Autor Thema: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen  (Gelesen 6262 mal)

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Offline Jürgen Hubert

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Das andere Thema ist inzwischen vollkommen abgeschweift, also will ich ein neues Thema mit einem spezifischeren Fokus starten. Am interessantesten dort fand ich die Aussagen:

Settembrini brach es in einem lichten Moment mal auf Romantik runter und da hat er nicht Unrecht: Der archetypische deutsche Rollenspieler ist ein Romantiker.

Typisch deutsch finde ich den Bezug zu derjenigen "Hotzenplotzigkeit", welche gerade DSA und die großartigen, deutschen Cthulhu-Publikationen auszeichnet. Da wird sehr stark Bezug genommen auf klassisch deutsche Mystik. Gefällt mir.

[...]

...das deutsche Rollenspiel verdankt nun mal Leuten wie den Brüdern Grimm oder Brentano seine eigenen, thematischen Wurzeln. Das wurde von DSA dankenswerter Weise aufgriffen und fortgeführt. Ich finde das wunderbar und habe keine Probleme damit. Vielmehr empfinde ich es aus verschiedenen Gründen als kurzsichtig, sich davor wahnsinnig zu verschließen.

Das macht mich neugierig. Wie äußert sich diese Romantik in deutschen Rollenspielhintergründen und -kampagnen? Und gibt es auch noch andere "Primärquellen" für diese "deutsche Rollenspielromantik" außer den erwähnten Gebrüdern Grimm und Brentano?
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Offline LarsB

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #1 am: 3.06.2013 | 14:02 »
Die Oper "Der Freischütz" ist definitiv eine "Primärquelle" für einen relativ wichtigen Antagonisten und insbesondere für ein Abenteuer in Midgard.

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #2 am: 3.06.2013 | 14:11 »
Stilistisch erinnere ich mich an eine Betrachtung / Schilderung einer nächtlichen Burgruine in Eichendorffs Taugenichts; der halbe DSA-Kanon, den ich kenne, versucht in seinen Stimmi-Texten das zu kopieren. Außerdem ist natürlich eine Tendenz zur "guten alten Zeit", d.h. zu den kleinen Weilern und Dörfern hinterm dunklen Tann, eine rückwärts gewandte Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren, weil überschaubareren Welt, die sich von Eichendorff bis May zieht durchaus etwas, was mir häufig begegnet, auch in der "dunklen" Tradition von Novalis und natürlich Hoffmann und die pathetisch überhöhte, archaische Form Wagners fehlt natürlich auch nicht. Das ist so der Dreiklang. Die Einflüsse sind eher subtil, wenn es auch Beispiele geben mag wie den genannten "Freischütz".
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Zitat von: korknadel
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Offline korknadel

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #3 am: 3.06.2013 | 14:17 »
Und gibt es auch noch andere "Primärquellen" für diese "deutsche Rollenspielromantik" außer den erwähnten Gebrüdern Grimm und Brentano?

Mich würde überhaupt erst mal interessieren, inwiefern Brentano irgendeine "Primärquelle" zu deutscher Rollenspielromantik geschaffen hat. Bei Grimm sehe ich das spätestens seit den Froschkönigfragmenten für CoC ja noch ein, aber Brentano? Ich meine, abseits von Volksliedern, wie man sie eben auch in Des Knaben Wunderhorn findet*, fiele mir kein Text Brentanos ein, der sich in irgendeiner mir bekannten deutschen Rollenspielpublikation wiederspiegeln würde.

*In diesem Zusammenhang finde ich übrigens bemerkenswert, dass, obwohl immer gerade bei DSA auf die deutsche Romantik verwiesen wird, die aventurischen "Volkslieder", die man in den Achtzigern und Neunzigern vor allem zu lesen bekam, fast ausschließlich englische, irische und amerikanische Volkslieder waren. Kiesows Doppelroman vom Zerbrochenen Rad ist ein Paradebeispiel dafür, denn darin wurden nicht nur Folksongs einaventurisiert, sondern ein ganzer Handlungsstrang erzählt im Grunde eins zu eins die Geschichte einer Ballade (ich glaube, es war Barbara Ellen, 's ist lange her) nach. Von Waldeinsamkeit und Nachtigallenwahnsinn ist da weit und breit keine Spur.
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Offline korknadel

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #4 am: 3.06.2013 | 14:24 »
Um nicht nur nachzuhaken, sondern auch etwas beizusteuern:

