So ich schreibe dann mal ein bisschen mehr über meinen Eindruck von Uncharted Worlds.
Attribute und GrundlagenBei den Charakteren gibt es zu beachten, dass es 5 (+1) Attribute gibt.
- Mettle beschreibt den Mut, die Disziplin und Präzision eines Charakters
- Physique umfasst Stärke, Aussehen, Athetlik
- Influence stellt die Persönlichkeit und Anführertalente des Charakters dar
- Expertise ist die Bildung und die technische Befähigung
- Interface ist die Fähigkeit mit technischen Systemen zu interagieren
- Armour ist Rüstung, in Uncharted Worlds als Attribut modelliert. Wird für den Move Brace for Impact benötigt um Schaden zu reduzieren.
MovesFangen wir mal bei den Moves an. Es gibt 3 Common Moves, die nach Angabe des Autors den Großteil der kleineren Probleme abhandeln sollen, die den Spielern so in den Weg kommen.
Zum einen wäre da der Move "Face Adversity", der genutzt wird um einen Konflikt oder eine Gefahr zu umgehen. Wie bei allen Common Moves wird hierbei das Attribut genutzt, das am besten zur Situation passt. Einen einzelnen Gegner aus dem Gefecht zu nehmen, wird z.B. mit Face Adversity gelöst. Ebenso kann man damit Feuer löschen oder sich einem Hacking-Angriff erwehren.
Der zweite Common Move ist "Assessment" und erlaubt es Charakteren Data Points über bestimmte Themen zu erlangen. Auch hier wird das Attribut genutzt, dass die Art der Wissensbeschaffung am besten beschreibt. Wenn man sich auf der Straße umhört wird Influence benutzt, wenn man im Datennetz sucht, wird auf Interface zurückgegriffen und wenn man selber Experimente anstellt, nutzt man Expertise. Data Points können im Spiel genutzt werden um +1 Forward für eine Probe bezüglich des Inhalts des Data Points zu erhalten.
Get Involved ist ein allgemeines Helfen/Eingreifen und kann auch mit allen Attributen durchgeführt werden, je nachdem wie es die Fiktion verlangt. Ein Unterschied zu anderen Spielen ist, dass man nicht +1/-1 gibt, sondern direkt die Stufe des Erfolges um 1 erhöhen oder erschlechten kann (also ein Ergebnis von 7-9 in 10 oder 6- verwandeln).
Neben den Common Moves gibt es Attribute-Moves, die jeweils auf ein Attribut festgelegt sind.
- Open Fire (Mettle): Simuliert längere Nahkämpfe auf einer groben Ebene und löst den Konflikt mit einem Wurf. Klingt jetzt etwas einfach, aber wenn man größere Nahkämpfe einfach als mehrere parallele Konflikte abbildet, kann man die "Schwierigkeit" eines Kampfes beliebig erhöhen. Jeder Konflikt, der nicht behandelt wird, kann potentiell eskalieren. So kann man also Feinde in Gruppen einteilen, die jeweils ein Konflikt sind, aber auch Umgebungsvariablen als Konflikte einführen (Feuer, Sauerstoffmangel, Alarme). Combat wird auch in diesem Video sehr gut erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=a4vTLeXam4Q
- Launch Assault (Physique): Dieser Move wird ausgelöst wenn man einen Nahkampf mit einer Gruppe Gegner eingeht, und wird ganz analog zu Open Fire behandelt.
- Patch Up (Expertise): Heilen und reparieren.
- Command (Influence): Eine Gruppe Untergebener Befehle erteilen
- Access (Interface): Dies ist der Hacking-Move. Mit Access wird ein Computersystem geöffnet, und steht danach anderen Moves wie z.B. Assessment, Get Involved oder Face Adversity zur Verfügung. Bei einem Teilerfolg wird der Hacking-Versuch bemerkt. (was dann unter anderem zu dem oben genannten Face Adversity führt, wenn man sich gegen das ICE verteidigen muss)
- Brace For Impact (Armour): Es gibt in Uncharted Worlds 5 Klassen von Wunden: Minor, Major, Severe, Critical, Fatal. Jeder Charakter kann nur eine Wunde pro Typ haben, eine weitere Wunde wird zur nächst höheren Klasse aufgestuft. Wenn man eine Fatal Injury erleidet, verstirbt man ohne intensive medizinische Versorgung (z.B. Cryotank)
Neben den Moves der Charaktere gibt es Moves für das Schiff, oder die wirtschaftliche Betätigung der Crew als Ganzes: Shields Up, Wild Jump, Cramped Quartes, Aquisition, Barter.
