Bin in der Vergangenheit schon öfter über den Begriff gestolpert, hab mich aber nie besonders drum gekümmert oder verfolgt, was das überhaupt heißen soll, außer "Very High Magic Setting". Jetzt habe ich heute doch mal einen ausführlicheren Thread zu dem Thema auf GitP entdeckt. Da hab ich mir gedacht, eröffne ich doch hier mal einen Gedankenaustausch zu dem Thema.
Also erstmal: Tippyverse, was ist das?
Benannt ist es nach dem User "Emperor Tippy", der auf GitP das Konzept vor Jahren in Worte gefasst hat. Es soll ein Setting darstellen, in dem die D&D-Regeln konsequent gelten und angewandt werden. In dem z.B. die Magie von Grund auf in die Weltgestaltung einbezogen wird, statt nachträglich aufgeflanscht.
Hier ist ein Thread, der das Konzept genauer erklären soll:
http://www.giantitp.com/forums/showthread.php?t=222007Das hört sich vielleicht für einige von euch bekannt an. Ich habe auch schon ähnliche Bemühungen unternommen. Beispielsweise hatten wir da vor drei Jahren (Kinder, wie die Zeit vergeht!) einen Thread zum Thema "
Konsequentes Setting für D&D", welchen ich jetzt aber nicht wieder raisen wollte. Auch haben wir uns da mehr oder weniger in Einzelbetrachtungen verzettelt.
Tippyverse ist, soweit ich das sehe, primär an zwei Mechanismen aufgehängt:
1. (Permanent) Teleportation Circles,
2. Resetting Traps.
Außerdem ist es auf der Prämisse aufgebaut, dass es zwar Kleriker mit Zugriff auf göttliche Magie gibt, aber ansonsten die Götter ihre Klappe halten und sich nicht in die Belange der Welt einmischen. Aber nun zu den beiden Kernmechanismen:
#1: Teleportationskreise haben dabei zwei Anwendungen:
a) Handel. Städte sind durch permanente TKs miteinander verknüpft, wodurch sich Waren in nahezu beliebigem Volumen ohne Zeitverzögerung austauschen lassen.
Konsequenz: es gibt keinen Bedarf mehr für konventionellen Land- oder Seeverkehr. Alles Leben konzentriert sich in den Städten; die Gebiete dazwischen werden weitgehend sich selbst überlassen und verwildern. (Was das Thema Versorgung angeht, siehe #2).
b) Krieg. Durch TKs lassen sich ganze Armeen in kürzester Zeit an jeden beliebigen Punkt verschieben, der nicht aufwendigst gegen Teleportation abgeschirmt ist (und selbst das kann ein
Wunsch oder
Wunder locker aushebeln). [Siehe die aktuelle OotS-Storyline.] Dadurch ist es unmöglich, größere Gebiete flächendeckend zu verteidigen. Man muss seine ganzen Truppen an einem Ort konzentrieren, und sie dann ggf dorthin teleportieren, wo sie gebraucht werden.
Wiederum die Konsequenz: alles ballt sich in den Städten, da nur derart kleine Gebiete verteidigt werden können.
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#2: Resetting Traps, also sich selbst reaktivierende und wiederholt auslösbare magische Fallen, sind eine der größten Designer-Fehlentscheidungen und das vielleicht beste Beispiel für
unintended consequences im ganzen D&D-System. Eine magische Falle ist ein Mechanismus, der einen in ihm gespeicherten Zauberspruch auslöst. Man kann eine magische Falle so konstruieren, dass derselbe Zauberspruch immer und immer wieder ausgelöst werden kann. Ursprünglich ist das nur dazu gedacht, um den Abenteurern das Ausräumen eines Dungeons nicht zu leicht zu machen ("Schickt den Imp durch den Gang") oder zu erklären, warum in einem uralten Dungeon die Fallen noch aktiv sind.
Es steht aber nirgends geschrieben, dass es ein _schädlicher_ Zauber sein muss.
Genau hier setzt das Tippyverse an. Man muss nur magische Fallen mit Zaubern versehen, die irgendetwas erschaffen. Zum Beispiel
Create Food and Water - voilà, damit ist die Ernährungsfrage geklärt und jegliche Landwirtschaft überflüssig gemacht. Und das ist erst der Anfang. Man kann solche "Fallen" auf die Weise auch Stein, Eisen oder Salz produzieren lassen, mit
Fabricate Gegenstände oder Bauteile in Massenfertigung herstellen, und so weiter.