Im DSA-Soloabenteuer "Nedime - Tochter des Kalifen" tauchen mit Zwerg Nase und Nieswurz zwei Motive aus den Kunstmärchen Wilhelm Hauffs auf, die man zur Romantik zählen kann.
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #5 am: 3.06.2013 | 14:43 »
Ich glaube Ihr geht zu wörtlich an die Sache. Ich glaube nicht, dass es darum geht, dass die Inhalte der Romane oder Novellen kopiert worden sind, sondern es geht um die Romantik und deren Bedeutung als Solche.
Also nicht "Abenteuer XY hat von Grimms Märchen YZ geklaut" sondern eher "Rollenspiel XY hat mit seinen Abenteuern, Beschreibungen und seinen SL-Guides ein ähnliches poetisches Verständnis wie die Romantiker Grimm oder Brentano".

Genauere Erläuterungen kann ich als absoluter Literaturn00b dazu nicht liefern. Dazu haben wir hier glaube ich informiertere User an Bord.
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #6 am: 3.06.2013 | 14:48 »
Da sich der OP spezifisch auf CoC und DSA beruft, ist das vielleicht nicht ganz OT. Einstiegsabenteuer wie z.B. "Alchemyst" sind oft hinterm Wald angesiedelt, das Setting im GRW beschreibt Andergast / Nostria, sicherlich Beispiele für die kleinen Königreiche, wo auch Rapunzel irgendwo leben könnte. Bei DSA-Romanen muß ich ehrlich passen :), das Liedgut sollte auch ein Kundigerer bewerten (ja auch Hyper-Hyper kam vor ;)). Insgesamt sehe ich bei X Fässern Wein und anderem Folk- und Schlagerliedgut dabei eher den Humor der damaligen Redax am Werke, der sich eh nicht um Plausibilität oder Konsistenz mühte (außer einem konsistenten Niveau), und der immer wieder mit der eigentlichen "Stimmung" kollidierte.

Wenn wir aber den mittelreichischen Teil des Kanons betrachten, inkl. der Grenzgebiete, die noch als mitteleuroäische Analogie gelten können, ist eben in den Stimmungstexten (gefakte Quellen, Vorleseboxen etc.) der angedeutete Stil prävalent. Wenn wir als Elemente der deutschen Romantik Reisen, Naturschau und -verklärung sowie deutsche / germanische Mythen ansehen können (eine Möglichkeit), qualifizieren die verwendeten Motive DSA durchaus als von der Romantik beeinflußt.

Wobei ich mich ein wenig am Begriff der allein deutschen Romantik reibe. Ich sehe im Epos (das Aventurien insgesamt durchaus darstellt) auch die Einflüsse verklärender Rückschau, wie sie z.B. Walter Scott betrieben hat, oder auch (sehr stark sogar) die keltophil-verklärende Haltung wie sie aus dem Ossian kommt. Auch das sind romantische Einflüsse, aber eben nicht deutsch.
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #7 am: 3.06.2013 | 16:29 »
Ich reibe mich auch an dem Attribut "deutsch". Eine gewisse Rückwärtsgewandheit lässt sich bei fäntelaltertümelnden Settings ohnehin nicht vermeiden. Und speziell Nostria und Andergast erinnern natürlich an die deutsche Kleinstaatlichkeit, die ja auch zur Zeit der Romantik noch -- zum Teil -- existierte. Darüber hinaus findet sich in Aventurien aber die übliche Mischung aus allerlei Märchenhaftem, was genau so gut auch französisch, englisch, russisch oder italienisch sein kann. Dazu kommen natürlich noch Orientalismus und so Kram. So typisch deutsch finde ich da Vieles nicht unbedingt, denn Rückwärtsgewandtheit und Mittelalterverklärung haben wir auch andernorts, wie man am englischen Regierungsgebäude und bei Hal Foster sehen kann, lauschige Naturbeschreibungen sind nun auch kein Spezifikum der deutschen Romantik (zumal Natur in der deutschen Romantik ja ganz oft gebrochen ist, will sagen: als Anlass oder Spiegel zur Selbstreflexion dient) und Zurückgezogenheit ebenfalls ein Topos, der seit dem Barock en vogue ist, ich sage nur: ombra mai fu, Arkadien, Pastorellen und Zephyrwinde.
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #8 am: 3.06.2013 | 17:11 »
Ich mache mal etwas, was man eigentlich nicht machen soll, aber ich werfe einfach mal die Begriffe "deutsche Innerlichkeit", und die Rede "Deutschland und die Deutschen" von Thomas Mann in den Raum. Ich kann mich leider nur auf Wiki-Wissen stützen (wie gesagt: Literatur-N00b), aber wenn ich mich nicht ganz täusche, dann wird die deutsche Innerlichkeit (von der auch die Rede Thomas Mann handelt) auf die Romantik bezogen.
Sprich: Der Vergleich zur Romantik sollte daher wohl in Bezug auf diese Innerlichkeit, die sich im 18. und 19. Jahrhundert gebildet hat, gesehen werden.

