Autor Thema: Storygamer und ihr Diskurs  (Gelesen 3313 mal)

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Offline 1of3

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Storygamer und ihr Diskurs
« am: 5.12.2012 | 13:44 »
Was ist eigentlich ein Storygamer? Was unterscheidet den von "traditionellen" Rollenspielern? Dieser Frage möchte ich mich an Hand von drei Themenkomplexen widmen. Vorwegschicken muss ich, dass die Einteilung der Szene in zwei Lager natürlich nur ein sehr unzureichendes Modell ist und hier verwendet wird, um grobe Züge nachzuvollziehen.



Die SL ist ein Spieler, kein Schiedsrichter
In älteren Rollenspielen wird die Spielleitung gelegentlich auch "Schiedsrichter" genannt. Diese Tradition setzt sich fort, wenn etwa von "Spieler und Spielleiter" die Rede ist. Die SL spielt also nicht; sie ist viel eher in einer Autorenrolle.

Ein Rollenspiel hat nach dieser Auffassung gleichsam zwei Entstehungszeitpunkte. Zunächst hat irgendjemand das verwendete Spiel geschrieben, dann aber kommt die SL und macht es zu ihrem Spiel. Die Autorschaft der SL zeigt sich im Diskurs darin, dass sie ihr ähnliche Attribute zugedacht werden, wie man sie auch mit Autoren assoziiert: Inspiration, Kreativität, Genie.

Als Opposition hierzu ist die SL für Storygamer nicht Schiedsgerichter, sondern eher Torwart, d.h. allenfalls eine Teilnehmerin mit besonderen Aufgaben. Zwar sind auch bei Storygames häufig gewisse Schritte nötig, bevor das Spiel gespielt werden kann, diese werden jedoch nicht als künstlerischer Prozess, sondern als möglichst klar umrissenes Setup verstanden.

Die Autorschaft kommt entsprechend vor allem den Urhebern des geschriebenen Rollenspiels zu. Grob gesagt finden sich bei Storygamern die gleichen Hinweise für "Wie mache ich ein Rollenspiel?", welche im traditionellen Bereich als "Wie organisiere ich eine Spielrunde?" an die SL addressiert werden.

Die enge Verknüpfung von Creator Owned Games, Independent Publishing und den dank Internet kurzen Kommunikationswegen mögen diesen Perspektivwechsel erleichtert haben.



Techniken, Regeln, Hacks

Der angedeutete Perspektivwechsel hat auch in anderen Bereichen des Rollenspiels Konsequenzen. Der klassische Umgang mit dem geschriebenen Regelwerk kennt drei Varianten: Man benutzt sie, man ignoriert sie, man hausregelt sie.

Klar von den Regeln abgesondert, sind darüber hinaus andere aber nicht minder wichtige Formen der Anleitung, etwa Spieltipps, Spielleitertipps, Ratschläge. Diese gelten per se als unverbindlich und ihre Verwendung ist den Adressaten (gelegentlich die Spieler, meistens die SL) anheim gestellt.

Durch den Wegfall der Autorschaft bei SL findet sich im Diskurs der Storygamer auch die Trennung in zwei Formen von Anleitung nicht. Zwar wird man auch in Storygames Verwendungshinweise finden, aber diese sind dann auf das spezielle Spiel zugeschnitten.

Das gesamte Vorgehen und der Umgang mit dem Spiel wird dadurch zu einem ganzheitlichen Komplex. Wenn also ein Rollenspiel rät, zu Beginn des Spiels eine Kerze zu entzünden, so impliziert dies gleiche Verpflichtung, wie etwa die Aufforderung zwanzigseitige Würfel zu verwenden. Storygamer sprechen für mögliche Elemente und Vorgehensweisen gern allgemein über Techniken.

Der Zusammenbruch der Dichotomie Regelwerk / Spieltipp führt bei Storygamern zu zweierlei Vorgehensweisen: Entweder man spielt möglichst eng am Regelwerk oder aber ändert es gleich großflächig. Beide Vorgehensweisen werden dadurch begünstigt, dass die favorisierten Spiele im Vergleich zu herkömmlichen Produkten eher schlank sind. Es ist somit einfacher keine Teile zu vergessen als auch Zusammenhänge zu durchschauen und transparent zu ändern.

Ein geändertes Spiel wird dabei häufig nicht als "hausgeregelt" wahrgenommen, sondern als eigenständiges, von der Vorlage abgeleitetes, neues Spiel verstanden und häufig als "Hack" betitelt. Durch die geringe Einstiegshürde bei digitaler Veröffentlichung kann so jeder vergleichsweise leicht zum Autor werden. Inspirationen und Vorlagen anzugeben gehört in der Szene zum guten Ton.




