Wie in
diesem Thread schon erwähnt wurde, wäre eine Diskussion über die genaue Definition und die Notwendigkeit von "Balance" durchaus interessant. In diesem Thread will ich versuchen, "Balance" etwas genauer zu definieren, wobei ich den Begriff in mehrere Teilbereiche zerhäckseln will, bei denen dann jeweils beurteilt werden soll, ob sie Sinn machen und wenn ja unter welchen Umständen.
Ich würde 4 Arten von Balance unterscheiden:
-> Balance von Herausforderungen
-> Balance von Charaktereffektivität
-> Balance von Strategien
-> Balance von Screentime
1.: Balance von Herausforderungen
Das ist ein ziemlich einfaches Konzept: Wenn die Charaktere (und Spieler) sich einer Herausforderung stellen, dann ist diese Herausforderung "balanciert", wenn die Schwierigkeit der Herausforderung den Fähigkeiten der Charaktere (und Spieler) entspricht. Eine zu leichte oder zu schwere Herausforderung kann Langeweile oder Frust auslösen, und ist daher "unbalanciert". Die Schwierigkeit von Herausforderungen wird dabei meistens vom SL festgelegt, aber auch das System kann sowas machen (bekanntestes Beispiel sind die Challenge ratings in D&D).
2.: Balance von Charaktereffektivität
Diese Art von Balance ist die, die der Threadersteller im Ursprungsthread vermutlich gemeint hat. Charaktere (oder zumindest Startcharaktere) sollen alle etwa die selbe spielmechanische Effektivität haben. Wenn ein Spieler das Gefühl hat, dass der Charakter eines anderen Spielers wesentlich mehr bewirken kann als der eigene Charakter, einfach nur deswegen weil der andere Spieler das Generierungssystem besser ausgereizt hat oder bei der Charaktererschaffung besser gewürfelt hat, dann führt das zu Unzufriedenheit. Für diese Art von Unbalanciertheit ist fast ausschließlich das System verantwortlich, beispielsweise durch zufallsbasierte Charaktereffektivität oder Währungslücken in einem Punktekaufsystem. Anmerkung: "Charaktereffektivität" heißt hier, dass du als Spieler Einfluss auf die Spielwelt nehmen kannst, indem du deinen Charakter seine Fähigkeiten benutzen lässt. Eine Fähigkeit, die für eine bestimmte Kampagne absolut irrelevant ist, zählt auch nicht zur Charaktereffektivität.
3.: Balance von Strategien
Wenn du im Nahkampf den Kopf des Gegners attackierst, hast du einen vernachlässigbaren Abzug und es macht dafür viel mehr Aua. Wenn du den Gegner im Fernkampf attackierst, machst du wesentlich mehr Schaden und hast weniger Risiko, selbst Schaden zu erleiden. Wenn du mit der Axt kämpfst, machst du deutlich mehr Schaden als mit dem Schwert, ohne wirkliche Nachteile. Bei diesen ganzen Beispielen ist eine bestimmte Strategie deutlich effektiver als eine andere: Kopftreffer sind besser als andere Treffer, Fernkampf ist besser als Nahkampf, Axt ist besser als Schwert. Solange die Entscheidung für diese Strategien nicht an den Charakter selbst gekoppelt ist (beispielsweise durch eigene Schwert- und Axt-Skills), ist dieses Problem in meinen Augen nicht so groß: Die Spieler haben einfach effektiv weniger Möglichkeiten, wie sie agieren können, und wenn sie die Überlegenheit einer bestimmten Strategie erkennen, können sie sich problemlos darauf umstellen. Ein bestimmtes Minimum an sinnvollen Möglichkeiten sollte allerdings natürlich gegeben sein, und allzu offensichtliche "sinnlose Strategien" sind meiner Ansicht nach Platzverschwendung im Regelwerk und Zeitverschwendung für die Spieler.
4.: Balance von Screentime
Hier geht es weniger um die spielmechanische Komponente eines Charakters, sondern darum, wie sehr der Charakter im tatsächlichen Spiel im Vordergrund steht. Diese beiden Aspekte sind natürlich nicht unabhängig voneinander, allerdings kann es durchaus Charaktere geben, die spieltechnisch wenig drauf haben, aber dennoch ständig im Rampenlicht stehen, beziehungsweise sehr mächtige Charaktere, die eher im Hintergrund sind. Hier tritt ein Problem dann auf, wenn ein Spieler im Spotlight stehen will, aber trotzdem nicht die Möglichkeit bekommt, weil er von anderen Spielern ständig überschattet wird. Frustrierend. Hier ist vor allem der SL gefragt, eine Screentime-Balance zwischen den einzelnen Spielern herzustellen.
Ok, das sind mal die 4 Arten von Balance, die mir eingefallen sind. Fallen jemandem von euch noch weitere ein? Welche dieser Balance-Arten ist für euch wichtig? In welchen Situationen?