Ich wiederhole aber nochmal: Das ist jetzt aus der Wiki herausgezogenes Halbwissen eines Literaturn00bs!
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #9 am: 3.06.2013 | 18:28 »
Okay, Zwischenstand wie ich ihn sehe: Aventurien ist ein Setting, das die europäischen Einflüsse der Romantik in ihrer nebligen Archaik des eigenen Seins ebenso umfaßt, wie die verklärten Sehnsüchte, die sich in der ich nenns mal Harems- oder Serailexotik und anderen "exotischen" Projektionen der europäischen Romantik äußern. Also, ich kann damit leben.

Okay. Cthulhu? Das archetypische deutsche Cthulhu ist a) Schwarzwald-Requiem und b) Froschkönigfragmente. Vergleichen wir beide (und andere wie "Unsere liebe Frau aus den Wäldern" und "König! Reich! Unten", "Siegfriedslust" undundund) sehen wir, daß die Cthulhu-Motive sehr im Hintergrund schwingen und als der "wahre Kern" deutscher Mythen und (Kunst)Märchen fungieren, dabei verschiedenste Topoi aufgreifen. Mythos ist sehr schwach in diesen Abenteuern als Topos ausgeprägt, anders z.B. in angelsächsischen Publikationen wie z.B. "Masken des Nyadingens" und "Railroad im Orient Express".
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #10 am: 3.06.2013 | 18:35 »
Der Terminus "Romantik" zerfällt in verschiedene Begriffe, was man vielleicht genauer fassen sollte.
DSA finde ich persönlich übrigens überhaupt nicht "romantisch" im strengeren Sinne, wenn mit dem Begriff eine literarische Epoche oder eine Eigenschaft von literarischen Strömungen bezeichnet werden soll.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #11 am: 3.06.2013 | 18:56 »
Aus Wikipedia, Abschnitt "Anliegen der Romantik" (leicht gekürzt):
Zitat
Der Romantiker verortet einen Bruch, der die Welt gespalten habe in die Welt der Vernunft, der „Zahlen und Figuren“ (Novalis), und die Welt des Gefühls und des Wunderbaren. Treibende Kraft der deutschen Romantik ist eine ins Unendliche gerichtete Sehnsucht nach Heilung der Welt, nach der Zusammenführung von Gegensätzen zu einem harmonischen Ganzen. Symbolische Orte und Manifestationen dieser Sehnsucht sind nebelverhangene Waldtäler, mittelalterliche Kloster-Ruinen, alte Mythen und Märchen, die Natur etc.
[...]
Im Gegensatz zur selbst gesetzten Aufgabe der Dichter der Weimarer Klassik sowie von Sturm und Drang und Aufklärung, nämlich der Erziehung des Volkes durch Literatur, sahen die Dichter der Romantik ihre Aufgabe in der Heilung des Risses, der durch die Welt und damit durch die Individuen geht. Eine Möglichkeit dazu bot ihnen zufolge die Kunst, mystisch überhöht im Begriff des „Dichterpriesters“, denn „die Welt hebt an zu singen / Triffst Du nur das Zauberwort“ (Eichendorff).
Die Romantiker suchten die verlorengegangene Welt in Werken aus der „Kindheit der Menschen“, also in Märchen und Sagen, in Volksliedern und im Mystizismus des Mittelalters und seiner als ideal verklärten ständischen, auf Treue gegründeten Ordnung. Auch in exotischen Ländern wurden Anstöße gesucht. Das „Wahre“ wurde nicht im Intellektuellen gesehen, sondern in dem als natürlich und wahrhaftig angesehenen Verhalten des einfachen Volkes. In die Musik der Romantik flossen unter anderem auch Volkstänze ein, etwa bei Franz Schubert. Die Brüder Grimm sammelten die Sagen und Märchen der mündlichen Volksüberlieferung. Allerdings wurden auch Gefahren in dieser „anderen Welt“ gesehen. Die Nachtseite der Romantik, geprägt von Teufelspakten, Wahnsinn, Gespenstern, Schuld und Tod, findet sich besonders ausgeprägt bei E. T. A. Hoffmann.

