Mal ne kurze Zwischenfrage: Was ist eigentlich der deutliche Mehrwert eines Ticksystems?
Ich will die Diskussion hier nicht entführen, aber bisher sieht es ja aus, dass die meisten hier schreiben, dass sie kein richtig gutes Tick-System kennen und alle Ansprüche an ein Ticksystem sind ja eher pragmatischer Natur: nicht zu kleinteilig usw.
Was ich mich bei der Ganzen Diskussion ein wenig Frage ist, warum man denn überhaupt ein Tick-System haben wollen würde. Klar, der Realismus-Gedanke. Aber wenn ich jetzt höre, dass es ja eigentlich immer ein Tradeoff ist, weil manche Leute seltener dran kommen und man im schlimmsten Fall statt mehr Realismus zu erleben mehr Metagaming erlebt und der Realismus ja so gar nicht am Spieltisch ankommt, dann finde ich kann man sich die Frage nach dem Designgrund schon mal stellen. Denn im Endeffekt handelt man ja immer noch alles nacheinander ab, obwohl es realistisch gesehen ja gleichzeitig wäre.
Wenn ich also mal über Design-Gründe nachdenke, dann müsste ein Tick System definitiv Aktionen mit unterschiedlicher Dauer haben, die unterschiedlich (taktisch oder athmosphärisch) wirken. Sprich wenn ich schnelle Angriffe will, dann muss das nicht nur anders verwaltet werden (mit weniger Ticks) sondern sich spielerisch auch anders anfühlen wie langsame Angriffe. Sprich ein Kämpfer der hin und wieder den langsamen Wuchtangriff macht muss genauso viel (und idealerweise einen anderen) Spaß an der Situation haben als der schnelle Kämpfer mit den zwei Dolchen, der doppelt so oft zuschlägt.
In der Praxis funktioniert das bei mir persönlich nicht mal bei Aktionen die mehrere Runden brauchen. Wenn ich Nachladen muss, einen Zauber vorbereite oder der Charakter nach einer Aktion erschöpft ist und deswegen ausfällt, ist der Spaßfaktor in der Regel geringer als wenn jeder schön jede Runde was tun darf. Das bedeutet für mich, dass ich statt einer längeren Aktion (mehrere Ticks) lieber mehrere kleine Aktionen hätte.
Sprich Zielen und Schießen sind bei einer Sniper zwei Aktionen in zwei Runden anstatt jetzt einen Mehrtick-Aktion drauß zu machen. So kann der Sniper in der ersten Runde schon mal durch eine Probe herausfinden ob er das Ziel überhaupt anvisiert bekommt und ermittelt dann nächste Runde wie viel Schaden gemacht wurde, wenn er tatsächlich abdrückt. Die Krux dabei ist, dass vorbereitende Aktionen wie das Zielen interessant bleiben müssen. Das heißt es ist interessant ob ich ihn endlich ins Fadenkreuz kriege oder ob ich nächste Runde es weiter versuchen muss. Wenn ich da jetzt an die kleinteiligen "Ich gehe drei Schritte"-Geschichten denke, dann kann das aber auch zur Falle werden, weil in dem Fall die Einzelaktion todlangweilig ist.
Grundsätzlich müsste also ein Tick-System wirklich einen guten Designgrund haben, weswegen man diesen Verwaltungsaufwand überhaupt in die Regeln einbaut. Hat man dann wirklich einen guten Grund für unterschielich lange Aktionen gefunden, dann liegt meiner Meinung nach die Schwierigkeit darin, Spielern etwas zu bieten, die Charaktere spielen, die prinzipiell seltener dran kommen und auf manche Aktionen lange warten müssen. Wenn ein mehrere Runden lang vorbereiteter Zauber genauso spektakulär ist, wie ein klassischer Angriff, dann kann ein Ticksystem schnell Langeweile verursachen. Macht man zu viele kleine Schritte, dann kann es vor lauter Klein Klein auch nerven.