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All das läuft also darauf hinaus, wie gesagt, dass es nur noch zivilisierte Riesenstädte inmitten völlig unzivilisierter Wildnis gibt. Tippy behauptet, er habe das schon "Points of Light" genannt, lange bevor die 4E überhaupt angekündigt war.
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Kritik:
Ich sehe da spontan mehrere Fragwürdigkeiten oder Lücken im System, um nicht zu sagen einige Regelauslegungen, die ich so nicht unterschreiben würde.
* Transportvolumen der Teleportationskreise:
- Tippy behauptet im o.g. Thread, ein TK könnte ca 1000 Personen _pro Runde_ teleportieren. Ich halte das für absurd. Er rechtfertigt das durch eine Rechnung à la "Wenn die Personen von allen vier Seiten gleichzeitig rein_rennen_...", aber selbst da komme ich nicht ansatzweise auf so einen Durchsatz; ganz zu schweigen vom Chaos, das dann auf der anderen Seite entstehen wird.
- auch sind TKs nur 10 Fuß (3 Meter) im Durchmesser, und transportieren ausdrücklich nur _Kreaturen_ sowie das, was sie selbst bei sich tragen. Fuhrwerke mit ihren Zugtieren sind allein schon mindestens 20' lang, und Tippy behauptet hier einfach mal, ein gezogener Wagen gelte als "Gepäck" des Zugtiers, was ich zweifelhaft finde, zumal er diese Regelauslegung nicht belegt.
Kurzum, für plausibler halte ich die Rechnung so:
- um Verkehrschaos zu vermeiden, erfolgt der Zutritt nur von einer Richtung.
- die meisten Passagiere dürften reduzierte Bewegungsweite haben, entweder weil sie Handelsgüter mit sich führen, oder weil sie Rüstung tragen. Also 20' Basis, macht bei Double Move 40' pro Runde, macht 8 "Kästchen". Dies à zwei Reihen (weil der TK ja 10' durchmisst), macht SECHZEHN! und nicht 960 Personen pro Runde, da muss einem ja himmelangst werden.
- Fuhrwerke würde ich nicht gelten lassen, aber Mulis / Pferde mit Packsatteln gehen, und dann gibt es ja auch noch Bags of Holding usw. Maximal meinetwegen auch noch Große Transportgolems, aber nicht größer als der TK selbst.
* Was die selbst-aufladenden Fallen angeht: wie gesagt, die halte ich von vornherein für ganz großen Scheiß -- wie so vieles, was im DMG steht (und nicht Teil des SRD ist). Wenn man die Regeln einfach so hinnimmt, dann führt da kein Weg dran vorbei: "Fallen" eignen sich hervorragend zur extrem schnellen und langfristig billigen Produktion von Gütern.
Allerdings ist Tippy hier der Ansicht, dass sich aufgrund der hohen Anfangskosten dergleichen nur durchsetzen wird, wenn man darauf angewiesen ist -- z.B. weil man sich aufgrund der Teleportkreise gezwungen sah, das Umland aufzugeben und sich nur noch innerhalb der Stadtmauern versorgen kann.
Es läuft also imho letztendlich auf die Frage hinaus, ob sich derartige Konsequenzen auch ergeben würden, wenn man die Teleportkreise "konservativ" auslegt, wie von mir dargelegt. Also:
- kann der damit mögliche Dauer-Durchsatz den gesamten Handelsverkehr ersetzen? -- vermutlich ja, zumindest was Güter angeht, die von einer Mittelgroßen oder Großen Kreatur getragen werden können.
- können auf die Weise ganze Armeen in kürzester Zeit verlegt werden? Selbst bei absolut perfektem logistischem Ablauf und Drill können maximal ca 10.000 Soldaten pro Stunde durch den Kreis marschieren (und nicht pro Minute, wie Tippy behauptet).
Natürlich ist das auch schon nicht schäbig, und lässt sich auch vervielfachen, indem man einfach _mehrere_ TKs gleichzeitig wirkt.
Aber bedeutet das dann zwingend, dass man alles auf die Städte konzentriert und das Umland völlig verwildern lässt?