Meiner Meinung nach wesentliche Passagen habe ich fett markiert. Ich vermute, dass dies die Elemente sind, die im Rollenspiel als "romantisch" zu verstehen sind und zum Tragen kommen. Die Motivation der Romantiker wird vermutlich eher keine Rolle spielen – es geht eher um stilbildende Elemente als wirkliche Inhalte.

Darin sehe ich übrigens auch das speziell Romantische bei DSA: Das Berufen auf den kultureigenen (lies: deutschen) Mythenschatz, zumindest in den Anfängen. Man schaue sich nur die Monster der ersten Box an. Der Tatzelwurm, der Kobold und der Troll sind neben den drei "klassischen" Monstern Ork, Goblin und Oger dezidiert germanischen Ursprungs und Teil des kulturellen Erbes, das hier bemüht wird.
« Letzte Änderung: 3.06.2013 | 19:02 von Hawkeye Pierce »
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Offline Thandbar

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #12 am: 3.06.2013 | 19:05 »
DSA sei romantisch, weil darin Kobolde vorkommen? Das halte ich für wenig überzeugend.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #13 am: 3.06.2013 | 19:17 »
Ich mache mal etwas, was man eigentlich nicht machen soll, aber ich werfe einfach mal die Begriffe "deutsche Innerlichkeit",

Da knirsche ich immer mit den Zähnen, weil Unverstand und Ignoranz sich darin paaren. Aber vielleicht konnte eine Generation, die auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs zermahlen wurde, nicht anders reagieren. mMn war die "deutsche Innerlichkeit" die Art und Weise, wie die Epoche der Romantik in den Zwischenkriegsjahren gesehen wurde (EDIT von einigen wenigen Intellektüllen unter eben der zeittypisch zynischen Attitüde); aber die Romantik selbst halte ich von denen, die sie darunter subsummieren, für intellektuell sehr unterschätzt.

Ansonsten fällt mir natürlich zum Begriff "deutsche Innerlichkeit" Goethes schreckliches Buch ein:

Zitat
Wir traten ans Fenster.  Es donnerte abseitwärts, und der herrliche Regen säuselte auf
das Land, und der erquickendste Wohlgeruch stieg in aller Fülle einer warmen Luft zu uns auf.  Sie
stand auf ihren Ellenbogen gestützt, ihr Blick durchdrang die Gegend; sie sah gen Himmel und auf
mich, ich sah ihr Auge tränenvoll, sie legte ihre Hand auf die meinige und sagte: "Klopstock!"--Ich
erinnerte mich sogleich der herrlichen Ode, die ihr in Gedanken lag, und versank in dem Strome
von Empfindungen, den sie in dieser Losung über mich ausgoß.  Ich ertrug's nicht, neigte mich auf
ihre Hand und küßte sie unter den wonnevollsten Tränen.  Und sah nach ihrem Auge wieder--Edler!
Hättest du deine Vergötterung in diesem Blicke gesehen, und möcht' ich nun deinen so oft entweihten
Namen nie wieder nennen hören!
« Letzte Änderung: 3.06.2013 | 19:21 von Hróðvitnir (Carcharoths Ausbilder) »
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Zitat von: korknadel
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #14 am: 3.06.2013 | 19:23 »
DSA sei romantisch, weil darin Kobolde vorkommen? Das halte ich für wenig überzeugend.

Doppelpost, aber NEIN. Hawkeye sagt nicht, "der Mann ist krank, weil er niest", sondern "der Mann niest, weil er krank ist." EDIT. Ergo: Weil Aventurien (nicht DSA) stark von der Romantik beeinflußt ist, kommen auch Kobolde darin vor (und nicht die D&D-Variante, sondern die märchenhaft-düstere).
« Letzte Änderung: 3.06.2013 | 19:26 von Hróðvitnir (Carcharoths Ausbilder) »
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #15 am: 3.06.2013 | 19:50 »
Aus Wikipedia, Abschnitt "Anliegen der Romantik" (leicht gekürzt):Meiner Meinung nach wesentliche Passagen habe ich fett markiert. Ich vermute, dass dies die Elemente sind, die im Rollenspiel als "romantisch" zu verstehen sind und zum Tragen kommen. Die Motivation der Romantiker wird vermutlich eher keine Rolle spielen – es geht eher um stilbildende Elemente als wirkliche Inhalte.

