Ich denke, dass sich auch im gleichen Genre die Spielweisen unterscheiden.
Nehmen wir als Beispiel mal das Horror-Genre.
Die SCs sind in einem Spukhaus und haben die Aufgabe, bis zum Sonnenaufgang dort auszuharren.
ARS:ZU Beginn holen sich die SCs Ausrüstung, von der sie denken, dass man sie in einem Spukhaus immer gebrauchen kann. (Kameras, Taschenlampen etc.)
SCs überlegen sich: "Am sichersten ist es, wenn wir alle zusammenbleiben und uns nur in einem Raum aufhalten."
Der SL versucht nun, die Spieler aus diesem Raum hinauszulocken und die Gruppe dazu zu bringen, sich zu trennen. (Vielleicht fällt eine Kerze um und das Zimmer fängt Feuer.
)
Die Spieler sind natürlich darauf bedacht, das Geheimnis des Spukhauses zu lösen. Aber primär wollen sie am Leben bleiben.
Story-orientiert:Zu Beginn halten die SCs die Sache mit dem Spukhaus für Humbug und holen sich das, was man für jede andere Übernachtung auch mitnehmen würde: Pyjama, MP3-Player und ein Buch.
Die SCs hocken am Anfang auch zusammen in einem Zimmer. Da es aber langweilig ist, die ganze Zeit im Zimmer zu hocken, überlegt sich ein Spieler: "Ich muss mal auf Toilette." und trennt sich dadurch kurzfristig von der Gruppe. (Vielleicht ist der SC weiblich und nimmt noch jemanden mit.)
Dann plötzlich fällt der Strom aus. (SL Entscheidung.)
Im ARS würde man wohl sagen: "Ich bin kein Elektriker. Und nachts brauche ich sowieso keinen Strom. Soll sich doch morgen irgendjemand darum kümmern."
Beim story-orientierten Spiel würde ein SC dagegen sagen: "Das ist bestimmt der Sicherungskasten. Ich geh mal in den Keller und schau nach."
Weitere Unterschiede:
Bei ARS hat der SL vorher schon das Geheimnis des Spukhauses festgelegt. Die frage, ob die Spieler das Geheimnis lüften können oder nicht, bleibt offen und hängt von den Aktionen der Spieler ab. Aber der SL kennt das Geheimnis und hat es bereits zu Beginn festgelegt.
Bei Story-orientiert überlegt sich der SL das Geheimnis im Laufe des Spielabends. (Und er lässt sich dabei von den Spielern inspirieren. - Die Spieler sind also dazu aufgerufen, während des ABs auch Vermutungen anzustellen, damit der SL Inspirationen bekommt, aus denen er dann eine Begründung für den Spuk basteln kann.)
Bei sehr großem Player Empowerment können die Spieler auch selber später festlegen, was genau den Spuk verursacht.
Bei ARS handeln die Spieler zielorientiert:
Es gilt zu überleben und es gilt, das Geheimnis zu lüften. Der Spieler lässt den SC also so handeln, dass diese beiden Ziele erreicht werden. (Auf die Idee, dass der Char einen Panikanfall bekommen könnte und entweder Amok läuft oder sich wimmernd in eine Ecke verzieht, käme ein ARS-Spieler wahrscheinlich nicht.)
Bei Story-orientiertem Spiel geht es nicht ums überleben. (Das Geheimnis sollte natürlich aufgedeckt werden. Das gehört einfach zu einer guten Story. - Aber es ist auch klar, dass SCs sterben MÜSSEN. Das gehört einfach zu einem guten Horror-Abenteuer.)
Das Ziel eines Spielers ist es also nicht unbedingt zu überleben. Der Spieler kann auch den Wunsch haben, dass sein SC stirbt und sich darauf vorbereiten, einen ziemlich denkwürdigen Abgang zu haben. (z.B. kann er schon bei der Charaktererschaffung aufgeschrieben haben, dass der Char Waffennarr ist und andauernd eine Waffe dabei hat, mit der er nervös herumspielt. - Das liefert dem SL dann wiederum eine schöne Inspiration, wie der SC sterben könnte.)
Disclaimer: Natürlich muss der Spieler beim story-orientierten Spiel nicht das Ziel haben, seinem SC eine großartige Sterbeszene zu geben. Gerade, wenn man im Actor Stance und nicht im Author Stance handelt (einem Immersion also wichtiger ist als "Regisseur-Einfluss"), kann man durchaus auch als Spieler den Wunsch haben, dass sein SC überlebt. (Was die Identifikation mit dem SC natürlich erhöht.) Aber auch dann ist es nicht wichtig, das Ziel zu erreichen, sondern den Charakter auszuspielen.
Wenn man zum Beispiel einen bekennenden Technikfreak spielt, könnte man versuchen, die anderen alle davon zu überzeugen, dass das alles nur Einbildung und Zufälle sein: Und während alle vor dem Geist abhauen, stellt man sich direkt vor dem geist um zu sagen: "Seht her, das ist nur eine optische Täuschung."
Und falls man einen gläubigen Moslem spielt, könnte man zum Beispiel daran verzweifeln, dass der Kompass verrückt spielt und man nicht weiß, wo Mekka ist. - Und man begibt sich in eine Gefahr, nur um die Himmelsrichtung herauszufinden.
Oder der gläubige Christ ist davon überzeugt, dass Weihwasser helfen würde, oder das die Erscheinung kein Geist, sondern ein Engel sei. (Alles Sachen, die den SL inspirieren und die er dann in die Auflösung mit einbeziehen könnte oder auch nicht.)
Fazit ist:
Wenn ich ein Gruselabenteuer in einem Spukhaus ARSig spiele, kommt etwas vollkommen anderes dabei heraus, als wenn ich es story-orientiert spiele.