Dank euch für die Nachfragen. Ich bin - selbst verschuldet - an anderem Orte in kräftezehrende Diskussionen verwickelt gewesen, deswegen reagiere ich jetzt erst. Entschuldigt bitte.
Zunächst noch einmal zu meiner Idee: Die Stimmen sollen nicht unbedingt Es und Über-Ich sein, während der Charakter Ich ist. Allerdings ist das Vokabular, mit dem ich arbeite, durchaus an einigen Stellen psychoanalytisch aufgeladen. Insofern ist die Assoziation nahe liegend - und auch gar nicht verkehrt, wenn man sie als Möglichkeiten für Stimmen versteht. Stimmen sollen aber ihrerseits mehr oder weniger vollständige Persönlichkeiten sein - die sehr einseitig, möglicher Weise dysfunktional etc. sind, aber gleichwohl einen eigenen Standpunkt repräsentieren.
Auf Wraith hatte mich schon jemand aufmerksam gemacht, aber ich habe es mir noch nicht zugelegt. Die Idee, soweit ich sie aus den Erzählungen verstanden habe, kommt aber in einigen Punkten an das heran, was ich möchte: Es gibt eine dunkle Seite (in meinem Fall die Stimmen, die allerdings zu einseitig beschrieben wären, wenn man sie nur als "dunkle Seite" bezeichnet), die von Zeit zu Zeit die Kontrolle übernimmt und etwas tut, was der Charakter eigentlich nicht tun will.
Worum es mir nun aber in diesem Thread geht, ist nicht die Frage, wie man die Stimmen im Detail beschreibt. Ich möchte eher wissen, wie ich die Konfliktdynamik zwischen Stimmen und Charakter mechanisch umsetzen kann. Deswegen erkundige ich mich nach Systemen, in denen Konflikte nicht durch einen Würfelwurf entschieden werden, sondern über mehrere Phasen hinweg, in denen das, was jeweils passiert, sehr stark durch die fiktionale Gestaltung beeinflusst wird.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, willst du Stake Resolution und die dann mit einem mehrschrittigen Verfahren abhandeln. Ist das so richtig?
Oder gibt es überhaupt nur ein Ziel (den Charakter übernehmen) und das wird über das ganze Spiel hinweg gespielt?
Das letzte, große Ziel ist es, am Ende des Spiels die Kontrolle zu haben. Charaktere möchten die Kontrolle behalten, Stimmen möchten die Kontrolle an sich reißen. Ich stelle mir das so vor, dass die einzelnen Konflikte jeweils dafür sorgen, dass die eine Seite ihrem großen Ziel ein Stück näher kommt und/oder die andere Seite es ein bisschen schwieriger hat. Die kleinen Konflikte können unterschiedliche Ausgänge nehmen. Welche das im Detail sind, daran arbeite ich gerade. Aber grobe Ideen sind beispielsweise: Der Charakter kann die Stimme in dieser Situationen vollständig zum Schweigen bringen. Der Charakter kann in dieser Situation eine Kontrollübernahme durch die Stimme verhindern, muss dafür aber irgendeinen Preis zahlen (bspw. bekommt er einen psychischen Tick oder muss sich in einer anderen Szene irgendwie abreagieren oder die Stimme erhält das Recht, zu einem selbst gewählten späteren Zeitpunkt die Kontrolle zu übernehmen etc.). Die Stimme übernimmt kurzzeitig die Kontrolle.
Die Konflikte laufen immer so, dass die Stimme den Charakter attackiert. Dafür kann sie bestimmte Schwächen, die der Charakter hat, ausnutzen. Sie kann versuchen, traumatische Situationen in Erinnerung zu bringen. Sie kann verdeutlichen, dass sie selbst in der Lage wäre, mit einer äußeren Konfliktlage umzugehen. Sie kann Versuchungen, denen der Charakter ausgesetzt ist, für ihre Zwecke nutzen etc. Der Charakter kann sich daran klammern, dass er Verantwortung trägt, die er verletzen müsste, wenn die Stimme sich durchsetzt. Er kann sich Stärken, indem er geliebte Personen oder zentrale Werte und Überzeugungen einbringt etc. - Welche Details jeweils einen Einfluss auf das Konfliktgeschehen haben können, muss ich mir noch überlegen (aber die gerade genannten Sachen sind ein paar heiße Kandidaten).
Ich möchte nun nicht, dass man einfach nur sagt: Die Stimme bringt X, Y und Z ein. Der Charakter bringt A, B und C ein. Und dann wird gewürfelt - wer höher würfelt gewinnt.
Mir wäre es lieber, dass man den Konflikt startet: Die Stimme landet ihre erste Attacke. Beide Beteiligten würfeln und man schaut, wo man gerade steht. Jetzt haben beide die Möglichkeit nachzulegen, indem sie entsprechende Aspekte ausnutzen/ins Spiel bringen. Ausnutzen/ins Spiel bringen bedeutet, dass man zeigt, wie sie in dieser Situationen eine Rolle spielen. Beide Seiten können ihre Position im laufenden Konflikt also immer durch dieses Einbringen von Aspekten stärken. Ob sie dies tun möchten, können sie jeweils davon abhängig machen, ob ihnen der aktuelle Konfliktausgang passt oder nicht. (Wichtig wird dabei sein, dass man miteinander handeln kann: der Charakter kann der Stimme anbieten, dass er irgendetwas Wildes tut, wenn sie ihn jetzt in Ruhe lässt. Die Stimme kann fordern, dass der Charakter ein weiteres Trauma bekommt. Etc. Dieses Aushandeln hat vielleicht Ähnlichkeit mit der Konfliktmechanik bei Polaris, wo man sich ja auch überlegen muss, was man bereit ist zu geben, um sein Ziel zu erreichen.)
Diese Dynamik möchte ich mechanisch repräsentieren. Dogs ist mir deswegen in den Sinn gekommen, weil man ja im laufenden Konflikt sehen kann, wo man steht, und dann Traits hineinerzählt, Gegenstände nutzt oder eskaliert, wenn man nicht bereit ist, mit dem aktuellen Stand des Konflikts zu leben.
Ist das nun ein wenig klarer? In welchen Systemen wird etwas Ähnliches gemacht?