Actual Plays, Immersion und "Metaregeln"

Ein weiterer Unterschied zwischen traditionelleren Ansätzen liegt in der Beachtung der Spielenden. Im Diskurs der Storygamer steht weniger die fiktive Handlung als die fiktional Handelnden im Fokus. Man interessiert sich weniger, dafür was passiert, sondern wie die Teilnehmer dafür gesorgt haben, dass es passiert.

Zentrale Textform für diese Auseinandersetzung ist das Actual Play. Diese Nacherzählung einer Spielrunde unterscheidet ich von traditionellen Rundentagebüchern gerade dadurch, dass sie auch das Handeln der Teilnehmer, die Anwendung von Spielmechanismen etc. nachvollzieht.
Auf Grund dieser Blickrichtung ist Immersion traditionell ein schwieriges Thema unter Storygamern. Die Vorstellung von Immersion bedingt, dass die Spielenden nicht mehr reflektieren, dass sie spielen. Dies stößt sich mit dem Bild der Teilnehmenden als bewusst Handelnde.

Leicht dagegen fällt das Einbeziehen von Mechanismen und Vorgehensweisen, welche für andere Spieler womöglich zu "meta" sind, beispielsweise abstrakte Ressourcen. Für Storygamer ist schlicht jede auf das Spiel bezogene Handlung in dieser Weise gestaltet. Eine Berücksichtigung realweltlicher Abläufe ergibt aus dieser Sicht keinen Sinn und wird dementsprechend nicht gefordert: Regeln sind nicht zufürderst eine Simulation, sondern unterhaltsame Anweisungen an die Teilnehmer.



Ich hoffe ich kann mit dieser Gegenüberstellung für etwas Klarheit sorgen, warum Storygamer im allgemeinen und ich im Besonderen auf gewisse Weise diskutieren. Ich freue mich sowohl über Fragen als auch über abweichende Darstellungen.

Offline Praion

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #1 am: 5.12.2012 | 14:27 »
Danke 1of3!

Würde ich nach meiner Erfahrung so unterschreiben und vlt anfügen, dass regeln meist so wie regeln von Brettspiele verstanden werden und nicht so als "Vorschläge"
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Jason Corley

Offline Teylen

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #2 am: 5.12.2012 | 15:10 »
Eine Aussage von Monte Cook in seinem Spielseminar war das der Spielleiter ein Spieler ist und dementsprechend in das Spiel eingebunden werden sollte bzw. Spielinhalte haben. Insofern sehe ich die Haltung nicht als charakteristisch für Storygames.
Es ist eher noch so das, nach meinem Eindruck, die SL Position entweder weg fällt oder das der SL keine direkten Spielanteile mehr hat (Er würfelt beispielsweise nicht mehr, wie die Spieler es tun, sondern gibt lediglich noch Handlungsinspirationen bzw. trifft Entscheidungen).

Hinsichtlich der Diaries fehlen mir häufig Diaries welche, neben der Geschichte, auch die Verwendung der Spielmechanik thematisieren.
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Offline Maarzan

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #3 am: 5.12.2012 | 18:05 »

Actual Plays, Immersion und "Metaregeln"

Ein weiterer Unterschied zwischen traditionelleren Ansätzen liegt in der Beachtung der Spielenden. Im Diskurs der Storygamer steht weniger die fiktive Handlung als die fiktional Handelnden im Fokus. Man interessiert sich weniger, dafür was passiert, sondern wie die Teilnehmer dafür gesorgt haben, dass es passiert.

Den großen Teil verstehe ich nicht bzw. kann den Zusammenhang oder Struktur zwischen den Einzelelementen nicht erkennen.
Diesen Abschnitt möchte ich jedoch kommentieren.
Ich sehe hier keinen Unterschied zum traditionellen Rollenspiel, wohl aber zum Storytelling im traditionellen Gewand.
Der ursprüngliche Kern des Rollenspiels ist der Charakter, wenn auch mit sich wandelndem Fokus, von reiner "Performance" hin zu anderen Facetten wie z.B. Persönlichkeit und deren Wandel. 
Ist doch ein üblicher Vorwurf an das traditionelle Spiel derjenige, durch das Ignorieren höherer Vorgaben und Verknüpfungen zur Wahrung ästhetischer Muster eben schlechtere Geschichten zu erzeugen.
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Callisto

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #4 am: 5.12.2012 | 18:14 »
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Offline 1of3

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #5 am: 5.12.2012 | 20:27 »
Ich sehe hier keinen Unterschied zum traditionellen Rollenspiel, wohl aber zum Storytelling im traditionellen Gewand.
Der ursprüngliche Kern des Rollenspiels ist der Charakter, wenn auch mit sich wandelndem Fokus, von reiner "Performance" hin zu anderen Facetten wie z.B. Persönlichkeit und deren Wandel. 
Ist doch ein üblicher Vorwurf an das traditionelle Spiel derjenige, durch das Ignorieren höherer Vorgaben und Verknüpfungen zur Wahrung ästhetischer Muster eben schlechtere Geschichten zu erzeugen.

