Autor Thema: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel  (Gelesen 20116 mal)

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Samael

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #25 am: 11.12.2012 | 13:23 »
Aha, also für dich im Speziellen, als butig-erfahrenen Schwerkämpfer, gilt dann meinetwegen Nocturamas Analogie nur eingeschränkt.

Ich persönlich finde ihren Beitrag jedoch sehr gelungen und stimme ihm voll und ganz zu.

Offline Deep One

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #26 am: 11.12.2012 | 13:25 »
1 bei diesem Spiel soll man sich auch mal unwohl fühlen.

Ach so, na dann soll das tun, wer es mag. Ich kann mich im richtigen Leben nach Herzenlust unwohl fühlen, wenn ich das will, brauch' ich nicht Rollenspiel für zu machen.

2 wer sagt den, dass es die dabei Spaß gemacht hat? Der Sex kann auch einfach mal schlecht oder ne schlechte Idee gewesen sein.

Echt? -Wenn ich wen attraktiv fand, war schlechter Sex bisher immer noch besser als gar keiner.  :D

Eulenspiegel

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #27 am: 11.12.2012 | 13:27 »
Ja, wenn das Spiel sagt: "Besiehe hundert Minions, während deine Hand auf dem Rücken festgebunden ist!" und ich dann von einer Hauskatze getötet werde, dann ist das Etikettenschwindel.
Ja, und wenn das System sagt: "Verführe hundert NSCs, während du unsexy Kleidung trägst.", und dann nichtmal einen notgeilen Bock rumkriegst, dann ist das auch Etikettenschwindel.

Und wenn das System sagt: "Lebe 100 Jahre in Keuschheit in einer Hippie-Kommune." und dich dann vom erstbesten NSC zum Sex abschleppen lässt, dann ist das auch Etikettenschwindel.

Aber darum geht es ja nicht. Es geht um ein klassisches Standard-RPG, wo du eine coole Sau spielst, aber OHNE Handicap. (Keine Hand auf den Rücken gefesselt, keine unsexy Kleidung, keine Hippie-Kommune etc.)

Zitat
Und auch wenn es bei dir nicht so ist: Bitte glaub mir, dass für die meisten Spieler emotional ein Unterschied ist, ob ihr Charakter verletzt oder ob er zum Sex gezwungen wird (auch wenn es sich dabei um eine misslungene Verführungsprobe handelt).
Ich glaube dir ja. Mich würde aber interessieren, warum das so ist.

Offline tartex

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #28 am: 11.12.2012 | 13:35 »
Vielleicht als Eingangsfrage,
Was haltet ihr von diesem Move/Dieser Regel und den Implikationen am Spieltisch die daraus entstehen?
Könntet ihr sowas spielen oder wäre das gleich ein Dealbreaker für euch wenn "jeder" euren Charakter so einfach verführen kann?

Ich fände es großartig. Macht mit meinem Charakter, was ihr wollt! Es kommt dabei eine aufregenderere und spannendere Geschichte raus, als wenn ich ihn nur selbst verwalte. So wie der Charaktere jetzt ist, und wie ich ihn gerne hätte, kann ich mir auch alleine im stillen Kämmerchen vorstellen, dafür brauche ich keine Interaktion mit einer Spielgruppe.
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Offline Nocturama

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #29 am: 11.12.2012 | 13:43 »
Ja, und wenn das System sagt: "Verführe hundert NSCs, während du unsexy Kleidung trägst.", und dann nichtmal einen notgeilen Bock rumkriegst, dann ist das auch Etikettenschwindel.

Und wenn das System sagt: "Lebe 100 Jahre in Keuschheit in einer Hippie-Kommune." und dich dann vom erstbesten NSC zum Sex abschleppen lässt, dann ist das auch Etikettenschwindel.

Aber darum geht es ja nicht. Es geht um ein klassisches Standard-RPG, wo du eine coole Sau spielst, aber OHNE Handicap. (Keine Hand auf den Rücken gefesselt, keine unsexy Kleidung, keine Hippie-Kommune etc.)

Ja gut, dann halt: "Du spielst in diesem Spiel einen kompetenten Kämpfer". In Realität hat der aber nur eine 10% Trefferwahrscheinlichkeit. Fände ich auch Etikettenschwindel.

Es ging im Thread-OP außerdem um die Frage, ob man regelseitig abgesicherte Entmachtungen, vor allem bezogen auf die Sexualität, in jedem Rollenspiel braucht. Und da war mein Argument, dass die meisten Rollenspieler nicht spielen, damit ihr Charakter entmachtet wird, und dass die meisten Rollenspiele mir auch nicht suggerieren, dass mein Charakter entmachtet wird. Wenn das dann doch passiert, ist das schon irgendwie Schwindel.

Ich glaube dir ja. Mich würde aber interessieren, warum das so ist.

Also, wenn du nicht der Meinung bist, dass für viele Spieler Sex intim ist und deshalb nicht an den Spieltisch gehört, sowie für viele, vor allem weibliche, Spieler sexuelle Gewalt (worunter ich auch sowas wie Arschgrapschen zähle) eine präsentere Gefahr ist als ein Kampf auf Leben und Tod, dann weiß ich auch nicht, was ich noch sagen soll.
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Eulenspiegel

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #30 am: 11.12.2012 | 14:13 »
Ja gut, dann halt: "Du spielst in diesem Spiel einen kompetenten Kämpfer". In Realität hat der aber nur eine 10% Trefferwahrscheinlichkeit. Fände ich auch Etikettenschwindel.
Wie gesagt: Schau dir D&D auf Stufe 1 an. Oder schau dir irgendein beliebiges Standard- RPG auf Stufe 1 an: Da ist der SC in den seltensten Fällen kompetent. Das kommt erst mit der Zeit, obwohl das System einem Kompetenz verspricht.

Und zur 10%-Trefferwahrscheinlichkeit: Die Person wurde ja nicht von einem hässlichen NSC sondern von einem gutaussehenden NSC verführt. Das entspricht doch wenigstens dem Kampf gegen einen Oger.

Zitat
Es ging im Thread-OP außerdem um die Frage, ob man regelseitig abgesicherte Entmachtungen, vor allem bezogen auf die Sexualität, in jedem Rollenspiel braucht. Und da war mein Argument, dass die meisten Rollenspieler nicht spielen, damit ihr Charakter entmachtet wird, und dass die meisten Rollenspiele mir auch nicht suggerieren, dass mein Charakter entmachtet wird. Wenn das dann doch passiert, ist das schon irgendwie Schwindel.
Man spielt nicht, um entmachtet zu werden. Aber der Sieg schmeckt um so süßer, wenn man der Entmachtung entkommen konnte.

Klar spiele ich, um im Kampf zu gewinnen. Aber wenn ich weiß, dass ich nicht verlieren KANN, dann hat der Sieg kaum Bedeutung. Wenn ich jedoch weiß, dass ich der Niederlage, der Verstümmelung oder dem Charaktertod nur um Haaresbreite entronnen bin, dann schmeckt der Sieg viel süßer.
Der Sieg und die Macht, die man erringt, fühlt sich um so realer an, je härter ich sie mir erkämpft habe und je stärker sie auf den Spiel stand.

Sicherlich kann man auch RPGs spielen, in denen der SC nicht sterben kann. Aber bei vielen nimmt es den Reiz: Kein Spieler will, dass der SC stirbt. Aber die Spieler wollen die GEFAHR, dass der SC sterben KANN.

Zitat
Also, wenn du nicht der Meinung bist, dass für viele Spieler Sex intim ist und deshalb nicht an den Spieltisch gehört, sowie für viele, vor allem weibliche, Spieler sexuelle Gewalt (worunter ich auch sowas wie Arschgrapschen zähle) eine präsentere Gefahr ist als ein Kampf auf Leben und Tod, dann weiß ich auch nicht, was ich noch sagen soll.
1) Intimität: Klar, wenn jemand eine Sache intim findet und sie deswegen nicht am Spieltisch haben will, ist das nachvollziehbar.
Hier ist allerdings die Frage, ob es nur um die konkrete Beschreibung geht oder um die Sache an sich.

abstrakte Beschreibung: Du bist tot. / Du hattest Sex.
konkrete Beschreibung: Hier wird im Detail beschrieben, wie dir der Gegner den Bauch aufschlitzt, der Schmerz, der dir durch die offene Bauchdecke hindurchfährt, wie du dein Schwert fallen lässt und mit beiden Händen deine Gedärme hältst, die dir langsam aus dem Bauch quellen. Du versuchst, sie wieder hineinzustopfen, [...]
Hier wird im Detail beschrieben, wie der Sex war. Die Stellungen, die Gefühle etc.

Da ist es durchaus möglich, dass sich jemand nicht an der konkreten Situation sondern nur an der Detailtiefe, mit der die Situation beschrieben wurde, stört.

Des weiteren: Klar, wenn jemand Sex zu intim findet und diese nicht im Spiel behandeln will, dann ist es verständlich. Wenn jetzt jemand aber einen supersexy SC spielt, der NSCs verführen will, dann signalisiert das nicht unbedingt, dass man die Sache als zu intim fürs RPG empfindet.
Das ist so, als ob jemand einen Kämpfer generiert und dann keinen Kampf behandeln will. Oder ob jemand einen Priester generiert und dann nicht über Religion sprechen möchte. Oder jemand, der einen Wildnisläufer erstellt und dann nicht die freie Natur thematisieren möchte.

Durch die Charakterauswahl signalisiert man imho schon recht deutlich, welche Themen man im RPG thematisiert haben möchte. Und ein supersexy, flirtender Char der Fruchtbarkeitsgöttin gibt da imho schon recht eindeutige Signale.

2) weibliche Spieler: Ah, eine Einschränkung. Vorhin hattest du noch von Spielern allgemein gesprochen. Jetzt schränkst du das ganze auf weibliche Spieler ein. Das könnte evtl. tatsächlich eine Ursache sein, dass Frauen andere Erfahrungen als Männer gemacht haben und daher unterschiedliche Sachen unterschiedlich assoziieren.

Man müsste hier also unterscheiden, ob man in einer reinen Männerrunde, einer reinen Frauenrunde oder einer gemischten Runde spielt. Je nachdem, in welcher der drei Runden man spielt, kommt man dann zu unterschiedlichen Ergebnissen.

3) präsentere Gefahr: OK, welche Gefahr nun präsenter ist, hängt definitiv vom Geschlecht ab und in welcher Gegend man sich rumtreibt. Gerade in Großstädten gibt es aber auch einige Viertel, wo man nachts nicht alleine unterwegs sein möchte. - Unabhängig vom Geschlecht.

Und wenn ich mir die Kriminalstatistik für Deutschland anschaue (Zusammenfassung), dann scheinen nur 0,8% Sexualdelikte zu sein, während Körperverletzungen immerhin 9% ausmachen. Selbst, wenn wir von einer Dunkelziffer bei Sexualdelikten ausgeht, scheint es häufiger zu Körperverletzungen zu kommen.
Und das deckt sich auch mit meiner eigenen Ansicht: Zumindest ich als Mann habe größere Angst davor, irgendwo zusammengeschlagen zu werden, in eine Messerstecherei zu geraten oder Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls zu werden als vor sexuellen Übergriffen.

Jetzt müsste man mal herausfinden, um deine These zu verifizieren, ob Leute, die Opfer von Gewalttaten wurden, beim RPG einen anderen Umgang mit Gewalt pflegen und ob dieser Umgang vergleichbar ist mit dem Umgang zu Sex.
« Letzte Änderung: 11.12.2012 | 14:17 von Eulenspiegel »

Offline Adanos

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #31 am: 11.12.2012 | 14:17 »
Allgemein gesprochen:

Selbstbestimmung sollte man zu einem gewissen Maß haben. Das wird durch das Genre und das Charakterkonzept bestimmt. Wer grim and gritty spielt, der wird wohl auch mit sexueller Gewalt konfrontiert werden, weil der Spielstil solche Szenen hergibt. Wer dagegen den Casanova spielt wird aber nicht von einem simplen NSC abgeschleppt werden. Warum? Weil es dem Konzept des Charakters widerspricht. In einem eher heroischen Spielstil passt es wenig, dass der SL die SCs als unfähige kleine Würstchen (egal auf welchem Gebiet) darstellt.

Problematisch wird es immer, wenn der SL in irgendeiner Weise den Spieler entmachtet und seinen SC Extremsituationen aussetzt. In einem gewissen Rahmen kann es ja für das Spiel positiv sein, dass der SC einfach am verzweifeln ist, aber mal ehrlich, was bringt es denn dem Spieler dauernd die Keule "Dein SC wurde vergewaltigt, geschwängert, gefoltert, verstümmelt" Keule ins Gesicht zu klatschen? Der SL zieht hier ja nicht nur eine one man show ab, sondern spielt mit seinen Spielern zusammen.

Offline Lord Verminaard

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #32 am: 11.12.2012 | 14:25 »
@ Nocturama: Schön gesagt und vollste Zustimmung.

@ Praion: Der Vorteil solcher Regeln ist natürlich, dass sie zugleich einen klaren Rahmen abstecken, sodass mit der Erklärung der Regel auch zugleich eine Erwartungshaltung kommuniziert wird (siehe auch Sex Move). Ich persönlich bin mit den Moves in Monsterhearts nicht so warm geworden, aber das hatte andere Gründe.

Mein Punkt im anderen Thread war aber, dass in einem konventionellen Spiel die Erwartungshaltung eine andere ist, und das zu Recht. Das ist auch eine Frage von Player Agency, Monsterhearts und andere AW-Derivate sichern Player Agency auf anderen Ebenen, aber bei konventionellen Spielen ist „ich entscheide, was mein Charakter denkt, fühlt und will“ so ziemlich die Gesamtheit der vorhandenen Player Agency und deshalb ist es auch gerechtfertigt.

Im Übrigen gibt es ja selbst in einem formalisierten Spiel wie Monsterhears noch ein fiktionales Positioning, das dir sagt, ob der Move „Turn Someone On“ in der gegebenen Situation überhaupt verfügbar ist. Siehe die aktuelle Serie von Posts auf anyway.
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Eulenspiegel

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #33 am: 11.12.2012 | 14:34 »
Das ist auch eine Frage von Player Agency, Monsterhearts und andere AW-Derivate sichern Player Agency auf anderen Ebenen, aber bei konventionellen Spielen ist „ich entscheide, was mein Charakter denkt, fühlt und will“ so ziemlich die Gesamtheit der vorhandenen Player Agency und deshalb ist es auch gerechtfertigt.
Das hat jetzt aber nichts mit Sexualität zu tun sondern ist eher eine Frage, inwiefern Beherrschungszauber auf SCs wirken sollten.

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #34 am: 11.12.2012 | 14:41 »
@Nocturama: Schönes Posting. Dem stimme ich voll zu :)
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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #35 am: 11.12.2012 | 15:14 »
Gibt so einige Posts/Zeilen, unter die ich gerne mein +1 setzen würde, neben Nocturama auch Luxferre, Shieldkröte und Boba Fett.

Generell ist meine Meinung etwa so:

1. Sexualität im Rollenspiel:
Nicht so mein Ding, ich spiele in der Beziehung bis zum Level "frei ab 16", und nicht "frei ab 18". Monsterhearts ist logischerweise, so interessant ich das System finde, nicht gerade mein Genre. Ich liebe eigentlich Teenie-High School-Horror(!), aber Monsterhearts ist mir zu explizit.

2. Vorpubertäre Sprüche/Szenen im Rollenspiel:
Damit komme ich auf einer gewissen Ebene klar, solange es nicht andauernd ist, wieder aufhört und ganz klar als Ausnahmescherz gekennzeichnet wird. Dauernd wollte ich mir sowas nicht antun, und eher nicht von fremden Leuten.

3. Abhängigkeit des Charakterverhaltens von Würfeln:
Da bin ich meistens voll dafür. Zu dem Fall, auf den im anderen Thread Bezug genommen wird, bleibt allerdings anzumerken, dass es sich um eine Spielleiter-"Interpretation" der Regeln handelt und nicht auf einem sozialen Konfliktsystem beruht - und sowas kann ins Auge gehen (auch ohne sexuellen Bezug). Ich glaube, wenn man vorher - oder notfalls während der Spielsituation, aber deutlich besser vorher - abklärt, wie explizit man spielen kann (und ich neige da persönlich eher zum "Vorhang fällt"), kann man auch ein soziales Konfliktsystem für das Thema Sexualität im Rollenspiel anwenden, wie es Monsterhearts tut. Man muss nur respektieren, dass dieses Thema nicht unbedingt von jedem gerne zum Spielgegenstand erhoben wird.

4. Charakterdemütigung:
Da hat Nocturama mMn einen wichtigen Punkt getroffen: Die verführerische Frau ist auf ihre Art genauso eine (weibliche) Machtphantasie wie der muskelbepackte Barbar für uns Jungs (oder der coole Gentleman-Frauenheld wie James Bond usw.). Sowas kann man - unter bestimmten Prämissen - mal "dekonstruieren", aber mehr oder weniger willkürlich zerschlagen ist wohl nicht Sinn der Sache. Monsterhearts fordert den SL geradezu auf, FAN der SCs zu sein, und dazu gehört es garantiert nicht, bei der ersten Gelegenheit das Charakterbild bzw. den Charakterwunsch des Spielers zu zerschießen. Hier muss man schauen, inwieweit jedes rollenspielerische Konfliktsystem dazu geeignet ist, Charakteren ihre "Würde" (komisches Wort, triffts aber, glaube ich) zu lassen.

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Offline Boba Fett

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #36 am: 11.12.2012 | 15:21 »
Man spielt nicht, um entmachtet zu werden. Aber der Sieg schmeckt um so süßer, wenn man der Entmachtung entkommen konnte.

Klar spiele ich, um im Kampf zu gewinnen. Aber wenn ich weiß, dass ich nicht verlieren KANN, dann hat der Sieg kaum Bedeutung. Wenn ich jedoch weiß, dass ich der Niederlage, der Verstümmelung oder dem Charaktertod nur um Haaresbreite entronnen bin, dann schmeckt der Sieg viel süßer.
Der Sieg und die Macht, die man erringt, fühlt sich um so realer an, je härter ich sie mir erkämpft habe und je stärker sie auf den Spiel stand.

Das ist aber nicht das gleiche.
Wenn ich spiele, um zu gewinnen, dann spiele ich und bestimme selbst den Einsatz.
Und der kann - meinetwegen - auch der Tod des Spielercharakters sein.

In einer solchen Szene, wie beschrieben, wird aber der Spieler entmachtet und der Spielleiter bestimmt plötzlich den Einsatz.
"Würfel mal!" ... Und das, ohne zu wissen, was dann folgen kann.
In normalen Spielsituation sind Entscheidungen zu treffen und die möglichen Konsequenzen sind abzuwägen -> Aber die Konsequenzen sind einschätzbar.

Entmachtet bedeutet hier, dass der/die Spieler(in) sich plötzlich in einer Szene und Situation wiederfindet, zu der er/sie absolut nicht bereit war, so etwas zum Inhalt vom Rollenspiel zu machen.

Man spielt, um zu gewinnen. Und gewinnen kann man nur, wenn es auch die Option zu Verlieren gibt.
 Aber wenn "verlieren" bedeutet, dass einem im Detail erläutert wird, dass irgendjemand "wirklich oft in dir gekommen ist" und man zur Krönung des Ganzen dann geschwängert (und, wie um einen drauf zu setzen, mit Zwillingen) aus der Spielsituation wieder rausgeht...
dann wird wohl keiner sagen "genau um diesen Nerven-Kitzel zu erleben, spiele ich...

Ich frage mich die ganze Zeit bei der Debatte, wie männliche Rollenspieler wohl reagiert hätten, wenn auf einem Con-Rollenspiel bei einem unbekannten Spielleiter ihr "Social-Charakter" zum Informationen einholen losgezogen und nach missglücktem Wahrnehmungs- und Konstitutionswurf mitgeteilt bekommen hätten, dass sie von einem sympatischen Kerl betäubt und sexuell mißbraucht wurden, ihnen morgens mächtig der Hintern weh tut und der Geschmack aus dem Mund nicht weichen möchte. Ach ja, würfel mal - HIV haste auch...
Aber natürlich kann man SO eine Situation überhaupt nicht vergleichen und ausserdem wir sind ja alle nicht homophob, und deswegen sehen wir das als notwendigen Inhalt im Spiel, denn wer gewinnen will, muss ja auch verlieren können, oder? ;)

« Letzte Änderung: 11.12.2012 | 15:27 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Praion

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #37 am: 11.12.2012 | 15:27 »
Ich habe nichts verstanden.
Mit Ghoul ist ein Ghul gemeint?
Was ist Cold?
Mit anturnen ist 'geil finden' gemeint?
Kommt extrem auf das bespielte Genre an. Im Augenblick spiele ich eher Genre, wo Sex weniger wichtig ist.
Was ist, wenn es bei einem Mitspieler genau andersrum ist: Er hat keine Probleme, seine Kontrolle bei Sex-Sachen zu verlieren, hat aber ein Problem damit, wenn sein SC beherrscht wird.

Ein Ghoul ist ein Ghul ja. War schon mal tod, wurde wiederbelebt und hat jetzt einen extremen Hunger nach Fleisch/Chaos/Angst oder Macht. Wenn er mit jemandem Sex hat kommt der extra Hunger "Sex mit dieser Person haben" dazu.

Cold ist einer der 4 Stats (Hot, Cold, Dark, Volatile) und sagt aus wie kühl, berechnend und unahbar dein Charakter ist

Mit anturnen meine ich das benutzen des "Turn someone on" Moves gemeint.

Ein Ghoul kann statt jemanden mit Hot anzuturnen das auch mit Cold machen. Gleichzeitig hat er einen Move, den er nehmen kann der das hier aussagt:

"Du erinnerst dich daran wie du gestorben bist. Wenn du jemanden davon erzählst gib ihnen den Zustand "Morbid" und würfle um sie anzuturnen". (was mit dem Zustand heißt, dass er noch einen +1 auf seinen Wurf bekommt)

Das heißt du findest evtl. den Ghoul sexuell interessant weil er dir erzählt hat wie er gestorben ist. Egal wie der tod war.
Sehr düster und creepy.


Restliche Antworten kommen später.
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LöwenHerz

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #38 am: 11.12.2012 | 15:27 »
Hier muss man schauen, inwieweit jedes rollenspielerische Konfliktsystem dazu geeignet ist, Charakteren ihre "Würde" (komisches Wort, triffts aber, glaube ich) zu lassen.

Ich finde Charakterwürde ein tolles Wort und sehe auch einen Bezug zu meiner Gruppe. Die Würde des Charakters ist in begrenztem Maße antastbar. Aber halt begrenzt. Wir sind uns darüber einig, in anderen Gruppen wird das sicherlich anders gehandhabt. Das ist auch okay, solange man mir nicht versucht zu erklären, dass meine Sicht der Dinge falsch ist. Denn das tue ich andersherum auch nicht. Bleibt also die Frage, warum ich hier eine sich ellenlang ausbreitende Diskussion lese und keinen Austausch im Sinne von: "bei uns wird es soundso gehandhabet, weil wir..." Wäre wünschenswert gewesen... schade!

Offline pharyon

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #39 am: 11.12.2012 | 15:28 »
Grüße,
Vielleicht als Eingangsfrage,
Was haltet ihr von diesem Move/Dieser Regel und den Implikationen am Spieltisch die daraus entstehen?
Könntet ihr sowas spielen oder wäre das gleich ein Dealbreaker für euch wenn "jeder" euren Charakter so einfach verführen kann?
a) Die entsprechende Regelung ist für das Spiel bestimmt eine gute Möglichkeit, mit entsprechend sensiblen Themen umzugehen.
b) Ich könnte so etwas spielen - denke ich.

Zum Thema Macht und sensible Themen im Rollenspiel:
Das "Gute" an dieser Regelung ist mMn die Klarstellung der regelseitigen Auslegung. Was kann eine Fähigkeit mit dem Namen "Verführen/Betören" erreichen. Gut fände ich bei Rollenspielen, wenn diesem nicht selbstverständlichen Aspekt des Spiels Platz eingeräumt wird. DSA hat z.B. die o.g. Fähigkeit, kennt eine Erotik-Göttin und ihr dämonisches Gegenpart. Je nach Gruppe kann das Thema also aufkommen und da insbesondere bei mainstream-Spielen viele verschiedene Interessen zusammen kommen (können), sollte ein Regel- oder Fluff-Element zu entsprechenden Inhalten auch eine vernünftige default-Linie bereitstellen können.
Es kann unter bestimmten bedingungen viel Spaß machen, Kontrolle über das Spiel/den Charakter zu verlieren - allerdings will das nicht jeder und kann auch nicht jeder. D.h. dieser Bereich unterliegt dem Übereinkommen der Gruppe, sollte / darf also kommuniziert werden. Und Kommunikation über ein Spiel fängt mit dem Buch / Regelwerk an.

@ Nocturama: Ich kann deine Haltung absolut verstehen und nachvollziehen. Damit solche "Entgleisungen" wie im Diary nicht unbedacht stattfinden können, halte ich entsprechend Hinweise, Anleitungen, Impulse seitens des Regelwerkautors für sinnvoll. Auch wenn das bewusster Arschigkeit der Mitmenschen kaum vorbeugt.

@ Eulenspiegel: Was das D&D-Beispiel betrifft - wenn ich mich recht entsinne, ist Gewaltwirkung bei den D&D-Derivaten schnell "heilbar", selbst der Tod nur eine vorübergehende Phase, die den Charakter nicht nachhaltig beeinträchtigt. Wie verhlt sich das bei seelischer Gewalt?

p^^
"Natürlich werden sie ihn foltern - es sind PRAIOS-Geweihte!" (vielen Dank, Kristin ^^)

"Lassen Sie uns die leichten Raumanzüge anziehen - schließlich wollen wir ja nicht ins All." (Danke, Bob Miller und Koloth, Sohn des Rodoth)

LöwenHerz

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #40 am: 11.12.2012 | 15:36 »
Ein anderer Gedanke zu diesem Thema.

Ich spiel doch Rollenspiel, um unter anderem auch eine mächtigere Figur darstellen zu können, als ich es im RL bin. Etwas larger-than-life sozusagen. Mit feiner Abstimmung in die präferierte Spielwelt (highmagic, grimgritty, whatever). Ich spiele gern Leute, die sich über ihre Maße hinaus einem Ziel opfern, für etwas einstehen und bis zum letzten Tropfen dafür kämpfen. Eine solche, ehrenwerte Einstellung wäre im RL wohl eher fatalistisch mit suizidalen Tendenzen ;)
Denn im Rollenspiel habe ich Möglichkeiten, etwas zu bewegen. Mich mit Monstern zu messen und den Oberbösewicht wirklich auszuschalten. Denn es ist dort einfacher und das finde ich toll an dieser Art Spiel. Ich kann mit meinem Charakter Grenzen übertreten, heroische Taten vollbringen über die noch Generationen lang gesungen wird, ich kann Drachen töten oder auch das gute Imperium zu Grunde richten... doch im RL? Bin ich doch objektiv besehen eine Nullnummer. Ich habe 20 Angestellte. Und? Habe ich deswegen Macht? Bin ich einflussreich? Kann ich mein magisches Schwert nehmen und auf Abenteuer (aka Raubzug) ausziehen?

Und diese Macht wird über allen bekannte Regularien beschnitten, indem meine Gegner mich versuchen aufzuhalten. Doch ich weiß, ich habe immer eine Chance. Und wenn nicht heute, dann später (auf Stufe 8 ). Und dann kommt der Moment, wo mich der 140kg Brocken von Halbork gefangen nimmt, vergewaltigt und ausweidet.
Wie scheiße ist das bitte? (man verzeihe mir die direkte Wortwahl, das dient einzig der übertriebenen Kenntlichmachung)

Ich will das nicht. Ich brauche das nicht und es wird bei mir nicht vorkommen.

Eulenspiegel

  • Gast
Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #41 am: 11.12.2012 | 15:49 »
@ Eulenspiegel: Was das D&D-Beispiel betrifft - wenn ich mich recht entsinne, ist Gewaltwirkung bei den D&D-Derivaten schnell "heilbar", selbst der Tod nur eine vorübergehende Phase, die den Charakter nicht nachhaltig beeinträchtigt. Wie verhlt sich das bei seelischer Gewalt?
Kommt darauf an:
HP sind relativ schnell heilbar.
Streng RAW kostet die Wiederbelebung auch permanente Ressourcen. Aber Geld hat man ab einen bestimmten Zeitpunkt genug vorhanden, da macht das nicht viel aus.

Was richtig eklig ist, sind Level Drain (dir wird permanent eine Stufe abgezogen) oder Attribut drain (dir wird permanent ein Attribut abgezogen).

Seelische Gewalt ist in D&D nicht geregelt. Das heißt, es liegt am Spieler, ob er das als permanenten Modifikator einfließen lassen will oder ob sich der SC davon schnell erholt. (Möglichkeiten, das ganze regeltechnisch zu handhaben, wäre z.B. der Attribut drain: Entweder Charisma drain oder Wisdom drain. - Wobei Wisdom ja nicht nur für Weisheit sondern auch für Willenskraft steht.)

Andere RPGs haben Regeltechnik für seelischen Schaden:
  • Bei Cthulhu verliert man geistige Stabilität, die wie eine Art HP dienen. Verliert man zu viele geistige Stabilität in kurzer Zeit, bekommt man zusätzlich einen Geisteskrankheit verpasst.
  • Bei WoD gibt es ebenfalls einen Wert für den geistigen Zustand, dieser wirkt sich aber nur auf den Täter aus und nicht auf das Opfer. Das heißt, bei einer Vergewaltigung würde z.B. der Täter einen Teil seiner geistigen Gesundheit verlieren, das Opfer bliebe regeltechnisch jedoch geistig unverletzt. (Also das genaue Gegenteil von Cthulhu.)
  • Bei Unknown Armies ist ein Wurf fällig, um zu sehen, wie gut du es verkraftest. Schaffst du den Wurf, härtest du ab und bekommst eine "Härte-Kerbe". Das heißt, in Zukunft berühren dich solche Sachen weniger. Misslingt dir der Wurf, bekommst du eine mentale Kerbe. Das heißt, du hast die Sache nicht verkraftet und reagierst in Zukunft besonders empfindsam auf ähnliche Vorkommnisse. Mentale Kerben können geheilt werden, aber Härte-Kerben sind imho permanent. (Aber ist schon etwas länger her, dass ich es das letzte Mal gespielt habe.)

Offline tartex

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #42 am: 11.12.2012 | 16:15 »
Das hat jetzt aber nichts mit Sexualität zu tun sondern ist eher eine Frage, inwiefern Beherrschungszauber auf SCs wirken sollten.

Wir hatten das in unserer Runde so: Spieler dürfen sich nicht gegenseitig über Würfelwürfe beherrschen, egal ob durch Magie, Charisma oder andere Mittel.

NSCs/der Spielleiter dürfen aber würfeln und so SCs übernehmen.
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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #43 am: 11.12.2012 | 16:28 »
OT:

Ein Ghoul kann statt jemanden mit Hot anzuturnen das auch mit Cold machen. Gleichzeitig hat er einen Move, den er nehmen kann der das hier aussagt:

"Du erinnerst dich daran wie du gestorben bist. Wenn du jemanden davon erzählst gib ihnen den Zustand "Morbid" und würfle um sie anzuturnen". (was mit dem Zustand heißt, dass er noch einen +1 auf seinen Wurf bekommt)

Das heißt du findest evtl. den Ghoul sexuell interessant weil er dir erzählt hat wie er gestorben ist. Egal wie der tod war.
Sehr düster und creepy.

Weißt, das kilngt für mich wie eine Verarsche der US-Gothic/Gruftie-Szene. "Oooh, Baby, ich bin so grymdarque, der Tod hat keinen Schrecken mehr für mich ... außerdem bin ich Chaosmagier. Willste mal meine Grymoire-Sammlung sehen?"

Eulenspiegel

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #44 am: 11.12.2012 | 16:39 »
@tartex
Ist bei euch den PvP zugelassen? Oder agieren die SCs immer gemeinsam gegen den Feind?

Wenn ich spiele, um zu gewinnen, dann spiele ich und bestimme selbst den Einsatz.
Und der kann - meinetwegen - auch der Tod des Spielercharakters sein.
In den wenigsten Systemen. Meistens bestimmt der SL, ob du beim Verlust gefangen genommen, ausgeraubt oder getötet wirst.

Und wenn du in einen Hinterhalt gerätst, kannst du noch nicht mal bestimmen, ob du die Herausforderung annimmst. Sie wird dir vom SL aufgezwungen.

Zitat
In normalen Spielsituation sind Entscheidungen zu treffen und die möglichen Konsequenzen sind abzuwägen -> Aber die Konsequenzen sind einschätzbar.
Wenn ich mich mit einer gutaussehenden Person des anderen Geschlechts in einer Bar treffe, mit der Person flirte und wir Wein trinken sind die Konsequenzen auch abschätzbar.

Mindestens so gut abschätzbar wie die Konsequenzen des Kampfes auf der Lichtung.

Zitat
Entmachtet bedeutet hier, dass der/die Spieler(in) sich plötzlich in einer Szene und Situation wiederfindet, zu der er/sie absolut nicht bereit war, so etwas zum Inhalt vom Rollenspiel zu machen.
Die Frage ist halt: Zu welchen Szenen ist der Spieler bereit und zu welchen Szenen ist der Spieler nicht bereit?
Und aus Interesse würde mich halt auch interessieren, woher die No-Gos bei manchen Spielern kommen.

Zitat
Aber wenn "verlieren" bedeutet, dass einem im Detail erläutert wird, dass irgendjemand "wirklich oft in dir gekommen ist" und man zur Krönung des Ganzen dann geschwängert (und, wie um einen drauf zu setzen, mit Zwillingen) aus der Spielsituation wieder rausgeht...
dann wird wohl keiner sagen "genau um diesen Nerven-Kitzel zu erleben, spiele ich...
Dazu hatte ich ja den Abschnitt über den Detailgrad geschrieben, wo ich mich über den Unterschied zwischen abstrakter Beschreibung und konkreter Beschreibung ausgelassen habe.

Und ja, dass man Siege lieber konkret beschreibt, während Niederlagen lieber abstrakt beschrieben werden sollten, ist mir auch schon aufgefallen. Allerdings kann ich diesbezüglich keine Sonderstellung von Sexualität festmachen.

Zitat
Ich frage mich die ganze Zeit bei der Debatte, wie männliche Rollenspieler wohl reagiert hätten, wenn auf einem Con-Rollenspiel bei einem unbekannten Spielleiter ihr "Social-Charakter" zum Informationen einholen losgezogen und nach missglücktem Wahrnehmungs- und Konstitutionswurf mitgeteilt bekommen hätten, dass sie von einem sympatischen Kerl betäubt und sexuell mißbraucht wurden, ihnen morgens mächtig der Hintern weh tut und der Geschmack aus dem Mund nicht weichen möchte. Ach ja, würfel mal - HIV haste auch...
Das kommt ganz auf die Situation an:
1) Spielt man eher heroisch oder eher dark&gritty?

2) Wie du schon sagtest, kommt es auch auf die Einschätzung der Konsequenzen an: Wenn ich mich mit einem gutaussehenden Kerl treffe und mit ihm flirte, erwarte ich bei Fehlschlag andere negative Konsequenzen als wenn ich losziehe, um mir Informationen z.B. vom Wirt zu holen oder während eines Pokerspiels.

3) Jeder Spieler reagiert unterschiedlich: Manche Charaktere jammern rum, wenn sie einen Level Drain bei D&D abbekommen. Andere Spieler jammern rum, weil sie bei Warhammer 40k einen Arm verloren haben. Andere Spieler jammern rum, weil sie bei einer Leiche in Cthulhu auf geistige Stabi würfeln müssen. Andere Spieler jammern rum, weil ihr SC in einem Kampf gestorben ist.

Es gibt so viele unterschiedliche Spieler, die alle die unterschiedlichsten No-Gos haben, dass sich das nicht auf "den männlichen Rollenspieler" verallgemeinern lässt.

Zitat
Aber natürlich kann man SO eine Situation überhaupt nicht vergleichen und ausserdem wir sind ja alle nicht homophob, und deswegen sehen wir das als notwendigen Inhalt im Spiel, denn wer gewinnen will, muss ja auch verlieren können, oder? ;)
Vergleichbar ist prinzipiell alles. Aber man sollte halt nicht nur die Gemeinsamkeiten sondern auch die Unterschiede im Auge behalten. Und die Unterschiede sind:
1) Abschätzbarkeit der Konsequenzen
2) gewünschte Thematisierung: Beschreibe ich meinen SC als schmächtigen, gutaussehenden Sunny Boy, der ein Hemd der Village People trägt, dann signalisiere ich damit etwas vollkommen anderes, als wenn ich meinen Social Char als James-Bond-ähnlich beschreibe. Und die wiederum signalisieren etwas vollkommen anderes, als wenn ich meinen SC als "in einem dunklen Mantel gehüllten Chamäleon" beschreibe.
3) Abtreibung ist leichter durchführbar als AIDS-Heilung.

Die Gemeinsamkeiten wären:
1) In beiden Fällen hat der SC seine Probe vergeigt.
2) In beiden Fällen ist Sexualität im Spiel.
3) In beiden Fällen gibt es eine andauernde Fluff-Beeinträchtigung, die nicht unbedingt eine regeltechnische Auswirkung haben muss. (Schwangerschaft bzw. Aids.)

Offline Horatio

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #45 am: 11.12.2012 | 16:56 »
Hm.. ich weiß nicht ob mich der Thread in Teilen ärgert oder mir Sorgen macht.. irgendwas dazwischen (sind aber auch ein paar richtig gute Posts dabei).

Halten wir mal zwei Dinge fest die größtenteils Konsens in diesem Thread zu sein scheinen und die ich auch für richtig halte:

1. Es ist allgemein schlechter Stil und führt zu Missmut wenn plötzlich ohne Vorwarnung Dinge im Spiel auftauchen mit denen man nicht gerechnet hat bzw. eine Probe ein Ergebnis hat das für einen vollkommen unerwartet war und worauf man einfach keinen Bock hat.

2. Wenn ein Spieler / der SL etwas unerwartetes, übertriebenes / bizarres / lächerliches / aus dem Rahmen fallendes tut und zelebriert (Gonzo Play nennen die das im Fiasco Companion) dann ist das für den Rest fast immer ein unangenehmes Spielerlebnis.


Was mich stört / mir etwas Sorge macht, ist dass diese Problemstellung die ersten Gedanken sind die hier aufkommen, wenn man zum Thema Sex und Rollenspiele kommt! Der zweite ist direkt sexuelle Übergriffe und Vergewaltigung! Und hier wird Flirten / Verführen und als Folge davon Sex damit geradezu gleichgestellt!

Ich meine der durchschnittliche Rollenspieler hat mit Mord, Erpressung, Gedankenkontrolle, Folter und ähnlichen geringe Probleme.. aber mit Sex hat er es plötzlich?? Sex ist nicht gleich Vergewaltigung und ob man es glaubt oder nicht, wenn im realen leben zwei angetrunkene Personen die sich kaum kennen und den Abend mit Flirten verbringen im selben Bett aufwachen ist das auch von keiner Seite eine Vergewaltigung selbst wenn es eine oder beide Seiten bereuen..

Die beiden aufgeführten Probleme können im Rollenspiel mit allen Themen und in vielen Situationen auftreten. Warum ist das für so viele Leute der erste Gedanke wenn es um Sex geht?

Darf ich mal ein paar Beispiele machen wo Sex als zentrales Thema in meinem Rollenspiel vorkam (und zwar ohne dass da eine Vergewaltigung im Spiel war) und es unglaublich bereichert hat?