Das wollte ich in etwa auch so schreiben: Die deutsche Rollenspiellandschaft ist (mehr oder weniger stark) von den Motiven geprägt, die auch die Romantiker verwendet haben, aber die Romantik als philosophische Strömung hat so gut wie keinen Einfluss. (Wobei das ewige Fortschreiben (und Retconnen) des DSA-Metaplots doch etwas sehr Romanhaftes hat -- ein guter Romantiker wird nie ein fertiges Buch schreiben, weil er immer noch etwas neues findet, das er hinzufügen oder ändern kann).
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #16 am: 3.06.2013 | 19:55 »
Nach meinem Eindruck ist die Romantik (nicht nur die deutsche) mit ihren Vorlieben für das Mystische und Zauberhafte, aber auch Irrationale ohnehin eine Wurzel der Fantasy-Literatur und des Fantasy-Rollenspiels. In Deutschland ist diese Wurzel vielleicht stärker ausgeprägt als die Wargaming-Wurzel und die Western-Wurzel (wobei Western auch eine gewisse Romantik mitsamt Vergangenheitsidealisierung hat), aber im Grunde sind alle Rollenspiele blaue Blumen.
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #17 am: 3.06.2013 | 19:59 »
Nach meinem Eindruck ist die Romantik (nicht nur die deutsche) mit ihren Vorlieben für das Mystische und Zauberhafte, aber auch Irrationale ohnehin eine Wurzel der Fantasy-Literatur und des Fantasy-Rollenspiels. In Deutschland ist diese Wurzel vielleicht stärker ausgeprägt als die Wargaming-Wurzel und die Western-Wurzel (wobei Western auch eine gewisse Romantik mitsamt Vergangenheitsidealisierung hat), aber im Grunde sind alle Rollenspiele blaue Blumen.

Ja. Der heutige Frontier Spirit ist dem Wesen nach auch eine romantische Bewegung.
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #18 am: 3.06.2013 | 20:10 »
Doppelpost, aber NEIN. Hawkeye sagt nicht, "der Mann ist krank, weil er niest", sondern "der Mann niest, weil er krank ist." EDIT. Ergo: Weil Aventurien (nicht DSA) stark von der Romantik beeinflußt ist, kommen auch Kobolde darin vor (und nicht die D&D-Variante, sondern die märchenhaft-düstere).

Wenn man das als romantisches Motiv deutet - oder als Ausschneuzung von Romantischsein -, dann besitzt dies "Changeling: The Lost" zum Beispiel ja in einer viel deutlicheren Ausprägung. Und das ist kein "deutsches" Rollenspiel.
Diese Suche nach dem deutschen Sonderweg finde ich halt irgendwie komisch. Wie auch im andern Thread, wo jetzt die deutschen Tugenden vorbeilaufen dürfen. Ich bin draußen.

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #19 am: 3.06.2013 | 20:13 »
Da knirsche ich immer mit den Zähnen, weil Unverstand und Ignoranz sich darin paaren. Aber vielleicht konnte eine Generation, die auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs zermahlen wurde, nicht anders reagieren.
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann hatte die NS-Propaganda die darauffolgende Generation auch noch so reagieren lassen("Die größte Tugend des Deutschen ist das Sterben fürs Vaterland").
EDIT: Das könnte jetzt allerdings OT sein.
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« Antwort #20 am: 3.06.2013 | 20:14 »
Ja. Der heutige Frontier Spirit ist dem Wesen nach auch eine romantische Bewegung.

Ich würde das schon zu Karl Mays Zeiten behaupten (und spätestens seit Vom Winde verweht).
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« Antwort #21 am: 3.06.2013 | 20:29 »
Wenn man das als romantisches Motiv deutet - oder als Ausschneuzung von Romantischsein -, dann besitzt dies "Changeling: The Lost" zum Beispiel ja in einer viel deutlicheren Ausprägung. Und das ist kein "deutsches" Rollenspiel.
Es wird ja auch nirgends behauptet, nur deutsche Rollenspiele würden romantische Motive vertreten. Das wäre ja auch grober Unfug.
Die Frage ist doch, ob es dezidiert deutsche Ausprägungen davon gibt.
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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #22 am: 3.06.2013 | 20:32 »
Ich würde das schon zu Karl Mays Zeiten behaupten (und spätestens seit Vom Winde verweht).