Ich bin auch generell der Ansicht, dass eine Darstellung mit drei oder vier Gruppen sinnvoller ist, wenn man die Szene beschreiben möchte. Ich wollte es hier nun nicht all zu komplex machen. Für die vorliegende Betrachtung war das auch ganz sinnvoll, da Storygamer ein sehr spezialisiertes Vokabular haben, welches sich daher gut abgrenzen lässt.

Bei Storytellern - ich hoffe mal, wir sprechen jetzt über die gleiche Gruppe - ist die Zielsetzung eine "gute Geschichte". Wie du sagst, werden gewisse ästhetische Standards an das Produkt gestellt. Storygamer interessieren sich dagegen in hohem Maße für die Mittel und ihren Einsatz.

Nehmen wir mal Inspectres als eins der ersten Storygames. Da kommen keine inspierenden Geschichten bei raus und schon gar keine abwechslungsreichen. Nach Maßgaben des Storytellings fällt jede solche Runde brutal durch. Dagegen ist es für Storygamer aber von großer Wichtigkeit, dass man sich passend auf den Hot Seat setzt und dann gepflegt auf Reality Show macht.

Gleiches Ding bei Dogs. Der Plot ist immer gleich. Dogs kommen in Dorf, finden Anzeichen für Dämonen. Das ist explizit so vorgeschrieben. Es gibt also keinen Anspruch sich da besonders kreative Dinge einfallen zu lassen. Die Frage ist nun, ab wann du anfängst Leute zu erschießen. Es geht weniger um den Inhalt, eher um die Performanz.

Offline Maarzan

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #6 am: 5.12.2012 | 22:50 »
An sich verständlichem Absicht, aber oben war von traditionellen Rollenspielern gesprochen worden - und das sind zum Glück noch nicht die Storyteller.
Und in dem Zusammenhang war dann in dem spezifischen Absatz der Gegensatz falsch meiner Meinung nach. Als Gegensatz zu Storytellern stimmt deine Aussage.
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Offline Naldantis

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #7 am: 5.12.2012 | 23:17 »
Die Frage ist nun, ab wann du anfängst Leute zu erschießen. Es geht weniger um den Inhalt, eher um die Performanz.

...bei sowas muß ich immer daran denken, wie bei uns im Job der 'High-Performer' inzwischen zum Gag bzw. zur abfälligen Bemerkung verkommen ist...

Offline Bad Horse

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #8 am: 5.12.2012 | 23:26 »
Vom Sichtpunkt eines Storygamers aus sind Storyteller traditionelle Rollenspieler.  ;)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

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Offline Praion

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #9 am: 5.12.2012 | 23:33 »
Vom Sichtpunkt eines Storygamers aus sind Storyteller traditionelle Rollenspieler.  ;)

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Jason Corley

Offline Praion

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #10 am: 5.12.2012 | 23:40 »
Über die Herkunft des Begriffs

Zitat
On RPGNet, some douchebags were arguing that My Life With Master (in particular, but others as well) was *not* a role-playing game (even though it was a game where you Play Roles) because it included:
* An Endgame Mechanic
* Strong Scene Framing
* Scene-style Resolution
* Character Freedom
and so on.
A few folks took the above four main elements of why it was not an RPG. "I don't know what it is, but it's certainly not a role-playing game".

On a gaming blog Clinton was posting to at the time, he basically rolled his eyes with his whole body, and said "Okay, whatever. They're "Story Games", I guess."

It wasn't really a rallying cry or anything, it was a "toss this bone to shut up these bozos" thing, but the term stuck.

I then thought the term was cool, and registered the domain name about a day later*.

The next 6+ years of mess have built off of that. But that's the real, original, true story.

