Hallo...
Vorab: Das hat nichts mit dem "Brave New World" Rollenspiel zu tun!
Ich möchte nur mal wieder ein bisschen "brainstormen"...
Vielleicht habt Ihr ja gute Ideen für mich oder bringt mich eben auf eben solche.
Oder andersherum...
Derzeit beschäftige ich mich (seit Monaten) mit den SciFi Romanen von Richard Morgan um Takeshi Kovacs,
lese viel in den Rollenspielen Blue Planet und Serenity / Firefly.
Daneben habe ich die letzte Zeit viel Battlestar Galactica (BSG), Alien und dergleichen geschaut (natürlich auch Firefly)...
Alle diese Dinge haben natürlich ihre Eigenheiten und individuellen Charakterzüge, aber auch eine Gemeinsamkeit:
Die Menschen haben das irdische Sonnensystem verlassen und fremde Welten kolonisiert.
In dieser Kolonialphase kommt es zu drei Parteien, die miteinander verbunden, von einander abhängig und gleichzeitig in Interessenskonflikten steht.
Blicken wir mal in die Geschichte, wie sowas abläuft...
Üblicherweise geht irgendein Pionier auf Expedition, entdeckt ein besiedelbares Land, setzt die Flagge seiner Heimatnation drauf und beansprucht es für seine Nation.
Dann nimmt es die Nation in Besitz, errichtet einen Brückenkopf als erste Anlaufstelle. Weitere Expeditionen folgen, man erforscht das Land und prüft es auf Nutzbarkeit, gleichzeitig beginnt die Besiedelung.
Die Nation (spätestens jetzt Kolonialmacht) setzt vor Ort Stellvertreter ein (den Gouveneur..), postiert ein paar Soldaten.
Spätestens jetzt (meist schon früher) kommt 'das Kapital' und stellt Ansprüche. Ob das Konzerne sind, die East-India-Trading-Company, wohlhabende Bürger und Adlige oder was auch immer... Oft haben diese Leute schon die erste Expedition finanziert, als Invstition, mit dem Versprechen (Lizenzverträgen) auf bestimmte Ansprüche, wenn da was interessantes gefunden wird.
Ist das nicht geschehen, werden diese Anrechte (Lizenzen) spätestens eingeholt, wenn irgendwer dafür sorgen muß, dass die Siedler in die Kolonie gebracht werden. Und irgendjemand muss ja auch die Infrastruktur aufbauen und das will ja auch finanziert werden...
Dementsprechend existiert da die Kolonialmacht, die Wirtschaftsmacht und die Siedler...
Die Kolonialmacht hat natürlich Interessen - es muss "unser" bleiben und es muss sich lohnen. Steuern und so. Und vielleicht eben auch noch Machtzuwachs. Naja und Recht und Ordnung muss auch herrschen. Zumindestens soweit, dass niemand die Ansprüche der Kolonialmacht in Frage stellt.
Die Wirtschaftsmacht (modern "die Konzerne") haben auch Interessen - vor allem Gewinnorientierte. Man hat investiert - das soll sich schließlich auszahlen. Also sieht man zu, dass man die Bodenschätze ausbeuten kann und natürlich, dass man die Waren, die die Siedler brauchen, an sie liefert und verkauft...
Naja und die Siedler? Die wollten doch eigentlich ein besseres Leben. Sonst wären sie ja nicht ausgewandert. Na klar, am Anfang muss man Arbeit investieren, aber irgendwann soll sich das ja auch auszahlen.
So, und spätestens jetzt hat man einen dicken Interessenskonflikt.
Die Konzerne möchten Profit-to-the-Max, was den Siedlern im Idealfall eben keinen Gewinn und damit keine Aussichten auf ein besseres Leben liefert.
Die Siedler möchten auch ihren Profit und dort in Zukunft ja auch noch ihre Nachkommen leben lassen. Wenn dort die Umwelt ggf. durch Abbau von gewinnbringenden Rohstoffen zerstört wird (und damit die Zukunft der Siedler) - potenziert sich der Interessenskonflikt noch.
