles darunter eh im funktionsfreien Fluff versunken ist und keine Interaktion aushält.
Solche Regeln haben Einfluss auf das Erlebnis und welche Situationen in welcher Form auftauchen und bereichern damit meines Erachtens das Spiel immens - wenn sie gut gemacht sind.
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Eulenspiegel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #94 am: 12.12.2011 | 22:23 »
Das mit der Recherche ist so ein Problem. Du kannst nachrechnen, mit welcher Geschwindigkeit ein fallendes Objekt ab einer gegebenen Höhe am Boden aufprallt, und welche Kraft beim Aufschlag wirkt. Aber ob jemand das überlebt oder nicht, oder wie hoch die Überlebenschance ist, ist dann doch im Spiel eine Bauchentscheidung. Weil im RL eben Leute von Fällen berichten können, in denen ein Bekannter eines Bekannten etc. einen Sturz aus 10 m auf nackten Beton ohne Kratzer und Gebrauchsspuren überlebt hat bzw. ein Freund eines Kollegen jemanden kennt, der nach fünf Fuß Fall nurnoch Matsch war.
Also den Kerl möchte ich sehen, der nach 10 Meter Fall auf nackten Beton keinerlei Kratzer hat.

Sicherlich, mit viel Glück lässt sich ein Sturz aus 10 Meter Höhe überleben. - Aber dann hat man immernoch gebrochene Beine und muss auf den Krankenwagen warten.

Ein System, wo man aus 10 Meter Höhe fällt und ohne Probleme weiterlaufen kann, während man bei einem 1 Metersturz automatisch stirbt, bekommt von mir das Prädikat "unrealistisch".

Klar kann man als Nicht-Experte nicht sagen, wie hoch die Sterbewahrscheinlichkeit bei einem 10 Metersturz ist. Aber jeder Laie sollte wissen, dass diese höher ist als bei einem 1 Metersturz.

Zitat
Da akzeptiere ich lieber, dass man bei einem Sturz je 3m 1d10 Schaden kassiert, auch wenn das völlig "unrealistisch" ist.
Wenn eine Person ca. 10 Lebenspunkte hat, halte ich das sogar für verdammt realistisch.

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #95 am: 12.12.2011 | 22:24 »
Etwas mehr Kampfmoral bitte, und nicht schon wieder eine Diskussion über Realismus im Rollenspiel. :)

Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #96 am: 12.12.2011 | 22:24 »
Ich vermute, generalisierte, unumstößliche Rgelungen wie "Wer flieht kriegt was ins Kreuz." sind weder simulativ, noch gamistisch, noch narrativ interessant, noch entsprechen sie der Realität.

Wie wäre es mit "simulationistischer Faustregel"?
Würde ich in meinen Runden eine detailierte Regelung wie von Dir vorgeschlagen einbringen, so würde es zu 90% auf genau diese Faustregel hinauslaufen, weil die Spieler den Moment verpennen würden sich mit der Reaktionszeit des Gegners verschätzen würden, vergessen hätten, daß sie knietief im Sumpf stehen, schlicht lahmer als der Feind wären und auch noch kürzere Waffen hätten und das dem Gros einfach zu aufwändig wäre und sie sich die betreffenen Regeln eh nicht merken könnten.
  

Offline Naldantis

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #97 am: 12.12.2011 | 22:36 »
Das Problem ist, dass kurz nach dem Einstieg ins Rollenspiel, generell die Realismusanspruch naiv gestellt wird. Deshalb hatten wir ja in den 80igern all diese Systeme, die simulationistische Ornamente an das OD&D-Gerüst angenagelt haben.

Wenn man auf Chainmail zurückblickt, dann wird klar, dass der Einzelcharakter etwas sehr abstraktes ist.

Die "Helden-Rückzug muss bestraft werden"-Regel ist ein simulationistisches Ornament an einem gamistischen Grundsystem, das meist nicht weiter hinterfragt wird, weil man es schon akzeptiert hat und sich Betriebsblindheit eingestellt hat, bevor man Realismus zu hinterfragen anfängt.

Come on, bestes Beispiel: Hit Points!!! Wo ist denn da der Realismus-Anspruch? Wie kann man mit Hit Points leben, aber sich gleichzeitig kein System vorstellen, wo Rückzug nicht bestraft wird?

Bei Chainmail als CoSim kommt die Erfahrung durch, daß der Bruch einer Front, die Flucht einer Einheit, in der Regel weit höhere Verluste zur Folge hat als entschlossenes Durchhalten.
(Und aufgrund dieser Herkunft sollte Chainmail an Ur-D&D auch Kampfmoral-Regeln vererbt haben...
...und siehe da, die gibt es.)

Stimme ich dir auch zu. Das Problem ist es, in einem Hit-Point-System zwingend Rückzugserschwerung zu fordern, weil sonst der Realismusanspruch zusammenbrechen würde.

Hu?
Warum das mehr als bei Wundsystemen?
Der einzige Faktor, der dort eine Rolle spiele, wäre doch wohl die Verfügbarkeit schneller (magischer) Heilung, oder?

« Letzte Änderung: 12.12.2011 | 23:34 von Naldantis »

Eulenspiegel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #98 am: 12.12.2011 | 22:40 »
Bei CoSim erwarte ich auch Moralwerte und halte diese für sehr wichtig.

Aber ein CoSim ist kein RPG. Und ein RPG ist kein CoSim. Was für das eine Genre gut ist, kann für das andere Genre schlecht sein. Ich spiele sowohl CoSim als auch RPGs. Und bei CoSim freue ich mich über detaillierte Moralregeln. Beim RPG werden die entsprechenden Regeln aber ersatzlos gestrichen.

Offline YY

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #99 am: 13.12.2011 | 00:08 »
wenn die fluchtbereite Position / Haltung keinen Nachteil hätte, würde man sie ja einfach den ganzen Kampf beigehalten...

Tut man doch - eine brauchbare Kampfhaltung erlaubt zeitnahe Bewegung in alle Richtungen,
und dann bleibt zur Flucht nur noch der Unterschied, ob ich bei einem Schritt zurück auf den Gegner ausgerichtet bleibe oder mich dabei halb drehe.
Mit dem nächsten Schritt ist die Drehung dann komplett.

Wie wäre es mit "simulationistischer Faustregel"?

Der einfachste simulationistische Ansatz wäre der, Bewegungen aus dem Nahkampf heraus einfach ohne weitere Regelung zu erlauben.

Wer den Fliehenden treffen will, muss ihm nachsetzen - das ergibt sich dann aus den regulären Bewegungs- und Kampfregeln, unabhängig davon, wie komplex die jeweils sind.

AoO sind kein simulationistisches Element.

"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer