Ja gut, dann halt: "Du spielst in diesem Spiel einen kompetenten Kämpfer". In Realität hat der aber nur eine 10% Trefferwahrscheinlichkeit. Fände ich auch Etikettenschwindel.
Wie gesagt: Schau dir D&D auf Stufe 1 an. Oder schau dir irgendein beliebiges Standard- RPG auf Stufe 1 an: Da ist der SC in den seltensten Fällen kompetent. Das kommt erst mit der Zeit, obwohl das System einem Kompetenz verspricht.
Und zur 10%-Trefferwahrscheinlichkeit: Die Person wurde ja nicht von einem hässlichen NSC sondern von einem gutaussehenden NSC verführt. Das entspricht doch wenigstens dem Kampf gegen einen Oger.
Es ging im Thread-OP außerdem um die Frage, ob man regelseitig abgesicherte Entmachtungen, vor allem bezogen auf die Sexualität, in jedem Rollenspiel braucht. Und da war mein Argument, dass die meisten Rollenspieler nicht spielen, damit ihr Charakter entmachtet wird, und dass die meisten Rollenspiele mir auch nicht suggerieren, dass mein Charakter entmachtet wird. Wenn das dann doch passiert, ist das schon irgendwie Schwindel.
Man spielt nicht, um entmachtet zu werden. Aber der Sieg schmeckt um so süßer, wenn man der Entmachtung entkommen konnte.
Klar spiele ich, um im Kampf zu gewinnen. Aber wenn ich weiß, dass ich nicht verlieren KANN, dann hat der Sieg kaum Bedeutung. Wenn ich jedoch weiß, dass ich der Niederlage, der Verstümmelung oder dem Charaktertod nur um Haaresbreite entronnen bin, dann schmeckt der Sieg viel süßer.
Der Sieg und die Macht, die man erringt, fühlt sich um so realer an, je härter ich sie mir erkämpft habe und je stärker sie auf den Spiel stand.
Sicherlich kann man auch RPGs spielen, in denen der SC nicht sterben kann. Aber bei vielen nimmt es den Reiz: Kein Spieler will, dass der SC stirbt. Aber die Spieler wollen die GEFAHR, dass der SC sterben KANN.
Also, wenn du nicht der Meinung bist, dass für viele Spieler Sex intim ist und deshalb nicht an den Spieltisch gehört, sowie für viele, vor allem weibliche, Spieler sexuelle Gewalt (worunter ich auch sowas wie Arschgrapschen zähle) eine präsentere Gefahr ist als ein Kampf auf Leben und Tod, dann weiß ich auch nicht, was ich noch sagen soll.
1) Intimität: Klar, wenn jemand eine Sache intim findet und sie deswegen nicht am Spieltisch haben will, ist das nachvollziehbar.
Hier ist allerdings die Frage, ob es nur um die konkrete Beschreibung geht oder um die Sache an sich.
abstrakte Beschreibung: Du bist tot. / Du hattest Sex.
konkrete Beschreibung: Hier wird im Detail beschrieben, wie dir der Gegner den Bauch aufschlitzt, der Schmerz, der dir durch die offene Bauchdecke hindurchfährt, wie du dein Schwert fallen lässt und mit beiden Händen deine Gedärme hältst, die dir langsam aus dem Bauch quellen. Du versuchst, sie wieder hineinzustopfen, [...]
Hier wird im Detail beschrieben, wie der Sex war. Die Stellungen, die Gefühle etc.
Da ist es durchaus möglich, dass sich jemand nicht an der konkreten Situation sondern nur an der Detailtiefe, mit der die Situation beschrieben wurde, stört.
Des weiteren: Klar, wenn jemand Sex zu intim findet und diese nicht im Spiel behandeln will, dann ist es verständlich. Wenn jetzt jemand aber einen supersexy SC spielt, der NSCs verführen will, dann signalisiert das nicht unbedingt, dass man die Sache als zu intim fürs RPG empfindet.
Das ist so, als ob jemand einen Kämpfer generiert und dann keinen Kampf behandeln will. Oder ob jemand einen Priester generiert und dann nicht über Religion sprechen möchte. Oder jemand, der einen Wildnisläufer erstellt und dann nicht die freie Natur thematisieren möchte.
Durch die Charakterauswahl signalisiert man imho schon recht deutlich, welche Themen man im RPG thematisiert haben möchte. Und ein supersexy, flirtender Char der Fruchtbarkeitsgöttin gibt da imho schon recht eindeutige Signale.
2) weibliche Spieler: Ah, eine Einschränkung. Vorhin hattest du noch von Spielern allgemein gesprochen. Jetzt schränkst du das ganze auf weibliche Spieler ein. Das könnte evtl. tatsächlich eine Ursache sein, dass Frauen andere Erfahrungen als Männer gemacht haben und daher unterschiedliche Sachen unterschiedlich assoziieren.
Man müsste hier also unterscheiden, ob man in einer reinen Männerrunde, einer reinen Frauenrunde oder einer gemischten Runde spielt. Je nachdem, in welcher der drei Runden man spielt, kommt man dann zu unterschiedlichen Ergebnissen.
3) präsentere Gefahr: OK, welche Gefahr nun präsenter ist, hängt definitiv vom Geschlecht ab und in welcher Gegend man sich rumtreibt. Gerade in Großstädten gibt es aber auch einige Viertel, wo man nachts nicht alleine unterwegs sein möchte. - Unabhängig vom Geschlecht.
Und wenn ich mir die
Kriminalstatistik für Deutschland anschaue (
Zusammenfassung), dann scheinen nur 0,8% Sexualdelikte zu sein, während Körperverletzungen immerhin 9% ausmachen. Selbst, wenn wir von einer Dunkelziffer bei Sexualdelikten ausgeht, scheint es häufiger zu Körperverletzungen zu kommen.
Und das deckt sich auch mit meiner eigenen Ansicht: Zumindest ich als Mann habe größere Angst davor, irgendwo zusammengeschlagen zu werden, in eine Messerstecherei zu geraten oder Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls zu werden als vor sexuellen Übergriffen.
Jetzt müsste man mal herausfinden, um deine These zu verifizieren, ob Leute, die Opfer von Gewalttaten wurden, beim RPG einen anderen Umgang mit Gewalt pflegen und ob dieser Umgang vergleichbar ist mit dem Umgang zu Sex.