Die Konzerne sind natürlich zunächst einmal stärker, solange die Siedler keine Interessensverbände zusammenschliessen können.
Was macht die Kolonialmacht?
Die hält sich erstmal raus. Solange gegen kein Recht verstossen wird, besteht auch kein Handlungsbedarf.
Oft sind die lokalen Stellvertreter der Kolonialnation ohnehin eigentlich Interessensvertreter der Konzerne - oder von diesen gekauft.
Denn die Konzerne liefern Rohstoffe und Wohlstand ja in die Heimatnation - deren Steuern werden ja "zu Hause" bezahlt.
Und deren Steuern machen sich ja erstmal viel bedeutender aus, als die irgendeines Siedlers.
Vielleicht dreht ja auch mal der eine oder andere Siedler durch - naja, auf Einzelschicksale... Man muss ja das große Ganze im Auge...
Je schlechter es den Siedlern geht, desto eher sind sie bereit, sich in extreme Formen einer heilversprechenden neuen Zugehörigkeit zu begeben.
Das kann eine Religion sein - Gruß an den amerikanischen Bible-Belt... - aber natürlich auch radikale Splittergruppen.
Seien es Kommunisten, seien es Unabhängigkeitsbewegungen, seien es Terrorgruppen.
Je weniger Perspektiven bleiben, desto einfacher fällt die Aufgabe der eigenen freien Meinung oder der eigenen Existenz...
Neben dem "offiziellen Kapital" also den Konzernen fällt eine zweite Parasitenbrut ein - das "inoffizielle Kapital" - das organisierte Verbrechen.
Das lockt mit "wir beschaffen das, was ihr sonst nicht kriegt, kümmern uns um Eure Interessen und setzen Eure Forderungen durch" und wird im zweiten Satz dann den "dafür gehört Ihr dann uns" Deal komplett machen.
Solche Gruppen unterlaufen die Interessensvertretungen (Gewerkschaften), handeln mit dem, was selbst den Konzernen zu illegal erscheint (Drogen, Prostitution, Waffen, etc. pp.) und verbreiten sich. Der Gewinn, der so nicht gebracht werden kann, wird durch Schutzgelder und Erpressungen eingeholt.
Einige Verbrecherorganisationen sind kulturell oder ethnisch spezialisiert, andere sind Gebiets-orientiert.
Die Kolonialmacht selbst wird natürlich ab einem gewissen Punkt daran interessiert sein, die Kontrolle zu behalten. Oft ist es dann aber schon zu spät, weil die Strukturen schon zu durchsetzt sind. Ggf. setzt man durch drakonische Exempel etwas durch, tauscht den Gouverneur aus, entzieht Lizenzen oder dergleichen. Aber letztendlich ist es schwierig an dieser Stelle der "Macht- und Kapitalverteilung" massiv einzugreifen.
Die Siedler, die vielleicht eine Unabhängigkeitsbewegung oder Gewerkschaften oder alternative politische Systeme durch Interessensverbände durchsetzen wollen, kann man natürlich am einfachsten die Suppe versalzen.
Das organsierte Verbrechen muss man mit der Umsetzung von Recht und Gesetz Einhalt gebieten - wobei das Problem besteht, dass Taten meist von Einzelnen begangen werden und die dann ggf. auch bestraft werden, die Organisation dabei aber unangetastet bleibt.
Das gleiche gilt für Konzerne - das niederschlagen einer Protestaktion mit brutalsten Mitteln wird einem Konzernangehörigen angelastet, der Konzern selbst wird aber stets beteuern, das dies niemals offizielle Firmenpolitik ist - ein Bauernopfer eingehen und weitermachen.
Je mehr sich die Lage zuspitzt - d.h. je halbherziger die Kolonialmacht ihre Kolonien adminsitriert, desto mehr gerät die Kolonie in eine Krisensituation...
Brave New Worlds
Das ist der normale Lauf der Dinge.
So geschehen in vielen Kolonien während der Zeit der europäischen Kolonialmächte.
Für Abenteuer jede Menge Raum und für plausibel ist das Setting auch.
Ich frage mich, warum gibt es dazu kein ordentliches SciFi Setting?