Fiasco (ja ein Drama-Indie; sue me):

In einer erfolgreich gewordenen Rockband gab es einen Zwist zwischen den beiden Bandgründern und ehemaligen besten Freunden weil der eine mit der Frau des anderen geschlafen hatte und diese daraufhi schwanger wurde, während der neue, für die Quote hinzugecastete Drummer-Schönling eine Affäre mit einem Roadie hatte die sich an der Band rächen wollte die ihn für ihre Zwecke manipulierte.

In einem High School Setting hat der allseits beliebte Checker der Schule die hübsche aber naive Tochter einer sehr traditionellen und religiösen Familie die in ihn verknallt war abgefüllt und verführt und ein falscher Schwangerschaftstest (= Ovulationstest anstatt Schangerschaftstest erwischt) führte zu entsprechenden Verwicklungen und einer missglückten Racheaktion die mit einem Toten endete.

In einem anderen Fiasco spielte ich einen homosexuellen Lehrer der mit seiner eigenen Sexualität nicht klar kam und von einem Schüler der ihn verführt wurde erpresst während er von der protestantischen Priesterin Vergebung für das alles wollte.


Ich kann auch andere Beispiele in traditionelleren Systemen nenne, in denen Sex weniger Zentral war; im klassischen Rollenspiel ist der Fokus, wie schon angeführt wurde, in der Regel ein anderer (ohne dass Sex meist in den hm.. literarischen Vorlagen oder selbst den Hintergrundtexten an sich drin ist; ein "das gibt es nicht" ist damit meist tatsächlich eine Gruppenentscheidung). Worum es mir hier ging, war zu zeigen, dass Sex Thema – sogar das Zentrale - von Rollenspiel sein kann ohne dass man notwendigerweise mit den aufgeführten Problemen zu kämpfen hat.

Wenn es zu Problemen am Spieltisch kommt, dann nicht wegen dem „an sich heiklen Thema Sex“ sondern meiner Erfahrung nach damit, dass es für viele Spieler ein allgemein unangenehmes Thema ist, dass aus der eigenen Comfort-Zone heraus geht und mit dem man nicht so ganz etwas anzufangen weiß. Oder anders gesagt: wenn ich mit den Leuten mit denen ich spiele nicht allgemein über das Thema reden kann, wie soll ich es dann erst im Spiel einbringen können?
« Letzte Änderung: 11.12.2012 | 17:01 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message,
that would be revealed after the fact, not before.
- Eero Tuovinen: A Loveletter to a Story Gamer

Noir

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #46 am: 11.12.2012 | 17:03 »
Ganz einfache Geschichte bei mir: Wenn die Spieler NPCs "verführen" wollen, indem sie auf ihren "verführen"-Wert würfeln, dann müssen sie damit leben, dass das NPCs genauso tun können. Ich verstehe nicht, wieso ein SC da mehr geschützt sein sollte?

Vorausgesetzt natürlich, dass alle Werte bei den NPCs fair sind und die Würfel nicht "gehandwedelt" werden...

Samael

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #47 am: 11.12.2012 | 17:11 »
Ich verstehe nicht, wieso ein SC da mehr geschützt sein sollte?

Einflusswürfe allgemein sind ein nützliches Mittel um die Auswirkung der SC auf ihre Umgebung neutral zu modellieren (Alternative wäre reine SL - Entscheidung aus Plausibilitätsüberlegungen - wie es in vielen RPGs im Prinzip läuft, i. d. R. weil die Interaktionsregeln dürftig oder nicht vorhanden sind).

Die allermeisten Spieler wollen aber ihren Charakter nach ihren Vorstellungen rollenspielen, und sich nicht durch Würfel voschreiben lassen was sie im Detail zu tun oder zu lassen haben. Deshalb sind die Interaktionregeln oft eingleisig SC -> NSC, aber nicht NSC -> SC (oder gar SC -> SC). GURPS etwa regelt das explizit so, D&D 3.x auch (Diplomacy wirkt nur auf NSC), andere Spiele sind da nicht so eindeutig, weshalb oft Uneinigkeit herrscht.



 

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #48 am: 11.12.2012 | 17:13 »
Die allermeisten Spieler wollen aber ihren Charakter nach ihren Vorstellungen rollenspielen, und sich nicht durch Würfel voschreiben lassen was sie im Detail zu tun oder zu lassen haben. Deshalb sind die Interaktionregeln oft eingleisig SC -> NSC, aber nicht NSC -> SC (oder gar SC -> SC). GURPS etwa regelt das explizit so, D&D 3.x auch (Diplomacy wirkt nur auf NSC), andere Spiele sind da nicht so eindeutig, weshalb oft Uneinigkeit herrscht.

Wirkt bei D&D 3.X "Charme Person" beispielsweise auch NSC-> SC? Falls ja, ist es dann wieder nicht eindeutig.
I'm not nice. I'm on medication.

Butt-Kicker 75% / Tactician 75% / Method Actor 67% / Specialist 67% / Power Gamer 67% / Storyteller 58% / Casual 0% (Schubladen)

Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

Samael

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #49 am: 11.12.2012 | 17:15 »
Die Diskussion gab es übrigens schon:

http://tanelorn.net/index.php/topic,75969.0.html


@Lorom
Magie ist was anderes (für viele Leute zumindest). Da handelt der Charakter ja ggf. unter Zwang, somit können auch keine Charakterkonzepte zerschossen werden.....

EDIt: Ich persönlich finde allerdings Systeme ziemlich ätzend, in denen ich ständig Gefahr laufe, dass mein Charakter per Magie zu bestimmten Handlungen gezwungen wird. Was macht am Rollenspiel denn Spass? Entscheidungen treffen! Nichts ist blöder als wenn man ständig die Kontrolle über seinen Charakter weggenommen bekommt.
« Letzte Änderung: 11.12.2012 | 17:20 von Samael »