Karl May war eine deutsche Interpretation, ein Transfer von Mays romantischen Ansichten in den Westen. Und GWTW hat mit Frontier Spirit nix zu tun, das ist "der Zauber des Südens und seiner Lebensart, der in die Knie bricht, um sich nie wieder zu erheben."
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #23 am: 3.06.2013 | 20:51 »
Karl May war eine deutsche Interpretation, ein Transfer von Mays romantischen Ansichten in den Westen. Und GWTW hat mit Frontier Spirit nix zu tun, das ist "der Zauber des Südens und seiner Lebensart, der in die Knie bricht, um sich nie wieder zu erheben."

Gut, nimm andere Western aus den frühen Jahren des Kinos/Tonfilms.

Da geht es zwar nicht immer um den Frontier Spirit, der sicherlich eine heutzutage eine romantische Verklärung bekommen hat, während in der tatsächlichen Zeit der Ausdehnung nach Westen wahrscheinlich ein realistischeres weniger verklärtes Bild vorherrschte, besonders bei den Beteiligten - genauso wie das Mittelalter eben auch anders war, als die (deutschen/europäischen) Romantiker es sich vorstellten (aber das weißt Du als Historiker besser als ich).

Mir geht es eher darum, dass seit es Western gibt (und Vom Winde verweht gehört dazu), egal ob diese den Eisenbahnbau oder den Süden oder die Goldgräber oder den Konflikt zwischen Farmern und Viehzüchtern thematisieren, schon immer eine Romantisierung des Westens mitschwang. Das ist keine heutige Erfindung, glaube ich.
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Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Deutsche Romantik in Rollenspielwelten/Kampagnen
« Antwort #24 am: 3.06.2013 | 23:47 »
Gut, nimm andere Western aus den frühen Jahren des Kinos/Tonfilms.

Da geht es zwar nicht immer um den Frontier Spirit, der sicherlich eine heutzutage eine romantische Verklärung bekommen hat, während in der tatsächlichen Zeit der Ausdehnung nach Westen wahrscheinlich ein realistischeres weniger verklärtes Bild vorherrschte, besonders bei den Beteiligten - genauso wie das Mittelalter eben auch anders war, als die (deutschen/europäischen) Romantiker es sich vorstellten (aber das weißt Du als Historiker besser als ich).

Mir geht es eher darum, dass seit es Western gibt (und Vom Winde verweht gehört dazu), egal ob diese den Eisenbahnbau oder den Süden oder die Goldgräber oder den Konflikt zwischen Farmern und Viehzüchtern thematisieren, schon immer eine Romantisierung des Westens mitschwang. Das ist keine heutige Erfindung, glaube ich.

Das kann man sicher so sehen. Verklärung ist da allemal vorhanden, im Sinne einer Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren, weil überschaubareren Welt. Aber das ist gewiß nicht das Alleinstellungsmerkmal der Romantik. In einem Teil des Western-Mythos ist durchaus ein weiterer Aspekt vorhanden, nämlich der des Ichs in der Natur und der Natur im Ich und beides in Bezug auf die anderen gesehen. Wenn man sich die Lone Gunslinger Mythen ansieht (Shane, die Anthony Mann-Western etc.) spielt das eine große Rolle. Auch das Erfahren dieser quasi-mystischen Zustände über die Erfahrung des Reisens, des Betretens der Fremde, und wiederum die Wechselwirkung Außen-Innen im Menschen ist ein Topos, der grundlegend zur Romantik gehört, aber eben auch im Western Verwendung finden (The Searchers). Der dritte große Topos, die Erfahrung bzw. der Nachhall der mystischen Zeit vor der Zeit ist im Western eher ein modernes Produkt und bezieht sich wenn dann auf die indigenen Mythen des Westens.

GWTW beispielsweise bietet hier nur die Verklärung. Die Reise der Heldin ist hier zwar physisch auch vorhanden, seelisch aber dient sie ganz anderen Zwecken, nämlich der Verhärtung der Protagonistin, nicht ihrer Öffnung, was v.a. im Buch sehr deutlich wird (Lese-Tipp, der Film, so großartig er ist, verkürzt doch sehr). Auch in den erwähnten Beispielen Eisenbahnbau, Goldgräber sehe ich diese Aspekte nicht. Verklärung allein indes macht noch keine Romantik.
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

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