Shields Up ist das Äquivalent zu Brace for Impact und reduziert den Schaden für das Schiff. Wild Jump simuliert ungezielte Warpsprünge mit "interessanten" Nebenwirkungen. Cramped Quartes simuliert "Lagerfeuergespräche" an Bord des Schiffes. Aquisition wird genutzt um auf einem Markt einen Gegenstand oder eine Dienstleistung zu erwerben. Barter wird genutzt um "Cargo", also abstrakte Handelsgüter, hochzutauschen.
Charaktere und ArchetypenKommen wir nun zu den Charakteren: Anstelle von Playbooks treten bei Uncharted Worlds die Archetypes. Diese Charakterkonzepte werden aus 3 Elementen zusammengestellt. 2 Careers und 1 Origin.
Es gibt 10 Careers: Academic, Clandestine, Commercial, Explorer, Industrial, Military, Personality, Scoundrel, Starfarer, Technocrat. Ebenso gibt es 10 Origins. Advanced, Brutal, Colonist, Crowded, Galactic, Impoverished, Privileged, Productive, Regimented, Rustic. Mit den 10 Careers und 10 Origins ergeben sich 450 Archetypen. In diesem Video
https://www.youtube.com/watch?v=hNUl5ikjm0U wird das System dahinter erklärt. Als Beispiel für einen Archetypen wird der Rustic - Clandestine - Military herangezogen. Er stammt von einer Agrarwelt, kann ganz gut kämpfen und kennt sich mit Befragung und Überwachung aus: Dieser Charakter könnte z.B. ein Marshal sein. Der Galactic - Industrial - Scoundrel ist der Salvager (der sich auf das Ausschlachten von Wracks spezialisiert hat).
Die 2 Careers geben dem Spieler die Wahl aus 10 Skills, von denen er sich zu Beginn 3 auswählen kann. Einen weiteren Skill erhält er durch seinen Origin. Skills sind vergleichbar mit Advances in anderen PBTA Spielen und können Moves, statische Boni auf Attribute oder einzigartige Ausrüstung sein.
Advancement läuft wie folgt ab: Jede Career bietet unterschiedliche Advancement Triggers. Wenn diese Trigger im Spiel erlebt werden, erhalten alle Charaktere 1 XP. Wenn ein Charakter so viele XP hat wie er Skills besitzt, erhält er ein Advancement, und kann einen neuen Skill aus seiner aktiven Klasse wählen, und muss einen neuen Trigger auswählen. Jede Karriere hat 5 Trigger, und jeder kann nur einmal gewählt werden. Man kann aber neben seinen zwei Anfangskarrieren auch Trigger in anderen Karrieren wählen, und so seine Fähigkeiten verbreitern.
Die Trigger sind sehr generell gehalten und wirken meiner Meinung nach als Flags für den SL und die anderen Spieler, die aufzeigen, was der jeweilige Spieler gerade gerne im Spiel erleben würde. Die Scoundrel Career hat z.B. Trigger wie "A deal ends in Betrayal" oder "A broken law goes unpunished". Die Military Career hat trigger wie "An objective is taken by force" oder "A perilious order is obeyed". Es sind also alles Situationen, die regelmäßig im normalen Spiel auftauchen und so zu einer ganz natürlichen Progression führen.
AusrüstungZum Thema Ausrüstung. Diese ist meiner Meinung nach sehr gut gelöst. Ausrüstung wird hier Assets genannt, und umfasst Waffen, Kleidung, Rüstung, Fahrzeuge (Speeder oder Landfahrzeuge), Crew/Gefolgsleite und Kits (Ausrüstung die es einem erlaubt bestimmte Dinge zu tun, wie z.B. Reparaturkits, oder Medizintaschen). Assets kommen in verschiedenen Klassen, wobei jede Klasse einem wählbaren Tag/Upgrade entspricht. Ein normales Gewehr ist eine zweihändige Waffe mit langer Reichweite die Severe Damage hervorruft. Der Cyclonian Laser Blaster könnte eine Class 2 - Weapon sein mit den Tags Energy und Rapid Fire. Tags werden wie in anderen PBTA Spielen gehandhabt und geben Narrative License etwas in der Erzählung zu bewirken.
Das Politische SpielKommen wir nun zur politischen Ebene. Wie schon im vorherigen Post erwähnt läuft das politische Spiel über Factions und Debts/Favors ab, ähnlich wie bei Urban Shadows. Da es hier jedoch keine 4 festen Factions gibt, sondern diese bei der Welterschaffung gemeinsam erstellt werden, ist das ganze etwas allgemeiner gehalten. Ebenso haben Debts eine andere Mechanik. Grundannahme des Spiels ist, dass die Charaktere von Anfang an bei den Factions in der Schuld stehen, und so muss jeder Spieler 3 Debts an die definierten Factions verteilen. Wenn man Dienste für die Factions erledigt, kann einem Schuld erlassen werden. Wenn man der Faction schadet, kann sie weitere Debts einfordern. Wenn man einer Faction besonders geholfen hat, kann diese einen Favor aussprechen. Dieser kann wiederum von den Spielern für Hilfe eingelöst werden. Spieler können untereinander keine Debts/Favors einlösen. Hierin besteht ein großer Unterschied zu Urban Shadows, da ich so davon ausgehe, dass PVP nicht wirklich gewollt ist, bzw. zumindest nicht mechanisch codifiziert ist.
Das Factionsystem sorgt meiner Meinung nach für ein nettes "Wir gegen den Rest des Universums"-Feeling und passt gut zum Genre. Als Beispiele für Faction-Konstellation werden Firefly (Browncoats - Alliance - Scum (Badger/Niska) oder Star Wars (Empire - Rebels - Hutt Crime Lords) genannt. Auf die Schnelle fällt mir noch Avatar (Earth - Navi) oder Guardians of the Galaxy (Nova Prime - Kree - Tivan Corporation) ein. Je nach Anzahl der Faction erhält man so entweder eine Gut/Böse-Achse, oder ein komplexes Netzwerk aus miteinander konkurrierenden Factions.
RaumschiffeAls letztes kommen wir zu Raumschiffen. Eine weitere Annahme, oder Default-Szenario bei UW ist, dass sich die Charaktere ein Raumschiff teilen. Jede Karriere hat bestimmte Räume zur Verfügung, die sich der Spieler aussuchen, und auf dem Schiff platzieren kann. Ein Schiff besitzt 4 Bereiche (Kommandozentrale, Engineering, Quartiere, Frachtraum), die mit den jeweiligen Räumen der Spieler aufgerüstet werden können.
FazitUncharted Worlds macht für mich den Eindruck einer sehr gelungenen Adaption des PBTA-Systems für Space Opera. Ich kann mir sehr gut vorstellen Star Wars, Firefly, Battlestar Galactica oder auch Avatar damit zu bespielen. Momentan ist das System noch humanozentrisch, d.h. es gibt keine Regeln für Aliens. Man kann natürlich jederzeit narrativ Alienrassen hinzufügen, und sie durch geeignete Origins abbilden, aber so richtig ist das im System nicht verankert. Nette Sache die im Grundregelwerk nur kurz angesprochen wird sind Jump Points. Dies ist die von UW bevorzugte Art der Abenteuererschaffung und ist meines Erachtes nach eine Variante von Hard Scene Framing. Es gibt eine kurze Hintergrundgeschichte/Zusammenfassung. Der SL erzählt dann die Ausgangssituation, die eigentlich immer In-Medias-Res beginnt. Für die einzelnen Archetypen gibt es dann Prompts/Loveletter, die beschreiben wo sich der Charakter befindet als die Hölle losbricht. Im Buch gibt es nur einen Jump-Point, aber als nächstes soll die Erweiterung "Carta Galaxia" rauskommen, die sich mit der gemeinsamen Erstellung des Universums beschäftigen soll, und da erwarte ich auch einige Jump Points/Adventure Starter.