There's kind of a happy epilogue, though: Some of the folks on RPGNet that were arguing that My Life With Master and other games with Endgame mechanics were not role-playing games, later realized that they were role-playing games after all, just not ones that they are interested in playing. Which was the obvious truth of the matter all along.
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Offline Beral

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #11 am: 6.12.2012 | 09:39 »
Von diesem Unterschied zwischen Storytellern und Storygamern wusste ich noch nichts. Was ich für mich daraus mitnehmen kann: die Regelmechanik scheint ein ausreichend relevanter Spielreiz zu sein, um zu einer Differenzierung der Spielstile beizutragen. Wir hatten das ja auch schon bei dem Taktiker, der a) in der Spielwelt taktieren will (und dafür eine plausible und logische Spielwelt benötigt), oder b) mit den Regeln taktieren will (dafür taktische Regeln braucht, aber beispielsweise die Spielweltplausibilität vernachlässigen kann). Auch hier differiert die (Nicht-)Fokussierung auf die Regelmechanik den Spielstil so sehr, dass die jeweiligen Vertreter nicht mehr reibungslos miteinander auskommen.
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Offline Maarzan

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #12 am: 6.12.2012 | 12:49 »
Vom Sichtpunkt eines Storygamers aus sind Storyteller traditionelle Rollenspieler.  ;)

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Online D. M_Athair

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #13 am: 6.12.2012 | 13:09 »
Nehmen wir mal Inspectres als eins der ersten Storygames. Da kommen keine inspierenden Geschichten bei raus und schon gar keine abwechslungsreichen. Nach Maßgaben des Storytellings fällt jede solche Runde brutal durch. Dagegen ist es für Storygamer aber von großer Wichtigkeit, dass man sich passend auf den Hot Seat setzt und dann gepflegt auf Reality Show macht.

Gleiches Ding bei Dogs. Der Plot ist immer gleich. Dogs kommen in Dorf, finden Anzeichen für Dämonen. Das ist explizit so vorgeschrieben. Es gibt also keinen Anspruch sich da besonders kreative Dinge einfallen zu lassen. Die Frage ist nun, ab wann du anfängst Leute zu erschießen. Es geht weniger um den Inhalt, eher um die Performanz.
Da ich mir noch nicht ganz sicher bin, ob ich dich richtig verstanden habe: Ergänze doch bitte ein "actual play" - Beispiel. Vielleicht eines, das sowas wie 'ne SL-Position benutzt?
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Offline 1of3

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Re: Storygamer und ihr Diskurs
« Antwort #14 am: 6.12.2012 | 13:43 »
Ein ganz klassisches Beispiel für ein AP hier vom Vermi: http://tanelorn.net/index.php/topic,45208.0.html


Von diesem Unterschied zwischen Storytellern und Storygamern wusste ich noch nichts. Was ich für mich daraus mitnehmen kann: die Regelmechanik scheint ein ausreichend relevanter Spielreiz zu sein, um zu einer Differenzierung der Spielstile beizutragen. Wir hatten das ja auch schon bei dem Taktiker, der a) in der Spielwelt taktieren will (und dafür eine plausible und logische Spielwelt benötigt), oder b) mit den Regeln taktieren will (dafür taktische Regeln braucht, aber beispielsweise die Spielweltplausibilität vernachlässigen kann). Auch hier differiert die (Nicht-)Fokussierung auf die Regelmechanik den Spielstil so sehr, dass die jeweiligen Vertreter nicht mehr reibungslos miteinander auskommen.

Ob die Leute am Spieltisch miteinander auskommen oder nicht, da wär ich mit der Entscheidung vorsichtig. Was ich mir angeschaut habe, ist wie betreffende Personen über ihr Spielen sprechen. Um zu wissen, was sie tun, müsste man sie genau genommen beim Spielen beobachten, was methodisch schwierig wird.


Du hast aber sicher recht, dass es diese zwei Arten Taktik gibt. Habe da meine Präferenzen auch schon erkannt, bevor sich der Begriff Storygaming etabliert hatte. Die Präferenz der Storygamer für Regeltakik hat meines Erachtens auch tiefer gehende Gründe:

Wenn ich plausible/realistische/sinnvolle Verfahren in der Spielwelt benutzen will, muss notwendig jemand entscheiden, dass sie plaubel/sinnvoll/realistisch sind. Jetzt kann ich annehmen, dass die betreffende Person neutral entscheidet; damit stelle ich sie in eine Art Schiedsrichterposition.

Oder ich nehme an, dass die betreffende Person nicht neutral entscheiden muss oder das vielleicht gar nicht kann. Dann ist das Ziel nicht, Sinnvolles zu tun, sondern was die betreffende Person sinnvoll findet. Das bedeutet dann Metagaming im eigentlichen Sinne des Wortes: Ich antizipiere, wie andere Personen auf mein Handeln im Spiel reagieren werden.
« Letzte Änderung: 6.12.2012 | 13:47 von 1of3 »